Zusammenfassung
Eine Aszitespunktion kann einerseits in therapeutischer Absicht, andererseits zu diagnostischen Zwecken erfolgen. So kann die Entnahme größerer Mengen Peritonealflüssigkeit die Symptome eines therapierefraktären Aszites wie bspw. bei einem distendierten Abdomen oder einer Dyspnoe lindern. Eine Punktion von >5 L erfordert allerdings die anschließende Substitution von Albumin. Bei einem neu aufgetretenen oder unklaren Aszites können kleinere Mengen entnommen und so auf wichtige Differenzialdiagnosen hin untersucht werden. Der Nachweis von Leukozyten oder Bakterien deutet bspw. auf eine akute bakterielle Peritonitis hin, entartete Zellen auf ein malignes Geschehen im Bauchraum. In diesem Kapitel werden Vorbereitung und Durchführung der Aszitespunktion beschrieben. Je nach Fachrichtung, Klinik und Gewohnheit können Ablauf und verwendete Materialien variieren – die Darstellung hier dient v.a. der Verdeutlichung zugrundeliegender Prinzipien.
Definition
- Diagnostische Aszitespunktion: Entnahme von 20(–50) mL Ergussflüssigkeit zu diagnostischen Zwecken
- Therapeutische Aszitespunktion: Entnahme einer größeren Ergussmenge bei symptomatischem Aszites
- Großvolumige Aszitespunktion: Entnahme von >5 L Punktat
Eine therapeutische Aszitespunktion kann durch Asservierung von Proben stets auch für diagnostische Zwecke genutzt werden!
Indikation
- Diagnostische Aszitespunktion
- Jeder unklare Aszites
- Jeder neu aufgetretene Aszites
- Patienten mit Aszites durch Leberzirrhose zum Ausschluss einer spontanen bakteriellen Peritonitis bei Verschlechterung
- Therapeutische Aszitespunktion
- Entlastungspunktion bei therapierefraktärem oder rezidivierendem symptomatischen Aszites
- Bei der portalen Hypertension sollte bei fehlenden Kontraindikationen die Anlage eines TIPS vorgezogen werden
- Drainage bei Abszess oder Peritonitis
- Entlastungspunktion bei therapierefraktärem oder rezidivierendem symptomatischen Aszites
Kontraindikation
Relative Kontraindikationen [1]
- Hochgradige Leberzirrhose: Großvolumige therapeutische Entlastungen eines Aszites können ein hepatorenales Syndrom (HRS) triggern, daher besonders strenge Indikationsstellung bei
- Hyponatriämie (Serumnatriumkonzentration <126 mmol/L): Kann auf ein beginnendes HRS hindeuten bzw. sein Entstehen begünstigen
- Zeichen des Nierenversagens bzw. der chronischen Nierenfunktionsstörung (Kreatinin >6 mg/dL)
- Gerinnungsstörungen: Blutungen sind selten, auch bei Gerinnungsstörungen mit verlängerter PTT, erniedrigtem Quick-Wert oder bestehender moderater Thrombopenie (>50.000/μL)
- Thrombozytopenie: Bei extrem eingeschränkter Gerinnungssituation (Thrombozyten <20.000/μL, Quick-Wert < 20%) kann die Gabe von Thrombozytenkonzentraten erfolgen
- Plasmakonzentrate: Eine Substitution von Plasmaderivaten soll nicht erfolgen außer nach gezielter Diagnostik im Fall einer DIC
- Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern: ASS soll i.d.R. fortgeführt werden, die neueren Thrombozytenaggregationshemmer (z.B. Ticagrelor, Clopidogrel) sollten nach Möglichkeit pausiert werden
- Therapie mit Antikoagulantien: Sollte nach Möglichkeit pausiert werden
- Eingeschränkter Zugangsweg zur Bauchhöhle: Z.B. durch Tumoren, vergrößerte Organe (z.B. Hepatosplenomegalie), Schwangerschaft, größere Zysten der Leber und Nieren, extreme Hydronephrose
- Hier ist eine sorgfältige Sonografie unerlässlich
- Eingeschränkte Patientenkooperation: Z.B. zur Kooperation unfähige bzw. unwillige Patienten
- Aggressive Patienten: Wenn die Punktion unbedingt erforderlich ist, kann eine Analgosedierung erwogen werden
Bei erhöhtem Blutungsrisiko sollten die Patient:innen streng aufgeklärt werden!
Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Vorbereitung
Aufklärung des Patienten
- Aufklärung des Patienten über das Verfahren und die Komplikationen, bei elektiven Punktionen >24 h vor der Punktion
- Schriftliche Einverständniserklärung einholen
Abklärung vor der Punktion
- Aktuelles Gerinnungslabor: Thrombozytenzahl, Quick-Wert und PTT
- Bei Antikoagulation mit NMH: Ggf. zusätzlich Anti-Xa-Spiegel
- Sonografie: Darstellung des Ergusses, ggf. Abgleich mit Vorbefunden
- Behaarung: Bei starker Behaarung an der Punktionsregion elektrische Haarentfernung mit Einwegscheraufsätzen ratsam
Räumlichkeit
- Heller, ruhiger und störungsfreier Raum mit Sonografiegerät
- Wenn notwendig, kann die Punktion am Patientenbett erfolgen, dann ist das Sonografiegerät entsprechend zu transportieren, ansonsten auf verstellbarer Untersuchungsliege
Personal
- Durchführender Arzt
- Assistenzkraft zur Unterstützung beim sterilen Arbeiten und zum Anreichen der Materialien
- Ggf. weitere Assistenzkraft zur physischen und psychischen Unterstützung des Patienten
Materialien zur Aszitespunktion
- Sterile Vorgehensweise
- Hautdesinfektionsmittel in Sprühflasche
- Sterile Handschuhe in passender Größe
- Mundschutz
- Lochtuch
- Sterile Wattetupfer
- Für die eigentliche Punktion
- 5–20 mL Lokalanästhetikum (z.B. 2% Scandicain® mit dem Wirkstoff Mepivacain)
- Spritze (10 mL) und dünne Kanüle für Lokalanästhetikum
- Kanülen
- Parazentesenadel: Insb. für therapeutische Punktionen ratsam
- Bei Fehlen einer Parazentesenadel: Großlumiger peripherer Venenkatheter (≤16 G)
- Metallkanüle (≤17 G): Zur Einmalpunktion und -aspiration
- Pigtail-Katheter: Kann auch zur Ableitung von Peritonealflüssigkeit über einige Tage verwendet werden
- Parazentesenadel: Insb. für therapeutische Punktionen ratsam
- Auffangbeutel mit Schlauch und Anschluss nach Luer
- Verbindungsstück mit Drei-Wege-Hahn
- Für die Entnahme von Punktat zur Untersuchung
- EDTA-Monovette zur Zellzahlbestimmung
- Serum-Monovette zur klinischen Chemie
- Adapteraufsatz für Monovetten
- Ggf. zusätzlich: Spritzen mit 20 mL Volumen (Blutkulturen oder Zytopathologie) in erforderlicher Anzahl
- Monitoring: Bei Risikopatienten empfiehlt sich eine Pulsoxymetrie (Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz)
Vor jeder Aszitespunktion sollte das Material aufgestellt und inspiziert werden; für alle notwendigen Untersuchungen des Punktats sollten entsprechende Entnahme-Monovetten oder Spritzen bereitstehen!
Ein nach unvollständigen Materialien suchendes medizinisches Team überträgt zwangsläufig eine hektische Stimmung auf den ohnehin schon geplagten Patienten!
AMBOSS-Pflegewissen: Aszitespunktion 
Pflegerische Aufgabenbereiche bei der Aszitespunktion
- Assistieren bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachsorge der Punktion
- Patientenbeobachtung und -überwachung
- Kenntnis der möglichen Komplikationen einer Aszitespunktion und ggf. Assistenz in Notfallsituationen
Vorbereitung und Materialien
- Unterlagen: Prüfen, ob aktuelle Laborwerte und die unterschriebene Aufklärung vorliegen, ggf. hausinterne Standards beachten
- Aktuelles Gewicht, Bauchumfang dokumentieren und Messstelle kennzeichnen
- Medikamente: Schmerzmittelgabe nach ärztlicher Anordnung
- Toilettengang: Ggf. Patient:innen auf die Toilette begleiten/bitten
- Behaarung: Ist die Punktionsregion stark behaart, empfiehlt sich eine elektrische Haarentfernung mit Einwegscheraufsätzen
- Materialien: Siehe Materialien zur Aszitespunktion, ggf. ergänzend
- Ggf. Einmalrasierer, hautverträglicher Stift, Maßband
- Bettschutz/Matratzenschutz, ggf. weitere sterile Ablagen
- Spritzenabwurf und normaler Abwurf
- Händedesinfektionsmittel
- Ggf. Laborscheine für abgenommenen Proben
- Wundschnellverband, sterile Kompressen
- Sandsack bzw. Laparotomiebinde/Bauchbinde
- Monitoring: Pulsoxymetrie (Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz)
- Positionierung: In Rücken- oder leichter Seitenlage, mit leicht erhöhtem Oberkörper
Durchführung
- Arzt/Ärztin assistieren: Die Punktion wird von ausreichend erfahrenen Ärzt:innen durchgeführt
- Ggf. steriles Anreichen aller benötigten Materialien
- Patientenbeobachtung: Kollapsgefahr (Herzfrequenz↑, Blutdruck↓), plötzliches Schwitzen, ggf. starke Schmerzen
- Ggf. psychische Unterstützung: Patient:innen den Ablauf erklären, nach Schmerzen fragen, beruhigen
- (Mit‑)Überwachung auf mögliche Abbruchkriterien: Neu aufgetretenes Blut im Ablaufschlauch, Synkopen bzw. vagale Reaktionen mit Bradykardie sowie starken Schmerzen
- Ggf. Dokumentation: Menge und Aussehen der Peritonealflüssigkeit, Verlauf der Punktion
- Ggf. Proben ins Labor schicken
Nachsorge
- Verband: Eine Kompresse wird auf die Punktionsstelle gedrückt und mittels stabilem Klebeverband fixiert
- Ggf. nach ärztlicher Anordnung Kompression mittels Sandsack oder Laparotomiebinde
- Positionierung: In Rückenlage mit leicht erhöhtem Oberkörper bzw. in Seitenlage auf der der Punktion gegenüberliegenden Seite
- Ggf. ärztlich angeordnete Bettruhe überwachen
- Erhöhte Sturzgefahr aufgrund orthostatischer Hypotonie beachten
- Nachbeobachtung: Engmaschige Vitalzeichenkontrolle auf Zeichen punktionsbedingter Komplikationen
- Kardiovaskulär: Hyper- oder Hypotonie, Tachy- oder Bradykardie
- Fieber
- Nachblutungen und Austritt von Peritonealflüssigkeit aus dem Stichkanal
- Flüssigkeitsbilanzierung
- Bauchumfang, im weiteren Verlauf Gewicht
- Siehe auch: Komplikationen nach Aszitespunktion
- Infusionstherapie: Nach ärztlicher Anordnung mit Humanalbumin bzw. HAES-Infusionslösung
- Ggf. weitere Laboruntersuchungen: Nach ärztlicher Anordnung
Ablauf/Durchführung
Lagerung des Patienten
- Vor der Punktion sollte der Patient nach Möglichkeit Blase und Darm entleeren
- Bequeme Rückenlagerung mit leicht erhobenem Oberkörper auf Untersuchungsliege/Patientenbett
Lokalisation der Punktionsstelle
- Sonografische Darstellung des Ergusses:
- Ideale Punktionsstelle
- Möglichst weit entfernt von den abdominellen Nachbarorganen und der A. epigastrica inferior
- Größtmögliche Ergussausdehnung in Stichrichtung
- Beidseits möglich zwischen mittlerem und äußerem Drittel auf der Linie zwischen Bauchnabel und Spina iliaca anterior superior (McBurney- bzw. kontralateraler McBurney-Punkt)
- Markierung der Punktionsstelle: Durch Hautmarkierungsstift oder Aufpressen einer Kanülenkappe (→ Hautrötung)
Bei der Suche nach einer geeigneten Punktionsstelle muss auf den Verlauf der epigastrischen Gefäße geachtet werden!
Steriles Arbeiten
- Desinfektion: Gründliches und großzügiges Besprühen des Areals mit Desinfektionsmittel (vollständige Benetzung), Einwirkzeit beachten und Abwarten
- Anziehen der sterilen Handschuhe
- Lochtuch auslegen: Die markierte Punktionsstelle soll zentral im Lochbereich zu sehen sein
Eine Aszitespunktion ist eine invasive Maßnahme und muss unter sterilen Bedingungen erfolgen!
Lokalanästhesie
- Lokalanästhetikum vorbereiten: Mind. 10 mL des Lokalanästhetikums werden steril aufgezogen und angereicht, Aufsetzen einer kleinen Subkutankanüle
- Betäubung der Haut
- Vorwarnen und Informieren des Patienten über die kurzzeitige Schmerzhaftigkeit der Maßnahme
- Unter Wechsel aus kleiner Aspiration und kleiner Injektion in die Haut einführen und ein kutanes und subkutanes Depot setzen (kleine Beulenbildung)
- I.d.R. entsteht mit einsetzender Wirkung des Lokalanästhetikums ein pelzig-filziges Gefühl der Hautregion
- Betäubung tieferer Gewebsschichten: Wechsel auf große und lange Kanüle → Eingehen in die bereits betäubte Haut und Unterhaut → abwechselnde Injektion des Lokalanästhetikums und leichte Aspiration
- Probepunktion: Durch weiteres Vorschieben der Kanüle gelangt man in den Ergussraum und aspiriert Ergussflüssigkeit, danach langsames Zurückziehen
Punktion und Entnahme bzw. Entlastung
- Parazentesenadel einführen
- Punktion des Ergussraums in gleicher Stichrichtung und senkrecht zur Bauchwand (wie bei der Probepunktion), ggf. unter beidhändiger Führung der Nadel (mit Aufstützen der Hände auf die Bauchwand)
- Alternativ kann ein schräger Einstichwinkel von 45° oder die sog. Z-Durchstich-Technik verwand werden, um ein „Leck“ durch den Einstichkanal bzw. die Entstehung einer Fistel zu vermeiden
- Diagnostische Aszitespunktion
- Punktionsnadel mit aufgesetzter Spritze (20 mL) in den Ergussraum vorschieben, dabei ständig leicht aspirieren
- Erreicht die Spritze den Ergussraum (erkennbar am Fließen von Ergussflüssigkeit), wird die Nadelposition mit einer Hand fixiert und ausreichend Flüssigkeit in die Spritze eingesogen
- Nach Befüllen der Spritze wird sie komplett zurückgezogen und die Nadel mitsamt Spritze entfernt
- Therapeutische Aszitespunktion
- Erreicht die Nadel den Ergussraum, zeigt sich im Konus der Parazentesenadel Ergussflüssigkeit
- Nun wird die Nadel etwas weiter (ca. 0,5–1 cm) vorgeschoben
- Unter Schienung durch die Punktionsnadel wird die Kunststoffkanüle in den Peritonealraum eingebracht und gleichzeitig die Nadel zurückgezogen
- Bei korrekter Lage fließt die Ergussflüssigkeit dem Punktierenden aus der Kanülenöffnung entgegen
- Konnektion des Ablaufsystems mit der Kanüle
- Entnahme von Untersuchungsmaterial in geeigneten Monovetten bzw. Spritzen am Dreiwegehahn
- Erreicht die Nadel den Ergussraum, zeigt sich im Konus der Parazentesenadel Ergussflüssigkeit
Bei der Punktion sollte man stets Kontakt mit der Nadel und der Bauchwand halten, um ein Abrutschen und zu tiefes Eindringen zu verhindern!
Vorgehen in der Ablaufphase (bei therapeutischer Punktion)
- Ablaufen der Peritonealflüssigkeit
- I.d.R. fließt die Ergussflüssigkeit in den unterhalb des Patienten positionierten Auffangbehälter ab (Schwerkraft) → Der Auffangbeutel füllt sich
- Bei korrektem Ablaufen zeigen sich dort, wo der Schlauch horizontal liegt, kleine Luftbläschen, die atemsynchron flackern
- Abbruch bei: Neu auftretendem Blut im Ablaufschlauch, Synkopen bzw. vagalen Reaktionen mit Bradykardie sowie starken Schmerzen → Ablaufphase pausieren, Untersuchung und ggf. Stabiliserung des Patienten
Nachsorge
- Entfernen der Parazentesenadel: Bei therapeutischer Punktion nach Erreichen der angepeilten Punktionsmenge
- Verband: Ein Tupfer wird auf die Punktionsstelle aufgedrückt und mit einem stabilen Klebeverband fixiert
- Bei großvolumiger Punktion und Leberzirrhose: Albuminsubstitution bei Aszitespunktion
- Untersuchung des Abdomens
- Nachbeobachtung des Patienten
- Regelmäßige Blutdruckmessungen für sechs Stunden nach der Punktion
- Patienten auf die Möglichkeit einer verstärkten orthostatischen Hypotonie hinweisen
- Kontrolle am Folgetag: Elektrolyte, Harnstoff und Kreatinin
Interpretation/Befund
Komplikationen
- Diagnostische Parazentese: Selten Komplikationen
- Therapeutische Parazentese
- Austritt von Peritonealflüssigkeit aus dem Stichkanal (5%)
- Prophylaxe
- Lagerung des Patienten auf die der Punktion gegenüberliegenden Seite
- Vollständiges Ablassen der Peritonealflüssigkeit
- Vernähung der Einstichstelle mit einer Tabaksbeutelnaht
- Prophylaxe
- Infektion des Stichkanals
- Blutdruckabfall (Überwachung!)
- Verschlechterung der Nierenfunktion (Gefahr der Entstehung eines hepatorenalen Syndroms)
- Peritonitis
- Bauchdeckenabszess
- Einblutungen in die Bauchdecke und intraperitoneale Blutungen
- Lebensbedrohliche Blutungen treten jedoch sehr selten auf
- Austritt von Peritonealflüssigkeit aus dem Stichkanal (5%)
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.