Grundlagen
Definition [1]
- Tachykardie (HF >100/min) mit schmalen QRS-Komplexen (≤120 ms)
- Ursprungsort im Regelfall supraventrikulär (innerhalb oder oberhalb des His-Bündels)
Schmalkomplextachykardien sind im Regelfall supraventrikuläre Tachykardien!
Therapieprinzipien [1]
- Hämodynamisch instabil: Elektrische Kardioversion (siehe auch: Elektrische Kardioversion und Defibrillation - AMBOSS-SOP)
- Hämodynamisch stabil: Beurteilung der Regelmäßigkeit (regelmäßige oder unregelmäßige Schmalkomplextachykardie)
Hämodynamisch instabile Schmalkomplextachykardien werden ohne weitere diagnostische Differenzierung elektrisch kardiovertiert!
Initiales Vorgehen
Akutmaßnahmen [1][2][3]
- Akutdiagnostik
- 12-Kanal-EKG
- Diagnose der Schmalkomplextachykardie: Ventrikelfrequenz >100/min, QRS-Komplex ≤120 ms
- Beurteilung der Regelmäßigkeit (regelmäßige oder unregelmäßige Schmalkomplextachykardie) anhand der RR-Abstände
- Basis-Monitoring: SpO2, RR, Atmung
- Venöser Zugang und Blutabnahme
- 12-Kanal-EKG
- Akuttherapie
- Hämodynamisch instabil: Elektrische Kardioversion (siehe: Elektrische Kardioversion und Defibrillation - AMBOSS-SOP)
- Hämodynamisch stabil
- Regelmäßige Schmalkomplextachykardie
- Vagale Manöver
- Valsalva-Manöver: Bspw. halbliegend (45°) für 15 s durch Pressen einen Druck von 40 mmHg aufbauen [4], anschließend Rückenlage mit passivem Anheben der Beine [5][6]
- Karotissinusmassage [7]
- Seltener angewendet: Kältereiz
- Adenosin in steigender Dosierung
- Voraussetzung: EKG-Monitoring, Defibrillationsbereitschaft
- Durchführung: Möglichst über einen proximalen peripher-venösen Zugang mit anschließendem sofortigen Spülen mit NaCl-Lösung
- Zweck: Diagnostisch durch Demaskierung der Vorhofaktivität , teils therapeutisch durch Terminierung der Tachykardie
- (Relative) Kontraindikationen: Vorhofflimmern mit Präexzitation , höhergradiger AV-Block, Sick-Sinus-Syndrom , schweres Asthma
- Unerwünschte Wirkungen: Triggern von Vorhofflimmern , Blutdruckabfall, Flush, Brustschmerz, selten Bronchokonstriktion
- Calciumantagonisten (Verapamil oder Diltiazem ) oder Betablocker (Esmolol oder Metoprolol )
- Kontraindikationen: Ventrikuläre Tachykardie, hämodynamische Instabilität, dekompensierte Herzinsuffizienz, Präexzitationssyndrome
- Vagale Manöver
- Unregelmäßige Schmalkomplextachykardie
- Meist Vorhofflimmern (keine p-Wellen!)
- Akute Frequenzkontrolle mit Betablockern oder Calciumantagonisten
- Ggf. elektive Rhythmuskontrolle (Kardioversion)
- In Ausnahmefällen auch akute Rhythmuskontrolle möglich
- Siehe auch: Therapie eines Vorhofflimmerns
- Meist Vorhofflimmern (keine p-Wellen!)
- Regelmäßige Schmalkomplextachykardie
- Therapie möglicher ursächlicher Elektrolytstörungen
- Siehe auch: Elektrolytstörungen Kalium, Elektrolytstörungen Calcium
Insb. bei hochfrequenter Schmalkomplextachykardie und bei kardiovaskulär Vorerkrankten besteht das Risiko einer hämodynamischen Beeinträchtigung!
Anamnese
- Alter, Vorerkrankungen, vorherige Tachykardie-Episoden, Medikation
- Aktuelle Episode
- Trigger
- Beginn und Verlauf
- Assoziierte Symptome
Schmalkomplextachykardien sind potenziell bedrohliche Krankheitsbilder, deren klinisches Spektrum vom (asymptomatischen) Zufallsbefund bis zum kardiogenen Schock und plötzlichen Herztod reicht!
Weiterführende Diagnostik
- 12-Kanal-EKG während der Tachykardie
- Initialdiagnostik: Diagnose der Schmalkomplextachykardie und Einschätzung der Regelmäßigkeit
- Regelmäßig: Sinustachykardie, Sinusknoten-Reentry-Tachykardie, fokale atriale Tachykardie, Vorhofflattern, AVNRT, junktionale ektope Tachykardie (JET), orthodrome AVRT
- Unregelmäßig: Vorhofflimmern , multifokale atriale Tachykardie, fokale atriale Tachykardie/Vorhofflattern mit inkonstanter AV-Überleitung
- Morphologie der p-Wellen
- Monomorph, vereinbar mit Sinusrhythmus : Sinustachykardie, Sinusknoten-Reentry-Tachykardie, fokale atriale Tachykardie mit Sinusknoten-nahem Ursprung
- Monomorph, kein Sinusrhythmus: Fokale atriale Tachykardie (PR ≥ Sinusrhythmus-PR), AVNRT , orthodrome AVRT
- Polymorph: Multifokale atriale Tachykardie
- Keine p-Wellen: Vorhofflattern (Flatterwellen), Vorhofflimmern
- Beziehung von p-Wellen und QRS-Komplexen
- RP-Intervall ≤90 ms (sehr kurz): Vorwiegend typische AVNRT
- RP-Intervall kurz, aber >90 ms: Vorwiegend AVRT
- RP-Intervall lang : Sinustachykardie, fokale atriale Tachykardie
- Initialdiagnostik: Diagnose der Schmalkomplextachykardie und Einschätzung der Regelmäßigkeit
- Echokardiografie (TTE): Erkennen struktureller Herzerkrankungen als mögliche Auslöser
- Ruhe-EKG (12-Kanal-EKG)
- Nachweis von Präexzitation (unauffälliges Ruhe-EKG schließt Präexzitationssyndrom nicht aus!)
- Referenz für fragliche Befunde
- Ggf. Langzeit-EKG
- Ggf. Belastungstest, Myokardischämie-Test bei KHK-Risikofaktoren
- Ggf. elektrophysiologische Untersuchung (EPU) insb. bei möglicher Indikation zur Katheterablation
Differenzialdiagnosen
Regelmäßige Schmalkomplextachykardien
Differenzialdiagnostik regelmäßiger Schmalkomplextachykardien | |||
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Diagnose | Anamnestische Hinweise | Diagnostische Hinweise und Besonderheiten | Therapie |
Physiologische oder symptomatische Sinustachykardie |
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Inadäquate Sinustachykardie (selten) |
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Sinusknoten-Reentry-Tachykardie (selten) |
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Posturales orthostatisches Tachykardie-Syndrom (POTS) |
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Junktionale ektope Tachykardie (JET) |
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Orthodrome AV-Reentry-Tachykardie (AVRT)
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Ektope atriale Tachykardien [8] |
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Unregelmäßige Schmalkomplextachykardien
Differenzialdiagnostik unregelmäßiger Schmalkomplextachykardien | |||
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Diagnose | Anamnestische Hinweise | Diagnostische Hinweise und Besonderheiten | Therapie |
Vorhofflimmern |
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Multifokale atriale Tachykardie |
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Supraventrikuläre Extrasystolen |
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Sonderfall: Inkonstante AV-Überleitung |