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Akutes Koronarsyndrom

Letzte Aktualisierung: 10.3.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Das akute Koronarsyndrom (ACS) ist ein Sammelbegriff für thorakale Beschwerden, die auf eine Koronarinsuffizienz zurückgehen. Es umfasst die Krankheitsbilder ST-Hebungsinfarkt (STEMI), Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) und instabile Angina pectoris, welche allein anhand der Symptomatik nicht sicher zu unterscheiden sind. In dieser Lernkarte wird das ACS auch als notfallmedizinische Arbeitsdiagnose behandelt, da viele weitere potenziell lebensbedrohliche Krankheitsbilder thorakale Beschwerden verursachen können und eine sichere Differenzierung schwierig, aber essenziell ist. Die Therapie stützt sich neben antithrombotischen Medikamenten hauptsächlich auf koronarangiografische Interventionen (PCI). Die weitere Therapie nach Diagnosestellung und Einleitung der Akuttherapie ist unter Myokardinfarkt bzw. KHK dargestellt.

Für das Notfallmanagement bei Schock siehe: Kardiogener Schock - AMBOSS-SOP

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Grundlagentoggle arrow icon

Definition [1][2]

  • Akutes Koronarsyndrom (ACS): Sammelbegriff für
  • Arbeitsdiagnose ACS: Alle Patienten mit unklaren thorakalen Beschwerden

Die Arbeitsdiagnose ACS sollte bei allen Patienten gestellt werden, deren Symptomatik auf einer koronaren Durchblutungsstörung beruhen könnte und für die es keine andere offensichtliche Erklärung gibt!

Einteilung nach EKG-Befund

Bei jedem möglichen ACS muss schnellstmöglich ein EKG durchgeführt werden! Bei ST-Hebungen folgt die Diagnose ST-Hebungsinfarkt mit Indikation zur sofortigen Reperfusionstherapie!

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Ersteinschätzungtoggle arrow icon

Während der Ersteinschätzung müssen akut behandlungsbedürftige Situationen, insb. ein ST-Hebungsinfarkt (STEMI), erkannt werden.

ACS-Symptomatik [1][2]

Bei Frauen und Diabetikern werden Herzinfarkte häufiger übersehen, da sie nicht immer die spezifische Symptomatik zeigen!

Fokussierte Anamnese und Untersuchung

12-Kanal-EKG

Labordiagnostik

Auch bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz soll bei entsprechenden Hinweisen ein akutes Koronarsyndrom ausgeschlossen werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)

Nach der Ersteinschätzung

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Allgemeine Maßnahmentoggle arrow icon

Die folgenden Allgemeinmaßnahmen sollten bei jedem Patienten mit der Arbeitsdiagnose ACS in Erwägung gezogen werden.

Medikamentöse Therapie [1][2][3]

Monitoring

  • Überwachung: EKG, Blutdruck und sO2
  • Sauerstoff: O2-Gabe nur bei sO2 <90%
  • Reanimationsbereitschaft: Defibrillator bereithalten, ggf. Elektroden aufkleben

Sauerstoff und Nitrate sollten nicht routinemäßig, sondern nur bei entsprechender Indikation gegeben werden!

Stabile Patienten mit akutem Myokardinfarkt und einer Sauerstoffsättigung ≥ 90 % sollen nicht routinemäßig eine Sauerstoffgabe erhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme 2)

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ACS mit ST-Hebungen (STE-ACS)toggle arrow icon

Ein STE-ACS stellt die Indikation zur sofortigen Koronarangiografie und Reperfusion!

Es gibt ST-Hebungen, die im 12-Kanal-EKG nicht sichtbar sind oder maskiert werden! Ggf. sollten daher zusätzliche Ableitungen (V3RV6R, V7V9) genutzt bzw. die Sgarbossa-Kriterien angewandt werden.

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Vorgehen bei STE-ACStoggle arrow icon

  1. STE-ACS: Akuttherapie einleiten und Reperfusionsstrategie vorbereiten
  2. Reperfusionsstrategien
    • 1. Wahl: Koronarangiografie mit folgender PCI: Immer, wenn innerhalb von 120 min verfügbar
      • Ggf. Verlegung mit Arztbegleitung
    • 2. Wahl: Intravenöse Thrombolyse: Nur, wenn Koronarangiografie nicht schnell genug möglich und keine Kontraindikationen vorliegen
      • Zeitpunkt: Sofort nach Indikationsstellung
      • Beschwerdedauer: <12 h, optimal <2 h
      • Absolute Kontraindikationen beachten!
      • Für ausführlichere Informationen insb. zur Durchführung siehe auch: Thrombolyse bei STEMI
  3. Intensivmedizinische Überwachung: Mind. 24 h erforderlich
    • Frühzeitig Platz auf einer Intensivstation oder Chest Pain Unit reservieren
    • STEMI-Patienten profitieren stark von einer Überwachung, da die meisten Todesfälle innerhalb der ersten 24 h auftreten

Eine medikamentöse Thrombolyse sollte in Deutschland nur in Einzelfällen nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung unter Einbeziehung von Alternativen (bspw. verspätete primäre PCI) erfolgen!

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Akuttherapie bei STE-ACStoggle arrow icon

Die folgenden Akutmaßnahmen sollten so schnell wie möglich nach Diagnose des STE-ACS erfolgen, ggf. können und sollten die Medikamente auch schon präklinisch gegeben werden.

Duale antithrombozytäre Therapie [1]

Antikoagulation [1]

Unterstützende Therapie [1]

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ACS ohne ST-Hebungen (NSTE-ACS)toggle arrow icon

Vorgehen

  1. Risikoabschätzung
  2. Überwachung bis zum Ausschluss eines Myokardinfarktes
  3. Ggf. Ursachenfindung, siehe: Weiterführende Diagnostik bei NSTE-ACS
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Risikoabschätzungtoggle arrow icon

Bei einem NSTE-ACS können sowohl akut lebensbedrohliche Krankheiten, als auch ungefährliche Ursachen vorliegen. Daher ist eine Risikoabschätzung wichtig, um gefährdete Patienten frühzeitig erkennen und entsprechend behandeln und überwachen zu können.

Risikofaktoren für schweren Verlauf

Scores

Klinische Scores können helfen, die Risikoabschätzung und die folgenden Abläufe zu standardisieren. In der Praxis sind insb. der Grace- und der TIMI-Score verbreitet.

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Akuttherapie bei Hochrisiko-NSTE-ACStoggle arrow icon

Beim NSTE-ACS gibt es keine allgemeingültige Akuttherapie, da unter diesem Begriff unterschiedliche Krankheitsbilder zusammengefasst werden. Bei einem NSTE-ACS mit hohem Risiko für einen NSTEMI (siehe auch: Risikoabschätzung des NSTE-ACS) sollte jedoch eine antithrombotische Therapie eingeleitet und eine Koronarangiografie geplant werden (siehe auch: Therapie des NSTEMI).

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Ausschluss eines Myokardinfarktestoggle arrow icon

Bei jedem unklaren ACS sollte ein akuter Myokardinfarkt ausgeschlossen werden. Der Ausschluss stützt sich laborchemisch insb. auf die kardialen Troponine.

Algorithmen zum Ausschluss eines akuten Myokardinfarktes [2]

Allgemeines

Bei infarktspezifischer klinischer Symptomatik oder EKG-Veränderungen ermöglichen unauffällige Troponinwerte keinen Ausschluss eines Myokardinfarkts!

Bei jedem Algorithmus muss zusätzlich eine sofortige Troponin- und EKG-Kontrolle erfolgen, wenn ein Patient während der Überwachung neue oder verstärkte Beschwerden bekommt!

Hochsensitive Troponin-Assays (hs-cTn)

3 h-Algorithmus

  • Beschwerden >6 h, Patient seitdem beschwerdefrei: Einmalige Messung und hs-cTn < Obergrenze (ULN) → Infarkt ausgeschlossen
  • Beschwerden <6 h: Erneute Messung nach 3 h erforderlich und beide hs-cTn < Obergrenze (ULN) → Infarkt ausgeschlossen

0 h/1 h-Algorithmus

  • Zwei Troponingrenzwerte je nach Zeitpunkt
    • Grenzwert A (Troponin sehr niedrig) für sofortigen Ausschluss mittels einmaliger Messung
    • Grenzwert B (Troponin niedrig) für Ausschluss bei Nachkontrolle nach 1 h
  • Grenzwerte Assay-spezifisch
    • hs-cTn < Grenzwert A → Infarkt direkt ausgeschlossen
    • hs-cTn < Grenzwert B und keine starke Erhöhung nach 1 h → Infarkt ausgeschlossen

Der 0 h/1 h-Algorithmus darf nur angewandt werden, wenn ein entsprechend validierter Assay zur hs-Troponin-Bestimmung genutzt wird!

Algorithmen ohne hochsensitiven Troponin-Assay

6 h-Algorithmus

  • Beschwerdedauer
    • Beschwerden >6 h, Patient seitdem beschwerdefrei: Einmalige Messung und cTn < Obergrenze (ULN) → Infarkt ausgeschlossen
    • Beschwerden <6 h: Erneute Messung nach 6 h erforderlich und beide cTn < Obergrenze (ULN) → Infarkt ausgeschlossen
  • Vorteil: Benötigt kein hs-cTn
  • Nachteile: Patienten müssen unter Umständen für 6 h überwacht werden, obwohl sie keinen Infarkt haben

Troponin und Copeptin bei ACS

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Weiteres Vorgehentoggle arrow icon

Die folgenden Maßnahmen dienen der Differenzialdiagnostik bei einem weiterhin unklaren NSTE-ACS nach Infarktausschluss.

Weiterführende Diagnostik [2]

Aufnahmeindikationen

  • Erhöhtes Troponin
  • Anhaltende Beschwerden
  • Hohes Risiko (Nach klinischer Einschätzung oder nach Score siehe auch: Risikoabschätzung bei NSTE-ACS)
  • Weiterhin unklare Beschwerdeursache
  • Patientenwunsch

Entlassung möglich

  • Myokardinfarkt ausgeschlossen
  • Patient beschwerdefrei
  • Nicht akut behandlungsbedürftige Ursache identifiziert
  • Patient ist einverstanden
  • Patient ist versorgt
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Differenzialdiagnostiktoggle arrow icon

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Scores zur Risikoabschätzungtoggle arrow icon

GRACE-Risk-Score 2.0 [9][10]

  • Ziel: Abschätzung der Mortalität bei Patienten mit ACS
  • Auswertung: Einteilung in Niedrig-, Mittel- und Hochrisikopatienten
Risikokategorie GRACE Risk Score 6-Monats-Mortalität (nach Entlassung)
Niedrig ≤108 <3%
Mittel 109–140 3–8%
Hoch >140 >8%

GRACE-Risk-Score 2.0 (Rechner)

HEART-Score [11]

  • Ziel: Abschätzung der Wahrscheinlichkeit kurzfristiger schwerer kardiovaskulärer Ereignisse bei akutem Thoraxschmerz
  • Auswertung: Einteilung in Niedrig-, Mittel- und Hochrisikopatienten

HEART-Score (Rechner)

Der HEART-Score zur Risikostratifikation bei akutem Thoraxschmerz darf nicht mit der „HeartScore“ genannten digitalisierten Version der SCORE-Charts verwechselt werden, die der Abschätzung des allgemeinen kardiovaskulären Risikos dienen.

TIMI-Score [12][13]

  • Ziel: Abschätzung der Mortalität bei Patienten mit NSTE-ACS
  • Prinzip: Stratifizierung von ACS-Patienten nach Summe der vorliegenden Risikofaktoren
  • Vorteil: Einfach zu ermitteln, Punkte werden nur aufsummiert

Der hier vorgestellte TIMI-Score gilt nur bei ACS ohne ST-Hebungen!

TIMI-Score für NSTE-ACS [14]

  • Risikofaktoren
    1. Alter ≥65 Jahre
    2. ≥3 Risikofaktoren für KHK
    3. Bekannte KHK mit signifikanten Stenosen (mind. eine Stenose ≥50%)
    4. ST-Senkungen ≥0,5 mm
    5. Schwere Angina-pectoris-Symptomatik (definiert als mind. zwei Episoden in den letzten 24 h)
    6. ASS-Einnahme in den letzten 7 d
    7. Erhöhter Troponinwert
  • Auswertung: Zählen der vorhandenen Risikofaktoren
    • Niedriges Risiko: 0–1
    • Hohes Risiko: >1
  • Vorteile: Einfache Anwendung, hohe Spezifität
  • Nachteile: Niedrige Sensitivität

TIMI-Score für NSTE-ACS (Rechner)

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