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Knochenmarkpunktion - Klinische Anwendung

Letzte Aktualisierung: 30.7.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die Knochenmarkpunktion (KMP) ist das wichtigste diagnostische Verfahren zur Beurteilung des blutbildenden Systems und dient u.a. dem Ausschluss, Nachweis oder der Verlaufsbeurteilung verschiedener hämatologischer Erkrankungen. Sie wird aufgrund des geringen Komplikationsrisikos bevorzugt am hinteren Beckenkamm durchgeführt. Im Rahmen der Punktion werden durch Knochenmarkaspiration überwiegend flüssige Bestandteile (Blut und Markbröckel) gewonnen. Für eine vollständige Beurteilung kann zusätzlich ein Knochenmarkbiopsat entnommen werden. Nach der Punktion steht die mikroskopische Beurteilung von Quetsch- und Abstrichpräparaten im Vordergrund. Zur Diagnostik können weitere Analysen wie bspw. die Immunphänotypisierung oder die Zytogenetik durchgeführt werden.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Knochenmarkpunktion: Punktion des Knochenmarkraums zur Gewebeentnahme [1]
    • Knochenmarkaspiration: Aspiration überwiegend flüssiger Knochenmarkbestandteile (Knochenmarkblut und Markbröckel) im Rahmen einer Knochemarkpunktion
    • Knochenmarkbiopsie: Entnahme eines soliden Gewebeverbunds (Knochenmarkzylinder/-stanze) im Rahmen einer Knochenmarkpunktion

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Indikationtoggle arrow icon

Unklare Laborbefunde

Spezifische Verdachtsdiagnosen

Weitere

  • Staging
  • Verlaufs- und Remissionskontrolle
  • Knochenmarkspende
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Kontraindikationtoggle arrow icon

Das Blutungsrisiko einer KMP ist gering. Eine absolute Kontraindikation besteht nur bei schweren Blutgerinnungsstörungen!

Zum Ausschluss der wichtigsten Kontraindikationen sollten die Punktionsstelle inspiziert und die Gerinnungsparameter sowie die Medikation kontrolliert werden!

Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Vorbereitungtoggle arrow icon

Indikation und Kontraindikationen prüfen

Aufklärung

  • Verfahren und mögliche Komplikationen erläutern
  • Bei elektiver Punktion >24 h vor dem Eingriff
  • Schriftliche Einverständniserklärung einholen

Räumlichkeit

  • Ausreichend heller, ruhiger und störungsfreier Raum
  • Höhenverstellbares Patientenbett bzw. Untersuchungsliege
  • Tisch bzw. ausreichend große Ablage, um Ausstriche anzufertigen und Proben zu verarbeiten

Personal

  • Durchführende Person: Die Knochenmarkpunktion ist ausnahmslos ärztliche Aufgabe
  • Assistenzkraft zum sterilen Anreichen der Materialien sowie zur Annahme/Verarbeitung der Proben (bspw. Anfertigung von Ausstrichen)
  • Ggf. Assistenzkraft zur Durchführung der Analgesie/Analgosedierung und zum Monitoring der Vitalparameter
  • Ggf. eine weitere Assistenzkraft zur physischen und psychischen Unterstützung
  • Bei Unerfahrenheit der durchführenden Person: Unterstützung in Rufbereitschaft sicherstellen

Materialien zur Knochenmarkpunktion [4]

Vor jeder KMP sollte sowohl das Material für die Punktion als auch für die Probenverwertung vorbereitet und auf Vollständigkeit überprüft werden!

Ein nach unvollständigen Materialien suchendes medizinisches Team kann hektische Stimmung schnell auf die zu punktierende Person übertragen!

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Ablauf/Durchführungtoggle arrow icon

Ggf. Prämedikation

Ggf. Analgosedierung

Bei Erwachsenen ist eine Sedierung i.d.R. auch bei ängstlichen Personen durch eine ruhige Gesprächsführung und Empfehlung zur Prämedikation vermeidbar! Eine adäquate Analgesie sollte sichergestellt sein!

Bei Kindern und Jugendlichen ist zur KMP i.d.R. eine Analgosedierung notwendig!

Lagerung und Lokalisation der Punktionsstelle [4]

  • Hintere Beckenkammpunktion
    • Lagerung: Seitlage oder Bauchlage, Bett flach stellen
    • Punktionsstelle: Spina iliaca posterior superior
      • Am Beckenkamm entlang nach dorsal palpieren
      • Tastbaren Knochenvorsprung am hinteren Ende der Crista iliaca aufsuchen
      • Ggf. Stelle markieren
  • Vordere Beckenkammpunktion
    • Lagerung: Rückenlage
    • Punktionsstelle: Spina iliaca anterior superior
  • S ternalpunktion
    • Lagerung: Rückenlage
    • Punktionsstelle: Mittellinie des oberen Corpus sterni (ca. auf Höhe des 2. ICR)

Das Sternum sollte aufgrund des hohen Komplikationsrisikos nur in absoluten Ausnahmefällen und nur für eine Knochenmarkaspiration punktiert werden!

Steriles Arbeiten

  1. Punktionsstelle desinfizieren
    • Areal gründlich und großzügig desinfizieren und vollständig mit Desinfektionsmittel benetzen
    • Einwirkzeit beachten und abwarten
  2. Hygienische Händedesinfektion durchführen
  3. Sterile Handschuhe anziehen
  4. Lochtuch über der markierten Punktionsstelle anbringen
  5. Erneute Desinfektion der Punktionsstelle durch Assistenzkraft
    • Einwirkzeit beachten und abwarten

Lokalanästhesie

Für eine ausreichende Wirksamkeit der Lokalanästhesie sollte nach Infiltration des Periosts mind. 5 min abgewartet werden!

Punktion und Materialgewinnung [1][4]

Knochenmarkaspiration

  1. Ggf. Haut über der markierten Punktionsstelle mit einem Skalpell inzidieren
  2. Punktionsnadel für die Knochenmarkaspiration einführen und bis zum Knochen vorschieben
  3. Punktionsnadel mit gleichmäßigem Druck und alternierenden Drehbewegungen in den Knochen einführen
  4. Mandrin entfernen
  5. Material mit insg. 3 Spritzen entnehmen (nacheinander aufsetzen und kräftig am Stempel ziehen)
    • 20-mL-Spritze → Wenig Material (ca. 2–3 mL) für die sofortige Anfertigung von Quetsch- und Ausstrichpräparaten
    • 20-mL-Spritze (mit 0,5–1 mL EDTA) → Material (ca. 5–10 mL) für die Anfertigung weiterer Präparate, Immunphänotypisierung und Molekulardiagnostik
    • 20-mL-Spritze (mit 500 I.E. Heparin / mL Knochenmark) → Material (ca. 5–10 mL) für die Zytogenetik

Knochenmarkbiopsie

  1. Biopsienadel durch die gleiche Hautinzision und im gleichen Stichkanal bis zum Knochen vorschieben
  2. Neben der zuvor punktierten Stelle aufsetzen und mit Druck und gleichmäßigen, alternierenden Drehbewegungen in den Knochen einführen
  3. Nach Erreichen des Markraums Mandrin entfernen und unter Drehbewegungen weitere 2–3 cm in die gleiche Richtung einführen
  4. Eindringtiefe mit Mess-/Auswurfstab überprüfen
  5. Biopsienadel mehrmals um 360° in eine Richtung drehen
  6. Biopsienadel vorsichtig unter leichten Drehbewegungen herausziehen
  7. Knochenmarkzylinder mithilfe des Mess-/Auswurfstabs aus der Biopsienadel direkt in ein vorbereitetes Gefäß mit Fixierlösung geben

Anfertigung von Knochenmarkpräparaten [1]

  1. Quetschpräparate (ca. 5–10×): Knochenmarkbröckel gewinnen und auf Objektträger auftragen → Zweiten Objektträger oder Deckglas ohne Druck auflegen
  2. Ausstrichpräparat (ca. 2×) : Knochenmarkblut auf Objektträger auftragen → Zweiten Objektträger oder Deckglas mit mäßigem Druck aufsetzen und planparallel verschieben
  3. Bei Punctio sicca: Ggf. alternativ Abrollpräparate aus der Knochenmarkbiopsie herstellen
  4. Präparate lufttrocknen lassen (i.d.R. ca. 30 min )

Da Knochenmark schnell gerinnt, muss das Aspirat sofort ausgestrichen oder mit einem Antikoagulans versetzt werden!

Nachsorge [4]

  1. Punktionsstelle mit steriler Kompresse und sterilem Pflaster abdecken
  2. Wunde für ca. 1 h mit Sandsack komprimieren
  3. Kontrolle der Punktionsstelle auf Nachblutungen und Hämatome

Transport und Verarbeitung [1][5]

Transport und Verarbeitung der Knochenmarkproben [1]
Versand an Mögliche Untersuchungen
Präparate
  • Hämatologisches Labor
  • Zytomorphologie
Knochenmarkblut EDTA
  • Hämatologisches Labor
  • Direkter Erregernachweis mittels PCR
Heparin
  • Hämatologisches Labor
  • Mikrobiologie
  • Mikroskopischer oder kultureller Erregernachweis
Biopsat
  • Pathologie

Das Material sollte bei Raumtemperatur innerhalb von 24(–48) h zugestellt werden!

Zusätzlich zu den Knochenmarkpräparaten soll peripheres Blut inkl. Ausstriche versendet werden!

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Hämatologische Diagnostiktoggle arrow icon

Zytomorphologie [1]

  • Material: Knochenmarkpräparate aus Aspirat (siehe: Anfertigung von Knochenmarkpräparaten)
  • Methode: Mikroskopie (nativ und gefärbt )
  • Durchführung und Beurteilung
    1. Großflächige Durchsicht verschiedener Areale → Zelldichte und -verteilung
    2. Analyse von mind. 200 einzelnen Zellen aus zwei repräsentativen Arealen → Zellmorphologie jeder einzelnen Zellreihe sowie übriger Zellen

Normalbefund

Physiologische Zellverteilung im Knochenmark [6]
Zellreihe Zellen Normbereich
Leukopoese Myeloblasten 0–3%
Promyelozyten 2–5%
Myelozyten 8–17%
Metamyelozyten 10–25%

Neutrophile Granulozyten, stabkernig

8–20%
Neutrophile Granulozyten, segmentkernig 8–16%
Eosinophile Granulozyten 2–6%
Basophile Granulozyten 0–1%
Monozyten 0–3%
Lymphozyten 10–20%
Plasmazellen 0–3%
Erythropoese

Proerythroblasten

0–2%
Basophile Erythroblasten 1–4%
Polychromatische Erythroblasten 12–24%
Orthochromatische Erythroblasten 2–24%
Thrombopoese Megakaryozyten 0–1%

Pathologische Knochenmarkbefunde

1. Zelldichte

2. Zellverteilung

3. Besondere Zellmorphologie

Zytochemie [1]

  • Material: Knochenmarkpräparate aus Aspirat (siehe: Anfertigung von Knochenmarkpräparaten)
  • Methode: Mikroskopie nach Spezialfärbung bzw. Enzymreaktion
  • Bedeutung
    • Zuordnung von Zellen zu bestimmten Zellreihen, z.B. Myeloperoxidase-Reaktion (MPO) für myeloische Zellen
    • Erkennung bestimmter Merkmale einzelner Zellen, z.B. Eisenfärbung (Berliner-Blau-Reaktion)

Immunphänotypisierung [7]

  • Material: Knochenmarkblut und -bröckel in EDTA oder Heparin
  • Methode: Durchflusszytometrie (FACS) zum Nachweis spezifischer Antigenexpressionsmuster
  • Bedeutung: Insb. Lymphozytentypisierung

Zytogenetik [6]

Molekulargenetik [6]

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Komplikationentoggle arrow icon

Aufgrund der deutlich erhöhten Komplikationsrate wird das Sternum nur in Ausnahmefällen punktiert!

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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