Zusammenfassung
Die meisten Zungenveränderungen sind harmlos und nicht direkt einer Krankheit zuzuordnen. Einige charakteristische Veränderungen der Zunge können aber ein erster Hinweis auf bestimmte Erkrankungen sein.
Zungenveränderungen ohne eindeutigen pathologischen Wert
- Grauweiß belegte Zunge [1][2]
- Ätiologie
- Bei vielen Erkrankungen möglich, bspw. bei Infektionen der oberen Atemwege, Gastritis
- Ohne Krankheitswert bei überwiegend flüssiger Ernährung (bspw. Fasten)
- Ätiologie
- Lingua geographica (Landkartenzunge)
- Ätiologie: Diskutiert werden
- Klinik
- Einzelne unregelmäßige rötliche und weiße Areale, die an das Bild einer Landkarte erinnern
- Evtl. Zungenbrennen und Geschmacksverlust
- Chronische Desquamation filiformer Papillen und Hervortreten fungiformer Papillen
- Pathologie
- Zentral verschmälertes Epithel, randseitig akanthotisch
- Entzündliche Zellinfiltrate
- Ödematöse Veränderungen
- Therapie
- Meist Persistenz über Jahre
- Spontanheilung möglich
- Glossitis rhombica mediana (Lingua Brocq-Pautrier)
- Ätiologie: Unbekannt; angenommen wird aber eine Hemmfehlbildung, bei der das Tuberculum impar persistiert
- Klinik: Ovale schmerzlose Läsion im mittleren Drittel der Zunge ventral des Foramen caecum
- Diagnostik: Ausschluss eines malignen Tumors!
- Lingua plicata (Faltenzunge)
- Epidemiologie: Auftreten bei ca. 10% der Normalbevölkerung
- Ätiologie: Vermutlich autosomal-dominante Vererbung
- Klinik: Faltenzunge ohne Symptome
- Teilsymptom beim Melkersson-Rosenthal-Syndrom
- Vorkommen auch bei Down-Syndrom, Akromegalie und Lichen ruber planus
- Lingua villosa nigra (schwarze Haarzunge) [3]
- Epidemiologie: ♂ > ♀, Prävalenz 1–11%
- Ätiologie
- Genaue Ursache ist unbekannt
- Risikofaktoren: Nikotinabusus, massiver Kaffee-/Teekonsum, Xerostomie, mangelnde Mundhygiene, Medikamente
- Pathophysiologie: Verhornungsstörung des Epithels mit Hyperplasie der Papillae filiformes und dunklem Belag [4]
- Therapie: Risikofaktoren vermeiden, Zungenbürste verwenden
Zungenveränderungen mit Hinweis auf eine Erkrankung
- Himbeerzunge (Erdbeerzunge): Stark gerötete und hervortretende Papillen der Zunge bei Scharlach oder Kawasaki-Syndrom
- Lackzunge: Glatte, glänzende, rote Zunge bei Leberzirrhose
- Plummer-Vinson-Syndrom: Verhornungsstörung des Epithels bei hypochromer, mikrozytärer Anämie [1]
- Atrophe, feuerrote Zunge
- Dysphagie und selten Zungenbrennen
- Hunter-Glossitis: Atrophie der Zungenpapillen, Zunge glatt und gerötet mit Zungenbrennen bei Vitamin-B12-Mangel (insb. bei perniziöser Anämie)
- Weiß belegte Zunge
- Wegwischbar bei Mundsoor
- Nicht wegwischbar bei oraler Haarleukoplakie im Rahmen einer HIV-Erkrankung
- Grünschwarze Verfärbung der Zunge: Möglicher Hinweis auf eine durch Vanadium-Belastung verursachte Erkrankung (siehe auch: Erkrankungen durch Metalle)
Der durch Pilze hervorgerufene Mundsoor kann wie ein Pilz im Wald von der Zunge „gesammelt“ werden!
Zungenbrennen
- Synonyme: Burning Mouth Syndrome, Glossodynie [2][5][6][7]
- Epidemiologie
- Prävalenz: 1–8%
- ♀ > ♂, insb. Frauen in der Postmenopause betroffen
- Ätiologie
- Periphere und zentrale Neuropathie in
- Sensorischen C- und/oder Trigeminusfasern
- Nigrostriatalen dopaminergen Systemen
- Assoziierte Erkrankungen
- Mangelzustände: Eisen, Vitamin B12
- Endokrine Ursachen: Postklimakterium, Diabetes mellitus, Hypothyreose
- Toxische Ursachen: Medikamente, Chemotherapie, gastroösophagealer Reflux, postradiogen, Alkoholabusus
- Neurologische Erkrankungen
- Psychosomatische Genese (50%): Somatoforme Schmerzstörung, oft verbunden mit Angststörungen, Depression und Kanzerophobie
- Lokale Entzündungen, u.a. Candida-Infektion
- Dermatologische Erkrankungen: Erosiver Lichen ruber planus
- Autoimmunerkrankungen: Pemphigus vulgaris, Sjögren-Syndrom
- Mechanische zahnbedingte Irritationen
- Periphere und zentrale Neuropathie in
- Klinik
- Brennen, Schmerzgefühl, Kribbeln oder Jucken auf der Zunge
- Ausbreitung auch über die Zunge hinaus auf Gaumen oder Lippen möglich
- Mundtrockenheit
- Geschmacksstörungen
- Bruxismus
- Angstzustände oder Depressionen
- Therapie: Kaum evidente Therapiemaßnahmen vorhanden
- Topisch: Lidocain, Capsaicin, Clonazepam
- Systemisch: Alpha-Liponsäure, Vitamin-B-Komplex, trizyklische Antidepressiva, selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren, Anfallssuppressiva (z.B. Gabapentin), Zink
- Kognitive Verhaltenstherapie
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
K13.-: Sonstige Krankheiten der Lippe und der Mundschleimhaut
- K13.2: Leukoplakie und sonstige Affektionen des Mundhöhlenepithels, einschließlich Zunge
- Erythroplakie
- Leuködem
- Leukokeratosis nicotinica palati
- Rauchergaumen
- Exklusive: Haarleukoplakie (K13.3)
- K13.3: Haarleukoplakie
- K13.5: Orale submuköse Fibrose
K14.-: Krankheiten der Zunge
- Exklusive: Erythroplakie; Fokale epitheliale Hyperplasie; Leuködem; Leukoplakie; Haarleukoplakie (K13.3); Makroglossie (angeboren) (Q38.2); Submuköse Fibrose der Zunge (K13.5)
- K14.0: Glossitis
- Abszess
- Ulzeration (traumatisch)
- Exklusive: Glossitis atrophicans (K14.4)
- K14.1: Lingua geographica
- Exfoliatio areata linguae
- Glossitis migrans benigna
- K14.2: Glossitis rhombica mediana
- K14.3: Hypertrophie der Zungenpapillen
- K14.4: Atrophie der Zungenpapillen
- K14.5: Lingua plicata
- Faltenzunge
- Furchenzunge
- Lingua scrotalis
- Exklusive: Angeborene Faltenzunge (Q38.3)
- K14.6: Glossodynie
- Zungenbrennen
- Zungenschmerz
- K14.8: Sonstige Krankheiten der Zunge
- Atrophie
- Hypertrophie
- Kerbung
- Vergrößerung
- K14.9: Krankheit der Zunge, nicht näher bezeichnet
- Zungenkrankheit o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.