Zusammenfassung
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über Zoonosen, die in Deutschland zwar selten vorkommen, jedoch insb. global und reisemedizinisch relevant sind.
Q-Fieber
- Epidemiologie
- Weltweit verbreitete Zoonose
- In Deutschland etwa 200–300 Fälle pro Jahr
- Erreger: Coxiella burnetii
- Erregerreservoir: Schafe und Ziegen, Haustiere, Vögel (sog. Ziegengrippe)
- Infektionsweg: Inhalation infektiösen Staubes oder durch direkten Kontakt zu infizierten Tieren
- Klinik
- 50% asymptomatisch
- Plötzlich eintretendes hohes Fieber mit Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Rhinitis, Pharyngitis und Laryngitis für 1–2 Wochen
- Komplikation: Endokarditis, Perimyokarditis, Meningitis, Hepatitis
- Diagnostik
- Therapie
- Akute Infektion: Doxycyclin ggf. plus Clarithromycin oder Fluorochinolon (Gruppe 3 oder 4) für 2–3 Wochen
- Bei Meningoenzephalitis: Chinolone oder Chloramphenicol
- Chronische Infektion: Doxycyclin plus Fluorochinolon (Gruppe 3 oder 4) oder Rifampicin für mind. 1 Jahr
- Alternativ: Doxycyclin und Chloroquin für mind. 1 Jahr
- Akute Infektion: Doxycyclin ggf. plus Clarithromycin oder Fluorochinolon (Gruppe 3 oder 4) für 2–3 Wochen
- Prognose: In ca. 5% chronischer Verlauf mit Endokarditis und chronischer Hepatitis
- Meldepflicht: Namentliche Meldung des direkten und indirekten Nachweises von Coxiella burnettii an das Gesundheitsamt gemäß § 7 Abs. 1 IfSG
Fleckfieber
- Epidemiologie: Vor allem in den Anden, aber auch in Afrika und Südostasien
- Erreger: Rickettsia prowazekii (obligat intrazellulär)
- Infektionsweg: Übertragung u.a. durch Läuse (in Europa wegen Vernichtung der Kleiderlaus durch Insektizide sehr selten geworden) und Zecken
- Inkubationszeit: 10–14 Tage
- Klinik
- Initial: Abruptes hohes Fieber mit unspezifischen Allgemeinsymptomen (Kopfschmerz, Myalgien)
- Ab Tag 5 der Erkrankung: Makulopapulöses Exanthem, das sich zentrifugal von Achseln und Stamm ausbreitet
- Komplikationen: Enzephalitis, Perimyokarditis, Pneumonie, akute Nierenschädigung, Gerinnungsstörungen
- Diagnostik
- Reiseanamnese mit Aufenthalt in Endemiegebiet
- Erregernachweis mittels Immunfluoreszenzmikroskopie oder PCR (in Gewebeproben bzw. klinischem Material)
- Antikörpernachweis mittels Serologie (Durchführung in spezialisierten Laboratorien empfohlen)
- Therapie: Tetracycline (Doxycyclin, Tetracyclin), Rifampicin oder Chinolone
- Prognose: Letalität unbehandelt >50%
Ein frühzeitiger Therapiebeginn ist bei Fleckfieber essenziell, um einen letalen Verlauf zu vermeiden!
Babesiose
- Epidemiologie
- Weltweites Vorkommen
- In Deutschland sehr selten
- Erreger: Babesia-Spezies
- Infektionsweg
- Erregerreservoir: Wildtiere und Rinder
- Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Zecken
- Inkubationszeit: 1–4 Wochen
- Klinik
- Klinik von Erregerspezies anhängig
- Grippale Beschwerden
- Hämolytische Anämie
- Milde Spleno- und Hepatomegalie
- Risiko für schweren (ggf. fatalen) Verlauf: Asplenie, Immunsuppression
- Diagnostik
- Anamnese: Exposition zu Zecken, Zeckenstich erinnerlich
- Blutausstrich
- Weitere: Serologie, PCR
- Ko-Infektionen mit anderen von Zecken übertragenen Erregern bedenken (insb. Borrelien)
- Therapie
Rocky-Mountains-spotted fever
- Epidemiologie: Sporadisches Auftreten in Nord-, Mittel- und Südamerika
- Erreger: Rickettsia rickettsii
- Infektionsweg: Zeckenstich
- Inkubationszeit: 2–10 Tage
- Klinik
- Abrupter Beginn mit hohem Fieber und starken Allgemeinsymptomen (Schüttelfrost, Myalgien, Kopfschmerz etc.)
- Ab dem 4. Tag Beginn eines sich von den Händen und Füßen über den ganzen Körper ausbreitenden makulopapulösen, hämorrhagischen Exanthems
- Komplikationen
- Evtl. Organbeteiligung (interstitielle Pneumonie, Milzschwellung, Hepatitis, Myokarditis etc.)
- In schweren Fällen Stupor bis Koma mit fokalen ZNS-Läsionen
- Diagnostik
- Trias: Zeckenstich, Fieber, Exanthem in Endemiegebiet
- Antikörpernachweis mit indirekter Immunfluoreszenz oder Latex-Agglutinationstest
- Differenzialdiagnosen: Meningokokkensepsis, toxisches Schocksyndrom, Masern, Ehrlichiose, Anaplasmose
- Therapie: Doxycyclin
- Verlauf: Letalität unter Behandlung mit Doxycyclin etwa 5-10%, ohne Behandlung bis zu 50%
Pest
- Epidemiologie
- Auftreten in Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika, südliche USA
- Einige Hundert Erkrankte pro Jahr, zuletzt v.a. auf Madagaskar und im Kongo
- Erreger: Yersinia pestis
- Erregerreservoir: Nagetiere (Zoonose)
- Infektionsweg
- Flöhe und Zecken leben in Symbiose mit kontaminierten Nagetieren
- Geht eine Nagetierart ein, müssen sich die kontaminierten Flöhe neue Wirte suchen, was zu Pestausbrüchen bei Menschen führen kann
- Übertragung von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion
- Klinisches Bild
- Bubonenpest (sog. Beulenpest)
- Inkubationszeit: 2–7 Tage
- Symptomatik
- Plötzlich hohes Fieber und starke Allgemeinsymptome
- 1–2 Tage später entwickeln sich schmerzhafte Lymphknotenschwellungen (sog. Bubonen)
- Verlauf: Letalität unbehandelt >50%, bei rascher Antibiotikagabe <1–2%
- Lungenpest
- Primär durch Tröpfcheninfektion oder sekundär durch hämatogene Ausbreitung der Bubonenpest
- Inkubationszeit: Wenige Stunden
- Symptomatik: Hohes Fieber, Pneumonie, blutiger Auswurf, Dyspnoe
- Verlauf: Letalität der primären Lungenpest fast 100%
- Bubonenpest (sog. Beulenpest)
- Diagnostik: Kultureller Erregernachweis aus Blut, Sputum oder Lymphknotenaspirat
- Therapie: Antibiotische Therapie (insb. Fluorchinolone, Aminoglykoside und/oder Tetracycline)
- Umgang mit Kontaktpersonen
- Hohes Expositionsrisiko (bspw. direkter Kontakt zu einer an Lungenpest erkrankten Person): Sofortige Postexpositionsprophylaxe und Quarantäne für max. 7 Tage
- Geringes Expositionsrisiko (bspw. räumliche Distanz >2 m): Postexpositionsprophylaxe erwägen
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Q-Fieber
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
Bestimmte bakterielle Zoonosen (A20-A28)
- A20.-: Pest
- Inklusive: Infektion durch Yersinia pestis
- A20.0: Bubonenpest
- A20.1: Hautpest
- A20.2: Lungenpest
- A20.3: Pestmeningitis
- A20.7: Pestsepsis
- A20.8: Sonstige Formen der Pest
- Abortive Pest, Asymptomatische Pest, Pestis minor
- A20.9: Pest, nicht näher bezeichnet
Rickettsiosen (A75-A79)
- A75.-: Fleckfieber
- Exklusive: Rickettsiose durch Neorickettsia sennetsu [Ehrlichia sennetsu] (A79.8)
- A75.0: Epidemisches Fleckfieber durch Rickettsia prowazeki
- Epidemisches Läusefleckfieber, Klassisches Fleckfieber
- A75.1: Fleckfieber-Spätrezidiv [Brill-Krankheit]
- A75.2: Fleckfieber durch Rickettsia typhi [Rickettsia mooseri]
- Murines Fleckfieber (durch Flöhe übertragen)
- A75.3: Fleckfieber durch Rickettsia tsutsugamushi [Rickettsia orientalis]
- Milbenfleckfieber, Tsutsugamushi-Fieber
- A75.9: Fleckfieber, nicht näher bezeichnet
- Fleckfieber o.n.A.
- A77.-: Zeckenbissfieber [Rickettsiosen, durch Zecken übertragen]
- A77.0: Zeckenbissfieber durch Rickettsia rickettsii
- Rocky-Mountain-Fieber, São-Paulo-Fieber
- A77.1: Zeckenbissfieber durch Rickettsia conori
- Afrikanisches Zeckenbissfieber, Boutonneuse-Fieber, Indisches Zeckenbissfieber, Kenya-Fieber, Marseille-Fieber, Mittelmeer-Zeckenbissfieber
- A77.2: Zeckenbissfieber durch Rickettsia sibirica
- Nordasiatisches Zeckenbissfieber, Sibirisches Zeckenbissfieber
- A77.3: Zeckenbissfieber durch Rickettsia australis
- Queensland-Zeckenbissfieber
- A77.8: Sonstige Zeckenbissfieber
- A77.9: Zeckenbissfieber, nicht näher bezeichnet
- Durch Zecken übertragene Rickettsiose o.n.A.
- A77.0: Zeckenbissfieber durch Rickettsia rickettsii
- A78: Q-Fieber
- Inklusive: Balkangrippe, Infektion durch Rickettsia burnetii [Coxiella burnetii], Query-Fieber
- A79.-: Sonstige Rickettsiosen
- A79.0: Wolhynisches Fieber
- Fünftagefieber, Trench-Fever
- A79.1: Rickettsienpocken durch Rickettsia akari
- Bläschenrickettsiose
- A79.8: Sonstige näher bezeichnete Rickettsiosen
- Rickettsiose durch Neorickettsia sennetsu [Ehrlichia sennetsu]
- A79.9: Rickettsiose, nicht näher bezeichnet
- Rickettsien-Infektion o.n.A.
- A79.0: Wolhynisches Fieber
Protozoenerkrankungen
- B60.-: Sonstige Protozoenkrankheiten, anderenorts nicht klassifiziert
- Exklusive: Intestinale Mikrosporidiose (A07.8), Isosporose (A07.3), Kryptosporidiose (A07.2)
- B60.0: Babesiose
- Piroplasmose
- B60.1: Akanthamöbiasis
- Keratokonjunktivitis durch Akanthamöben† (H19.2*)
- Konjunktivitis durch Akanthamöben† (H13.1*)
- B60.2: Naegleriainfektion
- Primäre Amöben-Meningoenzephalitis† (G05.2*)
- B60.8: Sonstige näher bezeichnete Protozoenkrankheiten
- B60.80: Sepsis durch Protozoen, anderenorts nicht klassifiziert
- B60.88: Mikrosporidiose
- B64: Nicht näher bezeichnete Protozoenkrankheit
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.