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Luxationen des Ellenbogengelenks

Letzte Aktualisierung: 30.8.2023

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Luxationen des Ellenbogengelenks sind die zweithäufigsten Luxationen des Menschen und treten meist infolge eines indirekten Traumas beim Sturz auf den Arm auf. Typische Symptome stellen neben der tastbaren Verschiebung der Gelenkbestandteile eine federnde Fixation sowie schmerzhafte Bewegungseinschränkung dar. Nach der Reposition wird das Ellenbogengelenk nur kurzzeitig im Oberarmgips ruhiggestellt, da die frühfunktionelle physiotherapeutische Nachbehandlung eine wichtige Rolle bei der Vermeidung von Komplikationen spielt. Bei Luxationsfrakturen, erfolgloser Reposition oder anderen problematischen Begleitläsionen (bspw. freie Gelenkkörper, Gefäß- und Nervenschäden) ist eine operative Versorgung mit anschließender Ruhigstellung in beweglicher Ellenbogenorthese erforderlich.

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Definitiontoggle arrow icon

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Epidemiologietoggle arrow icon

Mit ca. 80–85% der Fälle ist die posteriore Ellenbogenluxation die häufigste Ellenbogenluxation!

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Ringtheorie nach O´Driscoll [1][2][7][8][9][10]

Der Unfallmechanismus der posterolateralen Luxation läuft „kreisförmig“ von lateral nach medial ab.

  • 1. Stadium: LUCL rupturiert → Posterolaterale Rotationsinstabilität (Subluxation)
  • 2. Stadium: Zusätzlich anteriore und posteriore Gelenkkapsel inkomplett rupturiert
  • 3. Stadium: Komplette posteriore Ellenbogenluxation, Unterteilung in
    • 3A: AMCL des MCL intakt
    • 3B: MCL komplett rupturiert
    • 3C: Zusätzlich Muskelabriss

Hyperextensionsmechanismus [7][9][11][12]

Nach dieser Theorie ist eine Hyperextension im Ellenbogengelenk beim Aufprall ursächlich für die posterioren Ellenbogenluxationen.

  • Hyperextension im Ellenbogen und Pronationsstellung, um den Sturz abzufangen
  • Ulna luxiert beim Aufprall nach posterior
  • Der anteriore Teil der Gelenkkapsel reißt dabei ein
  • Bei zusätzlichem Varusstress kann auch der laterale bzw. bei Valgusstress der mediale Bandapparat rupturieren

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Klassifikationtoggle arrow icon

Klassifikation nach Luxationsrichtung [1][6]

Diese Klassifikation beruht auf der luxierten Stellung des Unterarms im Vergleich zum Oberarm [7]

  • Posteriore Ellenbogenluxation (dorsal)
  • Posterolaterale Ellenbogenluxation (posteroradial)
  • Posteromediale Ellenbogenluxation (posteroulnar)
  • Anteriore Ellenbogenluxation
  • Divergierende Ellenbogenluxation

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Siehe: Pathophysiologie der Radiuskopffraktur

Begleitverletzungen [1][2][5]

Es besteht eine hohe Variabilität bezüglich Art und Lokalisation der Begleitverletzungen.

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Symptomatiktoggle arrow icon

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Präklinisches Managementtoggle arrow icon

Reposition nur in begründeten Fällen durchführen, bspw. bei extremer Fehlstellung, neurovaskulären Schäden oder längerdauerndem Transport! [1]

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Vorgehen in der Notaufnahmetoggle arrow icon

Ligamentäre Luxationen würde man geschlossen reponieren, Luxationen mit knöcherner Verletzung je nach Befund offen!

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Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

Terrible-Triad-Läsion [14][15]

Bei fraglich isolierter Radiuskopffraktur muss immer eine mediale Bandverletzung ausgeschlossen werden! Eine scheinbar isolierte Fraktur kann eine Terrible-Triad-Läsion des Ellenbogens maskieren.

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Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese und klinische Untersuchung [1]

Bei der klinischen Untersuchung sollte sehr vorsichtig vorgegangen werden, da diese für den Patienten meist sehr schmerzhaft ist!

Überprüfung der pDMS vor und nach jeder Reposition!

Apparative Diagnostik [1][7]

Röntgen bei Luxationen des Ellenbogengelenks

Nach Sicherung der Diagnose sollte zügig reponiert werden, bevor weitere Diagnostik angeschlossen wird!

Fakultative Diagnostik [1][5][7]

  • CT: Bei V.a. Ellenbogenluxationsfraktur (zur Therapieplanung)
  • Sonografie: Dynamische Untersuchung nach Reposition
  • MRT: Zur Therapieplanung (konservativ vs. operativ) nach geschlossener Reposition
    • Durchführung: In extensionsnaher Stellung des Ellenbogengelenks
    • Befund
      • Ausmaß der Kapsel-Band-Verletzung
      • Verletzungen der stabilisierenden Muskulatur
      • Inkongruenzen des Gelenks (bspw. durch Knorpel- oder Knochenfragmente, Weichteile)
      • Abscherungen
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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Die konservative und frühfunktionelle Therapie entspricht zwar dem evidenzbasierten Behandlungsstandard, ist jedoch nicht immer erfolgreich. Für eindeutige Empfehlungen zur Überlegenheit der operativen Therapie bei bestimmten Befundkonstellationen gibt es aber noch nicht genug Evidenz. Deshalb wird das optimale Vorgehen nach gesicherter Ellenbogenluxation weiterhin diskutiert, verschiedene Konzepte bzw. Entscheidungs-Algorithmen sind im Gespräch. [1][13]

Ziele der Therapie [5][7]

  • Schmerzfreiheit
  • Wiederherstellung von Form, Funktion und Bewegungsausmaß
  • Wiederherstellung der Stabilität für eine frühfunktionelle Nachbehandlung

Geschlossene Reposition der posterioren Ellenbogenluxation [5][6]

Konservative Therapie der Ellenbogenluxation [1][6][7]

  • Indikation [1]
    • Einfache Luxation nach erfolgreicher geschlossener Reposition
    • Zusätzliche Kriterien: Kontraindikation gegen eine Operation, geringer Patientenanspruch in Bezug auf Funktion und Belastung
  • Setting: Ambulant
  • Verfahren: Ruhigstellung des Ellenbogens in 90 ° Flexion mittels fixierender Oberarmgipsschiene
    • Dauer der Ruhigstellung: Max. 1 Woche
    • Anschließend ggf. ca. 6 Wochen in beweglicher Ellenbogenorthese
    • Stellung des Unterarms je nach Bandläsion
  • Schmerzadaptierte Analgesie mit NSAR

Operative Therapie der Ellenbogenluxation [1][7]

  • Indikation [1]
  • Verfahren
    • Offene oder arthroskopische Bandnaht
    • Ggf. osteosynthetische Versorgung von Begleitfrakturen
    • Ggf. postoperative Ruhigstellung in beweglicher Ellenbogenorthese
  • Postoperative Ruhigstellung: Fakultativ mit beweglicher Ellenbogengelenkorthese

Durchführung der operativen Therapie der Ellenbogenluxation [7]

  • Setting: Stationär für ca. 1–2 d
  • Vorbereitung
    • Lagerung: Rückenlage mit Armtisch
      • Falls Operation in Blutleere geplant: Anlegen einer Blutsperremanschette
    • Klinische Untersuchung und Röntgenkontrolle
      • Überprüfung von Stabilität/Instabilität
      • Gelenkführung
    • Weitere Informationen siehe: Perioperatives Management und Atlas der OP-Instrumente
  • Verfahren
    • Offene primäre Bandnaht/Stabilisierung
      • Zeitfenster: 14 d [6]
      • Zugang
        • Lateraler Zugang, bspw. nach Kocher
        • Medialer Zugang, bspw. nach Hotchkiss
      • Refixation des Kapsel-Band-Apparates und der Muskulatur in 90 ° Flexionsstellung
      • Fixation der Seitenbänder und Gelenkkapsel an ursprünglicher Stelle
      • Fixation evtl. rupturierter Muskelansätze an Ursprungs- bzw. Ansatzort
      • Erneute Stabilitätsprüfung nach Fixation
      • Ggf. osteosynthetische Versorgung von Begleitfrakturen
    • Arthroskopische Bandnaht

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Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Nachsorgetoggle arrow icon

Zum allgemeinen postoperativen stationären Management inkl. durchzuführender ärztlicher Verlaufskontrollen sowie Empfehlungen zur Schmerztherapie und Thromboseprophylaxe kann auch das Kapitel „Nachsorge in der Orthopädie und Unfallchirurgie" genutzt werden.

Allgemeine Hinweise zur Nachsorge

Spezielle Nachsorge bei der konservativen Therapie

  • Röntgenkontrollen: Bspw. im Abstand von 1, 2 und 3 Wochen und individuell bei Beschwerden oder verzögertem Heilungsverlauf
  • Physiotherapie
    • Eigenständiges Beüben der angrenzenden Gelenke (Schulter, Hand), ggf. Übungen in Überkopfposition
    • Nach ca. 1 Woche: Frühfunktionelle, aktiv-assistierte Behandlung unter physiotherapeutischer Anleitung
    • Nach ca. 2 Wochen: Beginn aktiver Bewegung
    • Nach ca. 6 Wochen: Belastung unter Alltagsbedingungen, Beginn Muskelaufbautraining
    • Nach ca. 3 Monaten: Unlimitierte Bewegung und Belastung
  • Verfahrenswechsel: Bei erfolgloser konservativer Therapie (bspw. bei bleibender Instabilität) kann innerhalb von 2 Wochen recht unproblematisch von der konservativen auf die operative Therapie umgeschwenkt werden. [7]

Spezielle Nachsorge bei der operativen Therapie [5][6]

  • Röntgenkontrollen: Je nach Maßgabe des Operateurs oder Klinikstandards
  • Physiotherapie
    • Eigenständiges Beüben der angrenzenden Gelenke (Schulter, Hand)
    • Frühfunktionelle, aktiv-assistierte Physiotherapie
    • Nach ca. 6 Wochen: Belastung unter Alltagsbedingungen
    • Nach ca. 3 Monaten: Unlimitierte Bewegung und Belastung
  • Materialentfernung
    • Entfällt bei isolierter Bandnaht
    • Bei knöcherner Ellenbogenluxation: Entfernung der Osteosynthese je nach Fraktur und Beschwerden erwägen
    • Entfernung eines Fixateur externe nach 6–12 Wochen
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Prognosetoggle arrow icon

  • Meist gutes funktionelles Ergebnis (wie vor der Luxation)
  • Mögliche Folgeschäden [16]
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Präventiontoggle arrow icon

  • Vermeidung best. Sportarten mit hoher Belastung des Ellenbogengelenks bzw. hohem Risiko für eine Luxation (bspw. durch Stürze, Körperkontakt mit dem Gegner) [1]
  • Je nach Sportart spezifische Übungen zur Prävention, Physiotherapie
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3D-Anatomietoggle arrow icon

In Kooperation mit Effigos bieten wir dir die Möglichkeit, Anatomie auch in 3D zu erfahren. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Neben Komplettmodellen bieten wir dir auch sprach- oder textgeführte Exkurse zu einzelnen Themen. In allen Versionen hast du die Möglichkeit, mit den Modellen individuell zu interagieren, bspw. durch Schneiden, Zoomen oder Aus- bzw. Einblenden bestimmter Strukturen. Eine Übersicht über alle Inhalte findest du in dem Kapitel Anatomische 3D-Modelle. Die unterschiedlichen Pakete zu den 3D-Modellen findest du im Shop.

3D-Modell

Exkurs

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

S53.-: Luxation, Verstauchung und Zerrung des Ellenbogengelenkes und von Bändern des Ellenbogens

M24.-: Sonstige näher bezeichnete Gelenkschädigungen

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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