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Migräne

Letzte Aktualisierung: 6.12.2024

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Bei der Migräne handelt es sich um einen rezidivierend auftretenden, meist einseitig lokalisierten Kopfschmerz, der oftmals mit Übelkeit, Erbrechen, Phono- oder Photophobie einhergeht. In etwa 10–30% der Fälle kommt es dabei zu Auraphänomenen. Damit werden reversible neurologische Symptome bezeichnet wie Sehstörungen, Sprachstörungen oder Gleichgewichtsstörungen, die nicht länger als eine Stunde anhalten. Therapie der Wahl beim akuten Migränekopfschmerz sind bei leichten Attacken nicht-steroidale Antiphlogistika (z.B. ASS), bei (mittel‑)schweren Attacken Triptane. Zusätzlich kann in jeder Akutsituation ein Mittel gegen die Übelkeit gegeben werden (z.B. Metoclopramid). Treten Attacken mindestens dreimal im Monat auf oder halten sie länger als 72 h an, ist eine medikamentöse Prophylaxe (bspw. mit Betablockern) sinnvoll.

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Jahresprävalenz: 10–15% [1]
  • Geschlecht: > (3:1) im mittleren Erwachsenenalter [1]
  • Alter
    • Erstmanifestation meist zwischen dem späten Jugend- und frühen Erwachsenenalter
    • Prävalenzgipfel: Ca. 20–50 Jahre

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

  • Familiäre Disposition
  • Über die pathophysiologische Ursache der Erkrankung gibt es viele Theorien, aber keine eindeutigen Erkenntnisse
  • Mögliche Triggerfaktoren
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Pathophysiologietoggle arrow icon

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Symptomatiktoggle arrow icon

Die Diagnose Migräne kann anhand klinischer Kriterien gestellt werden. Landläufig werden unter „Migräne“ jedoch häufig zahlreiche nicht ärztlich diagnostizierte Kopfschmerzformen subsumiert!

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Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

  • Aura ohne Kopfschmerz [2][3][5]
    • Symptome/Klinik
    • Diagnostik:
      • Erschwerte Diagnosestellung aufgrund der fehlenden Kopfschmerzen
      • Differenzialdiagnostische Abklärung (z.B. TIA) besonders wichtig, insb. bei
  • Migräne mit Hirnstammaura (früher: Migräne vom Basilaristyp) [3]
  • Ophthalmoplegische Migräne (Nicht mehr aktuell)
  • Vestibuläre Migräne [3]
    • Epidemiologie: Häufigste Ursache spontan rezidivierender Schwindelattacken im mittleren Lebensalter
    • Symptome/Klinik: Schwindel im Sinne einer Bewegungsillusion der Umwelt als Migräneaura mit Zeichen einer peripher- oder zentral-vestibulären Störung
      • Vestibuläre Aurasymptome können den migränetypischen Kopfschmerzen vorausgehen oder als isolierte Migräneaura auftreten
    • Diagnostik: Diagnosestellung insb. über gründliche Anamnese, bei Erstmanifestation mit zentralen vestibulären Symptomen ist eine MRT-Bildgebung zum sicheren Ausschluss anderer zentraler Ursachen sinnvoll
    • Therapie
  • Hemiplegische Migräne: Hemiparesen oder Hemiplegien im Rahmen der Aura
  • Retinale Migräne: Reversible Attacken von Migränekopfschmerzen mit monokularen visuellen Phänomenen wie Flimmerskotomen oder Erblindung
  • Periodische Syndrome in der Kindheit (vermutlich Vorläufer einer Migräne im Erwachsenenalter): Zyklisches Erbrechen, abdominelle Schmerzen, Blässe, paroxysmaler Schwindel, Beschwerdefreiheit zwischen den Attacken

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Diagnosekriterientoggle arrow icon

Diagnosekriterien für eine Migräne ohne Aura [6]

  • A: ≥5 Attacken, die Kriterien B–D erfüllen
  • B: Kopfschmerzattacken, die 4–72 Stunden anhalten
  • C: Kopfschmerzen, die mind. 2 der folgenden Charakteristika erfüllen:
    1. Einseitige Lokalisation
    2. Pulsierender Charakter
    3. Mittlere oder starke Schmerzintensität
    4. Verstärkung durch körperliche Alltagsaktivitäten (bspw. Gehen oder Treppensteigen)
  • D: Mind. 1 Begleitsymptom während des Kopfschmerzes
    1. Übelkeit und/oder Erbrechen
    2. Photophobie und/oder Phonophobie
  • E: Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose

Diagnosekriterien für eine Migräne mit Aura [6]

  • A: ≥2 Attacken, die die Kriterien B und C erfüllen
  • B: Aurasymptom(e) mit ≥1 der folgenden Charakteristika
    1. Visuelle Phänomene
    2. Sensible Phänomene
    3. Sprach- oder Sprechstörungen
    4. Motorische Defizite
    5. Hirnstammsymptome
    6. Retinale Symptome
  • C: Aurasymptom(e), das/die ≥3 der folgenden Kriterien erfüllen
    1. Allmähliche Entwicklung über ≥5 Minuten eines oder mehrerer Aurasymptome
    2. Mehrere Aurasymptome nacheinander
    3. Dauer jedes Aurasymptoms: 5–60 Minuten
    4. Einseitige Präsentation mind. eines Aurasymptoms
    5. Mindestens ein positives Aurasymptom
    6. Kopfschmerz begleitet Aura oder folgt innerhalb von 60 Minuten
  • D: Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose
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Diagnostiktoggle arrow icon

  • Klinische Diagnosestellung der Migräne: Anamnestisch mind. fünf Attacken mit typischen Symptomen, die nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen sind und folgende Diagnosekriterien erfüllen
  • Allgemeine Untersuchung beim Leitsymptom Kopfschmerz zum Ausschluss anderer Ursachen
  • Zusatzdiagnostik
    • MRT
      • Indikation
        • Erstmaliges Auftreten einer Migräne bei Personen >40 Jahre
        • Sehr häufige Aurasymptomatik
        • Veränderung des Kopfschmerzcharakters
        • Bisher effektive Therapie nicht mehr wirksam
        • Außergewöhnliches klinisches Bild (z.B. zum Ausschluss einer Subarachnoidalblutung)
        • Persistierende neurologische oder psychopathologische Auffälligkeiten
      • Mögliche Befunde: Sog. „White Matter Lesions“
    • VEP: I.d.R. Normalbefund im Intervall
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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Für das Notfallmanagement von Kopfschmerzen zunächst unklarer Ursache siehe: Kopfschmerzen - AMBOSS-SOP

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Allgemeine Maßnahmen zur Behandlung von Migräneattacken

  • Reizabschirmung
  • Ruhe, Schlaf
  • Kühlen von Schläfen und Stirn

Akuttherapie der Migränekopfschmerzen [1]

Medikamentöse Maßnahmen

Leichte bis mittelstarke Migränekopfschmerzen

Mittelschwere bis schwere Migränekopfschmerzen

Triptane – Anwendung bei Migräneattacken
Substanzen und Dosierungen
  • Sumatriptan
    • Subkutane Applikation: Schnellste und wirksamste Akutbehandlung
    • Orale Applikation: Mittelschneller Wirkeintritt (und längere Wirkdauer)
  • Eletriptan
    • Nur orale Applikation
    • Schneller Wirkeintritt
  • Rizatriptan
    • Nur orale Applikation
    • Schneller Wirkeintritt
  • Zolmitriptan
    • Nasale Applikation: Schneller Wirkeintritt
    • Orale Applikation: Mittelschneller Wirkeintritt (und längere Wirkdauer)
  • Almotriptan
    • Nur orale Applikation
    • Mittelschneller Wirkeintritt (und längere Wirkdauer)
  • Frovatriptan
    • Nur orale Applikation
    • Langsamer Wirkeintritt (und lange Wirkdauer)
  • Naratriptan
    • Nur orale Applikation
    • Langsamer Wirkeintritt (und lange Wirkdauer)
Wirkung
  • Agonist des 5-HT1-Rezeptors (5-HT1B/DR-Agonist)
    • Hemmung der perivaskulären, aseptischen Entzündung im Bereich der Duraarterien
    • Vasokonstriktion
  • Beachte möglichen Wiederkehrkopfschmerz (engl. headache recurrence): Wiederauftreten innerhalb von 2–24 h nach primär wirksamer Therapie (in ca. 15–40% der Fälle nach oraler Gabe); erneute Gabe ist dann möglich
Nebenwirkungen (Auswahl)

Kontraindikationen (Auswahl)

Die subkutane Applikation von Sumatriptan (3 oder 6 mg) ist die schnellste und wirksamste Akutbehandlung einer Migräneattacke!

Bei Übelkeit oder Erbrechen

Nicht-medikamentöse Maßnahmen [1]

  • Leitlinienempfehlung vorliegend für

Migräne-Notfallmedikation

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Komplikationentoggle arrow icon

  • Chronische Migräne
    • Kopfschmerzen an ≥15 Tagen/Monat über ≥3 Monate, ohne dass ein Medikamentenübergebrauch besteht
    • Dabei an ≥8 Tagen/Monat typische Migränesymptomatik
  • Status migraenosus: Migräneattacke, die länger als 3 Tage anhält
  • Migränöser Infarkt: Persistierende Migräne mit Aurasymptomen in Kombination mit einem Infarktgeschehen (z.B. klinisch fokal-neurologische Ausfälle)
    • Diagnosekriterien und Symptome/Klinik
      • Persistenz der Aura über mind. 60 min
      • Nachweis eines Infarktgeschehens (in einem relevanten Hirnareal) in der Bildgebung (mittels MRT oder cCT)
      • Der ischämische Infarkt ist nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen
  • Persistierende Aura ohne Hirninfarkt: Dauer der Aurasymptome >1 Woche, aber kein morphologisches Korrelat für einen Hirninfarkt in der Bildgebung

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Präventiontoggle arrow icon

Nicht-medikamentöse Migräneprophylaxe [1]

Medikamentöse Migräneprophylaxe [1]

  • Indikationen
    • ≥3 Attacken/Monat
    • Migräneattacke >72 h oder lang anhaltende Auraphänomene
    • Nicht-Ansprechen oder nicht-tolerierbare Nebenwirkungen der Akuttherapie
    • Z.n. migränösem Hirninfarkt
    • Migräneattacken, die auf o.g. Akuttherapie nicht ansprechen
    • Unverträglichkeit der Akutmedikation
    • Alltagsrelevant behindernde (auch isolierte) Auren (bspw. hemiplegische oder prolongierte einschränkende Aurasymptome)
    • Zunehmende Frequenz der Migräneattacken
    • (Risiko für) Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch
  • Ziel: Senkung der Dauer, Schwere und Häufigkeit von Migräneattacken
  • Durchführung
    • Kopfschmerztagebuch führen
    • „Start low, go slow“
    • Bei fehlender/unzureichender Besserung nach 2–3 Monaten (mit der Zieldosis): Therapiewechsel oder -abbruch
    • Nach 6–12 (spätestens 24) Monaten: Notwendigkeit der Prophylaxe überprüfen
  • Substanzauswahl
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Besondere Patientengruppentoggle arrow icon

Schwangerschaft [1]

In der Schwangerschaft (insb. im 2. und 3. Trimenon) kommt es bei ca. 50–80% der Patientinnen zu einer Reduktion von Migräneattacken.

Stillzeit [1]

In der Stillzeit kommt es oftmals zur Wiederkehr des vor der Schwangerschaft bekannten Migränemusters.

Kinder und Jugendliche [1]

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Migräne – Update aus der Forschung (März 2021)

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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Migräne

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • G43.-: Migräne
    • Soll bei Arzneimittelinduktion die Substanz angegeben werden, ist eine zusätzliche Schlüsselnummer (Kapitel XX) zu benutzen.
    • Exkl.: Kopfschmerz o.n.A. (R51)
    • G43.0: Migräne ohne Aura [Gewöhnliche Migräne]
    • G43.1: Migräne mit Aura [Klassische Migräne]
    • G43.2: Status migraenosus
    • G43.3: Komplizierte Migräne
    • G43.8: Sonstige Migräne
      • Retinale Migräne
    • G43.9: Migräne, nicht näher bezeichnet

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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