Zusammenfassung
Eine Infektion mit dem grampositiven, sporenbildenden Stäbchenbakterium Clostridioides difficile (kurz C. difficile oder C. diff., früher Clostridium difficile [1]) bleibt bei Gesunden meist asymptomatisch. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral. Es gibt eine hohe Durchseuchungsrate bei Hospitalisierten und Kindern.
Typischerweise kommt es bei asymptomatischer Durchseuchung erst im Verlauf einer Antibiotikatherapie (z.B. bei Pneumonie oder HNO-Infektion) zu Beschwerden. Die Schädigung der physiologischen Darmflora führt dazu, dass der relativ resistente Clostridioides-difficile-Keim den Dickdarm überwuchern kann. Folge ist dann eine Antibiotika-assoziierte Kolitis mit Fieber, Bauchschmerzen und charakteristischen übelriechenden Durchfällen. Die Maximalform wird als pseudomembranöse Kolitis bezeichnet und kann einen Ileus, eine Sepsis und ein toxisches Megakolon auslösen.
Diagnostisch ist der mikrobiologische Nachweis von toxinbildenden Clostridioides difficile im Stuhl (Antigennachweis, Toxinnachweis, PCR, Kultur) in Kombination mit dem typischen klinischen Bild einer Kolitis entscheidend. Endoskopisch zeigt sich eine pseudomembranöse Kolitis. Die Therapie der Wahl ist Fidaxomicin, alternativ kommen auch andere Möglichkeiten in Betracht (Vancomycin oral, Metronidazol i.v., Bezlotoxumab, fäkaler Mikrobiomtransfer). Essenziell sind die Einhaltung von Hygienevorschriften sowie die Isolierung.
Epidemiologie
- Inzidenz: Ca. 65.000/Jahr [2]
- Rekurrenz einer Infektion: Das Risiko einer rekurrenten Infektion steigt mit der Anzahl vorausgegangener Infektionen [2]
- Erste Rekurrenz: Bei ca. 18%
- Zweite Rekurrenz: Bei ca. 28% von denen, die eine erste Rekurrenz hatten
- Dritte Rekurrenz: Bei ca. 30% von denen, die eine zweite Rekurrenz hatten
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger: Clostridioides difficile (grampositives Stäbchen, obligat anaerob, Toxinbildner, bildet umweltresistente Sporen)
- Exogene Infektion
- Fäkal-orale Infektion
- Ubiquitärer Erreger
- Hohe Durchseuchungsrate bei Kleinkindern , selten im Erwachsenenalter [3]
- Höhere Kolonisationsrate bei Hospitalisierten (bis zu 40%) [3]: Eine Übertragung über die Hände des Personals muss unbedingt vermieden werden! [4]
-
Häufiger Mechanismus: Antibiotikagabe zur Therapie einer anderen Erkrankung (z.B. im HNO-Bereich oder bei Pneumonie)
- Antibiotika mit hohem Risiko: Fluorchinolone, Cephalosporine, Clindamycin, Amoxicillin-Clavulansäure
- Medikamente, die die Entstehung der Erkrankung zusätzlich begünstigen: PPI und NSAR
- Nach Antibiotikatherapie-bedingter Schädigung der Darmflora überwuchert der Erreger den Darm
-
Häufiger Mechanismus: Antibiotikagabe zur Therapie einer anderen Erkrankung (z.B. im HNO-Bereich oder bei Pneumonie)
- Höhere Kolonisationsrate bei Hospitalisierten (bis zu 40%) [3]: Eine Übertragung über die Hände des Personals muss unbedingt vermieden werden! [4]
Die Infektion mit Clostridioides difficile bleibt meist asymptomatisch. Die assoziierte Diarrhö entwickelt sich erst nach Antibiotikagabe und folgender Vermehrung von Clostridioides difficile!
Symptomatik
- Infektion häufig asymptomatisch
-
Bei Erkrankung: Auftreten von Symptomen meist 2–10 Tage nach Beginn einer Antibiotikatherapie
-
Akut einsetzende, wässrige, faulig-übelriechende Diarrhö
- Evtl. blutige Durchfälle
- Sehr selten kann der charakteristische Durchfall bei schweren Verläufen fehlen
- Hohes Fieber
- Abdominelle Schmerzen, insb. in den unteren Quadranten
-
Akut einsetzende, wässrige, faulig-übelriechende Diarrhö
- Bei schweren Verläufen
Diagnostik
Allgemein
- Blutuntersuchung
- Leukozytose
- Hypalbuminämie
- Temperaturmessung
- Koloskopie: Nur unter großer Vorsicht bzw. zu diagnostischen Zwecken als Rektosigmoidoskopie
- Nachweis der typischen Pseudomembranen bei Vorliegen einer pseudomembranösen Kolitis
Erreger- und Toxinnachweis
- Aus frischem Stuhl [3]
- Antigentest (Screeningtest) : Hohe Sensitivität, geringe Spezifität
- Toxin A und B
- ELISA (Standard in der Routinediagnostik)
- PCR: Nachweis des Toxingens (Standard)
- Zytotoxizitätstest in der Kultur (Goldstandard)
- Kultur
- Aus Blut: Kultureller Nachweis
Diagnosekriterien [5]
- Diagnose gesichert bei Zutreffen der Kriterien von Definition 1 oder 2
- Klinisches Bild einer Clostridioides-difficile-Infektion und mikrobiologischer Befund mit
- Nachweis des Toxins (ELISA) oder
- Nachweis des Toxingens (PCR, insb. bei niedrigem Ct-Wert) oder
- Nachweis von toxinbildenden Clostridioides difficile in der Kultur
- Pseudomembranöse Kolitis in der Endoskopie / nach Kolektomie und Nachweis von toxinbildenden Clostridioides difficile
- Klinisches Bild einer Clostridioides-difficile-Infektion und mikrobiologischer Befund mit
- Schwerer Verlauf: Mind. 1 der folgenden Kriterien muss erfüllt sein
- Fieber ≥38,5 °C
- Leukozytose >15.000/μL
- Anstieg des Serumkreatinins >50%
- Schwerer Verlauf mit Komplikationen: Jeglicher fulminanter Verlauf, definierbar durch das Vorliegen von
- Hypotonie und/oder septischer Schock
- Erhöhtes Laktat im Serum
- Auftreten eines Ileus, toxischen Megakolons und/oder einer Kolonperforation
Für die Diagnose einer Clostridioides-difficile-Infektion ist der Nachweis des Toxins sowie das typische klinische Bild ausreichend!
Risikofaktoren für einen schweren Verlauf [5]
- Alter >65 Jahre
- Schwere (chronische) Komorbiditäten (z.B. Herzinsuffizienz, terminale Niereninsuffizienz, gastrointestinale Grunderkrankungen)
- Früher durchgemachte Clostridioides-difficile-Infektion
Therapie
Allgemein
- Absetzen der auslösenden Antibiotikatherapie, sobald vertretbar! [3][6]
- Flüssigkeitssubstitution
Medikamentös [3][5][7][8][9][10]
- Therapie der 1. Wahl: Fidaxomicin (insb. bei hohem Rezidivrisiko)
- Alternativen: Insb. bei Nicht-Verfügbarkeit von Fidaxomicin bzw. wirtschaftlichen Zwängen, die einer Verordnung im Wege stehen
- Vancomycin (ausschließlich orale Applikation ) oder
- Metronidazol (nur bei mildem Verlauf und fehlender Verfügbarkeit besserer Alternativen)
- Alternativen: Insb. bei Nicht-Verfügbarkeit von Fidaxomicin bzw. wirtschaftlichen Zwängen, die einer Verordnung im Wege stehen
- Bei lebensbedrohlichem Verlauf
- Fidaxomicin oder Vancomycin (oral)
- Alternativen
- Kombination aus Vancomycin oral (enterale Sonde) und Metronidazol i.v.
- Retrograde Applikation des Vancomycins per Koloskopie bzw. Einläufe mit Vancomycin (bei Passagestörung, CAVE: Perforationsgefahr!)
- Tigecyclin (bei refraktärem Verlauf)
- Fäkaler Mikrobiomtransfer (bei refraktärem Verlauf)
- Bei Rezidiven
- 1. Rezidiv
- Fidaxomicin , wenn vorher Vancomycin verabreicht wurde
- Vancomycin oral (verlängerte Therapie) , wenn vorher Metronidazol verwendet wurde
- Bezlotoxumab + Standardtherapie (Vancomycin oder Fidaxomicin) , wenn vorher Fidaxomicin verabreicht wurde
- Ab dem 2. Rezidiv
- Fidaxomicin
- Vancomycin oral (verlängerte Therapie)
- Bezlotoxumab + Standardtherapie (Vancomycin oder Fidaxomicin)
- Fäkaler Mikrobiomtransfer
- 1. Rezidiv
Die Therapie der 1. Wahl ist Fidaxomicin!
Die einzige Indikation für eine orale Gabe von Vancomycin ist die Clostridioides-difficile-Kolitis!
Stuhltransplantation (fäkaler Mikrobiomtransfer, FMT)
- Indikation: Clostridioides-difficile-Infektion ab dem 2. Rezidiv oder bei lebensbedrohlichem, therapierefraktärem Verlauf [5]
- Vorbereitung: Absetzen der bisherigen antibiotischen Therapie spätestens 48 Std. vor dem Eingriff
- Prinzip: Zu <6 Std. altem Spenderstuhl wird physiologische Kochsalzlösung zugegeben und gerührt, danach erfolgt ein mehrmaliges Sieben durch einen Filter, um feste Bestandteile des Stuhls zu entfernen
- Applikationsmöglichkeiten
- Koloskopische Applikation mit vorheriger Darmreinigung nach lokalem Standardschema [11]
- Nasogastrale Applikation: Am Vortag und am Tag der Intervention Einnahme eines PPI
- Orale Applikation (in Kapseln)
- Erfolgsrate: Bis zu 90%, wobei die koloskopische Applikation der nasogastralen Applikation etwas überlegen scheint; zudem hat der rektale Zugangsweg eine größere Akzeptanz bei Betroffenen
- Nachsorge
- Nahrungsaufnahme sofort nach Intervention möglich
- Stuhluntersuchung auf Toxine A und B nach 2 Wochen sowie nach 1, 3 und 6 Monaten
- Standardisierte Therapieverfahren und eine Dokumentation in einem Stuhltransplantations-Register sind wünschenswert, um Erkenntnisse hinsichtlich Langzeitwirkung und -nebenwirkungen des noch nicht sehr etablierten Verfahrens zu gewinnen
Interventionell/chirurgisch
- Toxisches Megakolon bzw. (Sub‑)Ileus
- Interdisziplinäre Betreuung (intensivmedizinisch, chirurgisch und gastroenterologisch)
- Koloskopische Anlage einer Dekompressionssonde: Reduziert das Volumen, senkt die Wandspannung, erlaubt eine retrograde Vancomycin-Applikation
- Peritonitis, Perforation und Abszessbildung
- Subtotale Kolektomie und terminales Ileostoma
- Alternative bei Fällen ohne Perforation: Blowhole-Kolostomie bzw. Blowhole-Ileostomie
Komplikationen
- Paralytischer Ileus
- Toxisches Megakolon
- Definition: Akute, lebensbedrohliche Dilatation des Dickdarms als seltene Komplikation entzündlicher Dickdarmerkrankungen
- Ursachen: Pseudomembranöse Kolitis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Chagas-Krankheit, Amöbenruhr, Shigellose, Morbus Hirschsprung
- Klinik: Akutes Abdomen (gebläht) mit septischem Krankheitsbild, erhöhte Perforationsgefahr
- Diagnostik: Röntgen-Abdomenübersicht → Stark dilatierter Kolonrahmen , (vorgeschalteter) Dünndarmileus
- Therapie (siehe auch Therapie der Clostridioides-difficile-Infektion)
- Im Anfangsstadium ggf. konservative Therapie möglich (<48–72 Std.)
- Anlage einer Dekompressionssonde
- Später: Operative Therapie
- Kolektomie und terminales Ileostoma in der Akutsituation
- Im Verlauf Kontinenzherstellung (z.B. Anlage eines ileoanalen Pouch)
- Bei Perforation Letalität bis zu 50%
- Sepsis
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prävention
- Isolierung
- Während der symptomatischen Phase (bis 2 Tage nach Abklingen der Symptome) sollte eine Einzelzimmerunterbringung mit eigener Toilette veranlasst werden
- Hygienemaßnahmen
- Handschuhe und Schutzkittel bei engem Patientenkontakt benutzen
- Händedesinfektion und anschließend Händewaschen mit Seife
- Konsequente Flächendesinfektion von Zimmern inklusive Einrichtungsgegenständen, die mit dem infizierten Patienten in Berührung gekommen sind
- Sporen von Clostridioides difficile können auf Oberflächen wie Tischen, Schränken und Türgriffen monatelang überleben
- Es muss ein sporenabtötendes Flächendesinfektionsmittel zum Einsatz kommen
- Siehe auch: Clostridioides difficile – Meldepflicht
Meldepflicht
- Arztmeldepflicht
- Nach § 6 IfSG: Namentliche Meldepflicht bei Krankheits- oder Todesfällen nur bei klinisch schwerem Verlauf
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen): Namentliche Meldepflicht bei allen Krankheits- oder Todesfällen
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 237-2022-2/3: Fokus SARS-CoV-2: Myo- und Perikarditis nach COVID-19-Impfungen
- Studientelegramm 09-2017-3/3: Stuhltransplantation durch Kapseleinnahme anstatt durch Koloskopie als effektive Therapieoption bei rezidivierenden Clostridioides-difficile-Infektionen
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Clostridioides-difficile-assoziierte Diarrhoe
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- A04.-: Sonstige bakterielle Darminfektionen
- Exklusive: Lebensmittelvergiftungen, anderenorts klassifiziert; Tuberkulöse Enteritis (A18.3)
- A04.7-: Enterokolitis durch Clostridium difficile
- Lebensmittelvergiftung durch Clostridium difficile
- Pseudomembranöse Kolitis
- A04.70: Enterokolitis durch Clostridium difficile ohne Megakolon, ohne sonstige Organkomplikationen
- A04.71: Enterokolitis durch Clostridium difficile ohne Megakolon, mit sonstigen Organkomplikationen
- Benutze (eine) zusätzliche Schlüsselnummer(n), um (eine) Organkomplikation(en) anzugeben.
- infektionsbedingte
- A04.72: Enterokolitis durch Clostridium difficile mit Megakolon, ohne sonstige Organkomplikationen
- A04.73: Enterokolitis durch Clostridium difficile mit Megakolon, mit sonstigen Organkomplikationen
- Benutze (eine) zusätzliche Schlüsselnummer(n), um (eine) infektionsbedingte Organkomplikation(en) anzugeben.
- A04.79: Enterokolitis durch Clostridium difficile, nicht näher bezeichnet
- U69.-!: Sonstige sekundäre Schlüsselnummern für besondere Zwecke
- U69.40!: Rekurrente Infektion mit Clostridium difficile
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.