Zusammenfassung
Eisenmangel ist weltweit die häufigste Mangelerkrankung des Menschen. Die Ursachen für den Mangelzustand können sehr unterschiedlich sein, wobei verstärkte Menstruationsblutungen und Mangelernährung die häufigsten Gründe darstellen. Da die Resorption von Eisen im Darm im Mangelzustand nur minimal gesteigert werden kann, ist auch nach Diagnosestellung ein chronischer langwieriger Verlauf nicht selten.
Klinisch kann ein Eisenmangel in eine Eisenmangelanämie übergehen und mit spezifischen Veränderungen (Mundwinkelrhagaden, Nagel- und Haarveränderungen) einhergehen. Die Eisenmangelanämie ist in der Regel hypochrom und mikrozytär. Differenzialdiagnostisch ist die Bestimmung von Ferritin entscheidend, da ein vermindertes Ferritin praktisch beweisend für einen Eisenmangel ist. Ein erhöhtes Ferritin schließt aber eine Eisenmangelanämie nicht aus, da es als Akute-Phase-Protein bei Entzündungsprozessen erhöht sein kann und einen Mangel dadurch kaschiert.
Definition
Der Eisenmangel kann je nach Ausprägung in 3 Stadien unterteilt werden:
- Eisenmangel: Verminderung des Gesamtkörpereisens
- Eisendefizitäre Erythropoese (funktioneller Eisenmangel): Minderversorgung der Erythrozytenvorläufer im Knochenmark bei noch normwertigen Hämoglobinwerten
- Eisenmangelanämie: Anämie aufgrund eines verminderten Gesamtkörpereisens
Epidemiologie
- Geschlecht: ♀ > ♂ (5:1)
- Häufigkeit
- Eisenmangel: Weltweit häufigste Mangelerkrankung des Menschen
- Eisenmangelanämie: Häufigste Anämieform (80%)
- Prävalenz in Europa: 5–10%
- Prävalenz bei Frauen im gebärfähigen Alter: 20%
- Vorkommen: Nach dem Ernährungsbericht der WHO leiden über zwei Milliarden(!) Menschen weltweit an einem Eisenmangel
- Risikogruppen
- Frauen im gebärfähigen Alter
- Säuglinge
- Kleinkinder
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Eisenmangel kann in der einfachsten Form aus einer negativen Eisenbilanz resultieren. Die Eisenaufnahme reicht für den Bedarf nicht aus (mangelhafte Zufuhr oder Resorption) bzw. die Eisenverluste sind höher als die Eisenaufnahme (Blutung).
Mangelhafte Eisenaufnahme
- Mangelhafte Zufuhr: Mangelernährung oder vegane bzw. vegetarische Ernährungsweise ohne ausreichende Zufuhr eisenhaltiger Lebensmittel
- Mangelnde Resorption
- Bei Achlorhydrie: Bspw. nach Magenresektion, bei atrophischer Gastritis, nach Vagotomie, ggf. auch durch fortwährende und hochdosierte PPI-Therapie
- Bei Ausschaltung oder Umgehung des Duodenums bzw. Teilen des Jejunums: Nach Y-Roux-Rekonstruktionen bzw. Billroth-II-Operation
- Bei Malabsorptionssyndromen: Insb. bei Morbus Crohn und Zöliakie
- Physiologisch erhöhter Eisenbedarf
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Wachstumsphase
- Leistungssport
Eisenverluste durch Blutungen
- Gynäkologische Ursachen: Menstruation, Hypermenorrhö und Menorrhagie
- Gastrointestinale Blutungen: Bspw. bei gastroduodenaler Ulkuskrankheit (Risikofaktor NSAR), Kolonkarzinom, Refluxösophagitis, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
- Maligne Erkrankungen: Bspw. Urothelkarzinom, Kolonkarzinom
- Häufiges Blutspenden
- Hämodialyse
- Hämorrhagische Diathesen
Eisenverwertungsstörung (Anämie des chronisch Kranken)
Insb. bei komplexeren Formen der Eisenmangelanämie spielen Hepcidin-vermittelte Prozesse eine Rolle, die durch eine Verwertungsstörung des Speichereisens bzw. eine gehemmte Eisenresorption charakterisiert sind.
- Hepcidin: Akute-Phase-Protein, das vermehrt bei chronischen Entzündungs- und Erkrankungszuständen freigesetzt wird
- Chronisch-entzündliche Erkrankungen: z.B. rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn
- Chronische Herzinsuffizienz
- Chronische Niereninsuffizienz
- Malignome, insb. im Verlauf onkologischer Therapien
- Andere seltenere Ursachen
- IRIDA-Syndrom: Eisenrefraktäre Eisenmangelanämie
- Seltene Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang
- Störung der Eisenverwertung
- Betroffene sprechen auf parenterale Eisensubstitution (intravenös) i.d.R. kaum an [1]
- IRIDA-Syndrom: Eisenrefraktäre Eisenmangelanämie
Neben einer Eisenbilanzstörung spielen insb. bei chronisch Kranken Eisenverwertungsstörungen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Eisenmangelanämien!
Pathophysiologie
- Enterale Eisenaufnahme
- Eisen kommt sowohl zweiwertig (Fe2+) als auch dreiwertig (Fe3+) vor
- Resorption fast ausschließlich in Form von zweiwertigem Eisen (Fe2+)
- Gleichzeitige orale Aufnahme von Vitamin C (Antioxidans) → Fe2+-Resorption↑
- Ein Großteil des oral aufgenommenen Eisens wird daher unverändert über den Stuhl ausgeschieden
- Regulation des Eisenhaushaltes
- Vornehmlich über die Menge der Eisenresorption
- Regulatorprotein: Hepcidin
- Eisenresorption
- Bei gefüllten Eisenspeichern: Resorption von 5–10%
- Bei Eisenmangel: Resorptionssteigerung nur auf 20–30% möglich
- Eisenmangelanämie
- Verminderte Hämoglobinsynthese durch verminderten Einbau von Eisen in die Häm-Moleküle des Hämoglobins → Abnahme der Werte von Hämoglobinkonzentration, MCH, MCV , Hämatokrit und im Verlauf auch Abnahme der Erythrozytenzahlen → Mikrozytäre, hypochrome Anämie
Symptomatik
- Spezifische Symptome der Eisenmangelanämie
- Mundwinkelrhagaden
- Rezidivierende Aphthen der Mundschleimhaut
- Plummer-Vinson-Syndrom: Atrophie der Mundschleimhaut (auch Pharynx und Ösophagus) mit brennender Zunge und Dysphagie
- Nagel- und Haarveränderungen: Rillenbildung der Nägel, Koilonychie (Hohlnägel), Nagelbrüchigkeit und Haarausfall
- Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
- Depressive Verstimmung
- Schlafstörungen, ggf. Restless-Legs-Syndrom
- Allgemeine Symptome der Anämie: Bei Auftreten einer manifesten Eisenmangelanämie
- Blässe der Haut und Schleimhäute
- Schnellere Ermüdbarkeit bzw. abnehmende Leistungsfähigkeit
- Belastungsdyspnoe
- Tachykardie
- Siehe auch: Anämie
- Besondere Patientengruppen
- Chronischer Eisenmangel bei Kindern: Mögliche kognitive und neurologische Defizite und Wachstumsstörungen
- Schwangere
- Bevorzugte Versorgung des fetalen Organismus bei leichtem Eisenmangel
- Ein schwerer Eisenmangel der Mutter steigert das Risiko von Aborten, Frühgeburtlichkeit, Infektionen (auf Seiten der Mutter) und das Risiko fetaler Entwicklungsstörungen
Diagnostik
Diagnosesicherung bei Verdacht auf Eisenmangel
- Befundkonstellation im Labor
- Mikrozytäre, hypochrome Anämie: Hämoglobin↓, MCV↓, MCH↓
- Ferritin↓
- Differenzialdiagnostisch entscheidender Parameter: Korreliert bei ansonsten gesunden Personen mit dem Speichereisen(!)
- Deutlich sensitiver als das Serumeisen
- Erlaubt eine Unterscheidung zwischen einer Eisenmangelanämie (Ferritin↓) und einer Anämie des chronisch Kranken (Ferritin↑)!
- Bei gleichzeitiger chronischer Entzündung und Eisenmangelanämie kann Ferritin als Akute-Phase-Protein erhöht sein und den Eisenmangel kaschieren → Bestimmung des Parameters löslicher Transferrinrezeptor (sTfR)
- Transferrinsättigung↓ : Gibt an, wieviel Prozent des Transferrins im Serum mit Eisen beladen sind, bei Eisenmangel entspr. erniedrigt
- CAVE: Die Transferrin-Konzentration ist bei Eisenmangel erhöht!
- sTfR↑ (löslicher Transferrinrezeptor)
- Bruchstück des zellulären Transferrinrezeptors, der bei Unterversorgung der Zellen mit Eisen vermehrt exprimiert wird
- sTfR-Ferritin-Index: sTfR [mg/L] / log Ferritin [μg/L]
- Erhöht die Sensitivität und Spezifität des Parameters
- Retikulozytenzahl↓
- Retikulozytenhämoglobin
- Zinkprotoporphyrin↑
- Thrombozyten↑ oder hochnormal
- Blutausstrich: Poikilozytose, Anisozytose, Anulozyten
- Knochenmarksausstrich (nur in Ausnahmefällen): Beurteilung des Eisengehalts nach Anfärbung mit Berliner Blau
- Siehe auch: Diagnostik der hypochromen mikrozytären Anämien
Normwerte der Eisenstoffwechselparameter
Laborparameter | Normalwert |
---|---|
Ferritin |
|
Transferrinsättigung |
|
sTfR |
|
Retikulozyten-Hb |
|
Zinkprotoporphyrin |
|
Im Anfangsstadium einer Eisenmangelanämie können die Erythrozytenzahlen noch normwertig sein!
Eine Erhöhung des Ferritins schließt eine Eisenmangelanämie nicht aus. Bei gleichzeitiger chronischer Entzündung kann der Parameter erhöht sein!
Das Serumeisen ist ein wenig spezifischer Marker und unterliegt zirkadianen Schwankungen. Seine Bestimmung ist in der Diagnostik der Eisenmangelanämie obsolet!
Eine Ferritin-Erniedrigung bei erniedrigter Hämoglobinkonzentration ist für eine Eisenmangelanämie praktisch beweisend!
Befundkonstellationen des Eisenmangels nach Stadien
Befund im Labor | Befund im Knochenmark | |
---|---|---|
Speichereisenmangel |
| |
Eisendefizitäre Erythropoese |
| |
Manifeste Eisenmangelanämie |
|
Differenzialdiagnosen und Sonderformen der Eisenmangelanämie
Differenzialdiagnostik der hypo- und normochromen Anämien [2]
Eisenmangel | Anämie des chronisch Kranken (ACD) | Thalassämie | Myelodysplastisches Syndrom | |
---|---|---|---|---|
Ferritin | ↓ | ↔︎ bzw. ↑ | ↔︎ bzw. ↑ | ↔︎ bzw. ↑ |
Eisen | (↓) | (↓) | (↑) | (↑) |
Transferrin-Sättigung | ↓ | ↔︎ bzw. ↓ | ↔︎ bzw. ↑ | ↓ |
sTfR | ↑ | ↔︎ | ↑ | ↔︎ bzw. ↑ |
- Für detailliertere Informationen siehe auch
Abklärung eines Eisenverlustes
- Anamnese: Besonderes Augenmerk auf
- Blutungsereignisse
- Blutiger Urin oder Teerstuhl
- Zahnfleischbluten („metallischer Geschmack im Mund“)
- Nasenbluten
- Medikamenteneinnahme (z.B. NSAR, Antikoagulanzien)
- Zyklusanomalien bzw. ungewöhnliche Blutungen (♀)
- Besondere Ernährungsweisen
- Aktives Erfragen weiterer Symptome von Erkrankungszuständen mit Malabsorption (insb. Diarrhö, Gewichtsverlust, trophische Störungen an den Fingernägeln)
- Ggf. Vergleich mit Laborvorbefunden („Haben Sie ein Blutbild von früher? War da alles normal?“)
- Blutungsereignisse
- Körperliche Untersuchung: Inkl. digital-rektaler Untersuchung und besonderem Augenmerk auf Anzeichen für weitere Mangelzustände
- Basisdiagnostik: Urin-Stix, Stuhltest auf okkultes Blut, Abdomensonografie
- Laborwerte um Hämolyseparameter ergänzen: Haptoglobin, LDH
- Weiterführende Diagnostik
- Gastrointestinale Blutung: Koloskopie, ÖGD, ggf. weitergehende Diagnostik bei begründetem Verdacht
- Urologische Blutung: Zystoskopie
- Gynäkologische Blutung: Vaginale Sonografie (bspw. bei V.a. Uterus myomatosus)
Therapie
Die Therapie des Eisenmangels sollte einerseits die Behandlung der Ursache des Eisenmangels und andererseits die medikamentöse Eisensubstitution mit einschließen.
Kausale Therapie
- Therapie der Grunderkrankung, z.B.
- Umstellung einer NSAR-Therapie und Gabe von PPI bei gastroduodenaler Ulkuskrankheit
- Operative Entfernung oder medikamentöse Behandlung von Myomen
- Ggf. Umstellung auf eisenhaltigere Ernährung bei voriger eisenarmer Diät
Ohne eine Abklärung der Ursachen sollte nicht wiederholt Eisen substituiert werden!
Eisenreiche Ernährung
- Eisenbedarf: 10 (♂) bzw. 15 mg/Tag (♀)
- Besonders eisenhaltige Nahrungsmittel (auszugsweise): Diese Nahrungsmittel können Patient:innen additiv zu ihrer bisherigen Diät empfohlen werden, wenn sie sich bewusst eisenreich ernähren möchten
- Tierische Erzeugnisse (Menge in Gramm, um den Tagesbedarf zu decken)
- Kalbsleber (200 g)
- Blutwurst (50–100 g)
- Rind- und Schweinefleisch (700–1000 g)
- Pflanzliche Erzeugnisse (Menge in Gramm, um den Tagesbedarf zu decken)
- Weizenkleie (100 g)
- Getrocknete Sojabohnen, Kichererbsen oder Linsen (200 g)
- Vollkornbrot (350 g)
- Tierische Erzeugnisse (Menge in Gramm, um den Tagesbedarf zu decken)
Die ausreichende Deckung des Eisenbedarfs kann nicht alleine durch ein einzelnes Nahrungsmittel erfolgen – auf eine ausgewogene Mischung kommt es an!
Indikationen zur Eisensubstitution
- Jeder gesicherte Eisenmangel (Ferritin↓, Transferrinsättigung↓, sTfR↑, Retikulozyten-Hämoglobin↓)
- Großzügige Indikationsstellung: Bereits ein alleiniger Speichereisenmangel sollte unter folgenden Bedingungen behandelt werden
- Schwangerschaft
- Dialyse
- Zuvor behandelte Eisenmangelanämie bei rezidivierendem Speichereisenmangel
- Hochleistungssport
- Eisensubstitution in speziellen Fällen: Hierbei gelten andere Grenzwerte des Eisenstoffwechsels für eine therapeutische Intervention
Berechnung des Eisenbedarfs
- Formel zur Berechnung des Eisenbedarfs: Eisenbedarf (mg) = Hb-Defizit × 200 + Speichereisen (250 mg)
Bei Erwachsenen ist ein Eisenmangel i.d.R. durch eine intravenöse Substitution von 1000–2000 mg Eisen ausgleichbar!
Orale Eisensubstitution
- Präparate
- Zweiwertiges Eisen (Fe2+, meist als Eisen(II)glycinsulfat) als Tabletten, Kapseln oder Tropfen zubereitet
- Alternativ : Dreiwertiges Eisen
- Durchführung
- Nüchterneinnahme oder Einnahme mit 30-60 Minuten Abstand zur Mahlzeit empfohlen (größere Bioverfügbarkeit)
- Werden die Präparate nach einwöchiger Einnahme auf nüchternen Magen noch immer schlecht vertragen, kann eine Einnahme 2 Stunden nach dem Abendessen versucht werden
- Ggf. kann auch eine Gabe alle 2 Tage die Verträglichkeit und Resorption verbessern [3]
- Formel zur Berechnung der erforderlichen oralen Eisengabe: Orale Eisengabe (mg) = Eisenbedarf (mg) x 10
- Nebenwirkungen
- Gastrointestinale Beschwerden, insb. Bauchschmerzen und Übelkeit
- Obstipation oder Diarrhoen (seltener)
- Schwarzfärbung des Stuhls
- Wechselwirkungen: Verringerte Resorption bei gleichzeitiger Einnahme
- bestimmter Nahrungsmittel, z.B. Kaffee, Tee, Milch, Käse, Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreideprodukte
- Phosphatreiche Lebensmittel
- Insb. industriell hergestellte Fertigprodukte und Fast-Food-Zubereitungen
- Vielzahl an Fleisch-, Milch-, und Käseprodukten
- Nüsse und Kerne von Sonnenblumen und Kürbis
- Oxalatreiche Lebensmittel: Insb. Spinat, Mangold, Rhabarber und Rote Beete
- Phosphatreiche Lebensmittel
- von Medikamenten: Insb. Antazida und PPI hemmen die Eisenaufnahme
- Eisen hemmt die Aufnahme von L-Thyroxin, Methyldopa, Chinolonen und Tetrazyklinen
- Eisen konkurriert mit der Aufnahme von Calcium, Magnesium und Zink
- bestimmter Nahrungsmittel, z.B. Kaffee, Tee, Milch, Käse, Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreideprodukte
- Dauer der Einnahme: Nach Normalisierung des Hb-Wertes Fortführung der Einnahme für 3–6 Monate (zum Auffüllen des Eisenspeichers )
Parenterale Eisensubstitution (i.v.)
Indikation und Therapiehinweise
- Indikation: Strenge Indikationsstellung aufgrund des Nebenwirkungspotenzials
- Orale Eisensubstitution unwirksam (bspw. durch Resorptionsstörungen ) oder nicht möglich
- Gesicherter Nutzen nur bei [4]
- Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
- Chronischer Herzinsuffizienz
- Renaler Anämie
- Tumor- oder chemotherapieinduzierter Anämie
- Präoperativer Anämie
- Nebenwirkungen: U.a.
- Gefahr lebensbedrohlicher Überempfindlichkeits- und anaphylaktischer Reaktionen
- Auch nach stattgehabten unkomplizierten intravenösen Eisengaben in der Vorgeschichte!
- Erhöhtes Risiko bei Personen mit bekannten Allergien, immunologischen oder inflammatorischen Erkrankungen (rheumatoide Arthritis) oder Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis (z.B. Asthma bronchiale)
- Verfärbungen von Haut und Unterhaut bei paraversaler Gabe
- Weitere: Hypophosphatämie bei Eisencarboxymaltose-Präparaten, Phlebitis, Flush-Symptomatik, Hypotonie, Schwindel
- Gefahr lebensbedrohlicher Überempfindlichkeits- und anaphylaktischer Reaktionen
- Therapiehinweise
- Meiden dextranbasierter bzw. älterer Präparate aufgrund eines höheren Risikos für schwere Nebenwirkungen und Unverträglichkeitsreaktionen
- I.v. Gabe von Eisen nur im Beisein (mit Anaphylaxie) erfahrenen Personals und mit vorhandener Ausrüstung zur Reanimation
- Überwachung für mind. 30 min nach der Gabe
Präparate: Dreiwertiges Eisen (Fe3+)
- Mittel der Wahl :Eisencarboxymaltose (Ferinject®)
- Applikation i.d.R. durch Infusion einer verdünnten Lösung
- Verdünnungsschemata und Mindestinfusionsdauer
- Weitere dextranfreie Präparate : Eisen(III)-Sucrose (Venofer®, FerMed®) , Eisen(III)-Gluconat (Ferrlecit®)
- Dextranhaltige Präparate : Eisenderisomaltose (Monofer®), Eisenhydroxiddextran (CosmoFer®)
Bei Gabe von Eisenpräparaten ist bezüglich Höchstdosierungen, Intervall zwischen einzelnen Gaben und Infusionsmodalitäten die jeweilige Fachinformation zu beachten!
Eisensubstitution - Therapiekontrolle und Therapieziele
- Nach 2 Wochen: Bestimmung von Retikulozyten und Hb
- Anstieg der Retikulozyten schon nach 1 Woche
- Ursachen fehlenden Ansprechens
- Mangelnde Therapieadhärenz bei oraler Gabe
- Ursache des Eisenmangels nicht behoben (Resorptionsstörung bei oraler Gabe, chronische Blutung)
- Vorliegen einer anderen Anämieform (Eisenmangelanämie war Fehldiagnose) → Ggf. weitere Diagnostik einleiten
- Nach 4 Wochen: Angestrebter Anstieg des Hb um 2 g/dL
- Vierwöchentlich: Weitere Kontrollen bis zur Normalisierung des Hb
- 4 Wochen nach letzter Eiseneinnahme: Beurteilung der Eisenspeicher, Ferritinzielwert: 100 μg/L
- Alle 3 Monate: Kontrolle von Blutbild und Ferritin für ca. 1 Jahr
Besondere Patientengruppen
Eisensubstitution in der Schwangerschaft
In der Schwangerschaft besteht ein erhöhter Eisenbedarf, der über die Ernährung häufig nur unzureichend gedeckt wird. Daher erfolgt oftmals eine prophylaktische Eisensubstitution .
- Indikation: Jegliche manifeste Anämie
- Durchführung: I.d.R. als Eisensubstitution per os, parenterale Eisensubstitution (intravenös) insb. im 1. Trimenon unter strenger Risiko-Nutzen-Abwägung
- Bei Abfall des Hb-Wertes auf <6 g/dL: Transfusion von Erythrozytenkonzentraten
Die Diagnose und Therapie eines Eisenmangels in der Schwangerschaft senkt maternale und fetale Risiken im Schwangerschaftsverlauf!
Eisensubstitution bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung
- Therapieprinzip: Eisenmangel kommt bei bis zu ⅔ der Personenmit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen vor; eine Mangel- bzw. Anämiesymptomatik schränkt die Lebensqualität Betroffener Patienten ein und sollte daher ausgeglichen werden
- Indikation: Für den Nachweis eines Eisenmangels ist die entzündliche Aktivität der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung zu beachten; eine Anämie muss nicht vorliegen
- Durchführung
- Bei entzündlicher Aktivität als parenterale Eisensubstitution (intravenös) nach Berechnung des Eisenbedarfs
- Bei fehlender entzündlicher Aktivität kann auch zunächst eine Substitution p.o. erwogen werden
- Therapieziel: Normalisierung der Eisenstoffwechselparameter
Eisensubstitution bei chronischer Herzinsuffizienz
- Therapieprinzip: In Kombination mit einer leitliniengerechten Therapie der Herzinsuffizienz kann eine Eisensubstitution die Leistungsfähigkeit der Patient:innen steigern und eine Hospitalisierung infolge einer kardialen Dekompensation verringern
- Indikation
- Ferritin <100 ng/mL ODER
- Ferritin 100–299 ng/mL UND Transferrinsättigung <20%, unabhängig vom Bestehen einer Anämie
- Durchführung: Als parenterale Eisensubstitution (intravenös), da die enterale Aufnahme eingeschränkt ist
Eisensubstitution bei chronischer Niereninsuffizienz
- Therapieprinzip: Eine Eisensubstitution reduziert bei Personen mit chronischer Niereninsuffizienz den Bedarf an EPO bzw. Bluttransfusionen
- Indikation: Bei Dialysepflichtigkeit wird eine Eisensubstitution generell empfohlen; bei niedrigeren Stadien der Niereninsuffizienz ist die Indikation zu prüfen
- Bei Dialysepflichtigkeit: Ferritin <300 ng/mL und Transferrinsättigung <25%
- Bei niedrigeren Stadien: Ferritin <200 ng/mL und Transferrinsättigung <25%
- Durchführung
- Bei Dialysepflichtigkeit immer parenterale Eisensubstitution (intravenös)
- Bei niedrigeren Stadien kann zunächst 3 Monate der Effekt einer Eisensubstitution per os abgewartet werden
- Therapieziele: Ferritin 200–500 ng/mL und Transferrinsättigung 30–45%
Eisensubstitution bei Tumoranämie
- Indikation: Bei Nachweis einer Eisenmangelanämie immer, ggf. auch im Rahmen einer EPO-Substitution unterstützend oder bei funktionellem Eisenmangel
- Bei Tumoranämie: Hb <11 g/dL
- Normwertige Entzündungsparameter: Ferritin <100 ng/mL
- Erhöhte Entzündungsparameter: Auch bei Ferritin >100 ng/mL, wenn zugleich Transferrinsättigung <50%
- Bei Eisenmangel ohne Anämie: Ferritin <30 ng/mL und Transferrinsättigung <20%
- Bei EPO-Therapie und Eisenmangel: Eisensubstitution bei Transferrinsättigung <20% UND Ferritinwerten von 30–800 ng/mL (Therapieziel: Transferrinsättigung 20–50%)
- Bei Tumoranämie: Hb <11 g/dL
- Durchführung: Häufig als parenterale Eisensubstitution (intravenös) erforderlich
Eisensubstitution bei präoperativer Anämie [7][8]
- Therapieprinzip: Präoperative Korrektur eines Eisenmangels zur Reduktion perioperativer Bluttransfusionen
- Siehe auch: Patient Blood Management
- Indikation
- Screening: Elektive operative Eingriffe mit einer Transfusionswahrscheinlichkeit >10%
- Substitution: Eisenmangelanämie oder Nachweis einer kritischen Eisenmangelsituation („fast leere Speicher“)
- Transferrinsättigung <20% und/oder
- Ferritin <100 ng/mL bzw. <300 ng/mL bei Herzinsuffizienz oder chronischer Niereninsuffizienz
- Durchführung abhängig von Schweregrad und verfügbarem Zeitraum
- Ausgeprägter Eisenmangel, operativer Eingriff in den nächsten Wochen geplant: Parenterale Eisensubstitution (intravenös)
- Milder Eisenmangel, operativer Eingriff in den nächsten Monaten geplant: Orale Eisensubstitution
Studientelegramme zum Thema
HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 302-2025-3/3: Ausblick: ACC-Jahreskongress 2025
- Studientelegramm 269-2023-3/3: HEART-FID or no fit? Intravenöse Eisensubstitution bei Herzinsuffizienz
- Studientelegramm 245-2022-1/3: SGLT2-Inhibitoren: Auswirkungen auf den Eisenstoffwechsel
- Studientelegramm 242-2022-3/3: IRONMAN: Intravenöse Eisengabe bei Herzinsuffizienz
- Studientelegramm 237-2022-3/3: IRONMAN: Ausblick auf den AHA-Kongress
- Studientelegramm 153-2021-2/3: AFFIRM-AHF: Eisencarboxymaltose (Ferinject®) bei akuter Herzinsuffizienz
- Studientelegramm 145-2020-2/3: Intravenöse Eisengabe im Rahmen des Patient Blood Managements
- Studientelegramm 143-2020-1/3: Vorschau auf den AHA-Kongress: Ferinject® bei akuter Herzinsuffizienz – ein zu heißes Eisen?
- Studientelegramm 121-2020-1/3: Less is more – orale Eisentherapie
- Studientelegramm 111-2020-3/3: Hypophosphatämien nach i.v. Eisengabe
- Studientelegramm 55-2018-1/3: In eigener Sache – Hypophosphatämie nach Eisensubstitution
- Studientelegramm 52-2018-2/3: Eisensubstitution bei Dialysepatienten: Die PIVOTAL-Studie
- Studientelegramm 29-2018-3/4: Update zur Hypophosphatämie als Nebenwirkung intravenöser Eisenpräparate
- Studientelegramm 26-2018-1/3: Transferrinsättigung als Biomarker für Eisenmangel bei Herzinsuffizienz-Patienten
- Studientelegramm 05-2017-1/4: Hypophosphatämie nach intravenöser Eisengabe – Subgruppenanalyse aus der FIRM-Studie
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AMBOSS-Podcast zum Thema
Eisensubstitution: Studienerkenntnisse und offene Fragen (Juli 2020)
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Patienteninformationen
Eisenmangel und Eisenmangelanämie
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Eisenmangelanämie
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- D50.-: Eisenmangelanämie
- Inklusive: Anämie:
- hypochrom
- sideropenisch
- D50.0: Eisenmangelanämie nach Blutverlust (chronisch)
- D50.1: Sideropenische Dysphagie
- Kelly-Paterson-Syndrom
- Plummer-Vinson-Syndrom
- D50.8: Sonstige Eisenmangelanämien
- D50.9: Eisenmangelanämie, nicht näher bezeichnet
- Inklusive: Anämie:
- E61.-: Mangel an sonstigen Spurenelementen
- E61.1: Eisenmangel
- Exklusive: Eisenmangelanämie (D50.‑)
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.