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Femurschaft- und distale Femurfrakturen

Letzte Aktualisierung: 6.12.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die Femurschaft- und distalen Femurfrakturen sind eine relativ seltene, aber schwerwiegende Verletzung der unteren Extremität. Betroffen sind v.a. junge Männer nach einem Hochrasanztrauma und ältere Frauen mit Osteoporose. Klinisch äußern sich diese Frakturen mit starken Schmerzen und einer deutlichen Bewegungseinschränkung der betroffenen Extremität.

Die operative Versorgung ist Therapie der Wahl. Je nach Frakturform und Gelenkbeteiligung erfolgt eine intramedulläre Marknagelung oder eine Plattenosteosynthese. Die temporäre Frakturversorgung mittels Fixateur externe wird bei polytraumatisierten oder mehrfach verletzten Patienten angewandt. Bei ausgeprägter Osteoporose oder intraartikulärer Trümmerfraktur kann auch ein Gelenkersatz notwendig werden. Neben postoperativen Frühkomplikationen wie einem Infekt, Weichteilschäden oder einer pulmonalen Fettembolie stehen besonders Langzeitfolgen wie eine Pseudarthrose, Fehlstellung oder eine posttraumatische Arthrose des Kniegelenks im Vordergrund.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Femurschaftfraktur: Diaphysäre Fraktur des Oberschenkelknochens
  • Distale Femurfraktur: Meta- und epiphysäre Frakturen des Oberschenkelknochens
    • Beschreibung: Je nach Beteiligung der Kondylen
      • Suprakondylär: Verlauf oberhalb der Femurkondylen
      • Monokondylär: Beteiligung einer Femurkondyle
      • Bikondylär: Beteiligung beider Femurkondylen
      • Diakondylär: Frakturverlauf zwischen den beiden Kondylen
    • Hoffa-Fraktur [1][2]
      • Sonderform der Kondylenfraktur
      • lsolierte, tangentiale Fraktur einer oder beider dorsalen Femurkondylen

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Epidemiologietoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

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Klassifikationtoggle arrow icon

AO-Klassifikation der Femurschaft- und distalen Femurfrakturen [6]

AO-Klassifikation der Femurschaftfrakturen (Regio 32) - Stand 2018

AO-Klassifikation der Femurschaftfrakturen (Regio 32)
Frakturtyp Komplexität
A - Einfache Fraktur*
  • A1: Spiralförmig
  • A2: Schräg
  • A3: Quer
B - Keilfraktur*
  • B1: –
  • B2: Intakter Keil
  • B3: Fragmentierter Keil

C - Mehrfragmentfraktur**

  • C1: –
  • C2: Etagenförmig mit intaktem Zwischensegment
  • C3: Irregulär
Legende
  • * Spezifizierung der Lokalisation bei A und B in (a) proximales, (b) mittleres und (c) distales Drittel
  • ** Spezifizierung der Lokalisation bei C in diaphysär mit proximaler Metaphyse (i), rein diaphysär (j) und diaphysär mit distaler Metaphyse (k)

Um eine Fraktur mit mehrfragmentärem Keil (Typ B3) von einer Mehrfragmentfraktur (Typ C) zu unterscheiden, kann man sich einer einfachen Regel bedienen: Vergleicht man nur das distalste und das proximalste Frakturfragment miteinander (also die Knochenanteile, die mit den angrenzenden Gelenken verbunden sind), resultiert bei einer Keilfraktur kein Längenverlust des Röhrenknochens, wenn man alle dazwischenliegenden Fragmentanteile subtrahiert. Bei einer Mehrfragmentfraktur hingegen kommt es zu einem Längenverlust.

AO-Klassifikation der distalen Femurfrakturen (Regio 33) - Stand 2018

AO-Klassifikation der distalen Femurfrakturen (Regio 33)
Frakturtyp Komplexität
A - Extraartikuläre Fraktur
B - Partiell-artikuläre Fraktur
  • B1: Sagittale laterale Kondylenfraktur
  • B2: Sagittale mediale Kondylenfraktur
  • B3: Koronare Fraktur (bspw. Hoffa-Fraktur )
C - Artikuläre Fraktur
  • C1: Metaphysär und artikulär einfach
  • C2: Artikulär einfach sowie metaphysär mehrfragmentär oder keilförmig
  • C3: Artikulär mehrfragmentär sowie metaphysär mehrfragmentär , keilförmig oder einfach

Vancouver-Klassifikation nach Duncan und Masri [7]

Diese Klassifikation wird zur Einteilung periprothetischer Femurfrakturen verwendet. Die Klassifikation beinhaltet neben einer Unterteilung auch Behandlungsempfehlungen nach Frakturform.

Vancouver-Klassifikation nach Duncan und Masri
Frakturtyp Subtyp Behandlungsempfehlung

A: Fraktur in der Trochanterregion

AG : Trochanter major
AL : Trochanter minor
B: Fraktur zwischen Trochanter major und Prothesenspitze B1: Stabile Prothese
B2: Lockere Prothese
  • Prothesenwechsel
B3: Schlechte Knochenqualität
  • Prothesenwechsel, ggf. mit Strut Graft
C: Fraktur unterhalb des Prothesenschafts

Klassifikationen zur Beurteilung von Weichteilschäden

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Symptomatiktoggle arrow icon

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Präklinisches Managementtoggle arrow icon

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Vorgehen in der Notaufnahmetoggle arrow icon

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Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese und körperliche Untersuchung

Bildgebende Diagnostik

Röntgen

Computertomografie

  • Indikation
    • Polytraumatisierter Patient: Traumaspirale
    • Schlechte Beurteilbarkeit des Röntgenbildes
    • Gelenkbeteiligung
  • Befund
    • Darstellung von Begleit- und Mehrfachverletzungen
    • Dreidimensionale Darstellung einer intra- und interkondylären Fraktursituation

Labordiagnostik

Fakultative Diagnostik

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Therapietoggle arrow icon

Therapie der Femurschaftfrakturen

Operativ

  • Therapie der 1. Wahl
  • Therapieziel: Belastungsstabile Osteosynthese unter Rekonstruktion der anatomischen Beinachse
  • Indikation
    • Mobiler Patient: Zur Wiederherstellung der Mobilität und Teilhabe im Alltag
    • Immobiler Patient: Zur Schmerzreduktion und erleichterten Pflege
  • Vorbereitung
    • Kreuzblut abnehmen und Erythrozytenkonzentrate bereitstellen: Häufige intraoperative Komplikation ist ein hoher Blutverlust
    • Anlage eines Schmerzkatheters : Zur frühzeitigen postoperativen, schmerzfreien Mobilisierung [8]
  • Operationszeitpunkt [9]
    • Frühelektiv (innerhalb von 24 h): Generell alle Frakturen, Ausnahmen s.u.
    • Notfalleingriff: Offene Fraktur oder schwere Weichteilschäden, Gefäß- oder Nervenschaden, drohendes Kompartmentsyndrom
    • Zweizeitiges Vorgehen
      • OP 1: Zunächst Anlage eines Fixateur externe
      • OP 2: Nach 5–7 Tagen definitive Versorgung
  • Verfahren
    • Intramedulläre Marknagelung: Standardverfahren
      • Zugang: Ante- oder retrogrades Einbringen des Nagels (abhängig von der Lage des Hauptfragments)
      • Verriegelung: Statische (beidseitige) oder dynamische (einseitige) Verriegelung gewährleistet eine Rotationsstabilität
      • Markraumpräparation: Aufgebohrt oder unaufgebohrt
      • Stabilität: Abhängig von Frakturform und intraartikulärer Beteiligung, in den meisten Fällen sofort belastungsstabil
    • Plattenosteosynthese: Bei lokaler Gegenindikation für eine Marknagelung
      • Material: Häufig mit winkelstabilen Platten
      • Alternativen: LCDC , ggf. mit autologer Spongiosatransplantation
      • Stabilität: Meist nur Bewegungsstabilität
    • Fixateur externe
      • Indikation: Gravierende Weichteilschäden, vitale Gefährdung des Patienten oder bei rezidivierenden Osteitiden
      • Prozedere: Temporäre Reposition und Ruhigstellung bis zur definitiven Versorgung in Tube-to-Tube-Technik

Konservativ

  • Sehr seltenes Verfahren
  • Indikation
    • Temporär: Bei vitaler Gefährdung des Patienten durch operative Versorgung
    • Dauerhaft: Bei fehlender Infrastruktur
  • Prozedere: Extensionsbehandlung
    1. Achsengerechte Schienenlagerung des Beins: Schmerzreduktion durch Immobilisation
    2. Anbringen der Extension (mit ca. 1/10 des Körpergewichts) über ca. 8–16 Wochen
      • Prinzip: Reposition und Fixierung der Frakturelemente durch Längszug
      • Temporär: Extension über gepolsterten Schuh
      • Dauerhaft: Extension über transossären Kirschner-Draht oder Steinmann-Nagel durch die Tibia
    3. Ruhigstellung im Becken-Bein-Gips

Therapie der distalen Femurfrakturen

Operativ

  • Therapie der 1. Wahl
  • Therapieziel: Wiederherstellung eines schmerzfreien, stabilen und beweglichen Kniegelenks in anatomischer Achse
    • Bei Gelenkbeteiligung: Rekonstruktion der Gelenkfläche und der Kondylen
  • Indikation
    • Mobiler Patient: Zur Wiederherstellung der Mobilität und Teilhabe im Alltag
    • Immobiler Patient: Zur Schmerzreduktion und erleichterten Pflege
  • Vorbereitung
    • Kreuzblut abnehmen und Erythrozytenkonzentrate bereitstellen: Häufige intraoperative Komplikation ist ein hoher Blutverlust
    • Ggf. Anlage eines Schmerzkatheters : Zur frühzeitigen postoperativen, schmerzfreien Mobilisierung
  • Operationszeitpunkt [9]
    • Frühelektiv (innerhalb von 24 h): Generell alle Frakturen, Ausnahmen s.u.
    • Notfalleingriff: Offene Fraktur oder schwere Weichteilschäden
    • Zweizeitiges Vorgehen
      • OP 1: Zunächst Anlage eines Fixateur externe
      • OP 2: Nach 5–7 Tagen definitive Versorgung
  • Prozedere nach AO-Frakturform
  • Verfahren

Konservativ

Sonderform: Pathologische und osteoporotische Frakturen

  • Therapieziel: Höchstmögliche Stabilität und schnelle Mobilisierung zur Vollbelastung
  • Osteosynthese: Platten- vor Schraubenosteosynthese, ggf. Zementaugmentation der Kondylenschrauben
  • Ultima Ratio: Kniegelenksendoprothese

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Nachsorgetoggle arrow icon

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Nachbehandlungsempfehlung der DGOU bei operativ versorgter Femurschaftfrakturtoggle arrow icon

Marknagelung der Femurschaftfraktur – Nachbehandlungsempfehlung der DGOU [10]

Zeit Behandlungsziel Maßnahmen
OP-Tag
  • Vermeidung von Komplikationen
≥1. Tag
  • Aktivierung des Patienten
  • Schwellungsreduktion
≤2. Tag
  • Verbandswechsel
  • Entfernung der Drainagesysteme
≤3. Tag
  • Kontrolle des OP-Ergebnisses
  • Röntgenkontrolle
≤2. Woche
  • Ausweitung der Patientenaktivierung
  • Vorbereitung der Entlassung
  • Aktives Bewegen der unteren Extremität
  • Ausweitung des täglichen Trainings
  • Antragstellung und Einleitung einer Rehabilitationsmaßnahme
  • Abklärung der „Activities of daily living“ mit entsprechender Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln
≤6. Woche
  • Erreichen eines physiologischen Bewegungsverhaltens
  • Röntgenkontrolle und ggf. Knochendichtemessung
  • Gangschule mit 20 kgKG Teilbelastung, dann zügige Belastungssteigerung
  • Muskelaufbau- und Ausdauertraining
  • Koordinations- und Gleichgewichtstraining zur Sturzprävention
  • Training der „Activities of daily living“
≤12. Woche
  • Bewegung und Belastung unter Alltagsbedingungen
  • Erreichen der Arbeitsfähigkeit bei leichten Tätigkeiten
  • Erkennen von Störungen im Heilverlauf und Einleiten geeigneter Maßnahmen
  • Erweiterte Gangschule auf unebenem Gelände oder Gehparcours
  • Übergang zur Trainingsstabilität : Muskelaufbautraining unter Einsatz von Geräten
≤16. Woche
  • Teilhabe: Wiedereingliederung in Alltag, Gesellschaft und Beruf
  • Erreichen der Arbeitsfähigkeit bei mittelschweren bis schweren Tätigkeiten
  • Funktionstraining, Rehasport und -nachsorge
  • Ggf. Belastungserprobung oder Arbeitstherapie
≥4. Monat
  • Erreichen der Sportfähigkeit
  • Sportartspezifisches Training nach sportärztlicher Beratung
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Komplikationentoggle arrow icon

Akutkomplikationen

Langzeitkomplikationen

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Prognosetoggle arrow icon

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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