Zusammenfassung
Die Sinusitis ist eine häufige entzündliche Veränderung der Nasennebenhöhlenschleimhaut, die meist von einer Entzündung der Nasenhöhle begleitet wird (Rhinosinusitis). I.d.R. heilt sie spontan aus; hält die Erkrankung hingegen länger als 12 Wochen an, ist sie definitionsgemäß als chronisch zu bezeichnen. Leitsymptome sind Nasenlaufen und bewegungsabhängige Gesichtsschmerzen (v.a. beim Beugen des Körpers nach vorne). Viren sind die häufigsten Auslöser, weshalb nur bei heftigem Krankheitsverlauf mit Verdacht auf bakterielle Sekundärinfektion eine Antibiotikatherapie sinnvoll ist. Bei Komplikationen einer akuten Infektion oder bei chronischen Verläufen kann eine operative Therapie notwendig sein.
Definition
- Einteilung nach beteiligten Strukturen [1]
- Sinusitis: Entzündung der Schleimhaut einer Nasennebenhöhle
- Pansinusitis: Entzündung mit Beteiligung aller Nasennebenhöhlen
- Rhinosinusitis: Gleichzeitige Entzündung der Nasen- und der Nasennebenhöhlenschleimhäute
- Einteilung nach Verlauf
- Akute (Rhino‑)Sinusitis (ARS): Symptomatische Entzündung der Nasennebenhöhle für ≤12 Wochen (mit vollständigem Abklingen der Symptome)
- Rhinitis acuta: Beschwerden <10 Tage
- Postvirale Rhinosinusitis [2]
- Zunahme der Symptome nach >5 Tagen
- Persistenz der Beschwerden über 10 Tage hinaus
- Rezidivierende akute Rhinosinusitis (rez. ARS): Mind. 4 Episoden einer akuten Rhinosinusitis innerhalb von 12 Monaten, zwischen Episoden vollständiges Abklingen der Symptome
- Chronische (Rhino‑)Sinusitis (CRS): Symptomatische Entzündung der Nasennebenhöhle >12 Wochen (ohne vollständiges Abklingen der Symptome)
- Einteilung nach Phänotypen [2]
- Ohne nasale Polypen (CRSsNP)
- Mit nasalen Polypen (CRScNP)
- Einteilung nach Phänotypen [2]
- Akute (Rhino‑)Sinusitis (ARS): Symptomatische Entzündung der Nasennebenhöhle für ≤12 Wochen (mit vollständigem Abklingen der Symptome)
Epidemiologie
- Prävalenz: Sehr hoch
- Jahresprävalenz in Europa (CRS): 10,9% [3]
- Inzidenz (ARS): 18,8/1000 Patientenjahre [2]
- Kinder: Altersabhängige Verteilung [4]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger
- Meist Viren (Rhino-, Corona-, Influenza- und Parainfluenzaviren)
- Bakterien (teils als Sekundärinfektion): Insb. Pneumokokken oder Haemophilus influenzae, seltener Staphylococcus aureus, Streptococcus pyogenes oder Moraxella catarrhalis
- Selten: Pilze (Aspergillus fumigatus, siehe auch: Aspergillose)
- Allgemeine Risikofaktoren
- Rhinitis: Fortleitung der Erreger aus der Nasenhöhle über kommunizierende Schleimhäute in die Nebenhöhlen
- Dentogener Infekt: Führt v.a. zu einer einseitigen Sinusitis maxillaris
- Alle Ventilationsstörungen der Nasennebenhöhlen
- Hypertrophie der Nasenmuscheln, Nasenpolypen, Nasenseptumdeviation
- Concha bullosa: Luftansammlung in einer Nasenmuschel (anatomische Variante)
- Haller-Zelle: Im Orbitaboden angelegte Cellula ethmoidalis (anatomische Variante)
- Assoziierte Erkrankungen bei CRScNP
Pathophysiologie
Akute Rhinosinusitis
- Nasale Infektion → Schleimhautschwellung → Störung von Sekretabfluss und Ventilation der Nasennebenhöhlen, insb. durch Verlegung des ostiomeatalen Komplexes → Ausbreitung der Entzündung und Begünstigung von Sekundärinfektionen
- Ggf. durch anatomische Varianten insb. der lateralen Nasenwand begünstigt
Chronische Rhinosinusitis
- Sowohl Entzündung als auch Umbauprozesse der Nebenhöhlenschleimhaut
- Chronische Rhinosinusitis ohne nasale Polypen (CRSsNP):
- Fibrotische Veränderungen
- Vorherrschender Endotyp: Typ-1-Inflammation [5][6]
- TH1-dominiertes Zellmuster
- Neutrophile Granulozyten, T-Zellen vom Typ TH1 und Interferon-γ stehen im Vordergrund
- Chronische Rhinosinusitis mit nasalen Polypen (CRScNP):
- Subepitheliale Infiltration von Entzündungszellen bei ödematösem Stroma [5]
- Anhaltende Entzündungsprozesse führen zur Dysbalance zwischen den T-Helferzellen-Subtypen
- Vorherrschender Endotyp: Typ-2-Inflammation [5][6]
- Dominanz von Th2-Zellen, Typ-2-Interleukinen wie IL-4, IL-5 und IL-13 sowie von eosinophilen und basophilen Granulozyten
- Gleicher Pathomechanismus auch bei Asthma, atopischer Dermatitis und eosinophiler Ösophagitis
- Chronische Rhinosinusitis ohne nasale Polypen (CRSsNP):
Für die Anatomie der Nasennebenhöhlen siehe auch: Nasennebenhöhlen (= Sinus paranasales)
Symptomatik
Akute Rhinosinusitis [1]
- Allgemeine Symptomatik
- Schmerzsymptomatik
- Sinusitis maxillaris und frontalis: Gesichtsschmerz mit Druckgefühl in der betroffenen Nasennebenhöhle (in der Kiefer- bzw. Stirnhöhle)
- Sinusitis ethmoidalis: Schmerzen im Bereich der Nasenwurzel oder zwischen den Augen
- Sinusitis sphenoidalis: Dumpfer Druckschmerz in der Mitte des Schädels
- Hinweise auf bakterielle Genese [2]
Chronische Rhinosinusitis
- Wie bei akuter Rhinosinusitis, jedoch häufig schwächer ausgeprägt und/oder weniger charakteristisch
- Persistenz der Beschwerden >12 Wochen
Diagnostik
Diagnosestellung nach Verlaufsform [1]
- Akute Rhinosinusitis: In der Regel klinisch (Anamnese, körperliche Untersuchung), ggf. Rhinoskopie, CRP und/oder BSG nur bei starken Schmerzen
- Rezidivierende akute Rhinosinusitis: Zusätzlich nasale Endoskopie, mindestens aber Rhinoskopie, zur Identifikation möglicher Ursachen; CRP und/oder BSG nur bei starken Schmerzen
- Chronische Rhinosinusitis: Zusätzlich nasale Endoskopie und Schnittbildgebung (vorzugsweise low-dose CT der Nasennebenhöhlen), keine laborchemischen Verfahren routinemäßig indiziert
Bei der akuten und rezidivierenden akuten Rhinosinusitis ist i.d.R. keine(!) Bildgebung indiziert!
Untersuchungsmethoden [1]
- Körperliche Untersuchung
- Klopfschmerzhaftigkeit über Kiefer- und Stirnhöhle (bei Sinusitis maxillaris bzw. frontalis)
- Ggf. Gesichts- und/oder Kopfschmerzen beim Vornüberbeugen verstärkt
- Rhinoskopie (Untersuchung des vorderen Nasenabschnitts mit Nasenspekulum): Gerötete Schleimhaut und eitriges Sekret
- Labordiagnostik
- Entzündungsparameter: CRP und/oder BSG oder Procalcitonin ggf. erhöht
- Eosinophilie und erhöhtes Serum-IgE bei CRScNP
- Weitergehende Labordiagnostik: Routinemäßig nicht indiziert, ggf. bei V.a. systemische Grunderkrankungen, siehe auch: Sinusitis - Differenzialdiagnosen
- Mikrobiologische Diagnostik: Keine Routine, optional zur kalkulierten antibiotischen Therapie bei:
- Therapierefraktären Verläufen
- Immunsupprimierten Patient:innen
- Apparative Diagnostik
- Nasenendoskopie (Untersuchung des vorderen und hinteren Nasenabschnitts)
- Blass-weißlich, polypöse Schleimhautschwellung bei CRScNP
- Insb. bei einseitiger Polyposis nasi: Ausschluss eines Tumors durch Biopsie
-
CT der Nasennebenhöhlen in Low-Dose-Technik (Verdichtung des Weichteilgewebes der betroffenen Nasennebenhöhlen)
- Alternativ: Digitale Volumentomografie (DVT)
- MRT: Zusatzuntersuchung bei V.a. Tumoren der Nasennebenhöhlen oder intrakraniellen Komplikationen
- Ggf. Sonografie: Hinweis auf Sekretspiegel, v.a. im Sinus maxillaris
- Veraltet: Nasennebenhöhlen-Röntgenaufnahme: Transparenzminderung des Sinus, Darstellung von Sekretspiegeln
- Nasenendoskopie (Untersuchung des vorderen und hinteren Nasenabschnitts)
- Allergologische Testung: Keine Routine, aber zu erwägen bei:
- Rezidivierenden Verläufen ungeklärter Genese
- Anamnestischen oder klinischen Hinweisen auf allergische Genese
- Zahnärztliche/MKG-Abklärung bei odontogener Sinusitis erwägen
Differenzialdiagnosen
Choanalpolyp
- Definition: Besondere Form eines meist isolierten, weichen Nasenpolypen
- Lokalisation
- Entstehungsort: Schleimhaut der Kieferhöhle (selten aus den Siebbeinzellen)
- Wächst über den mittleren Nasengang in den Nasopharynx hinein
- Therapie der Wahl: Endoskopische, komplette Entfernung
Primäre ziliäre Dyskinesie (PCD) [7]
- Definition: Autosomal-rezessiv vererbte Störung des mukoziliären Transports
- Prävalenz: 1:15.000
- Symptome
- Rhinitis: In 50% der Fälle Symptomatik bereits ab Geburt
- Bronchiektasen
- Chronische Sinusitis und Nasenpolypen
- Chronisch-seröse Otitis media
- ♀: Häufig ektope Schwangerschaften
- ♂: Häufig Sterilität durch verminderte Spermienmotilität
- Diagnostik
- Stickoxidmessung in der Nasenluft bei Kindern
- Biopsie aus der Nasenschleimhaut mit Analyse der Ultrastruktur
- Vitalzytologischer Abstrich zur Untersuchung der Zilienschlagfrequenz
- Röntgen-Thorax oder Abdomen-Sonografie: Hinweise auf Situs inversus?
- Therapie
- Langfristige Nasenpflege
- Parazentese/Paukendrainage bei rezidivierenden Paukenergüssen
- Ggf. Kieferhöhlen-Operation im Rahmen einer Nasennebenhöhlen-Operation (FESS)
- Physikalische Therapie der unteren Luftwege
- Patientenberatung [8]
- Subtyp: Kartagener-Syndrom [9][10][11][12]
- Merkmale: PCD mit zusätzlichem Situs inversus
- Typische Trias: Situs inversus , Bronchiektasen, chronische Sinusitis
- Zusätzlich: Weitere Symptome der PCD und häufig Schwerhörigkeit [13]
- Ätiologie: Autosomal-rezessive Erbkrankheit
- Häufigkeit: Ca. 40–50% der PCD-Fälle
- Diagnostik: Klinische Untersuchung, Diagnostik der Ziliendyskinesie (s.o.), Radiologie, ggf. Molekulargenetik
- Merkmale: PCD mit zusätzlichem Situs inversus
Weitere Differenzialdiagnosen
Therapie
Therapie der akuten Sinusitis [1][3]
- Symptomatische Therapie
- Pflanzliche Sekretolytika (z.B. Cineol-haltige Kapseln oder Myrtenöl-haltige Kapseln oder patentiertes (Misch‑)Extrakt BNO 1016)
- Lokale Nasenspülung mit physiologischer Kochsalzlösung
- Inhalation heißer Dämpfe (38–42 °C)
-
Abschwellende Nasentropfen oder -sprays wirken beschwerdelindernd (z.B. Xylometazolin )
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Xylometazolin
- Ggf. topisch nasale Steroide wie z.B. Mometason-haltige Sprays
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Mometason-Nasenspray
-
Ggf. Analgetika, z.B.
- Paracetamol
- Erwachsene
- Kinder
- Ibuprofen
- Erwachsene , gleichzeitige Einnahme eines Protonenpumpenhemmers wie Pantoprazol erwägen
- Kinder
- Paracetamol
- Antibiotikatherapie bei akuter Sinusitis[14]
- Indikationen
- Starke Schmerzen in Verbindung mit Fieber >38,3 °C oder hohen Entzündungswerten
- Drohende Komplikationen
- Patient:innen mit ausgeprägten Komorbiditäten (insb. COPD) oder unter Immunsuppression
- Für die Antibiotikawahl siehe: Antibiotikatherapie bei ausgeprägter Sinusitis
- Mittel der Wahl
- Erwachsene: Amoxicillin
- Kinder und Jugendliche: Amoxicillin (pädiatrisch) [15]
- Antibiotikatherapie bei ausgeprägter Sinusitis oder Risikofaktoren wie bspw. Immunsuppression
- Aminopenicillin und ß-Lactamase-Inhibitor: Z.B. Amoxicillin/Clavulansäure oder Sultamicillin
- Alternativ: Doxycyclin oder Cefpodoxim
- Bei zahlreichen Risikofaktoren und der Notwendigkeit einer i.v. Applikation [16]
- Ampicillin/Sulbactam oder
- Ceftriaxon ggf. + Clindamycin
- Indikationen
Eine generelle Antibiotikagabe ist bei der akuten Sinusitis nicht(!) sinnvoll!
Therapie der chronischen Sinusitis [6] [1]
- Lokale Nasenspülung mit physiologischer Kochsalzlösung
-
Glucocorticoid-Nasensprays wirken heilungsfördernd, z.B. Mometason-haltige Sprays
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Mometason-Nasenspray
- In ausgewählten Einzelfällen immunmodulierende, „antibiotische“ Langzeit-Therapie:
- Doxycyclin für 3 Wochen bei CRScNP
- Makrolide für 3 Monate bei CRSsNP
- Bei Therapieversagen nach konservativer Therapie: Funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlen-Operation (FESS)
- Eröffnung der erkrankten Nasenebenhöhleneingänge, Drainage und Verbesserung der Ventilation
- Pansinus-Operation: Endonasale endoskopische Eröffnung aller Nasennebenhöhlen
- Entfernung anatomischer Engstellen im Nasenhaupthöhlen/-nebenhöhlenbereich
- Reduktion der Entzündungslast durch Resektion der Polypen bei ausgeprägter Polypenbildung
- Postoperative Anwendung von Glucocorticoid-Nasenspray häufig notwendig
- Eröffnung der erkrankten Nasenebenhöhleneingänge, Drainage und Verbesserung der Ventilation
Bei einem operativen Eingriff im Bereich des Sinus sphenoidalis ist eine Verletzung der A. carotis interna oder des N. opticus möglich!
Antibiotische Therapie bei CRS nur bei bakteriellen Exazerbationen!
Zusätzliche Therapiemöglichkeiten bei chronischer Rhinosinusitis mit Polypen (CRScNP) [5][6]
- Kurzzeitige systemische (orale) Gabe von Glucocorticoiden über 7–21 Tage
- Therapie mit monoklonalen Antikörpern bei schwerer Symptomatik
- Dupilumab
- Anti-IL4R-Antikörper
- Indikation: Mangelnde Krankheitskontrolle unter alleiniger systemischer Glucocorticoidtherapie oder nach einer Operation
- Zulassung als Add-on zu intranasalen Glucocorticoiden
- Omalizumab
- Anti-IgE-Antikörper
- Indikation: Mangelnde Krankheitskontrolle unter intranasaler Glucocorticoidtherapie
- Zulassung als Add-on zu intranasalen Glucocorticoiden
- Anti-IL5-Antikörper und Anti-IL5R-Antikörper aktuell in Phase III-Studien
- Dupilumab
- Bei Analgetika-/Salizylatintoleranz: Adaptive Desaktivierung mit Acetylsalicylsäure (300–500 mg/d)
Funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlenoperation (FESS)
Allgemeines
- Definition: Endoskopisch gestütztes Standardverfahren zur Operation der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen (FESS )
- Ziel: Abtragung von Pathologien an Knochen und Schleimhaut der NNH sowie Schonung von gesunder endonasaler Schleimhaut
- Häufig in Kombination mit einer Septumplastik und Conchotomie
- Durchführung in Intubationsnarkose
- Setting: I.d.R. stationär
- Nachbehandlung beträgt je nach Heilungsverlauf 2–6 Wochen
Indikationen
- Chronische Rhinosinusitis mit/ohne Polypen nach medikamentösem Therapieversuch
- Rezidivierende akute Rhinosinusitiden mit Behinderung der Ventilation und Drainage
- Entzündliche Komplikationen einer Rhinosinusitis
- Tumorverdacht
- Posteriore Epistaxis im Bereich der A. sphenopalatina
- Verletzungen der Rhinobasis
- Pyozele der Nasennebenhöhlen
- Mukozele der Nasennebenhöhle (aufgrund bspw. traumatisch oder entzündlich bedingter Verlegung der Ausführungsgänge)
- Kieferhöhlenzyste
Relative Kontraindikationen
- Akute Rhinosinusitis (Ausnahme bei Versagen der konservativen medikamentösen Therapie)
- Schwere Allgemeinerkrankung
- Starke Blutungsneigung/Antikoagulation
OP-Vorbereitung
- Bildgebung der Nasennebenhöhlen in drei Schichten mittels CT oder DVT
- Lagerung und Setting
- Rückenlage und Oberkörper leicht angehoben, etwa 20°
- Operateur:in steht rechts, Monitor links von der zu operierenden Person
- Vorbereitung des OP-Gebietes
- Schutz der Cornea mit transparenten Augentropfen/-gel
- Rachentamponade: Lockere Tamponade des Rachenraums von enoral, um ein Abfließen von Blut in den tiefen Rachenraum zu verhindern
- Säuberung des Vestibulum nasi und vorsichtiges Kürzen der Nasenhaare
- Abschwellen der Nasenschleimhaut mittels in Xylometazolin oder in Naphazolin getränkten Spitztupfern für 5–10 min
- Ggf. Einspritzen von Lokalanästhetikum im Bereich des Ansatzes der mittleren Nasenmuschel
- Apparative Ausrüstung
- Endoskopie mit 0°- bzw. 30°-Optik sowie 70°-Optik für Kiefer- und Stirnhöhle
- Hochauflösende Videokamera und Monitor
- Ggf. Bohrer und/oder Shaver-Systeme
- Intraoperative Navigation bei Revisionsoperationen
Operatives Vorgehen
- Standard: Endonasal, endoskopisches Vorgehen mit speziellen, gewinkelten Mikroinstrumenten
- Endoskopie der Nasenhaupthöhle und ggf. Abtragung von Polypen in der Nasenhaupthöhle mittels Blakesley
- Bei vorhandener Concha bullosa : Abtragung der lateralen Lamelle der Concha bullosa
- Infundibulotomie
- Abtragung des Proc. uncinatus über den mittleren Nasengang
- Medialisierung der mittleren Nasenmuschel mit dem Freer
- Halbmondförmige Umschneidung des Ansatzes des Proc. uncinatus mit dem Sichelmesser oder Freer
- Von knapp unterhalb des Ansatzes der mittleren Nasenmuschel
- Bis nach dorsal in Höhe des Ostiums der Kieferhöhle
- Kaudale Abtragung mittels Schere und drehförmige Entnahme mittels Blakesley
- Weiteres Vorgehen abhängig davon, in welcher NNH operiert werden muss
Kieferhöhlenoperation
- Zugang über den mittleren Nasengang nach Infundibulotomie
- Erweiterung des Kieferhöhlenostiums mittels Stanze nach dorsal bzw. mittels rückwärtsschneidender Stanze nach ventral
- Absaugung von flüssigem Kieferhöhleninhalt mittels gebogenem Sauger sowie Entnahme von Polypen/Zysten/Fremdkörpern mittels gebogener Kieferhöhlen-Fasszange (nach Heuwieser)
Siebbeinoperation
- Eröffnung der Bulla ethmoidalis und weitere Abtragung der Zellsepten bis zur Grundlamelle der mittleren Nasenmuschel
- Siebbein-Begrenzungen:
- Kraniale Begrenzung: Rhinobasis
- Laterale Begrenzung: Lamina papyracea
- Mediale Begrenzung: Mittlere Nasenmuschel (Schonung falls möglich!)
- Durchstoßen der horizontalen Lamelle der mittleren Nasenmuschel und Ausräumung des hinteren Siebbeins mittels gebogenem Blakesley oder Stanzen
- Aufsuchen des Siebbeindachs (CAVE: Horizontal verlaufende Ethmoidalarterien)
Keilbeinhöhlenoperation
- Transethmoidaler Zugang (über hinteres Siebbein )
- Eröffnung der Keilbeinhöhlenvorderwand durch Erweiterung des natürlichen Ostiums mittels Rundkopfstanze
- Transnasaler Zugang (über oberen Nasengang)
- Lateralisation des dorsalen Teils der Concha nasalis media
- Eindrücken der Keilbeinhöhlenvorderwand etwa 1 cm oberhalb der Choane lateral des Septums
Stirnhöhlenoperation
- Freilegung des Recessus frontalis bis zur Schädelbasis
- Ggf. Abtragung einer Agger-nasi-Zelle
- Verlauf der A. ethmoidalis anterior dorsal des Stirnhöhlenostiums
- Zurückhaltende Manipulation im Bereich des Stirnhöhlenostiums wegen erhöhter Vernarbungsgefahr
- Bei ausgeprägter Stirnhöhlenpathologie ggf. Erweiterung des Stirnhöhlenbodens bis zum Ansatz der mittleren Nasenmuschel bzw. bis zum Septum (sog. Draf-Operation)
- Draf I: Darstellung des Stirnhöhlenostiums nach Ausräumung des Recessus frontalis
- Draf II
- Typ IIa: Entfernung von in die Stirnhöhle ragenden Ethmoidalzellen sowie des Stirnhöhlenbodens zwischen Lamina papyracea und dem Ansatz der mittleren Muschel
- Typ IIb: Entfernung des knöchernen Stirnhöhlenbodens über den Kopf der mittleren Muschel hinaus bis zum Septum
- Vermeidung einer zirkulären Resektion der Mukosa, um narbigen Stenosen vorzubeugen
- Draf III (sog. Mediandrainage): Beidseitige Eröffnung des Stirnhöhlenabflusstraktes
- Resektion des gesamten knöchernen Stirnhöhlenbodens zwischen den beiden Laminae papyraceae
- Resektion des Septum interfrontale und eines 2–3 cm großen Knorpelknochenstücks aus dem kranialen nasalen Septum
Peri- und postoperatives Management
- Keine standardmäßig perioperative Antibiotikagabe empfohlen!
- Postoperative Nasentamponade
- Einlage einer Nasentamponade in den mittleren Nasengang für ca. 24 h
- Bspw. eine Schaumstoff-Nasentamponade mit Latex-Ummantelung
- Die Nasentamponaden müssen an der Haut mit einem Pflaster fixiert werden, sonst besteht die Gefahr der Aspiration!
- Postoperative medikamentöse Lokaltherapie
- Sorgfältige Nasenpflege mit Absaugung von Wundsekret sowie Verkrustungen
- Anwendung von befeuchtenden Nasensprays sowie Dexpanthenol-haltiger Nasensalbe
- Topische Glucocorticoide bei Polyposis nasi zur Rezidivprophylaxe
Komplikationen
- Allgemein
- Entzündung
- Wundheilungsstörungen
- Perioperative Blutung bzw. Nachblutung (A. ethmoidalis anterior oder A. sphenopalatina)
- Nasal
- Synechien zwischen der mittleren Nasenmuschel und der lateralen Nasenwand
- Trockene Nasenschleimhäute
- Hyposmie
- Orbital
- Verletzung der Orbita insb. der Lamina papyracea (periorbitales Emphysem)
- Orbitahämatom mit konsekutiver Druckerhöhung auf den N. opticus
- Verletzung des N. opticus oder der A. carotis interna bei Keilbeinhöhlenoperation
- Sehstörung bis zur Erblindung
- Verletzung des Tränen-Nasen-Gangs
- Weitere
- Irritation des N. infraorbitalis
- Hypästhesie an Lippen und Schneidezähnen
- Verletzung der Schädelbasis mit Liquorrhoe
- Intrazerebrale Blutung oder Infektion mit Abszessbildung
- Rezidive
Komplikationen
Ausbreitung der eitrigen Entzündung in benachbarte Strukturen
- Orbitale Komplikationen (Orbitaödem, Orbitaphlegmone, Lidödem, subperiostaler Abszess)
- Insb. bei Sinusitis ethmoidalis im Kindesalter
- Symptomatik: Schmerzhafter Exophthalmus, Lidrötung, Doppelbilder, Motilitätsstörungen, Visuseinschränkungen
- Therapie: Antibiotische Therapie und meist operative Sanierung
- Stirnbeinosteomyelitis
- Symptomatik: Teigige Schwellung, Fieber, Schmerzen
- Therapie: Antibiotische Therapie und operative Sanierung
- Meningitis
- Intrazerebrale Abszesse
- Sinusvenenthrombose
Typen der orbitalen Komplikationen nach Chandler [19][20]
Typen der orbitalen Komplikation nach Chandler mit Therapie | ||
---|---|---|
Typ | Komplikation | Therapie |
I |
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II |
| |
III |
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|
IV |
| |
V |
|
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Akute Rhinosinusitis: Hohe Spontanheilungsraten (>50% nach 1 Woche, >90% nach 4 Wochen) [3]
- Chronische Rhinosinusitis
- Häufig langwierige Verläufe, teilweise mit Einschränkungen der Lebens- und Schlafqualität
- Ziel einer Therapie ist die Symptomkontrolle, nicht die Heilung
Studientelegramme zum Thema
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 80-2023-2/3: Acute sinusitis: the color of nasal discharge is snot important
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- J01.-: Akute Sinusitis
- Inklusive: Abszess, Eiterung, Empyem, Entzündung, Infektion, akut, (Nasen‑) Nebenhöhlen
- Exklusive: Sinusitis, chronisch oder o.n.A. (J32.‑)
- J01.0: Akute Sinusitis maxillaris
- Akute Kieferhöhlenentzündung
- J01.1: Akute Sinusitis frontalis
- J01.2: Akute Sinusitis ethmoidalis
- J01.3: Akute Sinusitis sphenoidalis
- J01.4: Akute Pansinusitis
- J01.8: Sonstige akute Sinusitis
- Akute Sinusitis mit Beteiligung von mehr als einer Nasennebenhöhle, ausgenommen Pansinusitis
- J01.9: Akute Sinusitis, nicht näher bezeichnet
- J32.-: Chronische Sinusitis
- Inklusive: Abszess, Eiterung, Empyem, Infektion, (chronisch) (Nasen‑) Nebenhöhlen
- Exklusive: Akute Sinusitis (J01.‑)
- J32.0: Chronische Sinusitis maxillaris
- Kieferhöhlenentzündung (chronisch), Sinusitis maxillaris o.n.A.
- J32.1: Chronische Sinusitis frontalis
- Sinusitis frontalis o.n.A.
- J32.2: Chronische Sinusitis ethmoidalis
- Sinusitis ethmoidalis o.n.A.
- J32.3: Chronische Sinusitis sphenoidalis
- Sinusitis sphenoidalis o.n.A.
- J32.4: Chronische Pansinusitis
- Pansinusitis o.n.A.
- J32.8: Sonstige chronische Sinusitis
- Sinusitis (chronisch) mit Beteiligung von mehr als einer Nasennebenhöhle, ausgenommen Pansinusitis
- J32.9: Chronische Sinusitis, nicht näher bezeichnet
- Sinusitis (chronisch) o.n.A.
- J33.-: Nasenpolyp
- Exklusive: Adenomatöse Polypen (D14.0)
- J33.0: Polyp der Nasenhöhle
- Polyp: Choanal-, nasopharyngeal
- J33.1: Polyposis nasalis deformans
- Woakes-Syndrom oder Ethmoiditis
- J33.8: Sonstige Polypen der Nasennebenhöhlen
- Polyp, Polyposis: Nasennebenhöhlen, Sinus ethmoidalis, Sinus maxillaris, Sinus sphenoidalis
- J33.9: Nasenpolyp, nicht näher bezeichnet
- J34.-: Sonstige Krankheiten der Nase und der Nasennebenhöhlen
- Exklusive: Ulcus varicosum des Nasenseptums (I86.88)
- J34.0: Abszess, Furunkel und Karbunkel der Nase
- Nekrose, Phlegmone, Ulzeration, Nase oder Nasenseptum
- J34.1: Zyste oder Mukozele der Nase und der Nasennebenhöhle
- J34.2: Nasenseptumdeviation
- Verbiegung oder Subluxation des Nasenseptums (erworben)
- J34.3: Hypertrophie der Nasenmuscheln
- J34.8: Sonstige näher bezeichnete Krankheiten der Nase und der Nasennebenhöhlen
- Perforation des Nasenseptums o.n.A., Rhinolith
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.