Zusammenfassung
Bei der Listeriose handelt es sich um eine durch grampositive Listerien hervorgerufene Infektionskrankheit. Die Erreger gelangen in der Regel über die orale Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel (v.a. Rohmilchprodukte) in den menschlichen Organismus. Bei Immunkompetenten kommt es dabei nur selten zur Infektion und noch seltener zu einem ausgeprägten Krankheitsbild. Immunsupprimierte und Neugeborene haben dagegen ein erhöhtes Risiko für eine Listerienmeningitis, die mit Ampicillin behandelt werden sollte. Bei einer Listeriose während der Schwangerschaft besteht zudem das Risiko einer vertikalen Transmission vor oder während der Geburt mit möglichen schweren Folgen für das Kind (Fruchttod, neonatale Listeriose).
Ätiologie
- Erreger
- Listeria monozytogenes, grampositive Stäbchen, fakultativ anaerob
- Infektionswege
- Lebensmittelinfektion: Insb. durch Rohmilchprodukte (Vermehrung trotz Kühlung im Kühlschrank möglich)
- Vertikale Transmission: Diaplazentar oder während der Geburt von einer infizierten Schwangeren auf ihr Kind
Symptomatik
- Immunkompetente Personen
- Meist asymptomatisch (>90%)
- Selten uncharakteristische fieberhafte Reaktion oder manifeste Listeriose
- Immungeschwächte Personen
- Manifeste Listeriose
- Grippeähnliche Symptome (Fieber, Muskelschmerzen)
- Übelkeit, Erbrechen
- Weitere Manifestationsformen (selten): Bakterielle Meningitis, Listerienenzephalitis, Sepsis
- Manifeste Listeriose
- Besondere Patientengruppen
- Schwangere, siehe: Listeriose in der Schwangerschaft
- Neugeborene, siehe: Neonatale Listeriose
Diagnostik
Therapie
Antibiotische Therapie
- Wahl: Ampicillin in Kombination mit Gentamicin
- Therapiedauer: Mindestens 3 Wochen
- Bei Endokarditis: 4–6 Wochen
- Bei Meningitis, Enzephalitis und/oder Hirnabszess: Ampicillin i.v. , ggf. in Kombination mit Gentamicin i.v.
- In der Schwangerschaft: Verzicht auf Gentamicin (Kontraindikation!), ggf. Ausreizen der Ampicillin-Dosierung
- Therapiedauer: Mindestens 3 Wochen
- Wahl: Cotrimoxazol (bspw. bei Vorliegen einer Penicillinallergie)
Prävention
- Meidung potenziell kontaminierter Nahrungsmittel [1][2]
- Kein rohes oder ungenügend gegartes Fleisch (bspw. Mett), Rohwurst (bspw. Salami) oder roher Fisch (auch geräuchert oder mariniert)
- Keine Produkte, die aus nicht pasteurisierter Milch hergestellt werden (bspw. Rohmilch- oder Weichkäse) und keinen Sauermilchkäse
- Keine Speisen, die nach dem Kochen >24 h aufbewahrt wurden
- Keine vorgeschnittenen (vakuum‑)verpackten Salate
Listeria monozytogenes wird v.a. durch den Verzehr nicht erhitzter tierischer Produkte übertragen!
Insb. bei Immunsuppression und während der Schwangerschaft sollten präventive Maßnahmen beachtet werden!
Listeriose in der Schwangerschaft
Die Listeriose bei Schwangeren gleicht im Wesentlichen der Erkrankung bei nicht-schwangeren Frauen, geht aber mit der Gefahr einer vertikalen Transmission auf das Kind einher (neonatale Listeriose). Im Folgenden wird lediglich auf besondere Aspekte während der Schwangerschaft eingegangen.
- Erkrankungsrisiko: 10- bis 15-fach erhöht [1]
- Klinisches Bild [1]
- Meist asymptomatisch
- Leichte unspezifische Symptome (bspw. Fieber, Dysurie, Diarrhö)
- Kopf-, Rücken, Bauch- und Muskelschmerzen
- Selten: Sepsis, Meningitis, Enzephalitis
- Diagnostik [1][2]
- In Deutschland kein Screening im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge
- Bei V.a. Infektion siehe: Diagnostik der Listeriose
- Bei V.a. Infektion des ungeborenen Kindes: Direkter Erregernachweis (PCR) aus Blut, Fruchtwasser, Zervix- und Plazentaabstrich (postnatal) möglich
- Therapie [1]
- Therapiedauer: 7–14 Tage
- Wirkstoffe und Dosierungen: Ampicillin, siehe: Therapie der Listeriose
- CAVE: Gentamicin kontraindiziert
- Vertikale Transmission [1]
- Übertragung: Diaplazentar (pränatal) oder während der Geburt
- Mögliche Folgen: Fehlgeburt, Totgeburt, Frühgeburt, neonatale Listeriose
Schwangere haben im Vergleich zu nicht-schwangeren Frauen ein 10- bis 15-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko!
Neonatale Listeriose
- Übertragung: Diaplazentar (pränatal) oder während der Geburt [1]
- Klinisches Bild [1][3]
- Frühinfektion (Symptombeginn am 1.–6. Lebenstag)
- Early-Onset-Sepsis
- Pneumonie, Atemnotsyndrom
- Meningitis, Enzephalitis
- Granulomatosis infantiseptica
- Hepatosplenomegalie
- Spätinfektion (Symptombeginn ab dem 7. Lebenstag)
- Frühinfektion (Symptombeginn am 1.–6. Lebenstag)
- Diagnostik [1]
- Therapie
- Ampicillin (pädiatrisch) [1] + Gentamicin (pädiatrisch) [1]
- Bei Ampicillin-Unverträglichkeit: Meropenem (pädiatrisch) Off-Label Use [1] + Cotrimoxazol (pädiatrisch) Off-Label Use
Die neonatale Listeriose kann lebensbedrohlich verlaufen und erfordert im Verdachtsfall eine umgehende Diagnostik und Therapie!
Meldepflicht
- Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod
- Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei direktem Nachweis aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten
- Namentliche Meldepflicht bei Abstrichen von Neugeborenen
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Listeriose
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- A32.-: Listeriose
- Inklusive: Nahrungsmittelbedingte Infektion durch Listerien
- Exklusive: Neugeborenenlisteriose (disseminiert) (P37.2) A32.0
- A32.0: Kutane Listeriose
- A32.1†: Meningitis und Meningoenzephalitis durch Listerien
- Meningitis (G01*), Meningoenzephalitis (G05.0*) jeweils durch Listerien
- A32.7: Listeriensepsis
- A32.8: Sonstige Formen der Listeriose
- Endokarditis durch Listerien† (I39.8*)
- Okuloglanduläre Listeriose
- Zerebrale Arteriitis durch Listerien† (I68.1*)
- A32.9: Listeriose, nicht näher bezeichnet
- P37.-: Sonstige angeborene infektiöse und parasitäre Krankheiten
- P37.2: Neugeborenenlisteriose (disseminiert)
- G01*: Meningitis bei anderenorts klassifizierten bakteriellen Krankheiten
- Inklusive: Meningitis (bei) (durch):
- Listerien (A32.1†)
- Anthrax [Milzbrand] (A22.8†), Gonokokken (A54.8†), Leptospirose (A27.-†), Lyme-Krankheit (A69.2†), Meningokokken (A39.0†), Neurosyphilis (A52.1†), Salmonelleninfektion (A02.2†), Syphilis: konnatal (A50.4†), sekundär (A51.4†), tuberkulös (A17.0†), Typhus abdominalis (A01.0†)
- Exklusive: Meningoenzephalitis und Meningomyelitis bei anderenorts klassifizierten bakteriellen Krankheiten (G05.0*)
- Inklusive: Meningitis (bei) (durch):
- G05.-: Enzephalitis, Myelitis und Enzephalomyelitis bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- G05.0: Enzephalitis, Myelitis und Enzephalomyelitis bei anderenorts klassifizierten bakteriellen Krankheiten
-
Enzephalitis, Myelitis oder Enzephalomyelitis (bei) (durch):
- Listerien (A32.1†)
- Meningokokken (A39.8†), Syphilis: konnatal (A50.4†), Spät- (A52.1†), tuberkulös (A17.8†)
-
Enzephalitis, Myelitis oder Enzephalomyelitis (bei) (durch):
- G05.0: Enzephalitis, Myelitis und Enzephalomyelitis bei anderenorts klassifizierten bakteriellen Krankheiten
- I68.-:* Zerebrovaskuläre Störungen bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- I68.1*: Zerebrale Arteriitis bei anderenorts klassifizierten infektiösen und parasitären Krankheiten
- Zerebrale Arteriitis: durch Listerien (A32.8†), syphilitisch (A52.0†), tuberkulös (A18.8†)
- I68.1*: Zerebrale Arteriitis bei anderenorts klassifizierten infektiösen und parasitären Krankheiten
- O35.-: Betreuung der Mutter bei festgestellter oder vermuteter Anomalie oder Schädigung des Fetus
- O35.8: Betreuung der Mutter bei (Verdacht auf) sonstige Anomalie oder Schädigung des Fetus
- Betreuung der Mutter bei (Verdacht auf) Schädigung des Fetus durch mütterliche Listeriose, Toxoplasmose
- O35.8: Betreuung der Mutter bei (Verdacht auf) sonstige Anomalie oder Schädigung des Fetus
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.