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Studien-Telegramm-Archiv

Letzte Aktualisierung: 3.3.2025

Einleitungtoggle arrow icon

Zusammen mit der HOMe-Academy der medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes und dem Ärzte-Team des Agaplesion-Markus Krankenhauses Frankfurt bietet AMBOSS einen Newsletter zu internistischen Studien und Publikationen an. Der Newsletter richtet sich insb. an alle interessierten Kolleginnen und Kollegen aus Klinik und Praxis, die neben der alltäglichen Praxis wichtige wissenschaftliche Entwicklungen im Blick behalten möchten. Unter Tipps & Links findest du den Link zur Anmeldung.

Im Folgenden werden ab dem Beginn der Newsletter-Versendung die Inhalte aller bisherigen Ausgaben im Jahr 2025 als Archiv zur Verfügung gestellt.

Archive weiterer AMBOSS-Studien-Telegramme

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Wissenschaftliche Schirmherrschafttoggle arrow icon

Die Auswahl und Zusammenfassung der Studien und Publikationen findet in enger Zusammenarbeit mit der kardiovaskulären Studiengruppe HOMe statt.

Verantwortliche Ärztinnen und Ärzte:
Prof. Dr. med. Gunnar Heine (Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselerkrankungen und Gefäßerkrankungen, AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS Frankfurt a.M./Universität des Saarlandes), Prof. Dr. Dr. Stephan Schirmer (Kardiologie, Universität des Saarlandes/Kardiologische Praxis Kaiserslautern), Prof. Dr. Dr. Sören Becker (Infektionserkrankungen und Tropenmedizin, Universität des Saarlandes)

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Q1 2025toggle arrow icon

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Ausgabe 304 - 22. Februar 2025toggle arrow icon

Obinutuzumab: Neue REGENCY bei Lupusnephritis?

Studientelegramm 304-2025-1/3: Die positiven Ergebnisse der Phase-III-Studie REGENCY, in der die Effektivität des Anti-CD20-Antikörpers Obinutuzumab bei der Behandlung der Lupusnephritis untersucht wurde, hatten wir bereits im Studientelegramm 295-2024-2/3 angekündigt. Zuvor war in der Phase-II-Studie NOBILITY ein signifikanter Vorteil dieses Wirkstoffs im Vergleich zur immunsuppressiven Standardtherapie gezeigt worden. Die Ergebnisse von REGENCY wurden nun publiziert.

In diese multizentrische, randomisiert-kontrollierte und doppelt verblindete Studie wurden 271 Personen mit proliferativer Lupusnephritis eingeschlossen. Die Teilnehmenden erhielten zusätzlich zur Standardtherapie (Mycophenolat-Mofetil und Prednison) entweder Obinutuzumab oder ein Placebo. Primärer Endpunkt war die komplette renale Remission nach 76 Wochen, definiert als Protein-Kreatinin-Ratio <0,5 g/g im 24-h-Sammelurin, eGFR ≥85% des Ausgangswertes und fehlende interkurrente Ereignisse (Rescue-Therapie, Therapieversagen, Tod oder früher Studienabbruch).

Die komplette renale Remission wurde signifikant häufiger in der Obinutuzumab-Gruppe im Vergleich zur Placebogruppe erreicht (46,4 vs. 33,1%; adjustierte Differenz: 13,4%; 95% KI: 2,0–24,8%; p = 0,02). Vergleichbare Vorteile zeigten sich auch hinsichtlich der sekundären Endpunkte Verminderung der Proteinurie und komplette renale Remission mit Reduktion der Prednison-Dosis. Erwartungsgemäß kam es in der Interventionsgruppe zu mehr Infektionen (schwere Infektionen bei 15,4% vs. 6,8% in der Placebogruppe) und Neutropenien (12,5% vs. 3,8%).

Obinutuzumab könnte somit in Zukunft eine neue, hoffnungsvolle Option in der Therapie der Lupusnephritis darstellen. Weitere Studien sind jedoch notwendig, um diese Ergebnisse zu untermauern.

REGENCY wurde von F. Hoffmann-La Roche finanziert.

  • Studie: Furie et al., Efficacy and Safety of Obinutuzumab in Active Lupus Nephritis, NEJM. [1]

Tirzepatid: Kardialer Schlankmacher?

Studientelegramm 304-2025-2/3: Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor für Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF). Sie wird bei HFpEF als eigenständiger Phänotyp angesehen, mit einem vergleichsweise stärkeren konzentrischen kardialen Remodeling und mehr epikardialem Fettgewebe. Die SUMMIT-Studie konnte als erste randomisiert-kontrollierte Studie mit objektiv messbaren klinischen Endpunkten einen prognostischen Benefit für die Gabe des dualen GIP/GLP1-Rezeptor-Agonisten Tirzepatid bei HFpEF und Adipositas nachweisen (siehe: Studientelegramm 299-2024-1/3).

In einer Subgruppenanalyse der Studie wurden die Therapieeffekte auf die kardiale Struktur und Funktion anhand der MRT-Befunde von 106 Personen untersucht. Unter der Therapie mit Tirzepatid (bis zu 15 mg s.c. einmal wöchentlich; n = 50) reduzierte sich verglichen mit einem Placebo (n = 56) nach 52 Wochen die linksventrikuläre Masse um 11 g (95% KI: 4–19 g; p = 0,004) und das epikardiale Fettgewebe um 45 mL (95% KI: 22–69 mL; p <0,001). Die Reduktion der linksventrikulären Masse korrelierte dabei mit der Veränderung des Körpergewichts sowie tendenziell mit der des Taillenumfangs und des Blutdrucks.

Es ist somit anzunehmen, dass der kardiale Benefit von Tirzepatid u.a. durch diese direkten Effekte auf das Herz vermittelt wird. Eine Diskussion der Ergebnisse von SUMMIT findet sich auch bei MARKUS@HOMe.

SUMMIT wurde durch Eli Lilly and Company finanziert.

  • Studie: Kramer et al., Tirzepatide Reduces LV Mass and Paracardiac Adipose Tissue in Obesity-Related Heart Failure: SUMMIT CMR Substudy, Journal of the American College of Cardiology. [2]

Yay or Nay? Nephrektomie bei ADPKD

Studientelegramm 304-2025-3/3: Die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) ist die häufigste hereditäre Nierenerkrankung. In beiden Nieren bilden sich dabei zahlreiche Zysten, deren Wachstum das Nierengewebe komprimiert und die Nierenfunktion beeinträchtigt. Viele Betroffene benötigen im Krankheitsverlauf eine Nierenersatztherapie. Die Nierentransplantation ist eine potenziell kurative Therapieoption. Häufig werden vorher, gleichzeitig oder anschließend eine oder beide erkrankten Nieren entfernt, insb. um Komplikationen der ADPKD zu verhindern oder Platz für das Transplantat zu schaffen. Für die Auswahl geeigneter Personen, den günstigsten Zeitpunkt einer Nephrektomie und die optimale Operationstechnik gibt es allerdings keine evidenzbasierten Empfehlungen.

Die European Renal Association (ERA) veröffentlichte nun nach umfassender systematischer Literaturrecherche Konsensusempfehlungen zu diesem Thema. Geeignete Personen sollten im Rahmen einer partizipativen Entscheidungsfindung nach multidisziplinärer Abstimmung ausgewählt werden. Eine Nephrektomie vor der Transplantation sollte nicht routinemäßig erfolgen, sondern Komplikationen der ADPKD (insb. rezidivierenden Zysteninfektionen oder -blutungen) und anatomischen Indikationen vorbehalten bleiben. Aufgrund des Komplikationsrisikos sollte nach Möglichkeit eher eine uni- als eine bilaterale Nephrektomie angestrebt werden. Neben einer operativen (bevorzugt laparoskopischen) Nephrektomie kann auch eine Nierenarterienembolisation erwogen werden. Insg. sollte die Indikation zur Nephrektomie stets individuell und nicht zu liberal gestellt werden. Die verbleibende Funktion der erkrankten Nieren sollte bestmöglich genutzt werden. Das Volumen polyzystischer Nieren nimmt zudem i.d.R. ab, sobald die chronische Nierenerkrankung das Stadium G5 erreicht hat.

  • Consensus Statement: Geertsema et al., Nephrectomy in Autosomal Dominant Polycystic Kidney Disease: A consensus statement of the ERA Genes & Kidney Working Group, Nephrology Dialysis Transplantation. [3]
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Ausgabe 303 - 08. Februar 2025toggle arrow icon

Lipoprotein (a): Nicht in Stein gemeißelt

Studientelegramm 303-2025-1/3: Ein erhöhtes Lipoprotein (a) (Lp(a) ≥50 mg/dL oder ≥125 nmol/L) gilt als wichtiger Risikofaktor für die Entstehung und Progression atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankungen. Die individuellen Lp(a)-Spiegel sind überwiegend genetisch determiniert, weshalb zur Risikostratifizierung derzeit eine einmalige Bestimmung im Leben als ausreichend angesehen wird. Bislang gab es jedoch nur wenige Daten zur intraindividuellen Variabilität der Lp(a)-Spiegel.

Nun wurden Daten aus der Placebogruppe der OCEAN(a)-DOSE-Studie (siehe auch: Studientelegramm 243-2022-1/3) analysiert, um die individuellen Spiegelschwankungen im zeitlichen Verlauf zu untersuchen. Bei 53 Personen mit Hyperlipoproteinämie (a) >150 nmol/L wurden über einen medianen Follow-up-Zeitraum von 1,7 Jahren im Median 16-mal die Lp(a)-Werte gemessen. Verglichen mit dem mittleren individuellen Lp(a)-Spiegel zeigte sich dabei eine mediane Abweichung von 16,4 nmol/L (1.–3. Quartil: 7,3–30,1 nmol/L; maximale Abweichung: 135 nmol/L). Bei 53% der Teilnehmenden ließen sich bei ≥1 Lp(a)-Messung Schwankungen von ≥50 nmol/L beobachten. Die intraindividuelle Variabilität über alle Messungen hinweg betrug 10%.

Diese Ergebnisse stellen die aktuellen Empfehlungen zur Lp(a)-Messung infrage, insb. wenn davon Therapieentscheidungen abhängen. Beachtet werden sollte allerdings, dass die Stichprobe relativ klein war. Zudem wurden nur Personen mit Lp(a)-Spiegeln >150 nmol/L untersucht. Im Alltag müssen aber überwiegend niedrigere Werte beurteilt werden. Der Nutzen wiederholter Messungen in diesem Fall bleibt unklar.

  • Brief Report: Gaba et al., Intraindividual Variability in Serial Lipoprotein(a) Concentrations Among Placebo-Treated Patients in the OCEAN(a)-DOSE Trial, Journal of the American College of Cardiology. [4]

Licht und Schatten: Vitamin D bei CKD

Studientelegramm 303-2025-2/3: Ein Vitamin-D-Mangel wird bei chronischer Niereninsuffizienz (CKD) häufig beobachtet, die klinische Bedeutung dieses Befundes ist jedoch umstritten. Beobachtungsstudien suggerieren zwar negative gesundheitliche Folgen (bspw. ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Ereignisse und eine erhöhte Mortalität), entsprechende Vorteile einer Vitamin-D-Substitution konnten allerdings bisher nicht nachgewiesen werden (mit Ausnahme positiver Effekte bzgl. eines sekundären Hyperparathyreoidismus und des Frakturrisikos). Dennoch veröffentlichten die European Renal Association und die European Society for Paediatric Nephrology nun ein Konsensuspapier mit konkreten Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie des Vitamin-D-Mangels bei CKD im Kindes- und Erwachsenenalter.

Ab KDIGO-Stadium G2 wird darin eine jährliche Kontrolle des Calcidiol-Spiegels empfohlen (idealerweise mittels Tandem-Massenspektrometrie, da bei Immunoassays häufiger falsch-niedrige Ergebnisse auftreten). Bei Calcidiol-Spiegeln ≤75 nmol/L sollte Cholecalciferol substituiert werden. Das Dosisintervall kann dabei individuell festgelegt werden (täglich bis monatlich), die Einzeldosen sollten jedoch 100.000 IE nicht überschreiten. Erwachsene benötigen zunächst 5.000–7.000 IE/d p.o. (Kinder 3.000–7.000 IE/d p.o.) für 3 Monate, anschließend genügen 2.000 IE/d (bei Kindern gewichtsadaptiert 1.000–2.000 IE/d). Bei Calcidiol-Spiegeln >150 nmol/L sollte nicht weiter substituiert werden.

Zu berücksichtigen ist jedoch die schwache Evidenzgrundlage der Empfehlungen und das Risiko einer unnötigen Polypharmakotherapie.

  • Consensus Statement: Jørgensen et al., The role of nutritional vitamin D in CKD-MBD in children and adults with CKD, on dialysis and after kidney transplantation – a European consensus statement, Nephrology Dialysis Transplantation. [5]

Podozytopathien: No more poking around?

Studientelegramm 303-2025-3/3: Der Nachweis von Anti-Nephrin-Autoantikörpern bei vielen Personen mit Podozytopathien – insb. mit Minimal Change Disease (MCD) und fokal-segmentaler Glomerulosklerose (FSGS) – hat das pathophysiologische Verständnis dieser Erkrankungen revolutioniert und neue diagnostische Möglichkeiten aufgezeigt (siehe auch: Studientelegramm 286-2024-2/3). Die Diagnose wird bisher i.d.R. anhand einer Nierenbiopsie gestellt. Allerdings lässt sich dabei die Ätiologie häufig nicht sicher klären, weshalb unspezifische Therapieoptionen gewählt werden (insb. Glucocorticoide oder andere Immunsuppressiva).

Eine italienische Arbeitsgruppe identifizierte anhand von 116 Nierenbiopsien von Personen mit MCD oder FSGS neben Nephrin nun weitere potenzielle Autoantigene (insb. Podocin und Kirrell1). Autoantikörper gegen diese Proteine des podozytären Schlitzdiaphragmas ließen sich bei einer Kohorte von 66 Personen mit idiopathischem nephrotischen Syndrom in 18% (Podocin) bzw. 5% der Fälle (Kirrell1) nachweisen. Der serologische Nachweis gelang im Vergleich zu einem histologischen mit hoher Sensitivität und Spezifität. Darüber hinaus korrelierte der Serumspiegel (bei einer kleinen untersuchten Personengruppe) auch mit der Krankheitsaktivität.

Der Nachweis von Autoantikörpern könnte somit zukünftig eine weniger invasive Diagnostik ermöglichen (Verzicht auf eine initiale Nierenbiopsie) und zudem dabei helfen, Fälle mit autoimmuner Genese zu identifizieren, die von einer immunsuppressiven Therapie profitieren. Bei anderen Formen (bspw. genetische, toxische oder infektiöse Genese) ist eine immunsuppressive Therapie i.d.R. nicht wirksam.

  • Research Letter: Raglianti et al., Anti-slit Antibodies against Podocin and Kirrel1 in Pediatric and Adult Podocytopathies, Journal of the American Society of Nephrology. [6]
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Ausgabe 302 - 25. Januar 2025toggle arrow icon

Unter der Lupe: Antivirale Therapie bei Influenza

Studientelegramm 302-2025-1/3: In Deutschland kommt es jährlich bei ca. 5–20% der Bevölkerung zu einer Influenza-Infektion. Die Zahl der Todesfälle schwankt je nach Saison (einige 100 bis zu >25.000 in der Grippesaison 2017/2018, weltweit bis zu 650.000 pro Jahr). Zwar existiert eine WHO-Leitlinie [7] zur (antiviralen) Therapie der Influenza, die Evidenz für die gezielte Pharmakotherapie ist jedoch insg. sehr gering.

Die Frage nach der optimalen antiviralen Therapie untersuchte nun ein großes systematisches Review mit einer Netzwerk-Metaanalyse [8]. Eingeschlossen wurden 73 randomisiert-kontrollierte Studien mit insg. 34.332 Teilnehmenden, die an einer nicht-schwerwiegenden Influenza erkrankt waren. In den Studien wurden direkt antiviral wirkende Medikamente (zumeist Oseltamivir) mit einem Placebo, der Standardtherapie oder miteinander hinsichtlich klinischer Endpunkte verglichen (u.a. Mortalität, Hospitalisierungen, Symptomdauer).

Lediglich für Baloxavir zeigten sich mögliche positive Effekte: Krankenhauseinweisungen wurden bei Hochrisikopersonen numerisch reduziert (Risikodifferenz: -16 pro 1.000; 95% KI: -20 bis +4; verglichen mit -4 pro 1.000 durch Oseltamivir), die Evidenzqualität war hierfür allerdings gering. Zudem verkürzte der Wirkstoff die Zeit bis zur Symptombesserung um ca. 1 Tag (95% KI: -1,41 bis -0,63 Tage). In ca. 10% der Fälle war die Baloxavir-Therapie jedoch mit einer Resistenzentwicklung assoziiert. Alle anderen antiviralen Wirkstoffe zeigten dagegen keine oder allenfalls geringfügige Vorteile, Oseltamivir erhöhte darüber hinaus die Zahl unerwünschter Ereignisse.

Bei der Bewertung der Ergebnisse ist u.a. zu beachten, dass die Ereignisraten für manche Endpunkte sehr niedrig waren und die eingeschlossenen Studien möglicherweise diesbezüglich keine ausreichende statistische Power hatten. Dennoch weist die ernüchternde Bilanz dieses Reviews auf die notwendige Entwicklung neuer, effektiverer Influenza-Therapieoptionen hin. Auch primärpräventive Maßnahmen sollten angesichts der nur mäßigen Impfquote verbessert werden.

  • Studie: Gao et al., Antiviral Medications for Treatment of Nonsevere Influenza, JAMA Internal Medicine. [9]

Anti-Nephrin-Antikörper: Schuldig im Sinne der Anklage

Studientelegramm 302-2025-2/3: Wir berichteten bereits darüber, dass Anti-Nephrin-Antikörper mit dem Auftreten von Minimal Change Disease (MCD) und fokal-segmentaler Glomerulosklerose (FSGS) assoziiert sind (siehe auch: Studientelegramm 286-2024-2/3). Dieselbe Studiengruppe veröffentlichte nun eine tierexperimentelle Arbeit, um die Pathogenität humaner Anti-Nephrin-Autoantikörper nachzuweisen.

Hierfür wurden IgG-Antikörper einer 71-jährigen Frau mit nephrotischem Syndrom und mittels Nierenbiopsie nachgewiesener MCD isoliert und auf ein Kaninchen transferiert („Anti-Nephrin-Antikörper-Kaninchen“). Bei der Patientin konnten zuvor Anti-Nephrin-Autoantikörper nachgewiesen werden, deren Titer mit der Krankheitsaktivität korrelierte. Ein weiteres Kaninchen („Kontrollkaninchen“) erhielt IgG-Antikörper einer gesunden Kontrollperson. Nach 5 Tagen ließen sich bei dem Anti-Nephrin-Antikörper-Kaninchen zirkulierende Anti-Nephrin-IgG-Antikörper, humanes IgG an der glomerulären Filtrationsbarriere und eine Verkleinerung der Podozytenfußfortsätze nachweisen. Zudem trat eine progrediente Proteinurie auf. Ein Hinweis auf eine Serumkrankheit ergab sich dabei nicht. Beim Kontrollkaninchen hingegen wurden keine dieser Veränderungen beobachtet.

Diese Ergebnisse untermauern die angenommene Pathogenität von Anti-Nephrin-Antikörpern und stärken die Annahme, dass gezielte Therapieansätze (insb. gegen ursächliche Autoantikörper und autoreaktive B-Zellen) entwickelt werden können.

  • Studie: Hengel et al., Passive transfer of patient-derived anti-nephrin autoantibodies causes a podocytopathy with minimal change lesions, The Journal of Clinical Investigation. [10]

Ausblick: ACC-Jahreskongress 2025

Studientelegramm 302-2025-3/3: Kurz nach Beginn des neuen Jahres wirft bereits das erste große kardiologische Highlight seinen Schatten voraus: Vom 29.–31. März findet der 25. Jahreskongress des American College of Cardiology (ACC) in Chicago statt. Auch in diesem Jahr werden wir wieder die wichtigsten Studien im Studien-Telegramm sowie bei MARKUS@HOMe [11] vorstellen und diskutieren. Das wissenschaftliche Kongressprogramm der „Late-Breaker“ wurde kürzlich bekannt gegeben.

Mit Spannung erwartet werden u.a. die Ergebnisse von FAIR-HF2 [12], einer großen Wirksamkeitsstudie zum Einsatz von intravenösem Eisen bei Herzinsuffizienz. Über die Initiierung von API-CAT berichteten wir bereits im Studientelegramm 272-2023-2/3 und bei MARKUS@HOMe [11]. In dieser europäischen Studie wurde die Effektivität und Sicherheit von Apixaban bei Personen mit tumorassoziierter venöser Thromboembolie untersucht.

Schon jetzt freuen wir uns auf einen spannenden Kongress!

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Ausgabe 301 - 11. Januar 2025toggle arrow icon

Let’s start the year with PURPOSE!

Studientelegramm 301-2025-1/3: Trotz einer insg. gesunkenen Inzidenz von HIV-Infektionen infizieren sich weltweit noch immer etwa 1,3 Mio. Menschen jährlich. Steigende Inzidenzraten werden bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), non-binären und Transgender-Personen beobachtet. Zwar ist eine wirksame Präexpositionsprophylaxe (PrEP) mit Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil (F/TDF) etabliert, allerdings erfordert diese eine zuverlässige tägliche Einnahme. Weltweit betrachtet wird die PrEP (insb. von Frauen) weiterhin wenig genutzt und die Adhärenz ist gering. 2 große randomisierte, aktiv kontrollierte, doppelblinde Studien des Vorjahres untersuchten daher die Effektivität einer PrEP mit Lenacapavir bei Cisgender-Frauen, MSM und Gender-diversen Personen. Lenacapavir ist ein langwirksamer Kapsid-Inhibitor, der nur alle 6 Monate subkutan appliziert werden muss.

In PURPOSE 1 wurden 5.338 HIV-negative, sexuell aktive Cisgender-Frauen im Alter von 16–26 Jahren in Südafrika und Uganda eingeschlossen. Die Teilnehmerinnen wurden entweder auf eine der beiden Interventionsgruppen mit Lenacapavir (2× jährlich s.c. plus 2 orale Aufsättigungsdosen) bzw. Emtricitabin/Tenofoviralafenamid (F/TAF, 1× täglich p.o.) oder die Kontrollgruppe mit F/TDF (1× täglich p.o.) randomisiert. Alle Gruppen erhielten zur Verblindung ergänzend ein Placebo.

Insg. kam es zu 55 HIV-Neuinfektionen, davon 39 unter F/TAF und 16 unter F/TDF. Unter Lenacapavir trat hingegen keine HIV-Infektion auf. Daraus ergab sich eine signifikant geringere Inzidenzrate im Vergleich zu F/TDF (0/100 Personenjahre vs. 1,69; Inzidenzratenverhältnis (IRR) 0,00; 95% KI: 0,00–0,10; p <0,001) und zur Screeningpopulation (Basis-Inzidenzrate: 2,41; IRR: 0,00; 95% KI: 0,00–0,04; p <0,001). Unter F/TAF zeigte sich dagegen kein signifikanter Unterschied der HIV-Inzidenzrate (2,02/100 Personenjahre) zur Kontrollgruppe (F/TDF) oder zur Basis-Inzidenzrate in der Screeningpopulation. Die Adhärenz bei oraler PrEP (laborchemisch ermittelt) war insg. gering und die aufgetretenen HIV-Infektionen waren erwartungsgemäß mit einer geringen Adhärenz assoziiert.

In der internationalen Studie PURPOSE 2 wurden 3.265 HIV-negative männliche (Cis-Gender), non-binäre und Transgender-Personen ≥16 Jahre untersucht, die ungeschützten rezeptiven Analverkehr mit Männern hatten. Die Teilnehmenden wurden entweder auf Lenacapavir oder F/TDF randomisiert. Insg. traten 11 HIV-Neuinfektionen auf, davon 2 in der Lenacapavir- und 9 in der Kontrollgruppe. Die Inzidenzrate unter Lenacapavir (0,10/100 Personenjahre) war wie in PURPOSE 1 signifikant geringer als unter F/TDF (Inzidenzrate: 0,93; IRR: 0,11; 95% KI: 0,02–0,51; p = 0,002) sowie im Vergleich zur Screeningpopulation (Basis-Inzidenzrate: 2,37; IRR: 0,04; 95% KI: 0,01–0,18; p <0,001). Bei beiden unter Lenacapavir aufgetretenen HIV-Infektionen wurde eine N74D-Kapsid-Resistenzmutation nachgewiesen, die die Wirksamkeit des Medikaments beeinträchtigen könnte.

Keine der Studien ergab Sicherheitsbedenken bezüglich der Anwendung von Lenacapavir. Aufgrund der positiven Ergebnisse wurden beide Studien vorzeitig beendet. Alle Teilnehmenden erhielten jedoch das Angebot einer weiteren PrEP mit Lenacapavir unter fortgesetztem Monitoring, wodurch u.a. eine mögliche Resistenzentwicklung oder verzögerte Serokonversion unter Lenacapavir untersucht werden soll.

Trotz der eindrucksvollen Ergebnisse stellen insb. die erheblichen Kosten [13] von Lenacapavir (ca. 43.000 $ jährlich in den USA) im Vergleich zu F/TDF (ca. 50 $ jährlich in Südafrika) aktuell noch ein erhebliches Hindernis für eine breite Anwendung dar.

PURPOSE 1 und PURPOSE 2 wurden von Gilead Sciences finanziert.

  • Studie 1, PURPOSE 1: Bekker et al., Twice-Yearly Lenacapavir or Daily F/TAF for HIV Prevention in Cisgender Women, NEJM [14]
  • Studie 2, PURPOSE 2: Kelley et al., Twice-Yearly Lenacapavir for HIV Prevention in Men and Gender-Diverse Persons, NEJM [15]

Rückblick 2024 – unsere Studien des Jahres

Studientelegramm 301-2025-2/3: Mit einem Panel nationaler Expertinnen und Experten aus Nephrologie und Kardiologie diskutierte das MARKUS@HOMe-Team rund um die Weihnachtsfeiertage die aus unserer Sicht wichtigsten kardiologischen und nephrologischen Studien des Jahres in 3 Online-Vorträgen (Kardiologie/Lipidologie [16], Nephrologie/Hypertensiologie Teil I [17] und Teil II [18]). Daraus wurde in beiden Fachdisziplinen die bedeutendste Studie 2024 ausgewählt: Für die Kardiologie SUMMIT, die den prognostischen Benefit von Tirzepatid bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) aufzeigte (siehe auch: Studientelegramm 299-2024-1/3); für die Nephrologie FLOW, die bei Personen mit Diabetes mellitus Typ 2 und chronischer Nierenerkrankung mit hohem Progressionsrisiko signifikante Vorteile von Semaglutid nachwies (siehe auch: Studientelegramm 286-2024-1/3). Somit belegten ein dualer GIP/GLP1-Rezeptor-Agonist und ein GLP1-Analogon die ersten Ränge.

Wir laden alle Kolleginnen und Kollegen ein, der Diskussion bei MARKUS@HOMe [11] zu folgen und sich zur Lektüre der Publikationen anregen zu lassen.

  • Studie 1, Kardiologische Studie des Jahres 2024: Packer et al., Tirzepatide for Heart Failure with Preserved Ejection Fraction and Obesity, NEJM [19]
  • Studie 2, Nephrologische Studie des Jahres 2024: Perkovic et al., Effects of Semaglutide on Chronic Kidney Disease in Patients with Type 2 Diabetes, NEJM [20]

SWEETSTONE: Sweet Idea!

Studientelegramm 301-2025-3/3: Weltweit steigt die Prävalenz von Nierensteinen seit Jahren an; in Deutschland beträgt sie über das gesamte Leben rund 5%. Neben der Akutsymptomatik im Rahmen eines Steinabgangs kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen. Rezidive einer Nephrolithiasis sind häufig (30–80% innerhalb von 10 Jahren), eine wirksame medikamentöse Sekundärprophylaxe ist jedoch bislang nicht etabliert. Wir berichteten diesbezüglich bereits über die negativen Ergebnisse der NOSTONE-Studie mit Hydrochlorothiazid (siehe: Studientelegramm 258-2023-1/3). Da mehrere Studien suggerierten, dass SGLT2-Inhibitoren die Häufigkeit einer Nephrolithiasis verringern könnten, wurde daraufhin die SWEETSTONE-Studie initiiert, in der erstmals prospektiv der sekundärprophylaktische Effekt von Empagliflozin bei Personen mit Nephrolithiasis untersucht wurde.

In dieser monozentrischen randomisierten, placebokontrollierten, doppelt verblindeten Studie erhielten 53 Erwachsene mit calcium- oder harnsäurehaltigen Nierensteinen (ohne Diabetes mellitus) im Cross-over-Design entweder Empagliflozin (25 mg/d) und anschließend ein Placebo oder zunächst ein Placebo und nachfolgend Empagliflozin (jeweils über 14 Tage, unterbrochen von einer Auswaschphase von 2–6 Wochen). Als primärer Endpunkt wurde die relative Übersättigungs-Ratio im 24-h-Sammelurin (Relative Supersaturation Ratio, RSR) für Calciumoxalat (CaOx), Calciumphosphat (CaP) und Harnsäure (UA) definiert. Die Ausscheidungsprodukte CaOx, CaP und UA begünstigen bei Übersättigung im Urin die Steinbildung, weshalb die RSR dieser Produkte ein wichtiger Surrogatmarker für das Risiko eines Nierensteinrezidivs ist. Unter Empagliflozin zeigte sich eine signifikante Reduktion der RSR für CaP um 36% bei Personen mit calciumhaltigen Nierensteinen (95% KI: -48 bis -21%; p <0,001), und für UA um 30% bei Personen mit harnsäurehaltiger Nephrolithiasis (95% KI: -44 bis -12%; p = 0,002). Die RSR der jeweils anderen Ausscheidungsprodukte veränderte sich dagegen nicht signifikant.

Ob sich eine ausschließliche RSR-Reduktion für CaP auch auf das Rezidivrisiko für reine Calciumoxalat-Steine auswirkt, bleibt ungeklärt. Bei der Bewertung der Ergebnisse ist weiterhin zu beachten, dass nur eine kleine Kohorte untersucht wurde und die Therapiedauer sehr kurz war. Dennoch unterstreicht SWEETSTONE die potenzielle Bedeutung von SGLT2-Inhibitoren in der Sekundärprophylaxe der Nephrolithiasis.

  • Studie: Anderegg et al., Empagliflozin in nondiabetic individuals with calcium and uric acid kidney stones: a randomized phase 2 trial, Nature Medicine [21]
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