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Descensus genitalis

Letzte Aktualisierung: 8.1.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Unter einem Descensus genitalis versteht man eine Senkung von Uterus und/oder Vagina, Blase, Rektum, Dünndarm oder Dickdarm, die bis zum Vorfall der Organe vor die Vaginalöffnung führen kann. Es handelt sich um ein häufiges Krankheitsbild, das u.a. durch eine Beckenbodenschwäche, Multiparität und erhöhten intraabdominellen Druck begünstigt wird und dessen Häufigkeit mit dem Alter zunimmt. Begleitend treten häufig Miktions- und Defäkationsbeschwerden auf.
Die Therapie kann sowohl konservativ (bspw. mittels Beckenbodentraining oder Pessartherapie) als auch operativ erfolgen. Dabei sollen der Befund und insb. der Patientinnenwunsch berücksichtigt werden. Bei der operativen Therapie gibt es verschiedene Techniken, um die ursprüngliche Lage der Beckenorgane wiederherzustellen (bspw. Sakrokolpopexie).

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Definitiontoggle arrow icon

Descensus genitalis

Senkung von Vagina und/oder Uterus, Blase, Rektum, Dünndarm oder Dickdarm bis zum Hymenalsaum [1]

Genitalprolaps [1]

  • Totalprolaps: Descensus genitalis, der sich >2 cm über den Hymenalsaum hinaus senkt
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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Prävalenz: Im Alter zunehmend, insb. ab dem 5. Lebensjahrzehnt [2]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Risikofaktoren [2]

Die Ursache für einen Descensus genitalis ist eine Insuffizienz der Beckenbodenmuskulatur, der Faszien und des ligamentären Halteapparats des Uterus durch:

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Symptomatiktoggle arrow icon

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Stadientoggle arrow icon

Stadieneinteilung nach ICS/IUGA-Standardisierung [1][2][6]
Grad Beschreibung
0 Kein Deszensus
I Tiefster Punkt liegt mind. 1 cm oberhalb des Hymenalsaums
II Tiefster Punkt liegt ±1 cm ober- oder unterhalb des Hymenalsaums
III Tiefster Punkt liegt >1 cm unterhalb bis max. 2 cm unterhalb des Hymenalsaums [7]
IV Totalprolaps
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Diagnostiktoggle arrow icon

Klinische Untersuchung [1][2]

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

  • Elongatio colli [8]

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Allgemeines

  • Aufklärung
    • Erklärung des Krankheitsbildes
    • Alle Behandlungsmöglichkeiten (konservativ und operativ) aufzeigen mit Erfolgsraten und Vor- und Nachteilen sowie Komplikationen
  • Therapieentscheidung: Partizipativ zu treffen
  • Dokumentation: Gesprächsinhalte und Aufklärung sorgfältig dokumentieren

Konservative Therapie [1][2]

  • Abwarten und Risikofaktoren reduzieren
  • Vaginale Östrogentherapie (insb. bei atrophischer Vaginitis und bei Pessartherapie)
  • Gezieltes Beckenbodentraining, ggf. mit Biofeedback: Signifikante Reduktion der Beschwerden und Verhinderung von Progress möglich
  • Pessartherapie (Würfel-, Ring-, Schalen- oder Gelhornpessare inkl. lokaler Östrogentherapie )
    • Indikationen
      • Kinderwunsch
      • Hohes perioperatives Risiko
      • Wunsch nach konservativer Therapie
      • Überbrückung bis zu einer operativen Therapie
    • Pessarformen
      • Würfelpessar (Pessar der Wahl), Gelhornpessar: Täglicher Einsatz durch Patientin
      • Ring- und Schalenpessar: Wechsel durch ärztliches gynäkologisches Personal alle 3 Monate
    • Mögliches Versagen bei
    • Komplikationen

Operative Therapie [1][2][7]

Bei der Wahl der passenden Operation spielt der Patientinnenwunsch eine wichtige Rolle, dementsprechend sollte eine partizipative Entscheidung getroffen werden. Im Gegensatz zu früher wird eine simultane Hysterektomie heute nicht mehr standardmäßig mitgemacht.

  • Indikationen
    • Erfolgloser konservativer Therapieversuch
    • Leidensdruck (symptomatischer Descensus genitalis)
    • Patientinnenwunsch
  • Einteilung der Defekte zur operativen Versorgung
    • Vorderes Kompartiment: Defekt der vorderen Vaginalwand (Richtung Blase)
    • Hinteres Kompartiment: Defekt der hinteren Vaginalwand (Richtung Darm)
    • Mittleres Kompartiment: Apikaler Defekt (Senkung des Uterus oder des Vaginalstumpfes)
Übersicht über die operative Therapie bei Descensus genitalis
Kompartiment Operative Versorgung
Vorderes Kompartiment
Hinteres Kompartiment
Mittleres Kompartiment

Operative Versorgung des vorderen Kompartiments

  • Kolporrhaphie anterior (vordere Vaginalplastik)
    • Definition: Raffung (Verstärkung) der vorderen Vaginalwand mit Anhebung der Blase
    • Zugangsweg: Vaginal
    • Vorgehen
      • Mediane Inzision der vorderen Vaginalwand
      • Präparation des Septum vesicovaginale mit Abpräparation der Harnblase
      • Vernähung mit „Raffung“ in der Mittellinie
      • Verschluss der Kolpotomie (ggf. unter Mitnahme überschüssiger Vaginalhaut)
      • Bei Descensus im mittleren Kompartiment: Kombination mit apikaler Fixation möglich
    • Spezifische Komplikationen: Harnblasenverletzungen, Blasenentleerungsstörungen, Ureterverletzung (selten), Belastungsinkontinenz
  • Netzeinlage (niedrigere Rezidivraten als Kolporrhaphie anterior)
    • Definition: Einbringen eines synthetischen Netzes unter die Blase zur Stabilisierung des Septum vesicovaginale
    • Zugangsweg: Vaginal
    • Vorgehen
      • Als Verstärkung oder Ersatz der Kolporrhaphie
      • Netzeinlage mit bspw. transobturatorischer Fixation
      • Bei zusätzlichem Deszensus im mittleren Kompartiment: Kombination mit apikaler Fixation möglich
    • Spezifische Komplikationen: Belastungsinkontinenz, Dyspareunie, Rezidiv, Netzkomplikationen

Operative Versorgung des hinteren Kompartiments

  • Kolporrhaphie posterior (hintere Vaginalplastik)
    • Definition: Raffung (Verstärkung) der hinteren Vaginalwand mit Produktion eines Widerlagers für das Rektum
    • Zugangsweg: Vaginal
    • Vorgehen
      • Mediane Inzision der hinteren Vaginalwand
      • Präparation des Septum rectovaginale mit Abpräparation des Rektums
      • Vernähung mit Raffung in der Mittellinie
      • Verschluss der Kolpotomie (Mitnahme überschüssiger Vaginalhaut vorsichtig erwägen, da Vaginalstenosen möglich!)
  • Netzeinlage (zur Stabilisierung des Septum rectovaginale): Kein routinemäßiger Einsatz

Operative Versorgung des mittleren Kompartiments

Bei den nachfolgenden Operationen kann bei fehlender Pathologie des Uterus und unauffälliger Zytologie (PAP-Abstrich) eine uteruserhaltende Variante gewählt werden.

Descensus genitalis mit Belastungsinkontinenz

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Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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