Zusammenfassung
Bei einem Schock handelt es sich um eine akut lebensbedrohliche Situation. Die Hauptaufgabe der Pflege liegt dabei einerseits im rechtzeitigen Erkennen eines Schocks und ggf. dem Einleiten der Akutmaßnahmen (bspw. Durchführung einer Schocklage) sowie der Überwachung und Stabilisierung der Patient:innen auf der Intensivstation. Je nach Schockursache sind einige Besonderheiten bei der Pflege zu beachten.
Erkennen und Erstmaßnahmen
Erkennen eines Schocks
- Blutdruckabfall mit gleichzeitigem Anstieg der Herzfrequenz
- Schockindex (nach Allgöwer) = Puls/systolischer Blutdruck
- Ist dieser Quotient >1, ist der Schockindex positiv und deutet auf einen Schock hin
- Bestimmung der Rekapillarisierungszeit: Sollte ≤2 s sein, ein erhöhter Wert deutet auf eine Mikrozirkulationsstörung und damit auf ein Schockgeschehen hin, siehe auch: Rekapillarisierungszeit
- qSOFA-Score beurteilen: Zum Erkennen einer Sepsis bzw. eines septischen Schocks
- Allgemeine Symptome
- Tachypnoe
- Tachykardie, Hypotonie
- Oligurie bis Anurie
- Blasses Hautkolorit, ggf. gräuliche Blässe
- Marmorierte Haut
- Spezifische Symptome: Siehe auch Schock - Symptome/Klinik
Leitsymptom des Schocks ist ein Abfall des Blutdrucks mit Anstieg der Herzfrequenz.
Ein Schock ist eine akut lebensbedrohliche Situation, bei der sofort das ärztliche Personal informiert werden muss!
Pflegerische Erstmaßnahmen beim Schock
- Reanimationsbereitschaft sicherstellen, siehe auch: Reanimation - AMBOSS-SOP
- Überwachung: Vitalparameter, EKG, Pulsoximetrie, Defibrillatorelektroden anschließen, Urinbilanzierung
- Schockpositionierung: I.d.R. Kopftieflage von 15°, alternativ Beinhochlage
- Bei kardiogenem Schock: Symptomorientiert
- Bei neurogenem Schock bzw. (V.a.) erhöhten Hirndruck: Mind. 30°-Oberkörperhochpositionierung
- Bei anaphylaktischer Reaktion
- Bei eingeschränktem Bewusstsein und intaktem Kreislauf: Stabile Seitenlage
- Bei Atemnot: (Halb‑)Sitzende Position
- Legen mehrerer großlumiger intravenöser Zugänge (nach ärztlicher Anordnung und ggf. durch qualifiziertes Personal)
-
Volumengabe nach ärztlicher Anordnung: Im allgemeinen Vollelektrolytlösung (kein NaCl 0,9%!)
- Bei kardiogenem Schock vorsichtige Volumengabe
- Sauerstoffgabe nach ärztlicher Anordnung
- Ggf. BGA durchführen
- Bei anaphylaktischer Reaktion in Akutsituation: Adrenalin intramuskulär (nach ärztlicher Anordnung)
- Weitere Diagnostik und Therapie nach ärztlicher Anordnung
- Zu den Erstmaßnahmen bei den verschiedenen Schockformen, siehe auch:
Pflegerische Maßnahmen
Beobachten/Überwachen
- Basismonitoring
- Herzfrequenz: Tachykardie (>100 bpm)
- Blutdruck: Hypotonie (Systolischer Wert <100 mmHg)
- Atmung: Tachypnoe, während eines manifesten Schockgeschehens auch flache und unregelmäßige Atmung möglich
- Sauerstoffsättigung: Ggf. Hypoxie
- Temperatur : Schutz vor Auskühlung beachten, Normothermie anstreben
- Bewusstsein
- Bewusstlosigkeit
- Vigilanzminderung
- Verwirrtheit
- Unruhe, Angst
- Haut
- Blässe/Zyanose
- Marmorierung
- Kalte Extremitäten
- Kaltschweißigkeit
- Exsikkosezeichen
- Flüssigkeitshaushalt: Augenmerk auf Flüssigkeitsbilanz, ausreichende Trinkmenge und ggf. intravenöse Volumensubstitution
- Urinausscheidung: Oligurie bis ggf. Anurie
- Labordiagnostik/ BGA: Überprüfung des Blutbildes, Lactats und Säure-Basen-Haushalts
- Stuhlgang: Ggf. Durchfall und/oder Erbrechen
Bei hypovolämischem/hämorrhagischem Schock
Bei kardiogenem Schock
- Herzfrequenz : Tachykardie oder Bradykardie, Rhythmusstörungen
- Thoraxschmerzen, ausgeprägte Dyspnoe
- Gestaute Halsvenen
- Unruhe, Angst
- Laborwerte: Troponin, Kreatinin, natriuretische Peptide
Bei anaphylaktischem Schock
- Akute Dyspnoe
- Schwellung der Schleimhäute
- Larynxödem
- (Angio‑)Ödeme
- Juckreiz, Flush
- Vigilanzminderung
- Kardiopulmonales Versagen
- Durchfall und Erbrechen
Bei neurogenem Schock
- Hinweis auf neurologische Ursache
- Bewusstseinsstörung bis Bewusstseinstrübung
- Hypotonie
- Bradykardie
- Warme, trockene Haut
- Bei spinalem Schock
- Ggf. Verlust der spinalen Reflexe
- Ggf. Querschnittssyndrom
- Ggf. intrakranielle Druckmessung notwendig
- Siehe auch: Schädel-Hirn-Trauma (Vigilanzminderung, intrakranielle Volumenzunahme), spinaler Schock
Bei septischem Schock
Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Sepsis
Medikamentöse Therapie
- Intravenöse Flüssigkeitsgabe : Kristalloide Infusionen oder balancierte Vollelektrolytlösungen nach ärztlicher Anordnung
- Sauerstofftherapie: Nach ärztlicher Anordnung
- Spezielle medikamentöse Therapie: Nach ärztlicher Anordnung
- Medikamentöse Kreislaufunterstützung
- Ggf. können Transfusionen notwendig werden
- Ggf. Diuretika-Therapie
- Ggf. inhalatives Adrenalin, β2-Sympathomimetika, Glucocorticoide, Antihistaminika
- Ggf. antibiotische Therapie
Weitere pflegerische Maßnahmen
- Positionierung
- Schocklage
- Kopftieflage von 15°, alternativ Beinhochlage
- Bei (V.a.) erhöhten Hirndruck: Immer mind. 30°-Oberkörperhochpositionierung
- Bei kardiogenem Schock: Symptomorientiert
- Prophylaxen: Bedarfsgerecht, insb. aufgrund der Immobilität
- Körperpflege: Unterstützung oder vollständige Übernahme der Körperpflege
- Ernährung
- In der akuten Situation kein besonderer Stellenwert, ggf. im Verlauf parenterale Ernährung notwendig
- Bei anaphylaktischem Schock bzw. Anaphylaxie: Allergene vermeiden!
Keine Schockpositionierung beim kardiogenen oder neurogenen Schock!
Spezielle Kommunikation und Präventionsmaßnahmen
- Ausnahme-/Notfallsituation: Offene, ehrliche und behutsame Kommunikation mit den Patient:innen und Angehörigen
- Psychische Belastung: Ggf. kann eine psychologische Nachbetreuung notwendig sein
- Prävention
- Hypovolämischer Schock
- Auf ausreichende Trinkmengen achten
- Bei Durchfall und Erbrechen: Frühzeitiger Volumen- und Elektrolytausgleich
- Anaphylaktischer Schock
- Bei stationärer Aufnahme: Allergene erfragen
- Dokumentation und Warnhinweis
- Notfallmedikation überprüfen
- Septischer Schock: Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Sepsis
- Hypovolämischer Schock