Zusammenfassung
Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine maligne Erkrankung des blutbildenden Systems mit einem charakteristischen, stadienhaften Verlauf. Zugrunde liegt dabei eine zytogenetische Aberration (Philadelphia-Chromosom) mit Entstehung des BCR-ABL-Fusionsgens. Die gesteigerte Aktivität der in diesem Rahmen gebildeten BCR-ABL-Tyrosinkinase führt zu einer ungehemmten Proliferation insb. unreifer Granulozytenvorstufen. Diese Zellen folgen dann ihrer natürlichen Differenzierung und reifen aus.
Klinisch werden drei Phasen unterschieden: Die chronische Phase geht mit unspezifischen Symptomen einher und kann bis zu zehn Jahre anhalten. Die Akzelerationsphase ist durch eine gesteigerte Granulopoese mit erhöhtem Anteil unreifer Blasten und entsprechender Verdrängung der anderen Zellreihen geprägt (Thrombozytopenie, Anämie und Infektneigung). Die Blastenkrise gleicht dem Bild einer akuten Leukämie.
Diagnostisch wegweisend sind eine ausgeprägte Leukozytose (>500.000/μL möglich), eine Basophilie und eine extreme Splenomegalie. Der wichtigste therapeutische Ansatz ist die "Targeted Therapy" mit dem selektiven BCR-ABL-Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib. Diese Therapieoption hat die Behandlung der CML revolutioniert. Die Prognose der Patienten konnte durch die Zulassung weiterer Tyrosinkinase-Inhibitoren noch einmal gesteigert werden, sodass die Lebenserwartung der CML-Patienten bei optimalem Therapieansprechen fast der der Normalbevölkerung entspricht.
Epidemiologie
- Inzidenz: 1,2–1,5/100.000 pro Jahr
- Geschlecht: ♂ > ♀
- Alter: Häufigkeitsgipfel liegt im 6. Lebensjahrzehnt, eine CML kann aber in jedem Lebensalter auftreten (auch im Kindesalter)
- Mortalität ↓, dadurch Prävalenz ↑
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- BCR-ABL-Genfusion: Vermehrtes Auftreten assoziiert mit
- Ionisierender Strahlung (z.B. nach Radiatio)
- Aromatischen Kohlenwasserstoffen (insb. Benzolexposition)
Pathophysiologie
Philadelphia-Translokation
- Spezifische Chromosomenaberration einer hämatopoetischen Stammzelle
- Translokation t(9;22)(q34;q11) → Gen der ABL-Tyrosinkinase auf Chromosom 9 fusioniert mit BCR-Gen auf Chromosom 22 → Entstehung eines Fusionsgens BCR-ABL1 und des Philadelphia-Chromosom 22q- → Kontinuierliche Tyrosinkinase-Aktivität → Massive Proliferation insb. der Granulozyten → Chronische Phase der CML
- Ohne Therapie oder bei Therapieresistenz
- Chronische Phase der CML → Chromosomale Veränderungen (z.B. Trisomie 8, Isochromosom 17q, Trisomie 19) → Akzelerationsphase → Tumorsuppressor-/Protoonkogen-Mutationen (z.B. in p53, Rb-1 oder ras) → Wegfall der letzten Regulationsmechanismen → Blastenkrise (gleicht einer akuten Leukämie)
Symptomatik
Die Symptome einer chronischen myeloischen Leukämie sind abhängig von den chromosomalen Veränderungen, die im Verlauf der Erkrankung entstehen. Typischerweise läuft die Erkrankung in den folgenden 3 Phasen ab:
Chronische Phase
Die chronische Phase dauert bis zu zehn Jahre und ist klinisch meist inapparent. Häufig wird die Diagnose als Zufallsbefund nach einer Blutentnahme gestellt.
- Hochgradige Splenomegalie (extramedulläre Blutbildung)
- Oberbauchbeschwerden links
- Gefahr der Milzruptur
- Chronische Müdigkeit
- B-Symptomatik
- Eher keine Lymphknotenschwellung
- Ggf. Leukostasesyndrom
In der chronischen Phase einer CML ist die Infektanfälligkeit für gewöhnlich nicht gesteigert, da die Granulozyten ausreifen und funktionstüchtig sind!
Akzelerationsphase
- Progress der CML: Erhöhter Blastenanteil , stärkere Verdrängung anderer Zellreihen im Knochenmark und Myelofibrose
- Anämie: Müdigkeit, Schwäche, Blässe
- Thrombozytopenie: Petechiale Spontanblutungen
- Extreme Leukozytose
- Infektneigung
-
Leukostasesyndrom: Bildung leukämischer Thromben
- Milzinfarkt, Myokardinfarkt
- Zentralvenenverschluss der Retina
- Leukämischer Priapismus
Blastenkrise
- Endstadium der CML (Blastenanteil ≥20% bzw. ≥30% )
- Stark reduzierter Allgemeinzustand mit Symptomen wie bei einer AML oder ALL (siehe auch: Symptome bei AML, Symptome bei ALL)
Diagnostik
Wegweisend in der Diagnostik sind eine extreme Leukozytose, die häufig Zufallsbefund einer Blutentnahme ist und eine hochgradige Splenomegalie in der körperlichen Untersuchung. Bei Vorliegen dieser charakteristischen Symptome einer CML sollte in der Folge, neben einem Differenzialblutbild, eine Knochenmarkpunktion mit Zytogenetik zur Untersuchung des Philadelphia-Chromosoms erfolgen.
Klinische Untersuchung [1]
- Hochgradige Splenomegalie: Im linken Unterbauch tastbar vergrößerte Milz, die bis ins kleine Becken hineinragen kann
Blutuntersuchung [1]
- Leukozyten
- Extreme Leukozytose
- Linksverschiebung der Granulopoese
- Keine Dysplasiezeichen
- Basophilie (meist gemeinsam mit Eosinophilie)
-
Ggf. Blasten (meist <2% in der chronischen Phase): Eine niedrige Anzahl von Blasten im peripheren Blut gilt als prognostisch günstiges Zeichen
- Akzelerationsphase: 10–19% bzw. 15–29% Blasten
- Blastenkrise: ≥20% bzw. ≥30% Blasten
- Thrombozyten
- In der frühen Phase eher Thrombozytose und später Thrombozytopenie
- Vereinzelt Riesenthrombozyten (= unreife Thrombozyten)
- Erythrozyten: Im Verlauf zunehmende Anämie
- BSG↑ , LDH↑ und Harnsäure↑
- PCR: BCR-ABL1-Transkripte
CML verursacht die ausgeprägteste Leukozytose (>500.000/μL möglich) aller Leukämien!
Eine zunehmende Basophilie wird im Sinne einer Akzeleration der CML gewertet!
Knochenmarksuntersuchung [1]
- Knochenmarkaspirat/-biopsie
- Zytologie
- Hyperzellularität mit dominierender Granulopoese
- Blasten
- Megakaryozyten vermehrt und verkleinert („dwarf like megakaryocytes“ = Mikromegakaryozyten)
- Pseudo-Gaucher-Zellen oder meerblaue Histiozyten ("sea blue histiocytes")
- Zytogenetik: Nachweis des BCR-ABL-Fusionsgens bzw. des Philadelphia-Chromosoms (Ph+)
- Zytochemie: Verminderung der alkalischen Leukozytenphosphatase (ALP↓)
- Histologie: Fibrose mit retikulären Fasern
- Zytologie
Die Aktivität der alkalischen Leukozytenphosphatase (ALP↓) ist charakteristischerweise im Gegensatz zu allen anderen myeloproliferativen Neoplasien deutlich vermindert!
Differenzialdiagnosen
- Reaktive Leukozytosen
- Infektion
- Rheumatische Erkrankungen, Kollagenosen
- Septische Granulomatose
- Medikamentös bedingt (Glucocorticoide)
- Myeloproliferative Neoplasien
- Akute Leukämien
Differenzialdiagnostik der CML | |
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Leukämieform | Nachweisrate einer Philadelphia-Translokation |
CML |
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ALL |
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AML |
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AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Vor Einleitung der spezifischen Therapie
- Fertilitätsberatung, ggf. fertilitätsprotektive Maßnahmen
- Bei noch unklarem BCR-ABL1-Status und Gefahr eines Hyperviskositätssyndroms durch eine massiv erhöhte Zellzahl: Ggf. Hydroxyurea (= Hydroxycarbamid) als zytoreduktives Medikament
Spezifische Therapie
Tyrosinkinaseinhibitoren bei CML
- Wirkprinzip: Hemmung der BCR-ABL-aktivierten Tyrosinkinase → Hemmung der Signaltransduktion und des Tumorzellwachstums.
- TKI mit Zulassung in der Erstlinie: Imatinib, Nilotinib, Dasatinib, Bosutinib, Ponatinib [2]
Komorbiditäten stellen die Haupttodesursache dar. Die Auswahl eines passenden TKI ist daher entscheidend für den Therapieerfolg und das Überleben.
Grundprinzip
- Auswahl eines geeigneten TKI und ggf. Dosisanpassung (TKI-Differenzialtherapie bei CML)
- Verlaufskontrollen (Monitoring unter TKI-Therapie bei CML)
- Ggf. Zweitlinientherapie (Therapieumstellung auf alternativen TKI bei CML)
Allogene Stammzelltransplantation
In bestimmten Situationen sollte unmittelbar nach Diagnose eine Spendersuche eingeleitet bzw. zeitnah eine Transplantation durchgeführt werden.
- Indikationen zur Familienspendersuche (HLA-identische Geschwister)
- Akzelerierte Phase, Blastenkrise oder T315I-Mutation
- Ungünstige Zusatzaberration (zweites Philadelphia-Chromosom, Trisomie 8, Isochromosom 17q, Trisomie 19 oder 3q26.2-Aberrationen)
- Indikationen zur Fremdspendersuche (10/10 oder 9/10 Übereinstimmungen von HLA-A, -B, -C und -DR)
- Akzelerierte Phase, Blastenkrise oder T315I-Mutation und kein Familienspender
- Durchführung bei akzelerierter Phase, Blastenkrise oder T315I-Mutation
- Vorbehandlung
- TKI: Imatinib, Nilotinib oder Dasatinib
- Chemotherapie zusätzlich bei Blastenkrise
- Myeloische Blastenkrise: Hydroxyurea, Cytarabin, ggf. Anthracycline
- Lymphatische Blastenkrise: Vincristin, Dexamethason
- Ziel: Erreichen einer chronischen Phase
Differenzialtherapie
TKI mit Zulassung in der Erstlinie
- Imatinib
- Nilotinib [3]
- Dasatinib [4]
- Bosutinib
- Ponatinib: In den seltenen Fällen einer Mutation mit T315I-Aktivität
Auswahl eines geeigneten TKI
Welcher TKI in welcher Dosierung in der Behandlung der CML zum Einsatz kommt, wird unter Beachtung folgender Punkte entschieden:
- Targets der TKI und ggf. Befund der Mutationsanalyse (siehe Mutationsanalyse bei CML)
- Nebenwirkungsspektrum der TKI und individuelle Risikofaktoren des Patienten, insb. Komorbiditäten
- Therapieanpassungen bei Toxizität der TKI
- Management bei Hämatotoxizität der TKI
Targets der TKI
Targets der TKI | |
---|---|
TKI | Targets (Tyrosinkinasen) |
Imatinib | |
Nilotinib | |
Dasatinib | |
Bosutinib |
|
Ponatinib |
Nebenwirkungsspektrum der TKI [5]
Aufgrund der möglichen Verlängerung der QT-Zeit bei allen TKI sind regelmäßige Kalium-, Magnesium- sowie EKG-Kontrollen obligat (mind. einmal vor TKI-Therapie und eine Woche danach)!
TKI | Wichtigste Nebenwirkungen | Ausprägungsprofil schwerer Nebenwirkungen [5] | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Hämatotoxizität | Flüssigkeitsretention | Hautausschlag | Diarrhö | Hyperglykämie/-cholesterinämie | Gefäßverschlüsse [6] | Niereninsuffizienz | ||
Imatinib |
| ++ | ++ | + | + | - | - | + |
Nilotinib |
| + | - | ++ | + | ++ | ++ | - |
Dasatinib |
| +++ | +++ | - | + | - | + | (+) |
Bosutinib |
| + | - | - | +++ | - | - | ? |
Ponatinib |
| ++ | - | ++ | + | - | +++ | ? |
Verbesserung der Verträglichkeit
- Individuelle Risikofaktoren minimieren
- Prävention der Nebenwirkungen
- Optimierung der Verabreichung
Therapieanpassungen bei Toxizität der TKI [7][8]
- Nicht-hämatologische Toxizität: Symptomatische Therapie der Nebenwirkungen und weiteres Vorgehen abhängig von Schweregrad
- CTCAE Grad 1–2: Individuelle Entscheidung
- CTCAE Grad 3: Pause bis CTCAE Grad ≤1, dann Wiederansetzen oder Pause bis CTCAE Grad ≤2 und mit reduzierter Dosis weiter
- bei 2. Episode: Dosisreduktion
- bei 3. Episode: Umstellung auf alternativen TKI
- CTCAE Grad 4: Umstellung auf alternativen TKI
- Für eine genauere Auflistung der Kriterien, siehe auch: Katalog der CTCAE des National Cancer Institute [8]
- Hämatologische Toxizität
Management bei Hämatotoxizität der TKI [7] | ||
---|---|---|
TKI | Hämatotoxizität | Therapieanpassung |
Imatinib | In chronischer Phase |
|
In akzelerierter Phase/Blastenkrise |
| |
Nilotinib | In chronischer Phase |
|
Dasatinib | In chronischer Phase |
|
In akzelerierter Phase/Blastenkrise |
| |
Bosutinib | In chronischer Phase |
|
Ponatinib | In chronischer Phase |
|
Verlaufskontrollen
Zur Bewertung des Therapieansprechens werden während der Behandlung
- Hämatologische, zytogenetische und molekulare Parameter regelmäßig untersucht (siehe Monitoring unter TKI-Therapie bei CML)
- Remissionsgrade entsprechend der Befunde bestimmt (siehe Remissionskriterien bei CML)
- Das weitere Prozedere anhand der Interpretation der Befunde festgelegt (siehe Therapieansprechen der TKI-Erstlinientherapie)
Monitoring unter TKI-Therapie bei CML
Hämatologisches Monitoring
- Mittels Blutentnahme und körperlicher Untersuchung: Differenzialblutbild und Milzbefund
- Wöchentlich in den ersten 4 Wochen
- Dann alle 2 Wochen innerhalb der ersten 3 Monate
- Dann alle 3 Monate bis zur kompletten hämatologischen Remission
- Danach bei entsprechender Klinik
Zytogenetisches Monitoring
- Mittels heparinisiertem Knochenmark: Bestimmung des Anteils Philadelphia-Chromosom+-Zellen in mind. 20 Metaphase-Zellen
- Alle 3 Monate
- Nach 6 Monaten nur noch alle 6 Monate bis zur kompletten zytogenetischen Remission
- Danach bei V.a. Resistenz oder unklarer Zytopenie
Molekulares Monitoring
- Mittels 10 mL EDTA-antikoaguliertem Blut: Quantitative RT-PCR zur Bestimmung der Menge der BCR-ABL1-Transkripte bis zur majoren molekularen Remission (MMR)
- Alle 3 Monate
- Bei stabilem Verlauf und MMR: Kontrolle alle 6 Monate
- Nach Absetzen des Tyrosinkinase-Inhibitors: Kontrolle alle 4 Wochen im ersten Halbjahr, alle 6 Wochen im zweiten Halbjahr, danach alle 3 Monate
Remissionskriterien bei CML
Remissionskriterien | |||
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Methode und Parameter | Remission | Kriterien | |
Hämatologisch |
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Molekular |
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Therapieansprechen der TKI-Erstlinientherapie
European Leukemia Net (ELN)-Kriterien des Therapieansprechens bei TKI-Erstlinientherapie | |||
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„Meilensteine“ | Optimales Ansprechen | Warnung | Versagen |
3 Monate |
|
|
|
6 Monate |
|
|
|
12 Monate |
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|
- Interpretation
- Optimales Ansprechen: Fast normale Lebenserwartung
- Warnung: Kurzfristigere Kontrollen und Ausschluss anderer Ursachen für TKI-Unwirksamkeit (Non-Adhärenz, CYP3A4- oder Cytochrom-P450-Wechselwirkungen)
- Versagen: Mutationsanalyse , rasches Absetzen und Wechsel auf alternativen TKI
Frühes molekulares Ansprechen, definiert als BCR-ABL1-Transkripte ≤10% nach 3 Monaten, korreliert mit dem Überleben und Erreichen einer tiefen molekularen Remission!
Ein 5-facher Anstieg der BCR-ABL1-Transkripte mit MMR-Verlust bedeutet zu jeder Zeit ein Therapieversagen!
Diagnostik der Akzelerationsphase unter TKI-Therapie
Seit Einführung der TKI gibt es keine allgemein anerkannten Kriterien für die Diagnostik einer Akzelerationsphase unter TKI-Therapie. Daher gelten zusätzlich „provisorische“ Kriterien der WHO. Mind. 1 Kriterium muss erfüllt sein.
- Diagnostische Kriterien der Akzelerationsphase
- Leukozyten >10.000/μL trotz Therapie
- Keine Verbesserung der Splenomegalie trotz Therapie
- Thrombozyten >1.000.000/μL trotz Therapie
- Thrombozyten <100.000/μL unabhängig von der Therapie
- Basophile ≥20% im peripheren Blut
- Blasten 10–19% im peripheren Blut und/oder Knochenmark
- Zusätzliche Chromosomenaberration (z.B. zweites Philadelphia-Chromosom, Trisomie 8, Isochromosom 17q, Trisomie 19 oder 3q26.2-Aberrationen)
- Zusätzliche „provisorische“ Kriterien
- Hämatologische Resistenz bzw. keine komplette hämatologische Remission nach Erstlinientherapie
- Hämatologische, zytogenetische oder molekulare Resistenz auf Zweitlinientherapie
- Auftreten von ≥2 BCR-ABL1-Mutationen unter Therapie
Diagnostik der Blastenkrise unter TKI-Therapie
- Mind. 1 Kriterium muss erfüllt sein
- Blasten ≥20% im peripheren Blut oder Knochenmark
- Extramedulläre Proliferation von Blasten
- Immunphänotypisierung zur Differenzierung der Form der Blastenkrise
- 70% myeloisch
- 30% lymphatisch
Zweitlinientherapie
Alternativer Tyrosinkinase-Inhibitor
- Auswahl abhängig von
- Erstlinientherapie
- Nebenwirkungsspektrum der TKI bei CML
- Individuellen Risikofaktoren
- TKI mit Zulassung in der Zweitlinie
Monitoring
Therapieansprechen der TKI-Zweitlinientherapie
- Nach Intoleranz der TKI-Erstlinientherapie: Siehe Therapieansprechen der TKI-Erstlinientherapie zur Beurteilung des Ansprechens
- Nach Resistenz der Imatinib-Erstlinientherapie und Zweitlinientherapie mit Nilotinib oder Dasatinib: Siehe folgende Tabelle
European Leukemia Net (ELN)-Kriterien des Therapieansprechens der TKI-Zweitlinientherapie [9] | |||
---|---|---|---|
„Meilensteine“ | Optimales Ansprechen | Warnung | Versagen |
3 Monate |
|
|
|
6 Monate |
|
|
|
12 Monate |
|
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- Interpretation
- Optimales Ansprechen: Keine Indikation für eine Therapieumstellung
- Warnung: Kurzfristigere Kontrollen
- Versagen: Therapieumstellung indiziert, um einen Progress zu vermeiden
Allogene Stammzelltransplantation
- Indikation zur Familienspendersuche (HLA-identische Geschwister): Bei allen Patienten, die für eine Transplantation in Frage kämen
- Indikation zu Fremdspendersuche (10/10 oder 9/10 Übereinstimmungen von HLA-A, -B, -C und -DR)
- Kein Familienspender und
- Versagen von Nilotinib und Dasatinib in der Erstlinie oder
- Hämatologische Imatinib-Resistenz in der Erstlinie oder
- Akzelerierte Phase oder
- Blastenkrise oder
- T315I-Mutation oder
- Während Zweitlinientherapie und erhöhtem Risiko
- Kein Familienspender und
- Risikoassessment: EBMT (European Group for Blood and Marrow Transplantation)-Score [10]
- Bestimmung des individuellen Risikos vor Transplantation (Punkte 0–7)
- Hilfestellung bei der Therapieentscheidung für oder gegen eine Transplantation
EBMT-Score (Gratwohl-Score) [10] | |||
---|---|---|---|
0 | 1 | 2 | |
Spendertyp |
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Erkrankungsstadium |
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Empfängeralter |
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Geschlechterkombination |
|
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|
Zeit von Diagnose bis Transplantation |
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- Durchführung bei Versagen der Erstlinientherapie nach Risikoassessment, bei akzelerierter Phase, Blastenkrise oder T315I-Mutation
- Vorbehandlung
- TKI: Nilotinib, Dasatinib, Bosutinib oder Ponatinib .
-
Chemotherapie zusätzlich bei Blastenkrise
- Myeloische Blastenkrise: Hydroxyurea, Cytarabin, ggf. Anthracycline
- Lymphatische Blastenkrise: Vincristin, Dexamethason
- Ziel: Erreichen einer chronischen Phase
Komplikationen
- Haupttodesursache: Begleiterkrankungen
- Akzelerationsphase und Blastenkrise
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
Seit Einführung der TKI ist die Prognose insb. von Komorbiditäten abhängig und Patienten mit optimalem Ansprechen haben eine fast normale Lebenserwartung. Der Progress in eine Akzelerationsphase oder Blastenkrise ist selten geworden. Bei Auftreten eines Progresses hingegen ist die Prognose weiterhin sehr schlecht.
Prognostische Scores
ELTS-Score | |
---|---|
Parameter | Gewichtung |
(Alter in Jahren/10)3 | × 0,0025 |
Milzgröße unter Rippenbogen in cm | × 0,0615 |
(Thrombozyten/μL)-0,5 | × 0,4104 |
Blasten im Blut in % | × 0,1052 |
Interpretation des ELTS-Score | |
---|---|
Summe | Risiko |
≤1,5680 | Niedrig |
1,5680–2,2185 | Intermediär |
>2,2185 | Hoch |
Absetzen der spezifischen Therapie
Kriterien für einen TKI-Absetzversuch
- Institutionelle Kriterien
- Absetzversuch möglich bei Erfüllung aller folgenden Kriterien
- Institutionelle Kriterien
- Kein Hochrisiko-Score bei Diagnose
- Typische Transkripte (b2a2- oder b3a2-BCR-ABL1) oder atypische, die über 4,5 log-Stufen quantifiziert werden können
- CML in chronischer Phase
- Optimales Ansprechen auf Erstlinientherapie
- TKI-Therapiedauer bereits >5 Jahre
- Aktuell MR 4,5
- Seit >2 Jahren Nachweis einer anhaltenden MR 4 oder 4,5 kontinuierlich und standardisiert in zertifiziertem Labor bestimmt
Absetzsyndrom
- Akutes Entzündungssyndrom nach Absetzen der TKI-Therapie bei ca. 30% der Patienten
- Hauptmerkmal: Muskel- und Gelenkschmerzen
- Therapie: Antiphlogistika und/oder Glucocorticoide
- Meist in wenigen Wochen rückläufig
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- C92.-: Myeloische Leukämie
- Inklusive:
-
Leukämie:
- granulozytär
- myelogen
-
Leukämie:
- Die folgenden fünften Stellen sind bei der Kategorie C92 zu benutzen:
- 0:
- Ohne Angabe einer kompletten Remission
- Ohne Angabe einer Remission
- In partieller Remission
- 1: In kompletter Remission
- 0:
- C92.1-: Chronische myeloische Leukämie [CML], BCR/ABL-positiv
- Chronische myeloische Leukämie, Philadelphia-Chromosom (Ph1) positiv
- Chronische myeloische Leukämie, t(9;22) (q34;q11)
- Exklusive: Atypische chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL-negativ (C92.2‑); Chronische myelomonozytäre Leukämie (C93.1‑); Unklassifiziertes myeloproliferatives Syndrom (D47.1)
- C92.2-: Atypische chronische myeloische Leukämie, BCR/ABL-negativ
- Inklusive:
- C94.-: Sonstige Leukämien näher bezeichneten Zelltyps
- C94.8!: Blastenkrise bei chronischer myeloischer Leukämie [CML]
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.