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Glaukom

Letzte Aktualisierung: 28.6.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Das Glaukom (auch grüner Star genannt) ist eines der wichtigsten Krankheitsbilder der Augenheilkunde. Jeder 10. Deutsche ist gefährdet, im Laufe seines Lebens eine pathologische und relevante Erhöhung des Augeninnendrucks zu entwickeln. Ca. 15–20% der Erblindungen in Deutschland sind auf dieses Krankheitsbild zurückzuführen. Das Glaukom kann je nach Ursache akut oder chronisch auftreten und davon abhängig auch unterschiedliche Symptome zeigen.

Das chronische Glaukom ist durch eine chronisch-progrediente Schädigung des Sehnerven infolge eines zunehmenden Nervenfaserverlusts gekennzeichnet. Oft geht dies mit einer Erhöhung des Augeninnendrucks einher. In fortschreitenden Stadien kommt es zu Gesichtsfeldausfällen bis zur Erblindung. Therapie der Wahl ist die Augeninnendrucksenkung (medikamentös, ggf. operativ).

Während die chronische Form zunächst meist symptomarm ist, äußert sich die Akutform beim Patienten mit akuten, stärksten Augenschmerzen in Verbindung mit Einschränkung des Visus und vegetativen Reaktionen. Entscheidend ist eine frühzeitige augenärztliche Vorstellung und die sofortige Einleitung einer adäquaten, medikamentösen und/oder operativen Therapie zur Senkung des Augendrucks, um eine Erblindung zu verhindern.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Akuter Glaukomanfall: Akute massive Erhöhung des Augeninnendrucks durch eine Verlegung des Kammerwinkels (meist infolge eines Winkelblocks: Winkelblockglaukom, Engwinkelglaukom)
  • Chronisches Glaukom (Offenwinkelglaukom, Glaucoma chronicum simplex): Chronisch-progredienter Verlust von Sehnervenfasern einhergehend mit pathognomonischer Veränderung der Papille (oft besteht ein erhöhter Augeninnendruck)

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Zweithäufigste Ursache für Erblindung Erwachsener in Deutschland nach der altersbedingten Makuladegeneration (AMD)
  • 15–20% der Erblindeten haben ein Glaukom
  • 8 Millionen Menschen in Deutschland sind Glaukom-gefährdet, 800.000 erkrankt, bei 80.000 besteht die Gefahr der Erblindung durch das Glaukom

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

  • Akutes Glaukom
    • Voraussetzung: Flache Vorderkammer (z.B. Hyperopie, kurzer Bulbus)
    • Auslöser: Mydriasis (Verlegung des Kammerwinkels durch die Iris)
      • Medikamentös: Mydriatika
      • Schreck-/Angstreaktion
      • Dunkelheit
  • Chronisches Glaukom: Unbekannt
  • Risikofaktoren
    • Familiäre Belastung
    • Hohes Lebensalter
    • Diabetes mellitus
    • Dunkle Hautfarbe
    • Hypotonie, Durchblutungsbeschwerden
    • Glucocorticoidtherapie etc.
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Klassifikationtoggle arrow icon

Glaukomform Kammerwinkel Abflussbehinderung
Offenwinkelglaukom Primär Offen Im Trabekelwerk (idiopathisch)
Sekundär Offen Verlegung innerhalb des Trabekelwerks (z.B. durch Entzündungszellen, Erythrozyten, Pigment, Linsenprotein, Pseudoexfoliationsmaterial)
Winkelblockglaukom Primär

Blockiert

Mechanische Verlegung des Kammerwinkels durch Irisbasis
Sekundär Blockiert

Mechanische Verlegung des Kammerwinkels durch okuläre Vorerkrankungen (z.B. durch Rubeosis iridis oder Seclusio pupillae mit Iris bombée )

Kongenitales Glaukom Primär Ausdifferenzierung unvollständig Persistierendes embryonales Gewebe im Kammerwinkel

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Physiologische Grundlagen

  • Normaler Augeninnendruck zwischen 10 und 21 mmHg gewährleistet optimale Funktion des optischen Systems
  • Bildung des Kammerwassers durch die Ziliarzotten
  • Fluss des Kammerwassers von der Hinterkammer durch die Pupille in die Vorderkammer, dafür pulsatile Verdrängung der Iris von der Linse bei ausreichend hohem Druck (1. physiologischer Widerstand )
  • Abfluss des Kammerwassers zu ca. 85% durch das Trabekelwerk in den Schlemm-Kanal und dann über ca. 30 Sammelkanäle in die episkleralen Kammerwasservenen (2. physiologischer Widerstand)
  • Zu 15% uveoskleraler Abfluss in den allgemeinen venösen Kreislauf

Pathophysiologische Veränderungen

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Symptomatiktoggle arrow icon

Akutes Glaukom (Winkelblockglaukom, Engwinkelglaukom)

Chronisches Glaukom (Offenwinkelglaukom)

Kongenitales Glaukom

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Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

  • Normaldruckglaukom
    • Trotz normalen intraokulären Drucks typische okuläre Glaukom-Veränderungen
    • Schwierige Therapierbarkeit
  • Pigmentdispersionsglaukom: Verlegung des Trabekelwerks durch Irispigment
    • Krukenberg-Spindel: Pigmentablagerungen an der Hornhautrückfläche
    • Kirchenfensterphänomen: Pigmentblattdefekte der Iris
  • Pseudoexfoliationsglaukom: Verlegung des Kammerwinkels durch feinfibrilläres („Pseudoexfoliations-“)Material
    • Ablagerung von weißlich-flockenartigem Material auf Linse und im Kammerwinkel
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Diagnostiktoggle arrow icon

Akutes Glaukom

Chronisches Glaukom

  • Augeninnendruckmessung
    • Berücksichtigung der Hornhautdicke (mithilfe der Pachymetrie)
    • Technik: Meist mittels Applanationstonometrie nach Goldmann → Unter Lokalanästhesie wird ein definiertes Hornhautareal mit einem Druckstempel abgeflacht und die hierfür benötigte Kraft gemessen
    • Beurteilung: Normwert liegt zwischen 10 und 21 mmHg, bei Glaukom häufig erhöhte Werte (jedoch nicht obligat)
  • Tagesdruckprofil: Erfassung von Druckschwankungen
  • Ophthalmoskopie: Bei Glaukom Vergrößerung der zentralen Exkavation der Papille und Verschmälerung des neuroretinalen Randsaumes
  • Gonioskopie: Optische Beurteilung des Kammerwinkels mittels Kontaktglas
  • Perimetrie: Nachweis von Skotomen im Gesichtsfeld (zu Beginn typischer bogenförmiger, parazentraler Gesichtsfeldausfall (Bjerrum-Skotom))
  • Heidelberg Retina Tomograf (HRT): Bildgebende Papillendokumentation

Zum Vergleich: Normalbefund

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

  • Okuläre Hypertension
    • Erhöhte intraokuläre Drücke ohne Zeichen eines Glaukoms
    • Umwandlung in Glaukom möglich

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Akutes Glaukom (Winkelblockglaukom)

Sofortige augenärztliche Behandlung, da ansonsten eine irreversible Schädigung des Auges droht!

Verschlechterung der Durchblutung des Sehnerven durch Senkung des Blutdrucks! → Keine systemische Senkung des Blutdrucks während eines Glaukomanfalls!

Primärer Winkelblock

  • Therapieziel: Schnelle Drucksenkung und Schmerzreduktion
  • Medikamentös
  • Operativ
    • Verbesserung des Kammerwasserabflusses: Herstellung eines Shunts zwischen Hinter- und Vorderkammer; im Verlauf prophylaktisch auch am kontralateralen Auge [1]
      • Offen-operative Methoden (periphere Iridektomie)
      • Neodymium-YAG-Laseriridotomie
  • Manipulation: Durch ca. 30-sekündige, zentrale Komprimierung der Hornhaut kann evtl. eine passagere Abflussverbesserung erreicht werden

Sekundärer Winkelblock (Neovaskularisationsglaukom) [2][3]

Chronisches Glaukom [4][5][6]

  • Therapieziel: Augeninnendrucksenkung
  • Medikamentöse Therapie: Bevorzugt topische Anwendung
  • Ggf. chirurgisches Vorgehen

Medikamentöse Therapie

Medikamentöse Therapie bei chronischem Glaukom
Substanzklasse Wirkstoffe Applikationsform und -intervall Kammerwasser Nebenwirkungen
Produktion Abfluss Systemisch Lokal
Prostaglandin-F-Rezeptor-Agonisten (FPR-Agonisten)
  • Latanoprost
  • Bimatoprost
Topisch: 1×/d ↑↑↑↑ Wenige bis keine
Betablocker

βXAR-Antagonist

  • Timolol
Topisch: (1–)2×/d ↓↓↓

Sympatholytische Nebenwirkungen wie Bradykardie, Hypotension, Bronchokonstriktion

β1AR-Antagonist
  • Betaxolol
α2AR-Agonisten Topisch: 2–3×/d ↓↓ Sympatholytische Nebenwirkungen
Carboanhydrasehemmer
  • Dorzolamid
  • Brinzolamid
Topisch: 2–3×/d
Orale Gabe: 2–4×/d ↓↓

Unwohlsein, metallischer Geschmack, Kribbeln der Hände, Nierensteine, Leberfunktionsstörungen, Hypokaliämie, Leukopenie (selten)

Cholinergika (veraltet)

Topisch: 2–4×/d ↑↑↑

Cholinerge Nebenwirkungen

Adrenergika (veraltet)

Topisch: 2–3×/d Sympathomimetische Nebenwirkungen

Chirurgische Therapie [7][8]

  • Verbesserung des Kammerwasserabflusses
    • Laserverfahren, z.B. Lasertrabekuloplastik
    • Operative Verfahren, z.B. Trabekulektomie , Kanaloplastik , Trabekulotomie , tiefe Sklerektomie
  • Verminderung der Kammerwasserproduktion: Zyklodestruktive Eingriffe

Kongenitales Glaukom

Absolute Operationsindikation!

Sobald die Diagnose eines kongenitalen Glaukoms gestellt wird, ist eine möglichst zeitnahe Operation (z.B. Trabekulotomie) durchzuführen.

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Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Präventiontoggle arrow icon

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AMBOSS-Podcast zum Thematoggle arrow icon

Glaukom: Von Management bis Forschung (August 2020)

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Patienteninformationentoggle arrow icon

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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