Zusammenfassung
Zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) im Kindes- und Jugendalter zählen Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und die nicht-klassifizierte Kolitis. Bei allen Kindern und Jugendlichen mit anhaltenden oder rezidivierenden abdominellen Beschwerden sollte eine CED ausgeschlossen werden. Neben den klassischen Symptomen wie Bauchschmerzen und (blutigen) Diarrhöen kann es z.B. auch zu Gewichtsverlust oder Wachstumsstörungen kommen. Erhärtet sich durch die Basisdiagnostik der V.a. eine CED, insb. bei erhöhtem fäkalen Calprotectin, werden eine Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) und eine Ileokoloskopie mit Stufenbiopsien durchgeführt. Eine der größten Herausforderungen ist im Anschluss die korrekte Zuordnung zu Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, da es im Kindes- und Jugendalter auch atypische Pathologiebefunde geben kann (siehe: Porto-Kriterien). Ist anhand der Befunde initial keine eindeutige Zuordnung möglich, wird zunächst von einer nicht-klassifizierten Kolitis gesprochen.
Die Therapie besteht i.d.R. aus einer Induktionstherapie, um die Entzündungsreaktion im akuten Schub einzudämmen, und einer Erhaltungstherapie in Remission. Bei Morbus Crohn wird initial v.a. die exklusive enterale Ernährungstherapie durchgeführt, alternativ werden systemische Glucocorticoide oder TNF-α-Blocker zur Induktion eingesetzt. Die Erhaltungstherapie besteht aus Thiopurinen, MTX oder Biologicals. Eine nicht-klassifizierte Kolitis wird wie eine Colitis ulcerosa behandelt. Mittel der 1. Wahl als Induktions- und Erhaltungstherapie sind Aminosalicylate (z.B. Mesalazin). Reicht das nicht aus, werden zur Induktionstherapie zusätzlich systemische Glucocorticoide, zur Erhaltungstherapie zusätzlich Thiopurine oder Biologicals eingesetzt. Die jeweilige Krankheitsaktivität wird anhand klinischer Scores überwacht (PCDAI/PUCAI).
Definition
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED, englisch: IBD, Inflammatory Bowel Disease): Gruppe von Erkrankungen mit rezidivierender oder permanenter Entzündung des Darms mit typischen Charakteristika
- Einteilung nach Symptombeginn [1]
Typische Eigenschaften unterschiedlicher pädiatrischer CED-Typen [2] | ||
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Lokalisation | Pathologischer Befund | |
Morbus Crohn |
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Colitis ulcerosa |
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Nicht-klassifizierte Kolitis |
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Epidemiologie
- Inzidenz [3]
- Morbus Crohn: Ca. 11/100.000 Kinder und Jugendliche
- Colitis ulcerosa: Ca. 6/100.000 Kinder und Jugendliche
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Einflussfaktoren [3]
-
Genetik
- Polygene Prädisposition
- Monogenetischer Defekt (selten)
- Umwelteinflüsse
- Individuelle immunologische Situation
- Siehe auch: Colitis ulcerosa - Ätiologie
-
Genetik
Klassifikation
Morbus Crohn
Paris-Klassifikation des Morbus Crohn [4] | |
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Alter bei Diagnosestellung | |
A1a | 0–9 Jahre |
A1b | 10–16 Jahre |
A2 | 17–40 Jahre |
A3 | >40 Jahre |
Lokalisation | |
L1 | Distales Ileumdrittel ± limitierte Ausbreitung im Zäkum |
L2 | Kolon |
L3 | Ileum und Kolon |
L4a | Oberer Gastrointestinaltrakt (proximal des Treitz-Bands) |
L4b | Oberer Gastrointestinaltrakt (distal des Treitz-Bands und proximal des distalen Ileumdrittels) |
Krankheitsverhalten | |
B1 | Nicht-strikturierend, nicht-penetrierend |
B2 | Strikturierend [5] |
B3 | Penetrierend [5] |
B2–B3 | Strikturierend und penetrierend |
p | Zusatzkriterium: Perianaler Befall |
Wachstum | |
G0 | Keine Wachstumsverzögerung |
G1 | Wachstumsverzögerung |
Colitis ulcerosa
Paris-Klassifikation der Colitis ulcerosa [4] | |
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Befall | |
E1 | Ulzerierende Proktitis |
E2 | Linksseitige Colitis ulcerosa (distal der linken Kolonflexur) |
E3 | Extensive Ausbreitung (proximal der linken Kolonflexur) |
E4 | Pankolitis (proximal der rechten Kolonflexur) |
Schweregrad | |
S0 | Erkrankung bisher noch nie schwergradig |
S1 | Erkrankung ≥1× schwergradig (PUCAI ≥65) |
Die Paris-Klassifikationen für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen im Kindes- und Jugendalter sind an die Montreal-Klassifikation der CED bei Erwachsenen angelehnt. Anhand der Einteilung kann insb. vor Therapiebeginn eine bessere Risikostratifizierung erfolgen!
Pathophysiologie
Symptomatik
Gemeinsame Symptome [4]
- Rezidivierende oder anhaltende Bauchschmerzen
- Stuhlauffälligkeiten
- Analfissuren, Marisken
- Übelkeit
- Gewichtsverlust oder -stagnation
- Wachstumsstörung
- Blasses Hautkolorit
- Motivationsverlust, Leistungsabfall, Müdigkeit
- Extraintestinale Symptome , Fieber
- Siehe auch: Morbus Crohn - Symptome/Klinik, Colitis ulcerosa - Symptome/Klinik
Häufigkeiten der Symptome nach CED-Typ
Klinische Merkmale einer CED im Kindes- und Jugendalter bei Diagnosestellung [4] | |||
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Symptome | Morbus Crohn (%) | Colitis ulcerosa (%) | Nicht-klassifizierte Kolitis (%) |
Bauchschmerzen | 78 | 74 | 69 |
Diarrhöen | 67 | 87 | 77 |
Blutbeimengungen im Stuhl | 36 | 86 | 78 |
Gewichtsverlust oder -stagnation | 60 | 39 | 48 |
Wachstumsstörung | 12 | 3 | 3 |
Fieber | 18 | 8 | 5 |
Anämie | 27 | 32 | 25 |
Leistungsabfall | 42 | 31 | 33 |
Appetitlosigkeit | 24 | 14 | 11 |
Extraintestinale Manifestation | 12 | 17 | 14 |
Bei allen Kindern mit anhaltenden (>4 Wochen) oder rezidivierenden (>2 Episoden innerhalb von 6 Monaten) abdominellen Beschwerden (z.B. Bauchschmerzen, Diarrhöen oder rektaler Blutabgang) muss eine CED ausgeschlossen werden! [6]
Die jeweilige Krankheitsaktivität wird anhand klinischer Scores überwacht (siehe: PCDAI und PUCAI)!
Pediatric Crohnʼs Disease Activity Index (PCDAI)
Pediatric Crohnʼs Disease Activity Index (PCDAI) [7] | |||
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Kriterium | Merkmal | Punkte | |
Klinische Symptome | |||
Bauchschmerzen |
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Stuhlgang pro Tag |
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Allgemeinzustand |
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Körperliche Untersuchung | |||
Veränderung des Körpergewichts innerhalb von 4–6 Monaten |
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Veränderung der Körperlänge innerhalb von 6–12 Monaten |
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Veränderung der Wachstumsgeschwindigkeit innerhalb von 6–12 Monaten |
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Abdomen |
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Perianalbereich |
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Extraintestinale Manifestation |
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Laborbefunde | |||
Hämatokrit | Alter ≤10 Jahre |
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Mädchen im Alter von 11–19 Jahren |
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Jungen im Alter von 11–14 Jahren |
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Jungen im Alter von 15–19 Jahren |
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Blutsenkungsgeschwindigkeit (mm/h) |
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Albuminkonzentration (g/dL) |
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Auswertung | Summe | ||
Inaktiv (Remission) |
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Milde Aktivität |
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Moderate bis schwere Aktivität |
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Pediatric Ulcerative Colitis Activity Index (PUCAI)
Pediatric Ulcerative Colitis Activity Index (PUCAI) [7] | ||
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Kriterium | Merkmal | Punkte |
Bauchschmerzen |
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Rektale Blutung |
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Überwiegende Stuhlkonsistenz |
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Anzahl der Stühle (in 24 h) |
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Nächtlicher Stuhlgang |
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Einschränkung der Aktivität |
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Auswertung | Summe | |
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Milde Aktivität |
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Moderate Aktivität |
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Hohe Aktivität |
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Diagnostik
Initialdiagnostik
Basisdiagnostik [2]
- Anamnese siehe: Klinische Merkmale einer CED im Kindes- und Jugendalter bei Diagnosestellung
- Körperliche Untersuchung
- Perzentilenverlauf
- Ggf. Knochenalterbestimmung bei verzögertem Längenwachstum oder Pubertas tarda
- Palpation des Abdomens
- Pubertätsstadien nach Tanner
- Inspektion des Analbereichs
- Inspektion der Haut
- Laboruntersuchungen
- Blut : Differenzialblutbild, BSG, CRP , Albumin, ALT/AST, yGT, ASCA und pANCA
- Stuhl
- Infektionsausschluss : Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Campylobacter, Clostridium difficile
- Fäkales Calprotectin (oder Lactoferrin)
- Sonstiges
- Ausschluss eines Eisen-, Zink-, Vitamin-B12-, Vitamin-D-Mangels
- Augenärztliche Untersuchung
- Ggf. Zöliakie-Diagnostik
- Ggf. Ausschluss einer allergischen Kolitis
- Ggf. Ausschluss einer Tuberkulose
Bis zur Basisdiagnostik sollten bei V.a. eine CED im Kindes- und Jugendalter nicht mehr als 3 Monate vergehen!
Infektiöse Ursachen der Entzündung sollten möglichst vor einer Endoskopie ausgeschlossen werden!
Spezielle Diagnostik [2]
- ÖGD und Ileokoloskopie mit Stufenbiopsien
- Indikation: Immer bei V.a. CED
- Durchführung: Stufenbiopsien aller einsehbaren Abschnitte des GI-Trakts (≥2 Biopsien pro Abschnitt)
- Bildgebung
- MR-Enterografie: 1. Wahl
- Indikation
- Immer bei V.a. CED
- Ggf. Ausnahme: Makroskopisch und histologisch eindeutige Diagnose einer Colitis ulcerosa
- Beurteilung: Entzündungsausbreitung und mögliche Komplikationen
- Indikation
- Abdomensonografie
- Kapselendoskopie
- Indikation: Alternativ oder ergänzend zur MR-Enterografie bei speziellen Fragestellungen
- Kontraindikationen: Intestinale Strikturen, schwere CED mit systemischer Beteiligung, Alter <1 Jahr, Z.n. abdomineller Operation
- Vorteile: Visualisierung des gesamten GI-Trakts, höhere Sensitivität als MR-Enterografie
- Nachteile: Keine Detektion von Komplikationen , mögliche Kapselretention , höhere Rate unspezifischer, falsch-positiver Befunde
- MR-Enterografie: 1. Wahl
Bei klinischem V.a. eine CED (insb. bei erhöhtem fäkalen Calprotectin) sollte eine ÖGD und Ileokoloskopie mit Stufenbiopsie sowie MR-Enterografie erfolgen!
Diagnosestellung
Die Klassifikation pädiatrischer CED ist komplex mit teils atypischen Verlaufsformen. Die Diagnosestellung erfolgt anhand typischer pathologischer Befunde, wobei auch atypische Merkmale beachtet werden müssen, die trotzdem mit der Diagnose eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa vereinbar sind. Wenn keine Einteilung möglich ist, sollte zunächst die Diagnose einer nicht-klassifizierten Kolitis gestellt werden.
Diagnosestellung einer CED im Kindes- und Jugendalter [2] | ||
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Histologischer Nachweis | Ausgeschlossene Differenzialdiagnosen | |
Morbus Crohn |
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Colitis ulcerosa |
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Nicht-klassifizierte Kolitis |
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Für die Zuordnung zu einer CED-Form werden die (histo‑)pathologischen Befunde gegeneinander abgegrenzt!
Ausschluss eines Immundefekts und monogenetischer Ursache nach Diagnosestellung [8]
Immunologische Basisdiagnostik
- Indikation: Alle Kinder mit diagnostizierter CED
- Maßnahmen
- Anamnestische Warnzeichen (ELVIS/GARFIELD)
- Immunglobulinspiegel (A, G, M, E)
- Lymphozytendifferenzierung
- Spezifische Impfantikörper, Quantiferon-Test
- Ggf. Granulozytenfunktionstest
Genetische Untersuchungen
- Indikationen: Bei Diagnosestellung
- Alter <2 Jahren
- Alter <6 Jahren mit ≥1 der Risikofaktoren für eine monogenetische CED
- Maßnahmen
- Whole Exome Sequencing oder Panel-Diagnostik
- Bei positivem oder unklarem Befund: Validierung durch Funktionstests
- Therapeutische Konsequenz: Ggf. hämatopoetische Stammzelltransplantation möglich
Risikofaktoren für eine monogenetische CED [8] | |
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Extraintestinale Symptome | |
Komplikationen |
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Positive Familienanamnese |
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Pathologie
Porto-Kriterien
Morbus Crohn
Pathologische Charakteristika eines Morbus Crohn im Kindes- und Jugendalter bei Diagnosestellung [2] | ||
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Einteilung | Makroskopisch | Mikroskopisch |
Typisch |
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Unspezifisch |
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Bei Morbus Crohn sind Schneckenspurulzera, Pflastersteinrelief und nicht-verkäsende Epitheloidzellgranulome sowie eine transmurale Entzündung typisch!
Colitis ulcerosa
Pathologische Charakteristika einer Colitis ulcerosa im Kindes- und Jugendalter bei Diagnosestellung [2] | |||
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Einteilung | Makroskopisch | Mikroskopisch | |
Typisch |
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Atypisch | Rektale Aussparung |
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Kurze Krankheitsdauer |
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Zäkum-Patch |
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Oberer Gastrointestinaltrakt |
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Akute schwere Kolitis |
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Bei atypischer Colitis ulcerosa kann es u.a. rektale Aussparungen ohne sichtbare Entzündung, ein Zäkum-Patch oder Ulzera im Magen geben!
Nicht-klassifizierte Kolitis
Isolierter Morbus Crohn im Dickdarm und nicht-klassifizierte Kolitis im Kindes- und Jugendalter [2] | ||
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Auftreten bei Colitis ulcerosa | Merkmale | (Vorläufige) Diagnosestellung |
Klasse 1: Niemals |
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Klasse 2: Sehr selten (<5%) |
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Klasse 3: Selten (ca. 5–10%) |
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Eine nicht-klassifizierte Kolitis wird zunächst wie eine Colitis ulcerosa behandelt und kann im Verlauf als Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa klassifiziert werden, wenn eindeutige Pathologiebefunde vorliegen!
Differenzialdiagnosen
- Infektiöse (Entero‑)Kolitis
- Primärer Immundefekt
- Allergische oder eosinophile Enterokolitis
- Appendizitis
- Morbus Behçet
- Familiäres Mittelmeerfieber
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
- Allgemeines Prinzip
- Induktionstherapie: Erreichen einer Remission bei Diagnosestellung und/oder akutem Schub
- Erhaltungstherapie: Remissionserhalt
- Therapieziele
- Schleimhautheilung („mucosal healing“)
- Verminderung der Entzündungsaktivität
- Fäkales Calprotectin <50–250 μg/g
- CRP <5 mg/L
- Klinische Besserung
- Normale physische und psychosoziale Entwicklung
- Möglichst uneingeschränkte Lebensqualität und soziale Teilhabe
- Therapien
- Morbus Crohn siehe: Morbus Crohn im Kindes- und Jugendalter - Therapie
- Colitis ulcerosa siehe: Colitis ulcerosa im Kindes- und Jugendalter - Therapie
- Nicht-klassifizierte Kolitis: Orientiert sich an der Therapie der Colitis ulcerosa [9]
- Unterstützende Maßnahmen bei Bedarf: Psychologische Begleitung, Selbsthilfegruppen
Besonderheiten einer TNF-α-Blocker-Therapie bei CED im Kindes- und Jugendalter [9][10]
- Vor Therapiebeginn
- Infektionsausschluss
- Tuberkulose (Röntgen-Thorax, Tuberkulin-Hauttest oder Interferon-γ-Test)
- Hepatitis B und C
- HIV, VZV
- Infektionsausschluss
- Bei initialem Nicht-Ansprechen oder sekundärem Therapieversagen
- Talspiegel [5]
- Infliximab: ≥5 μg/mL vor der 4. Gabe (ca. Woche 14)
- Adalimumab: ≥7,5 μg/mL vor der 3. Gabe (ca. Woche 4)
- Antikörper gegen Medikamente
- Ziel: Anti-Infliximab-AK ≤9 μg/m, Anti-Adalimumab-AK ≤4 μg/m
- Talspiegel [5]
Medikamentenüberwachung bei Therapieversagen von TNF-α-Blockern bei CED im Kindes- und Jugendalter [10] | ||
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Talspiegel | Antikörper gegen Medikamente | Therapieanpassung |
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Besonderheiten einer Thiopurin-Therapie bei CED im Kindes- und Jugendalter [10]
- Vor Therapiebeginn
- Thiopurinmethyltransferase(TPMT)-Aktivität messen
- Ggf. TPMT-Genotypisierung
- Therapiemonitoring
-
Großes Blutbild und Leberwerte
- Initial
- Alle 1–2 Wochen in den ersten 3 Monaten
- Im Anschluss mind. alle 3 Monate
- Thiopurinmetabolite
- Indikation: Ausbleibendes Therapieansprechen, Zytopenie oder erhöhte Leberwerte
-
Großes Blutbild und Leberwerte
Interpretation von Thiopurinmetabolit-Profilen unter Therapie bei CED im Kindes- und Jugendalter [5] | |||
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6-TGN | 6-MMP | Interpretation | Empfehlung |
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Insb. zu Therapiebeginn besteht ein erhöhtes Risiko für eine Myelosuppression oder akute Pankreatitis, sodass regelmäßige Blutbildkontrollen erfolgen müssen!
Morbus Crohn
Therapieziele
- Fäkales Calprotectin <50–250 μg/g
- CRP <5 mg/L
- Klinische Besserung
Induktionstherapie
Indikation
- Diagnosestellung oder
- Akuter Schub
Empfohlene Induktionstherapie nach Risikoprofil
Empfohlene Induktionstherapie bei Morbus Crohn im Kindes- und Jugendalter nach Risikoprofil [5] | |||
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Paris-Klassifikation des Morbus Crohn | Zusätzliche Risikofaktoren | Risiko für schweren Verlauf | Empfohlene Induktionstherapie |
B1 |
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B2 |
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B3 |
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Die exklusive enterale Ernährungstherapie ist die Therapie der 1. Wahl bei Kindern mit intestinaler Entzündung ohne Strikturen, Fisteln oder weitere Risikofaktoren!
Das Risiko eines schweren, therapieresistenten Verlaufs ist erhöht, wenn 12 Wochen nach Beginn der Induktionstherapie keine klinische Remission eingetreten ist!
Mögliche Induktionstherapien
- Exklusive enterale Ernährungstherapie (EET)
- Prinzip: Ausschließliche Ernährung mit spezieller Trinknahrung
- Dauer: 6–8 Wochen
- Applikation: Oral oder mittels nasogastraler Sonde
- Systemische Glucocorticoide
- Indikation: Paris-Klassifikation für Morbus Crohn B1 ohne zusätzliche Risikofaktoren als Alternative zur exklusiven enteralen Ernährungsdiät bei
- Unzureichender Adhärenz oder
- Ausbleibendem Therapieerfolg nach 2–4 Wochen
- Wirkstoffe: Prednison oder Prednisolon
- Dosierung: Gewichtsabhängig, siehe: Glucocorticoiddosierung zur Induktionstherapie bei Morbus Crohn im Kindes- und Jugendalter
- Indikation: Paris-Klassifikation für Morbus Crohn B1 ohne zusätzliche Risikofaktoren als Alternative zur exklusiven enteralen Ernährungsdiät bei
- TNF-α-Blocker
- Wirkstoffe: Infliximab oder Adalimumab [11]
- Dosierungen
- Infliximab [5]
-
Adalimumab
- <40 kgKG [5]
- >40 kgKG [5]
- Beachte: Besonderheiten einer TNF-α-Blocker-Therapie bei CED im Kindes- und Jugendalter
- Weitere Biologicals
- Indikation: Primäres oder sekundäres Therapieversagen von TNF-α-Blockern
- Wirkstoffe: Ustekinumab oder Vedolizumab
- Bei therapierefraktärem Verlauf siehe: Operative und interventionelle Therapie bei Morbus Crohn
Glucocorticoiddosierung zur Induktionstherapie bei Morbus Crohn im Kindes- und Jugendalter [5] | |||
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Behandlungswoche | Gewichtsabhängige Dosierung von Prednison oder Prednisolon (1 Einzeldosis/d) | ||
10–20 kgKG | 20–30 kgKG | >30 kgKG | |
1.–3. | 20 mg | 30 mg | 40 mg |
4. | 15 mg | 25 mg | 35 mg |
5. | 20 mg | 30 mg | |
6. | 12,5 mg | 15 mg | 25 mg |
7. | 10 mg | 20 mg | |
8. | 7,5 mg | 10 mg | 15 mg |
9. | 5 mg | 10 mg | |
10. | 2,5 mg | 5 mg | 5 mg |
Bei schwerem akuten Schub und/oder therapierefraktärem Verlauf sollte eine akute Infektion durch Clostridium difficile oder Zytomegalieviren ausgeschlossen werden!
Erhaltungstherapie
- Thiopurine
- Indikation: Remissionserhalt
- Beginn: Parallel zur Induktionstherapie
- Dosierung: Azathioprin [5] oder 6-Mercaptopurin [5][11]
- Beachte: Besonderheiten einer Thiopurin-Therapie bei CED im Kindes- und Jugendalter
- Methotrexat
- Indikation: Initialtherapie zum Remissionserhalt oder bei Versagen bzw. Unverträglichkeit der Thiopurine
- Beginn: Parallel zur Induktionstherapie
- Dosierung: Methotrexat (MTX) [5] plus Folsäure [5] 24–72 h nach MTX-Gabe
- Häufige Nebenwirkungen: Übelkeit und Erbrechen (ggf. Gabe von Ondansetron )
- Biologicals: Infliximab, Adalimumab, Ustekinumab oder Vedolizumab [11]
- Thalidomid: In Studien in Erprobung als Alternative bei Therapieversagen von Thiopurinen, MTX und Biologicals
Colitis ulcerosa und nicht-klassifizierte Kolitis
Induktionstherapie [9]
- Indikationen
- Diagnosestellung und/oder
- Akuter Schub
- Präparate
- 1. Wahl: Aminosalicylate
- 2. Wahl: Glucocorticoide
- Oral: Prednisolon [9]
- Intravenös: Methylprednisolon [12]
- Sehr selten: Infliximab, Tacrolimus, Cyclosporin oder Kolektomie
Erhaltungstherapie [9]
- Indikation: Remissionserhalt
- Präparate
- 1. Wahl: Aminosalicylate (z.B. Mesalazin) oral, ggf. zusätzlich rektal
- 2. Wahl : Thiopurine
- Präparate: Azathioprin oder 6-Mercaptopurin [9]
- Beachte: Besonderheiten einer Thiopurin-Therapie bei CED im Kindes- und Jugendalter
- Weitere Eskalationsschritte
- TNF-α-Blocker: Infliximab, Adalimumab oder Golimumab
- Vedolizumab
- Chirurgische Therapie: Kolektomie als Ultima Ratio
- Stuhltransplantation: In Studien als Therapieoption untersucht
Komplikationen
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Nachsorge
- Morbus Crohn [11]
- Regelmäßige Beurteilung von
- PCDAI
- Fäkalem Calprotectin
- CRP
- Abdomensonografie
- Bei Therapieversagen bzw. -umstellung oder therapierefraktärem Schub zusätzlich
- MR-Enterografie
- Endoskopie
- Weitere jährliche Screenings
- Anämiediagnostik
- Ggf. Vitamin-B12-Spiegelbestimmung
- Regelmäßige Beurteilung von
- Colitis ulcerosa [9]
- Regelmäßige Beurteilung von
- PUCAI
- Fäkalem Calprotectin
- Blutuntersuchung
- Abdomensonografie
- Bei akuter Exazerbation: Ausschluss einer Infektion
- Vor bedeutenden Therapieumstellungen, zur Krebs-Surveillance oder bei erhöhtem Calprotectin (>250 μg/g): Endoskopie [13]
- Regelmäßige Beurteilung von
Zur Versorgungsverbesserung sollten nach Empfehlung der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE) alle Kinder und Jugendliche mit CED im deutschsprachigen Raum in das pseudonymisierte CEDATA-Register eingetragen werden! (siehe: Tipps & Links)
Prognose
- Morbus Crohn
- Risikofaktoren für eine schlechte Prognose [11]
- Junges Alter
- Tiefe Ulzerationen im Kolon
- Schwere Erkrankung trotz Induktionstherapie
- Ausgeprägter Befall
- Stenosierende und/oder penetrierende Erkrankung bei Diagnosestellung
- Deutliche Wachstumsverzögerung
- Ausgeprägter perianaler Befall
- Schwere Osteoporose
- Siehe auch: Morbus Crohn - Prognose
- Risikofaktoren für eine schlechte Prognose [11]
- Colitis ulcerosa
- Prognosefaktoren [10]
- Alter
- Geschlecht
- Krankheitsaktivität, -ausbreitung und -schweregrad bei Diagnosestellung
- Positive Familienanamnese für CED
- Extraintestinale Manifestationen
- Darminfektion mit Clostridium difficile
- Laborparameter (z.B. Hb, Hkt, Albumin)
- Siehe auch: Colitis ulcerosa - Prognose
- Prognosefaktoren [10]
- Erhöhtes Malignomrisiko
- Bspw. durch langfristige Azathioprin- oder Biologika-Einnahme
- Krankheitsspezifisches Kolonkarzinomrisiko
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- K50.-: Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis] [Morbus Crohn]
- Inklusive: Granulomatöse Enteritis
- Exklusive: Colitis indeterminata (K52.3‑), Colitis ulcerosa (K51.‑)
- K50.0: Crohn-Krankheit des Dünndarmes
- Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis]:
- Ileitis:
- regionalis
- terminalis
- Exklusive: Crohn-Krankheit des Dünn- und Dickdarmes (K50.82)
- K50.1: Crohn-Krankheit des Dickdarmes
- Colitis:
- granulomatosa
- regionalis
- Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis]:
- Exklusive: Crohn-Krankheit des Dünn- und Dickdarmes (K50.82)
- Colitis:
- K50.8-: Sonstige Crohn-Krankheit
- K50.80: Crohn-Krankheit des Magens
- K50.81: Crohn-Krankheit der Speiseröhre
- K50.82: Crohn-Krankheit der Speiseröhre und des Magen-Darm-Traktes, mehrere Teilbereiche betreffend
- Crohn-Krankheit sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes
- K50.88: Sonstige Crohn-Krankheit
- K50.9: Crohn-Krankheit, nicht näher bezeichnet
- Crohn-Krankheit o.n.A.
- Enteritis regionalis o.n.A.
- K51.-: Colitis ulcerosa
- K51.0: Ulzeröse (chronische) Pankolitis
- Backwash-Ileitis
- Subtotale ulzeröse (chronische) Kolitis
- Exklusive: Colitis indeterminata (K52.3‑)
- K51.2: Ulzeröse (chronische) Proktitis
- K51.3: Ulzeröse (chronische) Rektosigmoiditis
- K51.4: Inflammatorische Polypen des Kolons
- K51.5: Linksseitige Kolitis
- Hemikolitis, links
- K51.8: Sonstige Colitis ulcerosa
- K51.9: Colitis ulcerosa, nicht näher bezeichnet
- K51.0: Ulzeröse (chronische) Pankolitis
- K52.3-: Colitis indeterminata
- Exklusive
- Colitis ulcerosa (K51.‑)
- Crohn-Krankheit (K50.‑)
- Kolitis nicht näher bezeichneten Ursprungs (A09.9)
- K52.30: Pancolitis indeterminata
- Inklusive: Subtotale Colitis indeterminata
- K52.31: Linksseitige Colitis indeterminata
- K52.32: Colitis indeterminata des Rektosigmoids
- K52.38: Sonstige Colitis indeterminata
- Exklusive
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.