Zusammenfassung
Die zystische Fibrose (CF) oder Mukoviszidose ist eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung, die auf einem Defekt des CFTR-Gens beruht. Dies führt zu einer Funktionsstörung des gleichnamigen Chlorid-Ionen-Kanals der Zellmembran und zu einer Viskositätserhöhung von Sekreten diverser Drüsenzellen. Meist manifestiert sich die zystische Fibrose entweder unmittelbar nach der Geburt als Mekoniumileus oder im frühen Lebensalter in Form von rezidivierenden obstruktiven Bronchitiden und/oder von Fettstühlen und einer Gedeihstörung. Milde Krankheitsverläufe, meist infolge einer Restaktivität des Chloridkanals, können auch erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden.
Durch die erhöhte Viskosität des Sekrets im Respirationstrakt wird die Besiedelung mit resistenten Keimen begünstigt. Die Kombination aus chronischer Entzündung und rezidivierenden Infektionen führt langfristig häufig zu einem Lungenemphysem und zu einer progredienten respiratorischen Insuffizienz. Die Ausprägung der respiratorischen Symptomatik ist dabei meist ausschlaggebend für die Prognose. Infolge der CF-bedingten fortschreitenden Pankreasschädigung kommt es zunächst zu einer Maldigestion mit Fettstühlen und Gedeihstörung (exokrine Pankreasinsuffizienz), im Verlauf zu einem CF-assoziierten Diabetes mellitus (endokrine Pankreasinsuffizienz). Eine Viskositätssteigerung des biliären Sekrets führt zu einer Fettleber und progredienten Leberzirrhose, im Verlauf ggf. mit portaler Hypertension. Bei Männern besteht meist eine Sterilität durch Obliteration der Vasa deferentia; Frauen können Kinder bekommen, wenn ihr Gesundheitszustand es zulässt.
Seit September 2016 gehört die zystische Fibrose in Deutschland zu den im Neugeborenen-Screening erfassten Erkrankungen. Bei positivem Ergebnis ist eine zeitnahe Konfirmationsdiagnostik mittels Schweißtest indiziert. Zur Behandlung der pulmonalen Manifestation sind eine konsequente supportive Basistherapie (insb. Inhalationstherapie und Physiotherapie) und ggf. eine antibiotische Therapie bakterieller Besiedelungen/Infektionen unerlässlich. Darüber hinaus sind für bestimmte Mutationen kausale Therapieansätze (CFTR-Modulatoren) möglich. Bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf werden häufig Leber- und/oder Lungentransplantationen notwendig. Die Lebenserwartung eines Neugeborenen mit zystischer Fibrose liegt aktuell bei 60 Jahren.
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Epidemiologie
- Inzidenz: 1/4.800–1/3.300 Neugeborene in Deutschland [1]
- In Deutschland aktuell ca. 8.000 Betroffene und ca. 150–200 Neuerkrankungen pro Jahr [2]
- Zweithäufigste hereditäre Stoffwechselkrankheit der europäischen Bevölkerung (nach der Hämochromatose)
- Alter bei Diagnosestellung
- Meist <1 Jahr [2]
- Gelegentlich >18 Jahre (milde Verlaufsform)
- Lebenserwartung: Im Median 60 Jahre [2]
- In Deutschland aktuell >60% der CF-Patient:innen >18 Jahre
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Genetik [4]
- Mutation des CFTR-Gens auf dem langen Arm des Chromosoms 7
- Kodiert für das gleichnamige Chloridkanalprotein CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator)
- Über 2.000 verschiedene Mutationen in sechs Mutationsklassen
- Konsequenzen einzelner Mutationen
- Beeinträchtigung der CFTR-Synthese und/oder -Funktion
- Vorzeitiges Stoppcodon (Insertion, Deletion, Nonsense-Mutation)
- Beteiligung invarianter Nukleotide GT/AG intronischer Spleißstellen
- Deletion von einem oder mehreren Exons
- Erbgang: Autosomal-rezessiv
- Heterozygote Anlageträger haben ein gesundes und ein mutiertes CFTR-Allel und sind klinisch gesund
-
Heterozygotenfrequenz in Europa: ca. 4% (1:25)
- Berechnung der Heterozygotenfrequenz nach dem Hardy-Weinberg-Gesetz
Mutationsklassen [7]
Mutationsklasse I (ca. 10% aller CF-Patient:innen)
- Mechanismus: Defekte mRNA („premature stopcodon”) → Fehlende Proteinproduktion → Kein Chloridtransport möglich
- Mutationen (Auswahl): G542X, W1282X, R553X, CFTRdele2,3, 1717-1G→A, 2183AA→G, R1162X, 2143delT, 2184delA, 621+1G→T, 3659delC, 1078delT, 3905insT, E60X, 2184insA
Mutationsklasse II (ca. 90% aller CF-Patient:innen)
- Mechanismus: Gestörte Prozessierung („trafficking defect”) → Intrazellulärer enzymatischer Abbau des Proteins → Kein/wenig Protein erreicht die Zelloberfläche → Chloridtransport gestört
- Mutationen (Auswahl): ΔF508, N1303K, M1101K, I507del, G85E, E92X, L206W
- Mutation ΔF508 (DeltaF508) : Häufigste Mutation in Deutschland und bei Menschen mit nordeuropäischer Abstammung [8] (ca. 70% der CF-Allele, ΔF508-Homozygotie bei ca. 50% der CF-Betroffenen ) [9]
- Mutation ΔF508 (Deletion von 3 Basenpaaren im CFTR-Gen) → Auslassung der Aminosäure Phenylalanin (F) an Position 508 des CFTR-Proteins → Fehlfaltung des CFTR-Proteins → Verminderte Anzahl an Kanälen, deren Funktion zudem beeinträchtigt ist
- Mutation ΔF508 (DeltaF508) : Häufigste Mutation in Deutschland und bei Menschen mit nordeuropäischer Abstammung [8] (ca. 70% der CF-Allele, ΔF508-Homozygotie bei ca. 50% der CF-Betroffenen ) [9]
Mutationsklasse III (ca. 4% aller CF-Patient:innen)
- Mechanismus: Regulations- und Aktivierbarkeitsstörung → Gestörtes Öffnen des Kanals („gating defect”)
- Mutationen (Auswahl): G551D, G1244E, G1349D, G178R, G551S, S1251N, S1255P, S549N, S549R
Mutationsklasse IV (ca. 4% aller CF-Patient:innen)
- Mechanismus: Verminderte Leitfähigkeit („conductance defect”) → Reduzierter Chlorid-Ionen-Fluss
- Mutationen (Auswahl): R117H, R334W, D1152H, D579G, R117C, P67L
Mutationsklasse V
- Mechanismus: Reduzierte Synthese („splicing defect”) → Reduzierte Anzahl funktionierender Kanäle
- Mutationen (Auswahl): 2789→5GA, 3849+10kbC→T, 3272-26A→G, 711+3A→G, A455E
Mutationsklasse VI
- Mechanismus: Instabilität des Proteins („accelerated turnover”) → Reduzierte Halbwertszeit der Kanäle in der Zellmembran
- Mutation (Auswahl): 4326deITC, 4279insA
Die Mutationsklassen I und II werden auch als „Minimalfunktionsmutationen“ bezeichnet, da sie eine stark beeinträchtigte (minimale) CFTR-Funktion zur Folge haben. Die Mutationsklassen IV, V und VI werden hingegen als „Restfunktionsmutationen“ bezeichnet, da hier immerhin noch eine gewisse CFTR-Restfunktion vorliegt! [11]
Etwa jeder 25. Mensch in Deutschland ist Träger eines defekten CFTR-Gens!
Pathophysiologie
- Pathophysiologie bei Fehlfunktion der CFTR-Ionenkanäle
- Mutation des CFTR-Gens → Gestörte Funktion oder Fehlen des membranständigen cAMP-abhängigen Chloridkanals CFTR → Gestörter Transport der Chloridionen von intra- nach extrazellulär → Viskositätssteigerung des Sekrets exkretorischer Zellen → Schleimadhäsion → Chronische Entzündungen → Organschädigung
- CFTR-Funktion ist abhängig von
- Leitfähigkeit (Conductance) der Kanäle
- Öffnungswahrscheinlichkeit (Gating) der Kanäle
- Anzahl der Kanäle auf der Zelloberfläche
- Zusätzlich Interaktion des CFTR mit anderen Ionenkanälen, insb. membranständigen Natriumkanälen (ENaC) → Verstärkte Natriumabsorption
- Organspezifisch
- Im bronchopulmonalen System: Erhöhte Viskosität und veränderte Elektrolytzusammensetzung des Schleims → Reduzierte mukoziliäre Clearance → Schleimadhäsion → Chronische Infektion → Chronische Entzündung → Freisetzung von Proteasen und Oxidanzien → Organschädigung
- Im Schweiß: Erhöhter NaCl-Gehalt (siehe: Schweißtest)
Symptomatik
Symptome nach Organsystem
Respirationstrakt
- Chronischer produktiver Husten
- Rezidivierende obstruktive Bronchitiden (exspiratorisches Giemen und Brummen, ggf. feuchte Rasselgeräusche)
-
Rezidivierende Infekte mit charakteristischen Erregern
-
Bakterien
- Initial Haemophilus influenzae und Staphylococcus aureus
- Später gramnegative Problemkeime wie Pseudomonas aeruginosa oder Burkholderia cepacia
- Viren
- Pilze, insb. ABPA (allergische bronchopulmonale Aspergillose; ca. 10% der CF-Patient:innen)
-
Bakterien
- Chronische bronchopulmonale Entzündung
- Hämoptysen
- Bronchiektasen
- Lungenemphysem
- Pneumothorax
- Respiratorische Insuffizienz → Thoraxdeformitäten, Kyphoskoliose, Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger
- Chronische Sinusitis und Polyposis nasi
Pankreas und Gastrointestinaltrakt
- Exokrine Pankreasinsuffizienz
- Postnatal: Verzögerter Mekoniumabgang oder Ausbleiben des Mekoniumabgangs (Mekoniumileus, siehe: Komplikationen bei CF)
- Aufgetriebenes Abdomen
- Maldigestion mit dadurch bedingten massiven, übelriechenden Fettstühlen und Gedeihstörung
- Eventuell Rektumprolaps
- Pankreatitis
- Pankreopriver Diabetes mellitus
- Gastroösophagealer Reflux, Magenentleerungsstörung
- Distales intestinales Obstruktionssyndrom
Gallengang und Leber
- Icterus prolongatus
- Cholestase, Cholezystolithiasis
- Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
- Leberverfettung (sonografisch erhöhte Echogenität) bis hin zur biliären Zirrhose (<10% der Fälle)
Niere und Harnwege
- Harninkontinenz (30–70% aller an CF erkrankten Frauen) [13]
- Nephritis und Niereninsuffizienz
Herz-Kreislauf-System
Schweißdrüsen
- Verminderte Rückresorption von Chlorid-Ionen → Salziger Schweiß , ggf. Salzverlustsyndrom im Säuglingsalter
Keimdrüsen
- Verzögerte Pubertätsentwicklung
- ♂: Sterilität durch obstruktive Azoospermie
- ♀: Verminderte Fertilität
Weitere Symptome
- Osteoporose (>30%)
- Dermatitis (insb. im Kindesalter)
- Depression (25%)
- CF-Arthropathie
Manifestationen nach Alter und Organsystem
Klinisches Bild der zystischen Fibrose: Manifestationen nach Alter und Organsystem [8][12] | ||||||
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Alter | Respirationstrakt | Pankreas und Gastrointestinaltrakt | Leber | Schweißdrüsen | Geschlechtsorgane | Dominierende Keime |
0–10 Jahre |
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10–20 Jahre |
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20–35 Jahre |
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>35 Jahre |
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Kriterien einer infektbedingten pulmonalen Exazerbation bei CF [14]
Akute Verschlechterung von mind. 2 der folgenden Symptome (mit Notwendigkeit einer zusätzlichen Antibiotikatherapie)
- Sputummenge oder -farbe
- Husten
- Atemnot
- Lungenfunktionsstörung um >10% und/oder radiologische Veränderungen
- Gewichtsverlust
- Schwäche und Krankheitsgefühl
Diagnostik
Diagnosekriterien für eine CF [15]
Für die Diagnosestellung muss mind. einer der folgenden diagnostischen oder klinischen Hinweise und mind. eine nachgewiesene CFTR-Funktionsstörung vorliegen.
- Diagnostische Hinweise auf eine CF
- Positives Neugeborenenscreening auf CF
- Geschwisterkind mit CF
- Klinische Hinweise auf eine CF
- Sinopulmonale Hinweise
- Chronische respiratorische Symptome (Dauer >3 Monate)
- Persistierende radiologische Pathologien
- Persistierender Nachweis typischer Erreger in Atemwegssekreten
- Beidseitige chronische Rhinosinusitis mit/ohne Nasenpolypen mit häufigen Exazerbationen im Kindes- und Jugendalter
-
Gastrointestinale Hinweise
- Pankreas: Exokrine Pankreasinsuffizienz, akut rezidivierende und/oder chronische Pankreatitis
- Darm: Pränatal sonografisch echogener Darm, Mekoniumileus, Mekoniumpfropfsyndrom, Rektumprolaps, distales intestinales Obstruktionssyndrom
- Leber: Chronische Lebererkrankung, fokale biliäre oder multilobuläre Zirrhose und/oder portale Hypertension (klinisch oder histologisch nachgewiesen), Cholelithiasis (ohne hämatologische Erkrankung), Icterus prolongatus, bei Erwachsenen zusätzlich primär sklerosierende Cholangitis und aquagene Palmoplantarkeratose
- Mangelernährung: Gedeihstörung, Hypoproteinämie und Ödeme, Mangel an fettlöslichen Vitaminen und/oder Zink mit Symptomen
- Obstruktive Azoospermie
- Salzverlustsyndrom
- Sinopulmonale Hinweise
- Nachweis einer CFTR-Funktionsstörung [16][17]
- Pathologischer Schweißtest (Chlorid ≥60 mmol/L) in mind. 2 unabhängigen Messungen
- Nachweis von 2 CF-verursachenden CFTR-Mutationen (in trans)
- Apparativer Nachweis einer charakteristischen Abnormalität der CFTR-Funktion mittels nasaler Potenzialdifferenzmessung (nPD) oder intestinaler Kurzschlussstrommessung (ICM)
Diagnosekriterien für eine CF-bedingte Erkrankung [15]
Für die Diagnosestellung muss mind. einer der folgenden klinischen Hinweise und eine nachgewiesene CFTR-Funktionsstörung vorliegen, die nicht die Kriterien für eine CF erfüllt.
- Klinische Hinweise auf eine CF (siehe: Diagnosekriterien für eine CF)
- Nachweis einer CFTR-Funktionsstörung (die nicht die Kriterien für eine CF erfüllt)
- Nachweis einer CFTR-Funktionsstörung in mind. 2 unterschiedlichen CFTR-Funktionsmessungen
- Nachweis einer CFTR-Variante mit verminderter CFTR-Funktion und Nachweis einer CFTR-Funktionsstörung in mindestens 2 unterschiedlichen CFTR-Funktionsmessungen
- Nachweis von 2 CFTR-Varianten mit verminderter CFTR-Funktion, von denen höchstens eine das Vollbild der CF verursacht
Diagnosekriterien für eine CFSPID [15]
- Definition: Positives Neugeborenenscreening ohne klinische Hinweise auf eine CF und
- Chloridgehalt im Schweißtest <30 mmol/L und 2 CFTR-Varianten, von denen mind. eine Variante keine CF verursacht oder
- Chloridgehalt im Schweißtest 30–59 mmol/L und max. eine CF-verursachende CFTR-Variante
- Konsequenzen
- Aufklärung der Eltern
- Betreuung in einem CF-Zentrum bzw. einer CF-Ambulanz
- Alle 6 Monate
- Körperliche Untersuchung
- Schweißtest
- Elastase-Bestimmung im Stuhl
- Beurteilung von Atemwegsbesiedelung bzw. -infektionen
- Im Alter von 6 Jahren: Ausführliche Diagnostik
Pränataldiagnostik
- Sonografie: Echoreicher Darm [15][18]
- Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie: Mutationsanalyse hinsichtlich der elterlichen Mutationen [15][18]
- Mögliche Indikationen
- Heterozygotie beider Elternteile
- Homozygotie eines Elternteils
- Echoreicher Darm in der Sonografie
- Zu beachten: Maternale Zellkontamination ausschließen (durch Mikrosatellitenanalyse)
- Mögliche Indikationen
Da positive Befunde in der Pränataldiagnostik zu Schwangerschaftsabbrüchen führen können, ist eine differenzierte Untersuchung und eingehende Beratung der Eltern unerlässlich!
Neugeborenenscreening
Allgemeine Informationen
- Einführung: September 2016 [19]
- Prinzip: Stufendiagnostik (nach IRT-PAP-DNA-Protokoll)
- Bestimmung des immunreaktiven Trypsinogens (IRT)
- Ggf. Bestimmung des Pankreatitis-assoziierten Proteins (PAP)
- Ggf. DNA-Analyse der häufigsten CF-Mutationen
- Zeitpunkt: I.d.R. zusammen mit dem Neugeborenenscreening im Alter von 36–72 h
- Sensitivität: In Deutschland ca. 96%
- Zu beachten
- Ärztliche Aufklärung und schriftliche Einverständniserklärung der Eltern erforderlich
- Information über positiven Screeningbefund erhält nur die einsendende Praxis bzw. Klinik (meist die Geburtsklinik)
Beurteilung
- IRT-Wert
- <99,0. Perzentile: Screening negativ
- 99,0.–99,9. Perzentile: Messung von Pankreatitis-assoziiertem Protein (PAP)
- PAP-Wert ≤87,5. Perzentile: Screening negativ
- PAP-Wert >87,5. Perzentile: DNA-Analyse der 31 häufigsten CF-Mutationen in Deutschland
- Kein Nachweis einer Mutation: Screening negativ
- Nachweis von mind. einer Mutationen: Screening positiv
- >99,9. Perzentile: Screening positiv
Konsequenzen
- Screening negativ: CF unwahrscheinlich, bei unauffälligem klinischen Bild keine weitere Diagnostik nötig
- Screening positiv: CF wahrscheinlich, Konfirmationsdiagnostik mittels Schweißtest indiziert
Bei Kindern mit CF-verdächtigen klinischen Symptomen sollte auch bei negativem Screeningergebnis immer ein Schweißtest durchgeführt werden!
Mögliche Ursachen falscher Screening-Ergebnisse
- Falsch-negative Screening-Ergebnisse
- Pankreassuffiziente Patient:innen
- Fehlende enterale Ernährung zum Zeitpunkt des Screenings
- Schon intrauterin erfolgte Zerstörung des Pankreasgewebes
- Nicht im Screening enthaltene CF-Mutationen
- Falsch-positive Screening-Ergebnisse
- Stress unter der Geburt
- Niedriges Geburtsgewicht
- Frühgeburtlichkeit
Da das Neugeborenenscreening auf CF eine hohe Rate falsch-positiver Befunde ergibt, muss jeder positive Befund im Rahmen der Konfirmationsdiagnostik bestätigt werden!
Ausschluss- bzw. Konfirmationsdiagnostik
Pilocarpin-Iontophorese (Schweißtest) [15][19][20]
- Prinzip: Messung der Chlorid-Ionen-Konzentration im Schweiß nach Stimulation der Schweißsekretion
- Bedeutung: I.d.R. erster Schritt der Konfirmationsdiagnostik
- Indikationen
- Auffällige pränatale Darmsonografie [1]
- Positives Neugeborenenscreening auf CF
- Typische klinische Hinweise auf CF (siehe: Symptome einer CF)
- Geschwisterkind mit CF
- Voraussetzungen
- Alter ≥3 Tage
- Beachte: Innerhalb der ersten 6 Lebenswochen physiologisch erhöhte Werte; erst Werte >90 mmol/L pathologisch
- Gute Hydratation, keine Ödeme oder Ekzeme an den Untersuchungsstellen
- Alter ≥3 Tage
- Durchführung (bilateral)
- Haut reinigen
- An zwei kleinen Hautarealen am Unterarm Pilocarpin auftragen (Gelscheiben oder in Lösung getränkte Tupfer)
- Zwei Elektroden anbringen und schwachen Gleichstrom applizieren (ca. 5 min) [21]
- Elektroden entfernen und Sammelsystem (Filterpapier, Gaze oder sog. Sammelschnecke ) auf der stimulierten Haut befestigen (Sammelzeit 20–30 min)
- Schweißmindestmenge: ≥1 g/m2 Sammelfläche pro Minute Sammelzeit
- Mindestmenge für Macroduct-System®: 15 μL
- Mindestmenge für Gibson-Cooke-System: 71 μL bei Filterpapier mit einem Durchmesser von 5,5 cm
- Chloridmessung mittels manueller oder coulometrischer Titration
- Mögliche Komplikationen (extrem selten): Verbrennungen, Allergien
- Auswertung
- Leitfähigkeit: Nur zu Screeningzwecken zu verwenden!
- Chlorid-Ionen-Konzentration: Einzig zulässiger Parameter (im Rahmen des Schweißtests) zur Diagnosesicherung
- <30 mmol/L: CF unwahrscheinlich
- 30–59 mmol/L: Grenzbereich → Wiederholung des Schweißtests, ggf. DNA-Mutationsanalyse
- ≥60 mmol/L: CF wahrscheinlich → Wiederholung des Schweißtests an einem anderen Tag
- Bei 2 pathologischen Befunden ≥60 mmol/L: Beweisend für eine CF → DNA-Mutationsanalyse zur Therapieauswahl
- Sensitivität ca. 96%, Spezifität ca. 99%
- Qualitätskontrolle
- Kontrolle der Anzahl unzureichender Schweißstimulationen
- Kontrollproben bei Chloridbestimmung
- Erfahrung des Personals
- Durchführung weiterer qualitätssichernder Maßnahmen
Die alleinige Bestimmung von Natrium und/oder der Leitfähigkeit sind obsolet! Zur Diagnosesicherung muss immer die Chlorid-Ionen-Konzentration gemessen werden!
DNA-Mutationsanalyse bei CF [15]
- Indikationen
- Erhöhtes Pankreatitis-assoziiertes Protein (PAP) im Neugeborenenscreening auf CF
- Pathologischer Schweißtest (Chlorid-Ionen-Konzentration ≥30 mmol/L)
- Verdacht auf CFTR-bedingte Erkrankung (siehe: Diagnosekriterien für eine CF-bedingte Erkrankung)
- Geschwisterkind mit CF
- Obstruktive Azoospermie
- Zu beachten
- Aufklärung der Eltern bzw. Patient:innen
- Ggf. humangenetische Beratung vor der Durchführung (dringend bei auffälligem Befund)
- Bei positivem Befund: Schweißtest erforderlich (falls noch nicht geschehen)
- Häufigste CFTR-Mutationen: Abhängig von der Abstammung
- Deutsche Abstammung: ΔF508, G542X, R553X, N1303K, G551D, CFTRdele2,3 (21kb), R347P, 1717-1G>A, 3849+10kbC->T
- Nachweis von ca. 90% der CF-Allele möglich
- Ca. 81% Homozygotie für eine CF-auslösende CFTR-Mutation oder Compound-Heterozygotie für zwei verschiedene CF-auslösende CFTR-Mutationen
- Ca. 18% Compound-Heterozygotie für eine der häufigsten CFTR-Mutationen und eine durch diesen Test nicht detektierbare Mutation
- Ca. 1% kein Nachweis einer der häufigsten CFTR-Mutationen
- Nachweis von ca. 90% der CF-Allele möglich
- Schweizer Abstammung: ΔF508, G542X, R553X, 3905insT, 1717-1G>A, N1303K, W1282X, 2347delG
- Österreichischer Abstammung: ΔF508, G542X, R553X, R1162X, G551D, CFTRdele2,3 (21kb), 457 TAT>G
- Andere Länder: Häufig Komplettuntersuchung indiziert, da sonst nur ca. 45% der CFTR-Mutationen nachgewiesen werden
- Bei betroffenen Personen türkischer Abstammung liegt bspw. nur in 15–25% eine F508-Mutation vor (häufig heterogen) vs. 70% bei betroffenen Personen deutscher Abstammung
- Deutsche Abstammung: ΔF508, G542X, R553X, N1303K, G551D, CFTRdele2,3 (21kb), R347P, 1717-1G>A, 3849+10kbC->T
- Weitere CFTR-Mutationen (Komplettuntersuchung): Bei Nachweis von nur einer oder keiner der häufigsten CFTR-Mutation
- Sequenzierung der gesamten kodierenden Sequenz inklusive flankierender Intronsequenzen
- Suche nach größeren Deletionen oder Insertionen
- Suche nach bekannten häufigen Intronmutationen wie 3849+10KbC->T
- Detektionsrate ca. 99%, bei CFTR-bedingten Erkrankungen deutlich niedriger
- Heterozygotentestung als prädiktive Testung bei Verwandten
- Bei Nachkommen: Ggf. Testen der homozygoten oder compound-heterozygoten Mutation(en) mittels Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasserpunktion
- Bei minderjährigen Geschwistern: Immer Schweißtest, ggf. Mutationsanalyse, wenn klinischer Befund auffällig, aber Schweißchloridwert ≤59 mmol/L
- Bei gesunden Eltern oder gesunden erwachsenen Geschwistern: Testen der homozygoten oder compound-heterozygoten Mutation(en) → Nachweis bzw. Ausschluss einer Heterozygotie
- Bei weiter entfernten Verwandten: Ggf. zusätzliches Testen von weiteren häufigen Mutationen → Ausschluss einer familiär erhöhten Heterozygotenwahrscheinlichkeit
- Einige Mutationen kommen häufig bei CF-assoziierten Erkrankungen vor, bedingen aber nur selten eine klassische CF
- Bspw. R117H(7T)-Allel
Bei der Mutationsanalyse muss immer die Abstammung der Person berücksichtigt werden!
Potenzialdifferenzmessung (Elektrophysiologie) [15]
- Methoden
- Nasale Potenzialdifferenzmessung (nPD)
- Intestinale Kurzschlussstrommessung (ICM)
- Indikation: Diagnosesicherung bei Unklarheit nach Durchführung von Schweißtest und Mutationsanalyse (nur in Einzelfällen)
- Aussagekraft
- Grundlagen
- Bei Gesunden
- Natriumtransport: Natrium wird mittels elektrochemischem Gradienten an luminaler Seite der Mukosazelle aufgenommen und an basolateraler Membran mithilfe der Na/K-ATPase gegen Kalium ausgetauscht
- Chloridtransport an der apikalen Membran über
- cAMP-regulierten Chloridkanal (Glykoprotein des CFTR-Gens: Bei CF defekt)
- Calcium-abhängigen Kanal (bei CF normal funktionsfähig; kann Teile der defekten Chloridsekretion kompensieren)
- Bei CF: Transepitheliale Ionentransportstörung, insb. der Chlorid- und Natriumkanäle
- Transepitheliale Potenzialdifferenz = Durch Ionentransportvorgänge messbare (in Bezug auf die Submukosa lumennegative) Spannung, gemessen in Millivolt (mV)
- Bei Gesunden
- Durchführung der nasalen Potenzialdifferenzmessung
- Immer durch erfahrenes Personal in einem CF-Zentrum
- Immer nach standardisiertem Protokoll
- In-vivo-Potenzialdifferenz: 2 Messungen zwischen Katheter im unteren Nasengang und kutaner Referenzelektrode
- 1. Messung in Ruhe: Werte von CF-Patienten stärker negativ als die von Gesunden
- 2. Messung nach Einbringen von Natriumkanalblockern (z.B. Amilorid) in den unteren Nasengang
- Bei Gesunden: Stimulation der Chloridsekretion über die cAMP-gesteuerte Signalübermittlung → Zunahme der lumennegativen Potenzialdifferenz
- Bei CF-Patienten: Ausbleiben dieser Reaktion
- Nicht anzuwenden bei jungen Kindern oder Vorliegen von Nasenpolypen oder Rhinitis
- Durchführung der rektalen Potenzialdifferenzmessung
- Ergänzender Wert zur CFTR-Funktionsmessung
- Rektoskopische Entnahme von oberflächlichen, 2–3 mm großen Rektumschleimhautbiopsien aus intakter Mucosa
- Ex-vivo-Potenzialdifferenz: Messung an Rektumbiopsaten in einer modifizierten Ussing-Kammer nach pharmakologischer Stimulation der CFTR-Chloridkanäle
- Messung der transepithelialen Potenzialdifferenz
- Messung des transepithelialen Widerstands
- Probenentnahme in allen Altersgruppen schmerzfrei, ggf. unter Sedierung möglich
- Sehr geringes Risiko, ggf. reversible oberflächliche Schleimhautblutung
Weitere diagnostische Maßnahmen
Körperliche Untersuchung und Anamnese
- Siehe: Symptome einer CF
Labordiagnostik
- Ziel: Beurteilung der Krankheits- bzw. Entzündungsaktivität und des Substitutionsbedarfs
- Parameter
- Differenzialblutbild, CRP, IgG, AST, ALT
- Haptoglobin, LDH, indirektes Bilirubin
- Fettlösliche Vitamine E, D, K, A , Zink, Ferritin, Selen, ggf. alkalische Phosphatase (AP)
- BGA
- Gesamtprotein, Albumin
- Untersuchungsintervall [1]
- Immer bei Diagnosestellung
- Kontrolle des Eisenstatus mind. alle 12 Monate
- Kontrolle der fettlöslichen Vitamine nach 6 Monaten
- Bei unauffälligen Werten alle 12 Monate
- Bei auffälligen Werten und Beginn einer Substitution nach 3–6 Monaten
Stuhldiagnostik [1][22]
- Ziel: Erfassen einer exokrinen Pankreasinsuffizienz
- Parameter
- Elastase-Bestimmung im Stuhl (ELISA)
- Auswertung
- Normalwert >200 μg/g Stuhl
- Pathologischer Wert <200 μg/g Stuhl: Exokrine Pankreasinsuffizienz
- Ursachen für falsch-niedrige Werte: Flüssiger Stuhl, Obstipation, Mekonium
- Untersuchungsintervall
- Immer bei Diagnosestellung
- Innerhalb der ersten 2 Lebensjahre in regelmäßigen Abständen (je nach Befund und Symptomatik)
- Bei Pankreaselastase ≥200 μg/g Stuhl: Alle 3 Monate
- Bei Pankreaselastase <200 μg/g Stuhl, Gedeihstörung und/oder auffälligen Stühlen: Häufiger
- Auswertung
- Stuhlfettanalyse [23]
- Durchführung
- Stuhlsammlung über 3–5 Tage, Analyse im Labor
- Fettresorptionskoeffizient = (Fettaufnahme in g – Fettausscheidung in g) ÷ Fettaufnahme in g × 100
- Auswertung: >7 g Fett pro Tag jenseits des Säuglingsalters → Exokrine Pankreasinsuffizienz
- Durchführung
- Elastase-Bestimmung im Stuhl (ELISA)
Thorakale Bildgebung
- Indikationen: Pulmonale Exazerbation, V.a. Pneumonie, Erguss oder Pneumothorax
- Untersuchungsintervall
- Immer bei Diagnosestellung der CF
- Routineuntersuchungen nicht genau festgelegt
- Methoden
- Röntgen-Thorax-Übersichtsaufnahme
- High-Resolution-CT (HRCT) oder MRT
- Frühes, sensitiveres Erfassen möglicher struktureller pulmonaler Veränderungen
- Abzuwägen sind altersabhängige Faktoren wie eine Sedierung zur Durchführung und die Strahlenbelastung gegenüber der therapeutischen Konsequenz
- Gasauswaschmethode mit Bestimmung des „Lung Clearance Index“ (LCI)
- Zeit- und kostenintensiv (nur in wenigen Mukoviszidosezentren verfügbar)
- Frühe Hinweise auf eine Belüftungsstörung einzelner Lungenareale
Sonografie
- Ziel: Beurteilung abdomineller Auffälligkeiten
- Untersuchungsintervall
- Immer bei Diagnosestellung der CF
- Routineuntersuchung jährlich
- Mögliche Befunde
- Hepatomegalie und erhöhte Echogenität
- Echoreiches Pankreas
- Echoreiche verdickte Darmwand
Oraler Glucosetoleranztest (oGTT)
- Ziel: Frühes Erkennen einer diabetischen Stoffwechsellage
- Untersuchungsintervall
- Ab dem 10. Lebensjahr: Jährlich
- Bei gestörter Glucosetoleranz: Halbjährlich
- Zu beachten: Bestimmung des HbA1c im Blut oder der Glucose im Urin als Screening-Methode nicht geeignet
Bei der Erstdiagnose einer CF sind Labordiagnostik, Stuhldiagnostik, Bildgebung des Thorax und Sonografie des Abdomens indiziert!
Ggf. Ösophagogastroduodenoskopie und/oder pH-Metrie [1]
- Indikation: Klinische Hinweise auf gastroösophageale Refluxkrankheit
- Ziele
- Nachweis/Ausschluss einer Ösophagitis
- Beurteilung der Korrelation von Husten und Refluxereignissen
Zum Nachweis einer gastroösophagealen Refluxkrankheit sollte keine probatorische Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren durchgeführt werden!
Infektiologische Diagnostik
Allgemeine Informationen [14]
- Ziel: Frühzeitiges Erfassen einer bakteriellen Infektion/Kolonisation der Atemwege (insb. mit Pseudomonas aeruginosa)
- Indikationen
- Diagnosestellung einer CF
- Exazerbation einer CF
- Routineuntersuchungen
- Kinder <2 Jahre: Mind. alle 8 Wochen (tiefer Rachenabstrich)
- Kinder ≥2 Jahre, Jugendliche, Erwachsene: Mind. 6×/Jahr (bei chronischer P.-aeruginosa-Infektion mind. 4×/Jahr)
- Durchführung: Wenn möglich morgens im CF-Zentrum (ggf. Probenentnahme zu Hause )
Pseudomonas-aeruginosa-Diagnostik (PA-Diagnostik) [14]
Mikrobiologische Untersuchung von Atemwegssekret
- Materialgewinnung
- Spontanes bzw. induziertes Sputum
- Inhalation eines β2-Mimetikums zur Bronchodilatation (bspw. Salbutamol als Dosieraerosol oder Feuchtinhalat)
- Anschließend Inhalation mit 3 mL einer 3–7%igen NaCl-Lösung (hypertone Kochsalzlösung)
- Expektoration in ein steriles Probengefäß
- Tiefer Rachenabstrich
-
Bronchoalveoläre Lavage (BAL)
- Probenentnahme aus Atemwegssekreten im Rahmen einer Bronchoskopie
- Transfer in ein steriles Probengefäß
- Spontanes bzw. induziertes Sputum
- Direkter Erregernachweis (Kultur)
- Resistenztestung
- Identifizierung bis auf Speziesebene (z.B. mittels MALDI-TOF, oder 16S-rDNA-Sequenzierung)
- Differenzierung in nicht-mukoid, mukoid und Small-Colony-Varianten (SCV)
Für den sicheren Nachweis einer Infektion/Kolonisation mit Pseudomonas aeruginosa ist eine Kultur aus Material der unteren Atemwege erforderlich!
Antikörpertiter im Serum [14]
- Zielstrukturen: Alkalische Protease, Elastase, Exotoxin A
- Indikation
- Routinemäßig 1×/Jahr
- Kultureller Erstnachweis von Pseudomonas aeruginosa
- 3–6 und 12 Monate nach erfolgreicher Eradikation
Der Nachweis von Antikörpern gegen Pseudomonas aeruginosa hat keinen positiven prädiktiven Wert für einen künftigen kulturellen Nachweis!
Bewertung [14]
- Pseudomonas-aeruginosa-frei
- Bislang kein kultureller Nachweis von Pseudomonas aeruginosa (bei ≥6 Untersuchungen pro Jahr) oder
- Seit dem letzten kulturellen Nachweis ≥6 negative Befunde über einen Zeitraum von ≥1 Jahr und negative Antikörpertiter
- Erstnachweis: Erstmaliger kultureller Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in Atemwegssekreten
- Intermittierende Infektion: Kultureller Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in <50% der untersuchten Atemwegssekrete (mind. 6×/Jahr) in den letzten 12 Monaten
- Chronische Infektion: Kultureller Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in ≥50% der untersuchten Atemwegssekrete (mind. 6×/Jahr) in den letzten 12 Monaten
Differenzialdiagnosen
- Abhängig vom klinischen Bild
- Mekoniumileus: Morbus Hirschsprung
- Pulmonale Symptomatik: Rezidivierende obstruktive Bronchitis/Asthma, primäre Ziliendyskinesie
- Chronische Sinusitis: Allergische Rhinitis/Sinusitis, primäre Ziliendyskinesie
- Gedeihstörung: Maldigestion anderer Ursache
- Infektanfälligkeit: Immundefekte
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Allgemeine Informationen
- Ziele
- Verbesserung von Lebensqualität und Lebenserwartung
- Insb. Stabilisierung von Lungenfunktion und Körpergewicht
- Maßnahmen
- Konsequente supportive Basistherapie (siehe: Supportive Basistherapie der CF)
- Ggf. kausale Therapie (siehe: Kausale Therapie der CF)
- Ggf. antibiotische Therapie (siehe: Therapie bakterieller Atemwegsinfektionen bei CF)
- Interdisziplinäre Betreuung
- Sozialpädagogische Anbindung
- Psychotherapeutische Betreuung von Betroffenen und Bezugspersonen
- Bei terminaler Erkrankung: Anbindung an ein Palliativteam [13]
Eine konsequente supportive Basistherapie (insb. Inhalationstherapie und Physiotherapie) ist bei der Behandlung einer CF unerlässlich!
Impfungen bei CF [1]
- Allgemein: Entsprechend den aktuellen STIKO-Empfehlungen (siehe auch: Impfkalender)
- Zusätzlich
- Jährliche Impfung gegen Influenza ab dem Alter von 6 Monaten
- RSV-Prophylaxe (siehe: RSV-Prophylaxe bei Risikofaktoren für einen schweren Verlauf)
- Impfung gegen Hepatitis A ab dem Alter von 12 Monaten
Ernährung Neugeborener und Säuglinge mit CF [1]
- Allgemein: Entsprechend aktuellen Ernährungsempfehlungen bedarfsangepasst und ausgewogen (siehe auch: Ernährung im Kindes- und Jugendalter)
- Ziel: Längensollgewicht 90–110% bzw. Gewicht und Länge ≥50. Perzentile
- Bei Gedeihstörung
- Zusätzlich hochkalorische Formulanahrung bzw. Beikost bzw. Familienkost
- Je nach Ursache ggf. weitere Interventionen (bspw. Ernährungsprotokoll, Verhaltensmodifikation, ernährungstherapeutische Beratung)
Supportive Basistherapie
Bei pulmonaler Manifestation
- Ziel: Regelmäßige Lyse, Mobilisation und Expektoration von Sekret
- Inhalationstherapie
- Kurzwirksame β-Sympathomimetika, insb. Salbutamol (jedes Alter)
- Für weitere Dosierungen siehe auch: Salbutamol
- Bei Unverträglichkeit von β-Sympathomimetika: Anticholinergika, insb. Ipratropiumbromid
- Mannitol inhalativ
- Zugelassen ab 18 Jahren [12]
- Mannitol-Initialdosistest: Immer vor Behandlungsbeginn, um eine Hyperreaktivität gegen Mannitol auszuschließen
- Vorbereitung
- 5–15 min vor Initialdosis: FEV1- und spO2-Messung
- 1 min später: Inhalation mit bronchodilatierendem Medikament (z.B. 1 Hub Salbutamol)
- Durchführung des Mannitol-Initialdosistests
- 1. Erneute Messung der FEV1- und spO2-Ausgangswerte
- 2. Inhalation von 40 mg Mannitol (1 Kapsel zu 40 mg) unter spO2-Überwachung
- 3. Inhalation von 80 mg Mannitol (2 Kapseln zu je 40 mg) unter spO2-Überwachung
- 4. Inhalation von 120 mg Mannitol (3 Kapseln zu je 40 mg) unter spO2-Überwachung, Messung von FEV1
- 5. Inhalation von 160 mg Mannitol (4 Kapseln zu je 40 mg) unter spO2-Überwachung, Messung von FEV1
- 6. Erneute Messung von FEV1 15 min nach Testende
- Vorbereitung
- Dornase alpha inhalativ
- Zugelassen ab 5 Jahren für CF-Patient:innen, deren forcierte Vitalkapazität (FVC) >40% beträgt [12]
- Kinder und Erwachsene <21 Jahre
- Erwachsene ≥21 Jahre
- Zugelassen ab 5 Jahren für CF-Patient:innen, deren forcierte Vitalkapazität (FVC) >40% beträgt [12]
-
Hypertone (3–7%ige) Kochsalzlösung inhalativ (z.B. MucoClear®)
- NaCl 3%: Zugelassen ab der Geburt
- NaCl 6%: Zugelassen und erstattungsfähig ab dem 6. Lebensjahr [12]
- Zu beachten
- Insb. bei kleinen Säuglingen kann es zu einer übermäßigen Reaktion mit konsekutiver Verengung der Bronchien kommen, dann ist die Behandlung unverzüglich abzubrechen
- Nach der Inhalation sollte, wenn möglich, eine aufrechte Haltung eingenommen werden, um das Abhusten des Schleims zu erleichtern
- Aus hygienischen Gründen sollten vorzugsweise kleine Ampullen à 5–10 mL verschrieben werden
- Langwirksame β-Sympathomimetika, insb. Salmeterol und Formoterol in Kombination mit Glucocorticoiden (zugelassen ab ≥4 Jahren, Off-Label Use auch bei Kleinkindern möglich )
- Kinder <4 Jahre (Off-Label Use)
- Kinder und Jugendliche ≥4 bis <16 Jahre
- Jugendliche und Erwachsene ≥16 Jahre
- Nicht empfohlen werden Carbocystein, Ambroxol oder Glutathion
- Kurzwirksame β-Sympathomimetika, insb. Salbutamol (jedes Alter)
- Bei oberen Atemwegssymptomen
- Regelmäßige Nasenspülung mit NaCl 0,9% zur Entfernung von Sekret und Krusten
- Ggf. Mometason Nasenspray (bei Obstruktion oder Polyposis nasi)
- Kinder ≥3 bis <12 Jahre
- Jugendliche und Erwachsene ≥12 Jahre
- Physiotherapie : Sporttherapie, Atemtherapie (insb. autogene Drainage )
- Bei bakterieller Infektion/Besiedelung: Antibiotische Therapie (siehe auch: Therapie bakterieller Atemwegsinfektionen bei CF)
- Beim ersten Nachweis von Pseudomonas aeruginosa hat eine Eradikation höchste Priorität
- Bei progredienter respiratorischer Insuffizienz
- O2-Langzeittherapie
- Ultima Ratio: Lungentransplantation
Beim ersten Nachweis von Pseudomonas aeruginosa hat die Eradikation höchste Priorität!
Empfohlene Reihenfolge [14]
- Kurzwirksame Bronchodilatatoren
- Sekretmobilisierung
- Physiotherapie
- Langwirksame Bronchodilatatoren (ggf. in Kombination mit Steroiden)
- Ggf. inhalative Antibiotika
Bei exokriner Pankreasinsuffizienz
- Ausgewogene hochkalorische Ernährung mit Beachtung der Fettqualität (ausreichende Zufuhr an ungesättigten und Omega-3-Fettsäuren)
- Magensaftresistente Pankreasenzyme p.o. zu jeder Mahlzeit in individuellen Dosierungen [12]
- Substitution von fettlöslichen Vitaminen A, D, K und E, ggf. Eisen, Calcium, Zink, Selen
- Vitamin A
- Kinder 0–1 Jahre
- Kinder >1–3 Jahre
- Kinder 4–6 Jahre
- Kinder 7–10 Jahre
- Kinder 11–17 Jahre
- Erwachsene
- Zu beachten [24]
- Kontraindiziert bei Hypervitaminose A, erhöhtem Hirndruck, Therapie mit Retinsäure oder deren Derivaten sowie bei Überempfindlichkeit gegen Vitamin A, Erdnuss, Soja oder sonstige Bestandteile
- Bei Schwangeren und Frauen im gebärfähigen Alter ohne zuverlässigen Konzeptionsschutz und Möglichkeit einer Schwangerschaft: Maximaldosis nicht überschreiten (max. Einzeldosis 3.000 IE Vitamin A bzw. 0,9 mg Retinol-Äquivalente, max. Tagesdosis 8.000 IE Vitamin A bzw. 2,4 mg Retinol-Äquivalente)
- Vitamin D (jedes Alter)
- Vitamin E (zugelassen ab Geburt für reife Neugeborene; keine Zulassung für Frühgeborene)
- Kinder ab 3 kgKG
- Kinder ab 4 kgKG
- Kinder ab 5 kgKG
- Kinder ab 6 kgKG
- Kinder ab 7 kgKG
- Kinder ab 8 kgKG
- Kinder ab 9 kgKG
- Kinder ab 10 kgKG
- Kinder ab 15 kgKG
- Erwachsene
- Vitamin K
- Kinder <1 Jahre: Nur bei Bedarf
- Kinder ≥1 bis <8 Jahre: Nur bei Bedarf
- Kinder ≥8 Jahre: Nur bei Bedarf
- Vitamin A
Ein stabiles Körpergewicht ist insb. deshalb wichtig, weil untergewichtige Personen eine schlechtere Prognose haben als normalgewichtige!
Bei endokriner Pankreasinsuffizienz (Diabetes mellitus)
- Insulintherapie nach Schema [13] (siehe: Diabetes mellitus bzw. Diabetes mellitus Typ I im Kindes- und Jugendalter)
Bei Leberbeteiligung
-
Ursodeoxycholsäure p.o.
- Kinder 1 Monat bis 18 Jahre
- Kinder 20–29 kgKG
- Personen 30–39 kgKG
- Personen 40–49 kgKG
- Erwachsene 50–59 kgKG
- Erwachsene 60–69 kgKG
- Erwachsene 70–79 kgKG
- Erwachsene 80–89 kgKG
- Erwachsene 90–99 kgKG
- Erwachsene 100–109 kgKG
- Erwachsene >110 kgKG
- Nicht anzuwenden bei akuter Cholezystitis, Choledochus- oder Zystikusverschluss, Gallenkoliken, röntgendichten und kalzifizierten Gallensteinen sowie Überempfindlichkeit gegenüber Gallensäuren oder sonstigen Bestandteilen
- Reduzieren bzw. Abbruch der Behandlung bei Dekompensation der Leberzirrhose, zunehmendem Juckreiz oder starken Diarrhöen
- Laborkontrolle von GOT, GPT und γGT alle 4 Wochen in den ersten 3 Monaten, anschließend alle 3 Monate
Bei Osteoporose
- Bisphosphonate p.o. (zugelassen ab ≥18 Jahre)
Bei Frauen zusätzlich
- Regelmäßiges Beckenbodentraining zur Vermeidung einer Harninkontinenz
- Interdisziplinäre Beratung und Begleitung im Hinblick auf Familienplanung
- Vorbereitende und unterstützende Maßnahmen für geplante Schwangerschaften
- Vermeidung ungeplanter Schwangerschaften
Kausale Therapie
Kausale CF-Therapie mit CFTR-Modulatoren
CFTR-Modulatoren beeinflussen im Gegensatz zur supportiven Basistherapie die Funktionsstörung direkt, sodass sie bereits nach einer kurzen Anwendungsdauer zu einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik führen. Die CFTR-Modulatoren beheben jedoch nicht den genetischen Defekt, sodass bei Absetzen der Therapie die Symptome wieder zunehmen, was eine lebenslange Einnahme notwendig macht. Während CFTR-Korrektoren den richtigen „Zusammenbau“ der Ionenkanäle in der Zelle fördern, aktivieren CFTR-Potenziatoren die Kanäle, verbessern die Öffnungswahrscheinlichkeit (Gating) und sorgen dadurch für eine Verstärkung des Chlorid-Ionenflusses durch die Kanäle.
CFTR-Potenziatoren
- Wirkweise: Verbesserung der Öffnungswahrscheinlichkeit (Gating) → Verstärkung des Chlorid-Ionen-Flusses durch die Kanäle
- Ivacaftor (Kalydeco®) [25]
- Zulassung : Ab ≥1 Monat und ≥3 kgKG für bestimmte Gating-Mutationen (Klasse III): G551D, G1244E, G1349D, G178R, G551S, S1251N, S1255P, S549N und S549R sowie R117H-Mutation (Mutationsklasse IV)
- Darreichungsform: Filmtabletten, Granulat
- Dosierung: Abhängig von Alter und Körpergewicht
- ≥1 bis <2 Monate (≥3 kgKG)
- ≥2 bis <4 Monate (≥3 kgKG)
- ≥4 bis <6 Monate (≥5 kgKG)
- ≥6 Monate bis <6 Jahre
- ≥5 bis <7 kgKG
- ≥7 bis <14 kgKG
- ≥14 bis <25 kgKG
- ≥6 Jahre (≥25 kgKG)
- Kontrolluntersuchungen
CFTR-Korrektoren
- Wirkweise: Einfluss auf die Faltung und Reifung des CFTR-Proteins → Verminderte intrazelluläre Proteolyse und verlängerte Verweilzeit in der Membran
- Lumacaftor/Ivacaftor (Orkambi®) [26]
- Zulassung : Ab ≥1 Jahr für homozygote ΔF508-CFTR-Mutation
- Darreichungsform: Filmtabletten, Granulat
- Dosierung: Abhängig von Alter und Körpergewicht
- ≥1 bis <2 Jahre
- ≥7 bis <9 kgKG
- ≥9 bis <14 kgKG
- ≥14 kgKG
- ≥2 bis <6 Jahre
- <14 kgKG
- ≥14 kgKG
- ≥6 bis <12 Jahre
- ≥12 Jahre
- ≥1 bis <2 Jahre
- Kontrolluntersuchungen siehe: Ivacaftor
- Zusätzlich: Regelmäßige Blutdruckkontrollen
- Tezacaftor/Ivacaftor (Symkevi®) [27]
- Zulassung : Ab ≥6 Jahren für
- Homozygote ΔF508-CFTR-Mutation oder
- Heterozygote ΔF508-CFTR- plus eine Restfunktionsmutation: P67L, R117C, L206W, R352Q, A455E, D579G, 711+3A→G, S945L, S977F, R1070W, D1152H, 2789+5G→A, 3272-26A→G und 3849+10kbC→T
- Ausschließlich zur Kombinationstherapie mit Ivacaftor (Kalydeco®) zugelassen
- Darreichungsform: Filmtabletten
- Dosierung: Abhängig von Alter und Körpergewicht
- ≥6 bis <12 Jahre
- <30 kgKG
- ≥30 kgKG
- ≥12 Jahre
- ≥6 bis <12 Jahre
- Kontrolluntersuchungen siehe: Ivacaftor
- Zulassung : Ab ≥6 Jahren für
- Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor (Kaftrio®) [28][29][30]
Weitere kausale Therapieansätze [31][32]
- CFTR-Amplifier
- Gentherapie
- CRISPR/Cas9
- Bypass-Therapie
- Aktivierung alternativer Chloridkanäle
- Epitheliale Natriumkanal-(ENaC‑)Blocker [33]
Therapie bakterieller Atemwegsinfektionen
Vorgehen bei CF und infektbedingter pulmonaler Exazerbation [14]
- Typische Erreger: Insb. Pseudomonas aeruginosa und/oder Burkholderia cepacia
- Im Kindesalter auch Staphylococcus aureus und Haemophilus influenzae
- Kriterien: Siehe Kriterien einer infektbedingten pulmonalen Exazerbation bei CF
- Maßnahmen
- Kalkulierte antibiotische Therapie
- Tobramycin inhalativ (zugelassen ab 6 Monaten) [8]
- Oder Colistin inhalativ plus Ciprofloxacin p.o.
- Zu beachten: Siehe Besonderheiten bei der Inhalation von Antibiotika
- Bei Therapieversagen: Intravenöse Pseudomonas-wirksame Antibiotikakombination
- I.d.R. Aminoglykosid + Acylaminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor oder Aminoglykosid + Cephalosporin der 3. Generation (Gruppe 3b)
- Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v. oder
- Tobramycin i.v. plus Ceftazidim i.v. oder
- Tobramycin i.v. plus Meropenem i.v.
- I.d.R. Aminoglykosid + Acylaminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor oder Aminoglykosid + Cephalosporin der 3. Generation (Gruppe 3b)
- Kalkulierte antibiotische Therapie
Eine antibiotische Therapie ist nicht prophylaktisch, sondern nur bei infektbedingter pulmonaler Exazerbation indiziert!
Vorgehen bei CF und Nachweis von Pseudomonas aeruginosa [14]
Bei Erstnachweis
- Definition: Erstmaliger kultureller Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in Atemwegssekret
- Maßnahme: Antibiotische Eradikationstherapie
- Ohne klinische Exazerbation
- Tobramycin inhalativ über 4 Wochen oder
- Ciprofloxacin p.o. über 3 Wochen plus Colistin inhalativ über 3 Monate
- Alternative : Intravenöse Antibiotikatherapie über 2 Wochen, z.B. Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v.
- Zu beachten: Siehe Besonderheiten bei der Inhalation von Antibiotika
- Mit klinischer Exazerbation
- Intravenöse Antibiotikatherapie über 2 Wochen, z.B. Tobramycin i.v. plus Piperacillin/Tazobactam i.v.
- Anschließend Tobramycin inhalativ über 4 Wochen
- Alternative: Ciprofloxacin p.o. über 3 Wochen plus Colistin inhalativ über 3 Monate
- Zu beachten: Siehe Besonderheiten bei der Inhalation von Antibiotika
- Bei Erregernachweis in den oberen Atemwegen: Ggf. zusätzliche Lokaltherapie mit Antibiotika-Aerosol (ab dem Schulkindalter, Off-Label Use )
- Ohne klinische Exazerbation
- Nach erfolgter Therapie: Mikrobiologische Untersuchung von Atemwegssekret
- Bei positivem Befund
- Intravenöse Antibiotikatherapie über 2 Wochen oder
- Höher dosiertes Ciprofloxacin p.o. über 1–3 Monate plus höher dosiertes Colistin inhalativ über 3 Monate oder
- Höher dosiertes Tobramycin inhalativ über 4 Wochen
- Bei negativem Befund: Kontrolluntersuchung von Atemwegssekret nach 4 Wochen und Anti-Pseudomonas-aeruginosa-Antikörper-Titer nach 3 Monaten
- Bei positivem Befund
Bei Erstinfektion/-kolonisation mit Pseudomonas aeruginosa sollte immer eine antibiotische Eradikationstherapie durchgeführt werden!
Bei chronischer Infektion/Kolonisation
- Definition: Kultureller Nachweis von Pseudomonas aeruginosa in ≥50% der untersuchten Atemwegssekrete über einen Zeitraum von ≥1 Jahr
- Maßnahme: Antibiotische Suppressionstherapie (i.d.R. primär inhalativ oder intravenös)
- Inhalative Antibiotikatherapie (Monotherapie)
- Colistin inhalativ (zugelassen ohne Alterseinschränkung)
- Kinder <2 Jahre
- Kinder ≥2 Jahre und Erwachsene
- Aztreonam inhalativ (zugelassen ab ≥6 Jahren)
- Tobramycin inhalativ (zugelassen ab ≥6 Jahren)
- Levofloxacin inhalativ (zugelassen ab ≥18 Jahren)
- Zu beachten: Siehe Besonderheiten bei der Inhalation von Antibiotika
- Colistin inhalativ (zugelassen ohne Alterseinschränkung)
- Intravenöse Antibiotikatherapie (Kombinationstherapie)
- Ceftazidim i.v. plus Tobramycin i.v.
- Meropenem i.v. plus Tobramycin i.v.
- Ceftazidim i.v. plus Amikacin i.v.
- Meropenem i.v. plus Amikacin i.v.
- Zu beachten
- Laborkontrolle ca. 1 Woche nach Therapiebeginn
- Bei Einsatz von Aminoglykosiden
- Voraussetzungen für ambulante Therapie
- Stabiler klinischer Zustand
- Häusliche Betreuung gewährleistet
- Einwilligungserklärung
- Geschulter Umgang mit Medikamenten, Hygiene und Notfällen
- Keine Medikamentenunverträglichkeiten
- Orale Antibiotikatherapie (i.d.R. zusätzlich bei Exazerbation)
- Ciprofloxacin
- Levofloxacin: Nur bei Erwachsenen p.o.
- Zu beachten: Nur mit anderen Antibiotikaklassen kombinieren
- Inhalative Antibiotikatherapie (Monotherapie)
Bei einer chronischen Infektion mit Pseudomonas aeruginosa sollte eine antibiotische Suppressionstherapie durchgeführt werden!
Supportivtherapie [14]
- Forcierte Sekretolyse (ggf. Inhalation mit Dornase alfa, Mannitol, hypertoner Kochsalzlösung)
- Intensivierte Physiotherapie
- Steigerung der Energiezufuhr
- Ggf. Azithromycin p.o. als Dauertherapie (zusätzlich zur inhalativen Suppressionstherapie)
- Ggf. hochdosiertes Ibuprofen p.o. (Serumspitzenspiegel 50–100 mg/L)
Besonderheiten bei der Inhalation von Antibiotika
- Erste Inhalation mit Antibiotika aufgrund des Risikos einer Bronchokonstriktion immer unter Überwachung
- Inhalation nur mittels speziell zugelassener Inhalationsgeräte
- Vor und nach der Inhalation Lungenfunktionsprüfung empfohlen
- Im Kindesalter: Je nach Alter Inhalation mit Maske oder Mundstück
- In der Schwangerschaft: Inhalative Antibiotikatherapie nur im Ausnahmefall
- In der Stillzeit: Keine Inhalation von Tobramycin und Colistin
Da inhalative Antibiotika zu einer Bronchokonstriktion führen können, sollte die erste Inhalation immer unter Überwachung erfolgen!
Komplikationen
Mekoniumileus
- Definition: Darmverschluss durch Verklebung mit zähem Mekonium
- Ätiologie: Obstruktion durch
- Abnorme Konsistenz des Darminhalts, insb. Mekoniumpfropfsyndrom und exokrine Pankreasinsuffizienz bei Mukoviszidose
- Innervationsstörungen des Darms mit veränderter Peristaltik, insb. Morbus Hirschsprung und neuronale intestinale Dysplasie (NID)
- Stenosen, Atresien oder Lageanomalien des Darms, bspw. Non- und Malrotation , Volvulus und Pankreas anulare
- Klinik
- Ausbleiben des Stuhlgangs beim Neugeborenen
- Geblähtes Abdomen, Erbrechen
- Diagnostik
- Pränatal: Sonografie (ggf. bereits ab der 18. SSW)
- Postnatal: Röntgen-Abdomen im Hängen (mit Kontrastierung des Darms)
- Geblähter Dünndarm, Verengung im Ileum, Mikrokolon
- Neuhauser-Zeichen (sog. „soap-bubbles")
- Aufgrund klebriger Stuhlbeschaffenheit oft keine Spiegel
- Differenzialdiagnosen
- Morbus Hirschsprung
- Darmatresie
- Small left Colon Syndrome
- Therapie
- Bei unkompliziertem Mekoniumileus: Kontrastmittel p.o., ggf. isoosmotische Kontrastmitteleinläufe
- Bei Therapieresistenz oder kompliziertem Mekoniumileus (bspw. bei Perforation oder Volvulus): Chirurgische Intervention mit Entleeren des Mekoniums und Anastomose (ggf. vorübergehender Anus praeter oder Darmresektion) [1][1]
Distales intestinales Obstruktionssyndrom (DIOS) [34]
- Definition: Obstruktion im terminalen Ileum und proximalen Kolon durch eingedickten Darminhalt jenseits des Neugeborenenalters
- Ätiologie: Pathophysiologie nicht eindeutig geklärt
- Fettreiche Mahlzeit, ballaststoffarme Kost
- Unzureichende Substitution von Pankreasenzymen
- Fieber, Dehydratation und Erbrechen
- Epidemiologie: Ca. 6% der CF-Patient:innen
- In 20% chronischer Verlauf (bei nur partieller Obstruktion)
- Klinik: Starke kolikartige rechtsseitige Unterbauchschmerzen und Stuhlverhalt
- Erbrechen
- Geblähtes Abdomen
- Abwehrspannung
- Stuhlwalze im rechten Unterbauch
- Diagnostik
- Sonografie: Verdickte Darmwand und aufgetriebene Darmschlingen im Bereich des rechten Unterbauches
- Röntgen-Abdomen: Verdichtung und Darmlumenerweiterung im rechten Unterbauch
- Differenzialdiagnosen
- Appendizitis
- Invagination
- Therapie
- Prävention: Behandlung von Obstipation bei CF-Patient:innen, regelmäßige Anpassung der Pankreasenzymsubstitution
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Kontrolluntersuchungen
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen mit eingehender Beratung sind wesentlich für einen günstigen Krankheitsverlauf bei Personen mit zystischer Fibrose. Dabei kommt ein interdisziplinäres Team aus Ärzt:innen, Physiotherapeut:innen, Ernährungsberater:innen, Sozialpädagog:innen, Psychotherapeut:innen und spezialisierten Pflegekräften zum Einsatz. Die Eltern und Betroffenen sollten dabei möglichst genau über die Erkrankung, Pathophysiologie, Organbeteiligungen, Komplikationen, Therapiemöglichkeiten, Genetik, Hygiene und Prognose aufgeklärt werden, da dies zu einem besseren Verständnis und einer höheren Therapieadhärenz beiträgt.
- Mindestens alle 3 Monate
- Körperliche Untersuchung und Anamnese
- Erheben von Länge und Gewicht (im Kindesalter mit Perzentilenkurven)
- Lungenfunktionsuntersuchung, am besten mittels Bodyplethysmografie – sobald altersbedingt möglich, i.d.R. ab 3 Jahren
- „Lung Clearance Index“ (LCI) mit Gasauswaschmethode, möglich ab dem Säuglingsalter
- Mikrobiologische Untersuchung, am besten Sputum, alternativ Rachenabstrich
- Mindestens jährlich
- Oraler Glucosetoleranztest (oGTT), ab dem 10. Lebensjahr
- Abdomensonografie
- Labordiagnostik: Blutbild, CRP, AST, ALT, fettlösliche Vitamine (E, D, K, A), Zink, Eisen, Selen, Anti-Pseudomonas-aeruginosa-Antikörper-Titer mittels ELISA
- Regelmäßig
Prognose
- Prognosebestimmend: Insb. pulmonale Manifestation
- Schlechtere Prognose bei Vorliegen eines Diabetes mellitus
- Durchschnittliche Lebenserwartung: Im Median 60 Jahre [2]
AMBOSS-Podcast zum Thema
Mukoviszidose – Aus Perspektive einer Ärztin und Risikopatientin (Februar 2021)
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Meditricks
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Mukoviszidose
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- E84.-: Zystische Fibrose
- Inklusive: Mukoviszidose
- E84.0: Zystische Fibrose mit Lungenmanifestationen
- E84.1: Zystische Fibrose mit Darmmanifestationen
- Distales intestinales Obstruktionssyndrom
- Mekoniumileus bei zystischer Fibrose† (P75*)
- Exklusive: Mekoniumileus bei ausgeschlossener zystischer Fibrose (P76.0)
- E84.8-: Zystische Fibrose mit sonstigen Manifestationen
- E84.9: Zystische Fibrose, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.