Zusammenfassung
Asthma bronchiale ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die mit einer reversiblen bronchialen Obstruktion und/oder mit einem hyperreagiblen Bronchialsystem einhergeht. Das klinische Bild ist variabel: Es reicht von leichten Verläufen mit nur rezidivierendem Husten oder Räusperzwang bis hin zu intermittierend (ggf. anfallsartig) auftretender Luftnot mit pfeifender Atmung und auskultatorischem Giemen und Brummen. Bei Kleinkindern zeigen sich oft infektassoziierte Episoden mit anfallsartigem Husten bis zum Erbrechen. Diagnostisch wegweisend sind v.a. die Anamnese sowie die Befunde von Lungenfunktionsmessung und Allergiediagnostik.
Bronchospasmolytische Medikamente kommen sowohl bei exazerbiertem Asthma bronchiale als auch bei einer obstruktiven Bronchitis zur Anwendung. Klinisch zeigt sich hier kein Unterschied; daher kann die Anamnese Aufschluss geben. Am wichtigsten ist es, eine bronchiale Obstruktion zu erkennen und zu behandeln, da der Schleim ansonsten nicht abgehustet werden kann und ein optimales Nährmedium für bakterielle Superinfektionen bietet. Reicht die Inhalation von β2-Sympathomimetika in der Akutsituation nicht aus, kommen systemische Glucocorticoide zum Einsatz, bei schweren Asthmaanfällen ggf. auch systemische β2-Sympathomimetika, Magnesium und/oder Theophyllin. Im Einzelfall werden eine Beatmung oder High-Flow-Therapie notwendig.
Die Langzeittherapie des Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter erfolgt anhand eines Stufenschemas. Primär werden inhalative Glucocorticoide (ICS) verwendet, ggf. in Kombination mit langwirksamen β2-Sympathomimetika (LABA), langwirksamen Muskarinrezeptor-Antagonisten (LAMA) und/oder Leukotrienrezeptor-Antagonisten (LTRA). In schweren Fällen kommen analog zur Therapie bei Erwachsenen Biologicals zum Einsatz.
Dieses Kapitel widmet sich insb. den pädiatrischen Aspekten des Asthma bronchiale, für eine Gesamtübersicht inkl. des Asthma bronchiale im höheren Alter siehe: Asthma bronchiale
Epidemiologie
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Risikofaktoren für Entstehung und einen ungünstigen Verlauf des Asthma bronchiale[2]
- Endogene Risikofaktoren
- Genetische Prädisposition
- Erhöhtes Körpergewicht
- Psychosoziale Belastung
- Sonderfall: Körperliche Anstrengung (sog. Anstrengungs- oder Belastungsasthma)
- Exogene Risikofaktoren
- Allergenexposition
- Infektionen
- Umweltbedingungen
- Tabakrauchexposition
- Kalte und/oder trockene Luft
- Ernährung
- Medikamente
Eine Tabakrauchexposition erhöht das Asthmarisiko im Kindesalter!
Für weitere Informationen siehe: Ätiologie des Asthma bronchiale
Unterformen des Asthma bronchiale bei Kindern
Bei der Unterteilung in verschiedene Asthmaformen ist zu beachten, dass die Entstehung multifaktoriell ist, sodass die Klassifizierung in verschiedene Subtypen als flexibel angesehen werden muss. [2]
- Allergisches vs. nicht-allergisches Asthma bronchiale
- Allergisches Asthma bronchiale (extrinsisches Asthma)
- Nicht-allergisches Asthma bronchiale (intrinsisches Asthma)
- Mischform aus extrinsischem und intrinsischem Asthma: Ca. 40% aller Asthmatiker
- Anstrengungsinduzierte Bronchokonstriktion (sog. Belastungsasthma)
- GERD-assoziiertes Asthma
Für weitere Informationen siehe: Unterformen des Asthma bronchiale
Klassifikation
Grad der Asthmakontrolle im Kindes- und Jugendalter [1]
Unbehandelte Personen werden entsprechend der Asthmakontrolle medikamentös eingestellt, bei bereits anbehandelten Personen erfolgt eine Verlaufsbeurteilung mit entsprechender Therapieanpassung.
Grad der Asthmakontrolle | Symptome tagsüber | Einschränkung von Alltagsaktivitäten | Nächtliche Symptome oder nächtliches Erwachen | Notwendigkeit von Bedarfsmedikation oder Notfallbehandlung |
---|---|---|---|---|
Kontrolliertes Asthma | Nein | Nein | Nein | Nein |
Teilweise kontrolliertes Asthma 1–2 Kriterien | Ja | Ja | Ja | Ja |
≥3 Kriterien | ||||
Prognosebestimmung bzgl. zukünftiger Verschlechterung Lungenfunktion: Atemwegsobstruktion Exazerbationen : Keine / ≥1 pro Jahr / in der aktuellen Woche |
Asthma-Schweregrad im Kindes- und Jugendalter
Der Asthma-Schweregrad wird im Verlauf bei bereits therapierten Patient:innen bestimmt, nicht bei Erstdiagnose. Er richtet sich danach, auf welcher Stufe die Patient:innen behandelt werden (siehe Stufentherapie des Asthma bronchiale) und wie der Grad der Asthmakontrolle ist.
- Leichtes Asthma: Kontrolliertes Asthma auf Therapiestufe 1 oder 2
- Mittelgradiges Asthma: Kontrolliertes Asthma auf Therapiestufe 3 oder 4
- Schweres Asthma bei Kindern und Jugendlichen [1][2]
- Regelrecht durchgeführte Therapie (>6 Monate), die zum Erreichen einer guten Asthmakontrolle folgender Medikamente bedarf
- Add-on-Therapie mit LAMA oder monoklonale Antikörper und/oder
- ICS-Hochdosis
- Regelrecht durchgeführte Therapie (>6 Monate), die zum Erreichen einer guten Asthmakontrolle folgender Medikamente bedarf
Klassifikation der Asthmaschweregrade bei Erstdiagnose im Kindes- und Jugendalter
Diese Tabelle wird nicht mehr verwendet. Die Therapie richtet sich nach dem Grad der Asthmakontrolle und nicht nach dem Schweregrad.
Asthmaschweregrad | Symptomatik bei Erstdiagnose | Lungenfunktion | |||
---|---|---|---|---|---|
Am Tag | In der Nacht | Exazerbationen | FEV1 oder PEF vom Soll | PEF-Tagesvariabilität | |
I = Intermittierend | <1× pro Woche | ≤2× pro Monat | Kurz (Stunden bis Tage anhaltend), kaum Beeinträchtigung von Schlaf und körperlicher Aktivität | ≥80% | <20% |
II = Geringgradig-persistierend | <1× pro Tag; >1× pro Woche | >2× pro Monat | Beeinträchtigung von Schlaf und körperlicher Aktivität | ≥80% | 20–30% |
III = Mittelgradig-persistierend | Täglich | >1× pro Woche | Beeinträchtigung von Schlaf und körperlicher Aktivität | 60–80% | >30% |
IV = Schwergradig-persistierend | Täglich mit hoher Intensität | Häufig | Sehr häufig, ständige Beeinträchtigung des Alltags | <60% | >30% |
Bei Vorhandensein eines der Kriterien werden die Patient:innen in die entsprechende Kategorie eingeordnet. |
Pathophysiologie
Symptomatik
Symptome einer bronchialen Obstruktion
Klinisch zeigt sich kein Unterschied zwischen einem exazerbierten Asthma bronchiale und einer obstruktiven Bronchitis – Anamnese und Verlauf können hier Aufschluss geben. Am wichtigsten ist es daher, eine bronchiale Obstruktion zu erkennen und sie zu behandeln.
- Luftnot/Kurzatmigkeit
- Exspiratorisches (Distanz‑)Giemen oder verlängertes Exspirium
- Juguläre und/oder sub- bzw. interkostale Einziehungen
- Husten bis zum Erbrechen
- Räusperzwang und/oder rezidivierender Reizhusten (auch im infektfreien Intervall)
- Auftreten der Symptome insb. nachts und früh morgens
- Häufig nur episodenhafte Beschwerden, bspw. bei
- Saisonal auftretenden Allergenen
- Infekten (bevorzugt im Winter)
- Körperlicher Anstrengung
- Häufig atopische Komorbiditäten, bspw. atopisches Ekzem
Diagnostik
Diagnose-Kriterien des Asthma bronchiale bei (Klein‑)Kindern[3]
- Asthma-typische Anamnese und Klinik (insb. infektunabhängig)
- plus reversible Bronchialobstruktion (im Bronchospasmolyse- oder Provokationstest)
- oder bei normaler Einsekundenkapazität: Isolierte reversible Bronchialobstruktion nur anhand MEF 25–75 oder konkaver Form der Fluss-Volumen-Kurve
Hinweise auf ein frühkindliches Asthma
- Symptome auch ohne Infekt und insb. bei körperlicher Anstrengung
- Gleichzeitige Atopie (atopisches Ekzem und/oder Allergiesymptome) in der Eigen- oder Familienanamnese
- Ausschluss von zystischer Fibrose und gastro-ösophagealem Reflux
Obwohl die Mehrzahl der rezidivierenden obstruktiven Bronchitiden im Säuglings- und Kleinkindalter infektassoziiert sind und nach dem 4. Geburtstag verschwinden, ist auch immer an ein frühkindliches Asthma zu denken!
Basisdiagnostik bei obstruktiver Symptomatik
Anamnese
- Hinweise auf atopische Erkrankungen in der Eigenanamnese
- ≥3 asthmatypische Episoden im letzten Jahr
- ≥1 stationärer Aufenthalt wegen Atemwegsobstruktion
- Nachweis einer Sensibilisierung auf Allergene und/oder Blut-Eosinophilie
- Positive Familienanamnese
- Für Asthma bronchiale oder rezidivierende obstruktive Bronchitis
- Für Allergien und/oder atopisches Ekzem
Klinische Untersuchung [1][2]
- Im Akutfall
- Exspiratorische Atemgeräusche: Insb. (Distanz‑)Giemen, Brummen, pfeifende Atmung
- Verlängertes Exspirium
- Trockener Husten, Räusperzwang
- Zeichen schwerer Bronchialobstruktion
- Thorakale Einziehungen (jugulär, interkostal, epigastrisch)
- Sehr leises Atemgeräusch
- SaO2 <92%
- Atemfrequenz >40/min
-
Herzfrequenz
- 180/min im Alter bis 3 Jahre
- 150/min im Alter 4–5 Jahre
- Zentrale Zyanose
- Bewusstseinsveränderung: Agitation, Desorientiertheit, Schläfrigkeit
- Sprechen ganzer Sätze nicht möglich
- Im beschwerdefreien Intervall
- Dystrophie und Wachstumsminderung infolge vermehrter Atemarbeit
- Thoraxdeformitäten infolge persistierender schwerer Überblähung
Lungenfunktionstestung [4]
- Unabhängig vom Schweregrad sind normwertige Spirometrie-Ergebnisse möglich; eine normale Lungenfunktion in Ruhe schließt ein Asthma nicht aus
- Beurteilung des Asthmas anhand des z-Wertes für FEV1 bzw. FEV1/FVC
- Bronchospasmolysetest (Reversibilitätstest) [5]
- Nach Salbutamol-Inhalation und/oder Ipratropiumbromid: Positiv bei
- FEV1-Zunahme um ≥12%
- und/oder Abnahme des spezifischen Atemwegswiderstands um >50%
- Nach Therapieversuch mit inhalativen Glucocorticoiden für 6–8 Wochen
- Auswertung: Bei fehlendem Ansprechen von Lungenfunktionsbefund und Klinik auf Salbutamol oder inhalative Glucocorticoide ist die Diagnose Asthma unwahrscheinlich
- Nach Salbutamol-Inhalation und/oder Ipratropiumbromid: Positiv bei
- Bei fehlender Obstruktion: Unspezifische Provokation
- Belastungs-Lungenfunktionstest mittels Laufbelastung oder Kaltluftinhalation
- Methacholin-Provokationstest
- Kinder ≤5 Jahre [1]
- Zusätzlich Messung von FEV0,5 und FEV0,75
- Ist keine Spirometrie möglich, sollte die Prüfung der Reversibilität nach Salbutamolgabe bzw. nach 6-8-wöchiger ICS-Therapie auskultatorisch erfolgen
Bei Kindern unter 3 Jahren ist die Durchführung einer Spirometrie i.d.R. nicht möglich, sodass die Diagnosestellung anhand der Klinik erfolgt!
Ist eine Lungenfunktionsprüfung nicht möglich und der auskultatorische Befund nach Gabe von Bronchodilatatoren reversibel, ist die Diagnose „Asthma“ wahrscheinlich!
Peak-Flow-Messung [2]
- Formel zur Einschätzung der PEF-Variabilität: (Höchster - niedrigster Wert pro Woche)/höchster Wert × 100 [%]
- Alternativ: Messen des PEF jeweils vor und 10 Minuten nach Salbutamol-Inhalation
- PEF-Variabilität ≥13% spricht für Asthma bronchiale
Die Diagnosestellung sollte nicht ausschließlich infolge auffälliger PEF-Werte gestellt werden! Diese dienen eher der Verlaufsbeurteilung!
Differenzialblutbild mit Bestimmung der Eosinophilenzahl
- Bedeutung: Prognostischer Biomarker für das Ansprechen auf eine Therapie mit Anti-IL5(R)-Biologicals und andere Biologicals, bspw. Dupilumab, Tezepelumab oder Omalizumab
- Berechnung: Eosinophilenzahl/μL = Leukozytenzahl/μL : 100 ×Eosinophile in %
- Interpretation (bei Kindern und Jugendlichen)
- Normwert: 150–200 Eosinophile/μL
- Wahrscheinlich erhöht: ≥400 Eosinophile/μL
- Sicher erhöht (Hypereosinophilie): ≥1500 Eosinophile/μL
Je höher der Bluteosinophilenwert, desto wahrscheinlicher ist das Ansprechen auf Biologicals!
Niedrige Bluteosinophilenwerte <150 Eosinophile/μl sind untypisch im Rahmen des Asthma bronchiale und deuten auf eine andere Diagnose hin!
Allergiediagnostik
- Pricktest und/oder spezifische IgE-AK im Serum gegen häufige Inhalationsallergene zum Nachweis einer allergischen Komponente
- Ggf. Gesamt-IgE
- Siehe auch: Allergiediagnostik bei Asthma bronchiale
FeNO-Messung
- Bei Diagnosestellung (vor Therapiebeginn)
- Hohe FeNO-Werte >35 ppb: Erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein Asthma bronchiale, das auf Steroide anspricht
- Niedrige FeNO-Werte <20 ppb: Erwägen von Differenzialdiagnosen; reduzierte Wahrscheinlichkeit für Steroidsensibilität des Asthmas.
- Unter laufender inhalativer Glucocorticoidtherapie
- Hohe FeNO-Werte >35 ppb
- Mit Symptompersistenz: Prüfen von Compliance, Inhalationstechnik und Allergenexposition; ggf. Dosiserhöhung
- Mit Symptomfreiheit: Fortführung der Therapie (keine Dosisreduktion)
- Niedrige FeNO-Werte <20 ppb
- Mit Symptompersistenz: Erwägen von Differenzialdiagnosen
- Mit Symptomfreiheit: Ggf. Dosisreduktion
- Hohe FeNO-Werte >35 ppb
- Zu beachten: FeNO-Wert sehr beeinflussbar
Der diagnostische Nutzen der FeNO-Messung ist unklar. Hohe Werte erhöhen zwar die Asthma-Wahrscheinlichkeit, niedrige schließen ein Asthma aber nicht aus!
Erweiterte Diagnostik bei obstruktiver Symptomatik
- Zum Ausschluss eines Immundefektes
- Zum Ausschluss einer zystischen Fibrose
- Schweißtest
- Ergebnis des Neugeborenenscreenings erfragen
- Ggf. genetische Testung auf CF-verursachende CFTR-Mutationen
- Ggf. apparative Testung auf abnorme CFTR-Funktion
- Zum Ausschluss eines refluxassoziierten Asthmas
- 24-Stunden-pH-Metrie (Goldstandard)
- Ösophagogastroduodenoskopie
- Empirische Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren nur im Ausnahmefall (insb. bei Kontraindikationen für die diagnostischen Maßnahmen)
- Zum Ausschluss anatomischer Ursachen oder Infektionen (bspw. Tuberkulose)
- Röntgen-Thorax (p.a.)
- Flexible Tracheobronchoskopie bei obstruktiven Symptomen, die nicht auf inhalative Betamimetika ansprechen zum Ausschluss von
- Tracheobronchomalazie oder Trachealstenose
- Intrabronchialem Fremdkörper
- Angeborenen Malformationen
- Tumor
- Kompression der Atemwege bspw. durch eine Gefäßanomalie
- Computertomografie (CT) mit Low-dose-Protokoll
Für weitere Informationen siehe auch: Diagnostik bei akuter Asthma-Exazerbation
Differenzialdiagnosen
Red Flags | Differenzialdiagnosen |
---|---|
Plötzliches Auftreten | |
Symptome ab Geburt |
|
Keine symptomfreien Intervalle |
|
Insb. nächtliche Symptomatik |
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Feuchter produktiver Husten | |
Anfallsartiger Husten |
|
Inspiratorischer Stridor |
|
Gedeihstörung | |
Belastungsassoziierte Dyspnoe |
|
Dyspnoe mit Schwindel und Kribbelparästhesien |
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Antiasthmatische Therapie [2]
- Ziel: Symptomfreiheit unter möglichst niedrigdosierter Therapie mit möglichst wenigen Medikamenten
Initialtherapie bei Erstdiagnose
- Initialtherapie entsprechend der Asthmakontrolle (bei unbehandelten Personen)
- Teilweise kontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit Therapiestufe 2
- Unkontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit mind. Therapiestufe 3
- Bei Kindern meist Step-up-Therapie: Therapiebeginn auf der wahrscheinlich notwendigen Therapiestufe; Eskalation/Deeskalation nach Bedarf
Therapieanpassung im Verlauf
Bei der regelmäßigen ärztlichen Überprüfung der Asthmakontrolle sollte immer eine Therapieanpassung erwogen werden.
- Nicht oder teilkontrolliertes Asthma: Therapie-Eskalation entsprechend dem Stufenschema
- Erneutes Überpüfen der Asthmakontrolle innerhalb von 3 Monaten
- Gute Asthmakontrolle
- Stufenweiser Deeskalationsversuch von ICS/LABA auf ICS-Monotherapie bei guter Asthmakontrolle schon nach 1–2 Monaten möglich
- Bei ICS-Monotherapie Deeskalation erst bei guter Asthmakontrolle über mind. 3 Monate sinnvoll
- Bei klinischer Verschlechterung: Sofortige Reeskalation!
Bei einer reinen ICS-Therapie sollte eine Deeskalation auch bei Kindern erst bei guter Asthmakontrolle über mind. 3 Monate versucht werden!
Nach jeder Exazerbation mit systemischem Glucocorticoid-Bedarf sollte eine antiinflammatorische Dauertherapie durchgeführt werden!
Stufentherapie bei Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter
Medikamentöse Langzeittherapie im Kindes- und Jugendalter – Stufenschema [1][2] | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Stufe 1 | Stufe 2 | Stufe 3 | Stufe 4 | Stufe 5 | Stufe 6 | |
Dauertherapie | Keine | ICS mitteldosiert | ICS hochdosiert + LABA Ggf. Fortführen einer erfolgreichen LTRA-Therapie | oder oder oder Anti-TSLP-Antikörper | ||
Alternativen | ICS niedrigdosiert + Formoterol als Fixkombination (ab ≥12 Jahren in begründeten Fällen) | ICS mitteldosiert + LABA + LTRA + LAMA (bei ungenügender Therapiekontrolle) | OSC (in begründeten Fällen zusätzlich oder alternativ) | |||
Akuttherapie bei Bedarf | SABA | Ggf. SABA | SABA | SABA | ||
In begründeten Fällen: Ipratropiumbromid (zusätzlich oder alternativ) | ||||||
Spezifische Immuntherapie bei Asthma bronchiale (bei allergischem Asthma) Asthmaschulung zur Verbesserung der Selbstmanagementfähigkeiten Allergie-/Umweltkontrolle Körperliche Aktivität/Sport Therapie von Komorbiditäten, bspw. Normalgewicht halten bzw. anstreben Ggf. pneumologische Rehabilitationsmaßnahmen bei Asthma bronchiale |
- SABA = Kurzwirksame β2-Mimetika: Salbutamol, Fenoterol, Terbutalin
- ICS = Inhalative Glucocorticoide: Budesonid, Fluticason
- LTRA = Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten: Montelukast
- LABA = Langwirksame β2-Mimetika: Formoterol, Salmeterol
- LAMA = Langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Insb. Tiotropiumbromid
- Kombinationspräparate ICS + LABA: Budesonid + Formoterol, Beclometason + Formoterol, Fluticasonpropionat + Formoterol, Fluticasonpropionat + Salmeterol, Fluticason furoat + Vilanterol
- Biologicals
- Anti-IgE-Antikörper = Anti-Immunglobulin-E: Omalizumab
- Anti-IL4R-Antikörper = Anti-Interleukin-4R: Dupilumab
- Anti-IL5-Antikörper = Anti-Interleukin-5: Mepolizumab
- Anti-TSLP-Antikörper = Anti-Thymus-Stroma-Lymphopoietin: Tezepelumab
- OCS = Orale Corticosteroide
Überweisungsindikationen
- Stufe 4: Überweisung zu päd. Pneumolog:in
- Stufe 5: Überweisung zu päd. Pneumolog:in im kinderpneumologischen Zentrum
- Stufe 6: Überweisung zu päd. Pneumolog:in mit Erfahrung bei schwerem Asthma im kinderpneumologischen Zentrum
Weitere Maßnahmen
- Bei infektassoziiertem Asthma: Frühzeitige Infekttherapie
- Bei Belastungsasthma: Aufwärmphase, gute Langzeiteinstellung, SABA vor Belastung
- Optimierung der ambulanten Versorgung: Teilnahme am DMP Asthma bronchiale empfehlen (für allgemeine Informationen zu DMP siehe auch: Disease-Management-Programme)
Die Anwendung von inhalativen Glucocorticoiden (ICS) sollte immer die Basis der Langzeittherapie darstellen! Die vollständige Wirkung wird erst nach 2–4 Wochen regelmäßiger Anwendung erreicht!
Der GINA-Leitlinie nach sollen SABA nach Bedarf ab dem Alter von ≥6 Jahren immer in Kombination mit ICS verwendet werden! [9]
LTRA (Montelukast) können zu psychischen und/oder neurologischen Nebenwirkungen führen, z.B. Schlaf- und Verhaltensstörungen, suizidale Gedanken! [10]
- Siehe auch
Besonderheiten der Inhalationstherapie bei Kindern <6 Jahre
- Inhalationstechnik
- Bei <6-Jährigen bevorzugt Dosieraerosol mit Inhalierhilfe (Spacer)
- Möglichst frühzeitig Anwendung eines Mundstücks (statt Maske)
- Siehe auch: Anwendung eines Dosieraerosols mit Inhalierhilfe
Inhalationssysteme für Kinder <6 Jahre [1] | ||||
---|---|---|---|---|
Alter | Dosieraerosol mit Spacer | Autohaler | Pulverinhalator | Feuchtvernebler |
<2 Jahre | ✓✓ mit Maske | — | — | ✓ mit Maske |
2 bis <4 Jahre | ✓✓ mit Mundstück | ✓ mit Mundstück | ||
4 bis <6 Jahre | ✓✓ mit Mundstück | (✓) | (✓) | ✓ mit Mundstück |
Legende: ✓✓ 1. Wahl, ✓ 2. Wahl, (✓) bedingt geeignet, — ungeeignet |
Akuttherapie
- Leichter bis mittelschwerer Asthmaanfall
- Techniken zur Atemerleichterung
- Salbutamol als Dosieraerosol (bei Säuglingen und Kleinkindern zwingend mit Inhalierhilfe )
- Bei ausbleibender Besserung: 1–2 mg/kgKG Prednisolon-Äquivalent (s.u.)
- Systemische Antibiotika: Nur bei begründetem V.a. eine bakterielle Infektion, siehe auch: Akute obstruktive Bronchitis im Kindesalter
- Schwerer Asthmaanfall
- Techniken zur Atemerleichterung
- 2–4 L O2/min über Nasensonde
-
Kurzwirksames β2-Sympathomimetikum, insb. Salbutamol
- Als Dosieraerosol (bei Säuglingen und Kleinkindern zwingend mit Inhalierhilfe )
- Oder Inhalation über Feuchtvernebler
- Bei lebensbedrohlicher Symptomatik: Kontinuierliche Inhalation über Feuchtvernebler
- Ggf. zusätzlich Ipratropiumbromid über Dosieraerosol oder Feuchtvernebler
- 1–2 mg/kgKG Prednisolon-Äquivalent, entspricht Prednisolon p.o. [2][11], rektal [2][11] oder i.v. [2][11]
- Ggf. parenterale β2-Sympathomimetika: Reproterol i.v.
- Ggf. Magnesiumsulfat i.v.
- In Ausnahmefällen: Theophyllin i.v.
- Siehe auch: Akuttherapie bei Asthmaanfall bzw. Exazerbation
- Invasive und nicht-invasive Beatmung sowie High-Flow-Therapie: Nach Bedarf
Langzeittherapie bei rezidivierender obstruktiver Bronchitis und Asthma bronchiale
Die Langzeittherapie der rezidivierenden Bronchitis bzw. des Asthma bronchiale hat das Ziel des „kontrollierten Asthmas“ . Das Kind soll ein uneingeschränktes Leben führen und an allen Aktivitäten des Alltags teilnehmen können. Wann eine antiinflammatorische Dauertherapie bei der rezidivierenden obstruktiven Bronchitis begonnen werden sollte, ist nicht eindeutig geklärt.
- Beweggründe für eine Therapie
- ≥3 Episoden mit pfeifenden Atemgeräuschen innerhalb von 6 Monaten
- ≥1 Pneumonie und/oder Hospitalisation infolge obstruktiver Bronchitis
- Inhalative Glucocorticoide (ICS) (1. Wahl)
- Topische Applikation → Antiinflammatorische und stabilisierende Wirkung → Prävention bronchialer Entzündung mit konsekutiver Obstruktion
- Ziel: Möglichst stabile bronchiale Situation
- Verbesserung von Lungenfunktionswerten
- Verringerung der Häufigkeit und Schwere akuter Asthmaanfälle sowie bronchialer Hyperreaktivität
- Frühzeitiger Therapiebeginn verhindert wahrscheinlich irreversible Umbauprozesse und Narben im Bronchialgewebe → Verbesserung der Prognose
- Möglichst niedrige Dosis → Möglichst wenig systemische Nebenwirkungen
- Regelmäßige Anwendung nötig, um entsprechende lokale Wirkspiegel zu erreichen und einen Effekt zu erzielen
- Ist eine stabile Situation erreicht, kann die Dosis schrittweise reduziert werden
- Kann die bronchiale Situation trotz regelmäßiger Anwendung in adäquater Dosis nicht stabilisiert werden, ist eine Kombinationstherapie mit einem langwirksamen β2-Sympathomimetikum (LABA) indiziert
- Inhalative langwirksame β2-Sympathomimetika (LABA)
- Topische Applikation → Symptombesserung durch Bronchodilatation
- Zusätzlich zu inhalativen Glucocorticoiden → Dadurch Dosiseinsparung der Glucocorticoide möglich
- Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten (LTRA): Insb. Montelukast
- Systemische Applikation → Antiinflammatorische Wirkung → Prävention bronchialer Entzündung mit konsekutiver Obstruktion
- Zusätzlich zu inhalativen Glucocorticoiden zugelassen; ab ≥2 Jahren auch zur Monotherapie bei leichtem Asthma bronchiale (insb. bei Belastungsasthma)
- Langwirksame Anticholinergika (LAMA): Insb. Tiotropiumbromid
- Additiv ab Stufe 4 bei unzureichender Therapiekontrolle
- Biologicals
- Anti-IgE-Antikörper (Omalizumab) s.c. alle 2–4 Wochen: Bei schwerem allergischen Asthma (ab 6 Jahren)
- Anti-IL4R-Antikörper (Dupilumab) s.c. alle 2 Wochen: Bei schwerem eosinophilen oder Typ2-Asthma (ab 6 Jahren)
- Anti-IL5-Antikörper (Mepolizumab) s.c. alle 4 Wochen: Bei schwerem eosinophilen Asthma (ab 6 Jahren)
- Anti-TSLP-Antikörper (Tezepelumab) s.c. alle 4 Wochen: Bei schwerem Asthma (ab 12 Jahren)
Langzeittherapie - Klinische Anwendung
Inhalative Glucocorticoide (ICS) - Tagesdosen
Inhalative Glucocorticoide bei Kindern und Jugendlichen: Tagesdosen in μg [1][2] | ||||||
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Niedrige Dosis | Mittlere Dosis | Hohe Dosis | ||||
Kinder <12 Jahre | Jugendliche 12–18 Jahre | Kinder <12 Jahre | Jugendliche 12–18 Jahre | Kinder <12 Jahre | Jugendliche 12–18 Jahre | |
Beclometasondipropionat (BDP) - Standard Partikelgröße | ≤200 | >200–400 | — | |||
Beclometasondipropionat (BDP) - Feine Partikelgröße | ≤100 | >100–200 | — | |||
Budesonid | ≤200 | >200–400 | — | |||
Ciclesonid | — | 80 | — | 160 | — | >160 |
Fluticasonfuroat | — | — | 100 | — | >100 | |
Fluticasonpropionat | ≤100 | >100–200 | >100–250 | >200 | >250 | |
Mometasonfuroat | — | 200 | — | 400 | — | >400 |
Bei Beclometason und Budesonid sollten hohe Dosierungen, insb. im Kindes- und Jugendalter, vermieden werden, da es hier zu erhöhten Plasmaspiegeln kommen kann! [1]
Inhalative Glucocorticoide (ICS) und inhalative Glucocorticoide / langwirksame β2-Sympathomimetika (ICS + LABA)
ICS und ICS + LABA im Kindes- und Jugendalter [12] | ||
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Präparat | Darreichungsform | Verfügbare Dosierungen und Zulassungsalter |
Beclometasondipropionat |
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Budesonid |
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Fluticasonpropionat |
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Kombinationspräparate (ICS + LABA) | ||
Budesonid + Formoterol |
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Fluticasonpropionat + Formoterol |
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Fluticasonpropionat + Salmeterol |
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Für Dosierungsempfehlungen siehe: Inhalative Glucocorticoide bei Kindern und Jugendlichen: Tagesdosen in μg
Leukotrienrezeptor-Antagonisten (LTRA)
Präparat | Darreichungsform | Zulassung | Dosierung | Besonderheiten |
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Montelukast |
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LTRA (Montelukast) können zu psychischen und/oder neurologischen Nebenwirkungen führen, z.B. Schlaf- und Verhaltensstörungen, suizidale Gedanken! [10]
Langwirksame Anticholinergika (LAMA)
Präparat | Indikation | Darreichungsform | Zulassung | Dosierung |
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Tiotropiumbromid |
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Biologicals
Biologicals zur Therapie des Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter [1] | ||||
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Präparat | Indikationskriterien | Darreichungsform | Zulassung | Dosierung |
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Tezepelumab Anti-TSLP-Antikörper |
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ICS können die Eosinophilenzahl im Blut reduzieren und damit die Therapieindikation für Dupilumab und Mepolizumab beeinflussen!
Prognose
Prävention
Besonderheiten bei pneumologischen Rehamaßnahmen im Kindes- und Jugendalter
Eine Kinderrehabilitation ist nicht zu verwechseln mit einer Eltern-Kind-Kur!
- Ziele
- Normale soziale Teilhabe
- Erhaltung/Wiederherstellung der Schul- und Ausbildungsfähigkeit (zusätzlich zur späteren Erwerbsfähigkeit)
- Kostenübernahme: Gleichrangige Zuständigkeit GKV und Deutsche Rentenversicherung (DRV)
- Stärkung der Rehabilitation im Kindes- und Jugendalter durch Flexirentengesetz
- Pflichtleistung bei der DRV, inkl. Nachsorge
- Durchführung ambulant oder stationär möglich
- Altersunabhängig Genehmigung einer Begleitperson
- Keine Ausgabenbegrenzung
- Keine Indikationsbeschränkung
- Keine Vierjahresfrist
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Asthma bronchiale
Asthma bronchiale – Teil 1: Erkrankung
Asthma bronchiale – Teil 2: Therapie
Asthma bronchiale – Teil 3: Exazerbation (Asthmaanfall)
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- J45.-: Asthma bronchiale
- Exklusive: Akutes schweres Asthma bronchiale (J46), Chronische asthmatische (obstruktive) Bronchitis (J44.‑), Chronisches obstruktives Asthma bronchiale (J44.‑), Eosinophiles Lungeninfiltrat mit Asthma bronchiale, (J82) Lungenkrankheiten durch exogene Substanzen (J60-J70), Status asthmaticus (J46)
- J45.0: Vorwiegend allergisches Asthma bronchiale
- Allergische:
- Bronchitis o.n.A.
- Rhinopathie mit Asthma bronchiale
- Atopisches Asthma
- Exogenes allergisches Asthma bronchiale [Extrinsisches Asthma]
- Heuschnupfen mit Asthma bronchiale
- Allergische:
- J45.1: Nichtallergisches Asthma bronchiale
- Endogenes nichtallergisches Asthma bronchiale [Intrinsisches Asthma]
- Medikamentös ausgelöstes nichtallergisches Asthma bronchiale [Analgetika-Asthma]
- J45.8: Mischformen des Asthma bronchiale
- J45.9: Asthma bronchiale, nicht näher bezeichnet
- Asthmatische Bronchitis o.n.A.
- Late-Onset-Asthma
- J46: Status asthmaticus
- Inklusive: Akutes schweres Asthma bronchiale
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.