Zusammenfassung![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Das Angioödem (früher: „Quincke-Ödem“) ist eine akute Schwellung von Dermis, Subkutis und/oder Submukosa, die mehrere Stunden bis Tage anhalten kann. Klassischerweise sind Augenlider, Lippen und Zunge betroffen, es kann aber auch zu einem lebensgefährlichen Larynxödem kommen. Es wird zwischen Histamin- und Bradykinin-vermittelten Angioödemen unterschieden. Letztere können hereditär sein, durch Medikamente ausgelöst werden oder im Rahmen einer malignen oder autoimmunen Erkrankung auftreten.
Prophylaktisch steht beim allergischen Angioödem eine Expositionskarenz im Vordergrund. Im Akutfall kommen bei Histamin-vermittelten Angioödemen oder bei nicht klar zuzuordnender Genese Adrenalin, Glucocorticoide und Antihistaminika zum Einsatz. Beim hereditären Angioödem dagegen werden Bradykinin-B2-Rezeptor-Antagonisten und C1-Esterase-Inhibitor(C1-INH)-Konzentrate eingesetzt. Da bei medikamenteninduzierten Angioödemen und solchen im Rahmen einer Grunderkrankung keine kausale Therapie zugelassen ist, kann hier nur eine Off-Label-Therapie erfolgen, bspw. mit Bradykinin-B2-Rezeptor-Antagonisten.
Definition![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Angioödeme zu kategorisieren. Wesentlich für das therapeutische Vorgehen ist die Differenzierung in Histamin- und Bradykinin-vermittelte Angioödeme. [1][2][3][4]
Histamin-vermittelte Angioödeme
- Allergisches Angioödem: IgE-vermittelt
- Pseudoallergische Reaktion: Nicht-IgE-vermittelt
- Urtikaria-assoziiertes Angioödem: Nicht-IgE-vermittelt
Bradykinin-vermittelte Angioödeme
- Hereditäres Angioödem (HAE)
- Mit C1-INH-Mangel (HAE Typ I und II)
- Ohne C1-INH-Mangel (HAE Typ III)
- Erworbenes Angioödem (AAE): Mit Autoimmunerkrankung oder maligner Erkrankung assoziiert (AAE Typ I und II)
- Medikamenteninduziertes Angioödem: Insb. durch ACE-Hemmer, AT1-Blocker und Alteplase [5]
Einteilung der Bradykinin-vermittelten Angioödeme nach Ursache [6] | |||
---|---|---|---|
Funktioneller Mangel an C1-INH | Kein funktioneller Mangel an C1-INH | ||
Hereditäre Formen | Erworben: Assoziiert mit maligner oder autoimmuner Grunderkrankung | Hereditäre Formen | Erworben |
HAE Typ I: Konzentration und Aktivität von C1-INH↓ | AAE Typ I: Erhöhter Verbrauch von C1-INH | HAE Typ III: Mutation von bspw. Faktor XII, Plasminogen | Medikamenteninduziert |
HAE Typ II: Aktivität von C1-INH↓, Konzentration normal oder ↑ | AAE Typ II: Autoantikörper gegen C1-INH |
Idiopathische Angioödeme [7]
Epidemiologie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Häufigkeit von Angioödemen in abnehmender Reihenfolge [2][7][8]
- Allergisches Angioödem
- Inzidenz der schwergradigen Anaphylaxie: 1–3:10.000 Einwohner pro Jahr, davon knapp 50% mit Angioödem [2]
- Urtikaria-assoziiertes Angioödem
- Idiopathisches Angioödem: Keine genauen Zahlen
- ACE-Hemmer-induziertes Angioödem
- Prävalenz: 0,2–0,7% der behandelten Patienten [2]
- Menschen mit einer dunkleren Hautfarbe haben ein 3-fach erhöhtes Risiko
- Manifestationsalter: I.d.R. ab dem 50. Lebensjahr
- Hereditäres Angioödem mit C1-INH-Mangel [2]
- Hereditäres Angioödem ohne C1-INH-Mangel [7]
- Sehr selten
- Fast immer ♀ betroffen
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Angioödeme werden durch vasoaktive Botenstoffe verursacht (Histamin oder Bradykinin). Die dadurch vorübergehend erhöhte Gefäßpermeabilität verursacht eine Gewebeschwellung.
Histamin-vermittelte Angioödeme [2][8]
- Mastzelldegranulation (IgE-vermittelt oder durch andere Reize ausgelöst) → Freisetzung von Mediatoren, insb. Histamin → Vasopermeabilität↑ → Einstrom von Flüssigkeit ins Gewebe → Attackenartige Schwellung, oft Juckreiz und Urtikaria
Bradykinin-vermittelte Angioödeme
- Vermehrte Bildung oder verminderter Abbau von Bradykinin → Bradykininspiegel im Plasma↑ → Vasopermeabilität↑ → Einstrom von Flüssigkeit ins Gewebe → Attackenartige Schwellung, kein Juckreiz und Urtikaria
Hereditäres Angioödem (HAE)
- Mit C1-INH-Mangel
- Ursache: Mutation des Gens, das C1-INH kodiert (meist autosomal-dominant vererbt, in 20% der Fälle Spontanmutationen)
- Pathomechanismus: Genetisch bedingter Mangel an funktionstüchtigem C1-INH → Überschießende Aktivierung des Kallikrein-Kinin-Systems → Bradykininbildung und -freisetzung↑
- Mögliche Auslöser der Attacken
- Trauma, insb. Stöße oder Druck
- Bei Operationen, insb. bei Zahnoperationen und Tonsillektomien, sowie Intubationen
- Psychischer Stress
- Hormonschwankungen, bspw. im Rahmen der Menstruation oder des Eisprungs
- Infektionen, bspw. grippale Infekte
- Medikamente, bspw. ACE-Hemmer, AT1-Blocker, Östrogene, hormonelle Verhütungsmittel
- Ohne C1-INH-Mangel
- Ursache: Mutationen im Gerinnungsfaktor XII oder noch unbekannte genetische Veränderungen
- Pathomechanismus: Aktivität des Faktors XII durch die Mutation gesteigert → Überschießende Bradykininbildung
- Mögliche Auslöser/Verstärker der Attacken: Östrogene (orale Antikonzeptiva, Schwangerschaft, hormonale Ersatztherapie)
Meistens treten die Ödemattacken spontan und ohne erkennbaren Auslöser auf!
Erworbenes Angioödem
- Auslöser: Gegen C1-INH gerichtete Antikörper (AAE Typ II) oder erhöhter Verbrauch von C1-INH (AAE Typ I), bspw. im Rahmen von
- B-Zell-Lymphomen
- Autoimmunen Grunderkrankungen
- Pathomechanismus: C1-INH-Mangel → Bradykininsynthese↑
Medikamenteninduziertes Angioödem
- Auslöser: ACE-Hemmer, seltener AT1-Blocker und rt-PA (Alteplase) [5]
- Erstmanifestation auch nach jahrelanger Einnahme möglich
- Pathomechanismus: Inhibition eines Bradykinin-Abbauenzyms → Bradykininspiegel↑
Symptomatik![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Allgemein [1][2][8]
-
Akute Schwellung von Dermis, Subkutis und/oder Submukosa, mögliche Lokalisationen
- Gesicht (insb. Augenlider, Wangen, Lippen)
- Extremitäten (insb. Hände, Unterarme)
- Genitalien
- Mundschleimhaut: Zunge, Wange, sublingual
- Lokales Spannungsgefühl
- Geringer Druckschmerz
- Bei Pharynx-/Larynxbeteiligung
- Initial: Milde Schluckbeschwerden, Globusgefühl, veränderte oder leise Stimme, beginnende Dyspnoe
- Später: Inspiratorischer Stridor, ggf. akute Dyspnoe
Histamin-vermittelte Angioödeme
- Manifestation insb. im Kopf-Hals-Bereich
- Häufig zusätzlich Urtikaria und/oder Juckreiz (akut oder anamnestisch)
- Meist einmaliges Auftreten bei allergischer oder pseudoallergischer Reaktion
Die Schleimhaut von Pharynx, Larynx und Magen-Darm-Trakt ist bei Histamin-vermittelten Angioödemen seltener betroffen (ausgenommen anaphylaktische Reaktionen)! [1]
Bradykinin-vermittelte Angioödeme
Hereditäres Angioödem
- Rezidivierende Schwellungen am gesamten Körper möglich
- Haut: Insb. Extremitäten, seltener Genitalregion und Kopf-Hals-Bereich betroffen
- Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts: Häufig
- Variabel ausgeprägte krampfhafte Bauchschmerzen
- Unspezifische gastrointestinale Symptome bis Subileus-Symptomatik
- Larynx, Pharynx: In ca. 1% der Attacken betroffen
- Weitere Organmanifestationen möglich
- I.d.R. keine Urtikaria oder Juckreiz
- Ödemdauer bis zu 7 Tage
- Ggf. Prodromi: Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Durstgefühl, depressive Stimmungslage, Aggressivität, Erythema marginatum
- Rezidivierendes Auftreten alle paar Jahre bis mehrmals im Monat
Erworbenes Angioödem
- Symptomatik ähnelt hereditärem Angioödem
- Zusätzlich ggf. Symptome der Grunderkrankung
ACE-Hemmer-induziertes Angioödem
- Manifestation i.d.R. ausschließlich im Kopf-Hals-Bereich , seltener im Genitalbereich
- Bei ca. 10% Obstruktion der oberen Atemwege
- I.d.R. keine Urtikaria oder Juckreiz
Klinisch ähneln sich die verschiedenen Formen stark, das Vorliegen einer Urtikaria spricht jedoch gegen ein Bradykinin-vermitteltes Angioödem! [3]
Diagnostik![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Anamnese [2][8]
- Zeitpunkt und Dauer des Auftretens
- Lokalisation und Veränderung des Ödems
- Angioödem-Diagnose bekannt?
- Begleitsymptome (Juckreiz, Urtikaria)
- Familienanamnese
- Zeitlicher Zusammenhang mit
- Medikamenteneinnahme
- Nahrungsaufnahme
- Insektenstich
- Kontakt zu Latex
- Bestimmten Tätigkeiten
- Erstmanifestationsalter
- Erstmaliges oder wiederholtes Auftreten?
- Ansprechen auf Antihistaminika oder Glucocorticoide?
Gegenüberstellung Histamin- und Bradykinin-vermittelter Angioödeme [1]
Histamin-vermittelte Angioödeme | Bradykinin-vermittelt: Hereditäres Angioödem | |
---|---|---|
Eigenanamnese |
|
|
Familienanamnese |
|
|
Auslöser |
|
|
Symptome | ||
Diagnostik |
| |
Probatorische Therapie |
|
|
Die Anamnese kann wichtige Hinweise zur Unterscheidung von Histamin- und Bradykinin-vermittelten Angioödemen geben!
Körperliche Untersuchung [1]
- Meist lokalisierte, asymmetrische Ödeme der Subkutis und/oder Submukosa
- Dermale Manifestation: Unscharf begrenzte Gewebeschwellung, ggf. leicht erythematös
- Typische Prädilektionsstellen
- Nicht eindrückbar
- Ggf. allergische Begleitsymptome bei allergischem Angioödem
Bei schwerer abdominaler Krise
- Sonografie und/oder CT des Abdomens zum Ausschluss anderer Ursachen
Im Notfall erfolgt die Diagnose ausschließlich anhand der klinischen Symptomatik und der Anamnese!
Weitere Diagnostik im Verlauf [2]
- Allergietest: Pricktest oder in-vitro-Allergietestung
- Mikrobiologie: Untersuchung von Stuhl, Urin und Serum
- Labor
- GOT, GPT, Kreatinin, TSH
- Bei V.a. HAE: Komplementfaktor C4, quantitative und qualitative Bestimmung von C1-INH
- Typ I: Komplementfaktor C4↓, C1-INH-Aktivität↓, C1-INH-Konzentration↓
- Typ II: Komplementfaktor C4↓, C1-INH-Aktivität↓, C1-INH-Konzentration normal oder ↑
- Typ III: Typischerweise Komplementfaktor C4, C1-INH-Aktivität und C1-INH-Konzentration normwertig
- Genetische Untersuchung zur Mutationssuche nur in unklaren Fällen
- Diagnosesicherung: Rezidivierende Schwellungen, abdominelle Attacken, positive Familienanamnese in Kombination mit Laborparametern (C1-INH-Aktivität↓, Komplementfaktor C4↓)
- Bei V.a. erworbenes Angioödem [7]
- C1q↓
- Teilweise Nachweis von Autoantikörpern gegen C1-INH
- CH50↓
- Kriterien für Ausschlussdiagnose rezidivierendes idiopathisches Angioödem
- Negative Familienanamnese
- Kein C1-INH-Mangel
- Attacken nicht auf Medikamente o.a. Auslöser zurückführbar
Die Diagnosestellung des HAE erfolgt nie anhand der Laborwerte allein, sondern in Zusammenschau mit Klinik und (Familien‑)Anamnese!
Bei HAE ist eine Familienuntersuchung sinnvoll, um Erstickungsfälle bei Nicht-Diagnostizierten zu vermeiden (insb. Komplementfaktor C4 sowie quantitative und qualitative Bestimmung von C1-INH)!
Differenzialdiagnosen![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Ödem bei Allergie
- Urtikaria [1]
- Zyklisches Ödem bei hormonellen Dysbalancen
- Episodisches Angioödem mit Eosinophilie (Gleich-Syndrom)
- Ödem bei Hypothyreose, bspw. Lidödeme, Myxödem
- Ödeme speziell im Kopf-Hals-Bereich
- Ödeme speziell der Extremitäten
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Akuttherapie bei Angioödem [7]
Handlungsalgorithmus im Akutfall [2]
- Dringlichkeit einschätzen
- Differenzialdiagnose stellen
- Histamin- oder Bradykinin-vermitteltes Angioödem?
- Unklare Schwellung: Probatorische Gabe von Antihistaminika und Glucocorticoiden, Nachbeobachtung, im Anschluss Angioödemdiagnostik
- Ggf. weitere Differenzialdiagnosen ausschließen
- Supportive Maßnahmen
- Symptomatische Therapie von Schmerzen und Erbrechen
- Vasokonstriktorische Maßnahmen, bspw. Kühlen
- Infusionstherapie
Histamin-vermittelte Angioödeme machen ca. 80% der Fälle aus – unklare Fälle behandelt man deshalb probatorisch als Histamin-vermittelte Angioödeme!
Patienten mit Pharynx- oder Larynxödemen sind immer ein Notfall! Patienten mit Ödemen im Kopf-Hals-Bereich sollten immer stationär aufgenommen und überwacht werden!
Angioödeme im Kopf-Hals-Bereich [2]
- Höchste Priorität: Sicherstellen, dass die Atemwege frei sind, siehe auch: Erstmaßnahmen zur Atemwegssicherung
- Sauerstoffgabe , Oberkörperhochlage, siehe auch: Hinweise zur Sauerstoffgabe im Notfall
- Frühzeitige Intubation
- Indikation: Lebensbedrohliche Dyspnoe, bspw.
- Inspiratorischer Stridor
- Größenprogredientes Ödem der Atemwege trotz adäquater Therapie
- Sauerstoffsättigung↓
- Transorale oder alternativ transnasale fiberoptische Intubation
- In Koniotomie- oder Tracheotomiebereitschaft
- Siehe auch: Rapid Sequence Induction - AMBOSS-SOP, Fiberoptische Wachintubation - AMBOSS-SOP
- Im äußersten Notfall sofortige Koniotomie, siehe auch: Koniotomie - AMBOSS-SOP
- Indikation: Lebensbedrohliche Dyspnoe, bspw.
Bei Angioödemen im Kopf-Hals-Bereich steht die Atemwegssicherung an erster Stelle!
Histamin-vermittelte Angioödeme
- Glucocorticoide i.v., Antihistaminika oral oder i.v.
- Bei schwerem Verlauf: β2-Sympathomimetika inhalativ, Adrenalin i.m.
- Siehe: Behandlungsschema bei Anaphylaxie
Stellt sich klinisch unter Glucocorticoiden bzw. Antihistaminika keine Besserung ein, muss immer an ein Bradykinin-vermitteltes Angioödem gedacht werden!
Bradykinin-vermittelte Angioödeme
Akuttherapie hereditärer Angioödeme (HAE Typ I und II) [7]
- Meist nicht behandlungsbedürftig: Leichte Schwellungen der Hände und Füße
- Abdominalattacken
- Mild: Oft mit krampflösenden Suppositorien beherrschbar
- Sehr schmerzhaft (häufig): C1-INH-Konzentrat oder Icatibant
- Medikamentöse Therapie der Wahl: C1-INH-Konzentrat oder Bradykinin-B2-Rezeptor-Antagonist
- C1-Esterase-Inhibitor(C1-INH)-Konzentrat i.v.: Frühzeitige i.v. Injektion empfohlen
- Berinert® 500 IE Injektions- oder Infusionslösung
- Zugelassen ab 15 kgKG
- Dosierung für Kinder und Jugendliche ab 15 kgKG
- Dosierung für Erwachsene
- Cinryze® 500 IE Injektionslösung
- Zugelassen ab 2 Jahren
- Dosierung für Kinder 2–11 Jahre 10–25 kgKG
- Dosierung für Kinder 2–11 Jahre >25 kgKG
- Dosierung für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene
- Conestat alfa (Ruconest® 2.100 Einheiten Injektionslösung)
- Zugelassen ab 13 Jahren
- Dosierung für Jugendliche und Erwachsene bis 84 kgKG
- Dosierung für Jugendliche und Erwachsene über 84 kgKG
- Berinert® 500 IE Injektions- oder Infusionslösung
- Bradykinin-B2-Rezeptor-Antagonist (Icatibant) s.c.
- Wirkprinzip: Antagonisierung der Bindung von Bradykinin an den Rezeptor aufgrund struktureller Ähnlichkeit zu Bradykinin
- Zugelassen ab 2 Jahren
- Dosierung für Kinder 12–25 kgKG
- Dosierung für Kinder 26–40 kgKG
- Dosierung für Kinder und Jugendliche 41–50 kgKG
- Dosierung für Kinder und Jugendliche 51–65 kgKG
- Dosierung für Kinder und Jugendliche >65 kgKG sowie für Erwachsene
- FFP
Nicht wirksam zur Therapie eines hereditären Angioödems: Corticosteroide, Antihistaminika und Adrenalin bzw. Adrenalinderivate! [9]
Therapie medikamenteninduzierter Angioödeme [10]
- Allgemein: Sofortiges Absetzen des Medikaments
- Akuttherapie
- Keine zugelassene kausale Therapie
- Off-Label-Therapieoptionen
- Initial Antihistaminika (bspw. Dimetinden i.v. ), Glucocorticoide (bspw. Prednisolon i.v. ) und Epinephrin-Vernebelung
- Kontinuierliches Monitoring der klinischen Symptomatik sowie der Kreislauf- und Atemfunktion
- Bei Obstruktion der Atemwege
- C1-INH-Konzentrat i.v., für Dosierungen siehe: Akuttherapie hereditärer Angioödeme
- Icatibant s.c.
- Weiteres Management siehe: Behandlungsschema bei Anaphylaxie
In Fallberichten und Studien konnte gezeigt werden, dass eine Akuttherapie mit Icatibant oder C1-INH-Konzentrat der Therapie mit Antihistaminika und Glucocorticoiden signifikant überlegen ist!
Es kann bis zu einem Jahr nach Absetzen des Medikaments noch zu einem erneuten Angioödem kommen!
Therapie erworbener Angioödeme
- Allgemein: Therapie der zugrunde liegenden onkologischen oder autoimmunen Grunderkrankung
- Akuttherapie: Icatibant s.c. (Off-Label)
Langzeittherapie [7]
Histamin-vermittelte Angioödeme
- Auslöser meiden, Allergenkarenz
Bradykinin-vermittelte Angioödeme
Hereditäres Angioödem
- Therapieziele: Symptome lindern, Erstickungstod verhindern (Prophylaxe von Ödemattacken)
- Ausführliche Aufklärung von Patienten und Familienangehörigen über Erkrankung, Prodromi, Triggerfaktoren und Vorgehen bei Ödemattacken
- Notfallausweis, Dosen von Icatibant oder C1-INH-Konzentrat zur Selbstmedikation mitführen
- Absetzen von Medikamenten, die Attacken triggern können
- Anbindung an ein HAE-Behandlungszentrum [11]
Prophylaxe vor Eingriffen
- C1-INH-Konzentrat i.v.
- Berinert® 500 IE Injektions- oder Infusionslösung
- Zugelassen ab 15 kgKG
- Dosierung für Kinder und Jugendliche ab 15 kgKG
- Dosierung für Erwachsene
- Cinryze® 500 IE Injektionslösung
- Zugelassen ab 2 Jahren
- Dosierung für Kinder 2–11 Jahre 10–25 kgKG
- Dosierung für Kinder 2–11 Jahre >25 kgKG
- Dosierung für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene
- Berinert® 500 IE Injektions- oder Infusionslösung
Dauerprophylaxe
- Indikation: Zu erwägen bei Patienten mit besonders schweren Verläufen (trotz optimierter Bedarfstherapie) und besonders schweren Verläufen
- ≥12 schweren Attacken/Jahr oder
- HAE-Symptomatik an ≥24 Tagen/Jahr
- Medikamente
- C1-INH-Konzentrat i.v. (Cinryze®)
- Zugelassen ab 6 Jahren für die Dauertherapie
- Dosierung für Kinder 6–11 Jahre
- Dosierung für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene
- Androgenderivate, insb. Danazol, Stanozolol und Oxandrolon
- Wirksam, aber nebenwirkungsreich
- Sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung, regelmäßige Kontrolluntersuchungen nötig, Kontraindikationen beachten
- Tranexamsäure: Weniger nebenwirkungsreich, aber auch weniger wirksam als Androgenderivate, Kontraindikationen beachten
- Gestagenderivate (Off-Label): Ggf. bei Frauen sinnvoll, weniger wirksam als Androgenderivate oder C1-INH-Konzentrat
- C1-INH-Konzentrat i.v. (Cinryze®)
Komplikationen![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Larynxödem [2][8]
- Gesichtsödem (kann in Larynxödem übergehen)
- Schwere abdominale Krise mit Hypovolämie und Blutdruckabfall bis zum Schock
Bei Larynxbeteiligung besteht akute Erstickungsgefahr!
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Todesfälle
- Heutzutage selten, da adäquate diagnostische und therapeutische Möglichkeiten vorhanden sind
- Fast immer infolge eines Larynxödems
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- D84.-: Sonstige Immundefekte
- D84.1: Defekte im Komplementsystem
- C1-Esterase-Inhibitor[C1-INH]-Mangel
- D84.1: Defekte im Komplementsystem
- T78.-: Unerwünschte Nebenwirkungen, anderenorts nicht klassifiziert
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.