Grundlagen
Behandlungsziele der AMBOSS-SOP Kardiogener Schock
- Stabilisierung
- Ursachenfindung
- Ggf. spezifische Therapie
- Für das Notfallmanagement bei Verdacht auf akutes Koronarsyndrom siehe: ACS - AMBOSS-SOP
Bei ungefähr 80% der Patienten mit kardiogenem Schock ist die Ursache ein akutes Koronarsyndrom (ACS)! [1]
Definition und Diagnosekriterien
- Definition: Schock durch kritische Verminderung der kardialen Pumpleistung [2]
- Kriterien
- Kreislauffunktionsstörung
- Systolischer Blutdruck <90 mmHg oder
- Abfall des arteriellen Mitteldrucks um ≥30 mmHg oder
- Katecholaminbedarf oder
- Klinik: Zeichen der Zentralisierung, verlängerte Rekapillarisierungszeit (>2–3 s), Oligurie (Urinproduktion <0,5 mL/kgKG/h)
- Ausschluss eines Volumenmangels
- Nachweis einer primär kardialen Funktionsstörung
- Reduzierte Auswurfleistung oder
- Beeinträchtigung der ventrikulären Füllung
- Kreislauffunktionsstörung
- Sonderform „Rhythmogener Schock“: Bradykarde oder tachykarde Herzrhythmusstörungen mit Kreislaufversagen
- Hier im Weiteren nicht berücksichtigt . Siehe je nach Art der Rhythmusstörung:
- Differenzialdiagnose „Obstruktiver Schock“: Verminderung des Herzzeitvolumens durch vaskuläre Obstruktion [3]
- Mögliche Auslöser: LAE, Perikardtamponade, Aortendissektion, Spannungspneumothorax
- Siehe auch: Notfallmanagement - Circulation
Die Diagnose „kardiogener Schock“ kann klinisch gestellt werden und bedarf keiner invasiven Diagnostik!
Initiales Vorgehen
Sofortmaßnahmen
- Monitoring: Herzfrequenz, EKG, Atmung, spO2, Blutdruck, Urinproduktion
- Im Verlauf sinnvoll
- Arterieller Zugang: Invasive Blutdruckmessung und Überwachung der Blutgase
- ZVK: ZVD-Messung, sicherer Zugang, einfachere Katecholamintherapie
- Im Verlauf sinnvoll
- Defibrillationsbereitschaft (insb. bei V.a. myokardiale Ischämie): Elektroden aufkleben
- Sauerstoffgabe
- Evaluation der Atmung, ggf. nicht-invasive Beatmung oder Intubation
- Für Details zur Durchführung siehe
- Vorsichtige(!) Volumengabe, sofern keine Zeichen eines Lungenödems vorliegen [4]
- Ggf. Verlegung in kardiologisches Zentrum
Sofern kein Lungenödem vorliegt, sollte auch bei einem kardiogenen Schock vorsichtig Flüssigkeit infundiert werden!
Akutdiagnostik
- (Fremd‑)Anamnese
- Kardiale Vorerkrankungen, insb. KHK und chronische Herzinsuffizienz
- Angina pectoris?
- Fieber?
- Untersuchung
- Zeichen eines Lungenödems: Erhöhte Atemfrequenz, feuchte Rasselgeräusche beidseits
- Zeichen einer Überwässerung: Periphere Ödeme
- Zeichen einer rechtsventrikulären Stauung: Periphere Ödeme, erweiterte Halsvenen, hepatojugulärer Reflux
- Beine hochlagern unter Überwachung der Vitalparameter: Anstieg des Blutdrucks oder Abfall der Herzfrequenz sprechen für positiven Effekt einer Volumengabe
Periphere Ödeme sind nicht gleichbedeutend mit einer Hypervolämie, sondern können bei akuter Herzinsuffizienz auch bei intravasalem Volumenmangel auftreten!
- 12-Kanal-EKG
- ST-Hebungen → Schnellstmögliche Revaskularisation, siehe: STE-ACS
- Bradykardie <40/min → Gabe von Atropin, Orciprenalin, ggf. Schrittmachertherapie
- Tachykardie >120/min und kein Sinusrhythmus → Je nach Kammermorphologie Diagnose einer Schmal- oder Breitkomplextachykardie, siehe:
- Echokardiografie
- Abschätzung des Volumenstatus
- Hypovolämie → Vorsichtige Volumengabe, danach ggf. erneute Echokardiografie
- Hypervolämie → Keine Flüssigkeitsgabe
- Wandbewegungsstörungen
- Lokalisierte Wandbewegungsstörungen → V.a. akute Ischämie, schnellstmögliche Koronarangiografie
- Generalisierte Wandbewegungsstörungen: Vereinbar mit Myokarditis und verschiedenen Kardiomyopathien
- Rechtsherzbelastungszeichen → Differenzialdiagnose LAE erwägen, siehe auch: Lungenarterienembolie - AMBOSS-SOP
- Abschätzung des Volumenstatus
- Venöse Blutentnahme
Erweiterte Maßnahmen
Symptomatische Therapie [4][5]
Volumentherapie
- Ziel: Optimierung der Herzarbeit unter Vermeidung eines Lungenödems
- Kriterien für Wirksamkeit
- Blutdruck: Anstieg nach Volumengabe, geringere Atemabhängigkeit bei invasiv beatmeten Patienten
- Herzfrequenz: Reduktion einer evtl. vorhandenen Tachykardie
- Erhöhung der Urinproduktion bei Oligurie
- Abbruchkriterien
- Verschlechterung der Atmung, Zeichen eines Lungenödems
- Anstieg des ZVD
- Durchführung
- Infusion von Vollelektrolytlösung
- Regelmäßige Kontrolle aller Vitalparameter inkl. ZVD
- Abbruch bei fehlender Wirksamkeit oder Hinweisen auf Hypervolämie/Lungenödem
Pharmakologische Therapie
- Einschränkung: Geringe Evidenz, teils schwere Nebenwirkungen
- Prinzip: So kurz wie möglich
- Ziel: Temporäre Kreislaufstabilisierung bis zu einer definitiven Therapie oder einer Entscheidung
- Vorgehen: Häufig Kombination eines Vasokonstriktors und eines Inotropikums
- Vasokonstriktor: Aufrechterhaltung eines ausreichenden Perfusionsdrucks
- Inotropikum: Erhöhung des HZV
- Für Details zur Anwendung siehe: Medikamentöse Kreislaufunterstützung - AMBOSS-SOP
Vasokonstriktoren [4][6]
- Noradrenalin (1. Wahl)
- Ziel: MAP 65–70 mmHg
- Adrenalin (in Ausnahmefällen)
Inotropika [6]
- Dobutamin (1. Wahl)
- Ziel: Erhöhung des HZV, Verbesserung der Mikrozirkulation
- Anwendung: Häufig als Kombinationspartner von Noradrenalin
- Levosimendan (nur in Kombination mit anderem Inotropikum oder Vasopressor!)
- PDE-3-Hemmer: Alternative, insb. bei nicht-ischämischer Genese
Mechanische Kreislaufunterstützung [6]
- Allgemeine Indikation: Nur in Einzelfällen zur Überbrückung bei unzureichendem Ansprechen auf pharmakologische Therapie
- Optionen
- Intraaortale Ballongegenpulsation (IABP): Verfahren zur Kreislaufunterstützung
- Indikationen: Kein routinemäßiger Einsatz empfohlen
- Bei fehlender Möglichkeit zur Koronarintervention und systemischer Fibrinolyse zur Koronarrevaskularisation
- Überbrückende Therapie bei Verlegungsnotwendigkeit zur Koronarrevaskularisation von instabilen Patienten im kardiogenen Schockgeschehen
- Überbrückende Therapie vor akut notwendigem kardiochirurgischem Eingriff
- Akute Myokarditis
- Indikationen: Kein routinemäßiger Einsatz empfohlen
- Ventricular Assist Devices: Transkutan einzubringende oder vollständig implantierbare, uni- oder biventrikuläre, mechanische Unterstützungssysteme zur Überbrückung der Zeit bis zur Erholung der Myokardfunktion
- Indikationen
- Ultima Ratio bei persistierendem Schockgeschehen bzw.
- Unmöglichkeit der Entwöhnung von der Herz-Lungen-Maschine bei kardiochirurgischer Intervention
- Voraussetzung: Nur für Patienten mit ausreichender Lungenfunktion geeignet
- Indikationen
- Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO): Zum Ersatz der Lungenfunktion
- Extrakorporales Life-Support-System (ECLS): Zum Ersatz Herz- und Lungenfunktion
- Intraaortale Ballongegenpulsation (IABP): Verfahren zur Kreislaufunterstützung
Weiteres Vorgehen [6]
- Ursachenfindung und entsprechende Therapie so schnell wie möglich!
- Wichtigste Ursache: Akuter Myokardinfarkt → Bei unklarer Ursache frühzeitige Koronarangiografie
- Ggf. Herztransplantation erwägen
Differenzialdiagnostik
Differenzialdiagnostik bei kardiogenem Schock | |
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Diagnose | Diagnostische Hinweise |
Akutes Koronarsyndrom, Myokardinfarkt |
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Akut dekompensierte chronische Herzinsuffizienz |
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Herzklappenvitien |
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Myokarditis [7] |
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