Zusammenfassung
Die Rosazea ist eine häufige, chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die überwiegend Erwachsene mittleren Alters betrifft. Zu den Symptomen gehören transiente oder persistierende Erytheme sowie Teleangiektasien, Papeln, Papulopusteln und Pusteln, insb. an Wange, Nase, Stirn und Kinn. Zudem können Talgdrüsenhyperplasien auftreten, die in schweren Fällen z.B. Nase und Kinn vergrößern (sog. Phymen). Hiervon sind überwiegend Männer betroffen. Eine häufige Komplikation stellt die Augenbeteiligung dar.
Auslösende Faktoren wie UV-Licht, Hitze, Kälte, Alkohol, scharfe Speisen und Stress sollten gemieden werden. Therapeutisch kommen sowohl topische Substanzen (z.B. Ivermectin, Metronidazol) als auch eine systemische Therapie (z.B. mit Tetracyclinen) in Betracht.
Epidemiologie
Ätiologie
- Genetik [3]
- Genetische Grundlage wahrscheinlich, jedoch bislang nicht eindeutig geklärt
- Positive Familienanamnese erhöht Erkrankungswahrscheinlichkeit [4]
- Triggerfaktoren
- Hitze, Kälte
- Scharf gewürzte Speisen, Alkohol, Koffein
- UV-Strahlung
- Psychischer und körperlicher Stress
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie der Rosazea ist komplex und noch nicht hinreichend verstanden. In der Krankheitsentstehung spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. [3]
- Immunantwort
- Angeborene: Aktivierung von Haut- und Immunzellen → Ausschüttung proinflammatorischer Substanzen wie u.a. Zytokine, Chemokine und Cathelicidin → Entzündungsreaktion, Erythem [5]
- Adaptive: Aktivierung von T- und B-Lymphozyten → Freisetzung von proinflammatorischen Substanzen → Aktivierung von Makrophagen und Mastzellen → Persistierendes Erythem, Entzündung und Fibrose
- Neurovaskuläre Dysregulation und Inflammation: Neuronale Stimulation von Hautnerven → Transientes Erythem
- Mikroorganismen
- Gesteigerte Dichte (insb. Demodex-Milben) in der Haut → Aktivierung von Keratinozyten, Makrophagen und Mastzellen → Entzündung und Angiogenese
- Dysregulation des Darmmikrobioms (SIBO) als Triggerfaktor
Symptomatik
Symptome und diagnostische Kriterien der Rosazea [6]
Kriterien | Symptome | Alte Einteilung nach Subtypen |
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Diagnostische Kriterien |
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Hauptkriterien |
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Nebenkriterien |
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- Prädilektionsstellen
Komedonen treten bei der Rosazea – im Gegensatz zur Acne vulgaris – NICHT auf!
Verlaufs- und Sonderformen
Sonderformen der Rosazea [3] | |||||
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Sonderform | Klinisches Bild | Bemerkung | Therapie | Differenzialdiagnosen | |
Rosacea conglobata |
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Rosacea fulminans |
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Lupoide Rosazea (granulomatöse Rosazea) |
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Medikamenteninduzierte Rosazea | Steroidrosazea |
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Rosazea nach Gabe von EGFR-Inhibitoren |
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Gramnegative Rosazea |
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Morbus Morbihan |
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Rosazea im Kindesalter |
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Extrafaziale Rosazea |
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Diagnostik
- Anamnese und körperliche Untersuchung
- I.d.R. klinische Diagnose, siehe: Symptome und diagnostische Kriterien der Rosazea
- Augenärztliche Kontrolluntersuchung bei Diagnosestellung und 1×/Jahr
- Histopathologie
- Ektatische Blut- und Lymphgefäße in der oberen Dermis
- Perivaskuläre und perifollikuläre lymphohistiozytäre Infiltrate
- Ggf. diffuse Talgdrüsenvergrößerung
- Ggf. Nachweis von Demodexmilben
Differenzialdiagnosen
Die Differenzialdiagnosen der Rosazea richten sich nach der führenden Symptomatik. [3]
- Flush / persistierendes Erythem
- Polycythaemia vera
- Systemischer Lupus erythematodes mit Schmetterlingserythem der Wangen
- Dermatomyositis
- Karzinoidsyndrom
- Medikamentös bedingt
- Erythrophobie
- Mastozytose
- Kontaktekzem
- Arterielle Hypertonie
- Photodermatosen
- Papeln und Pusteln
- Phyme
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Demodikose
- Definition: Durch eine Besiedelung mit Demodexmilben ausgelöste, chronisch verlaufende Follikulitis
- Klinisches Bild
- Diagnose: Nachweis von Demodexmilben mittels Hornschichtabriss
- Therapie
- Topisch: Antiparasitäre Mittel, bspw. Permethrin (Off-Label Use)
- Systemisch: Metronidazol oder Ivermectin (Off-Label Use)
Therapie
Allgemeine Maßnahmen [3]
- Triggerfaktoren meiden
- UV-Exposition (schützende Kleidung tragen, UV-Filter verwenden)
- Spezielle Nahrungsmittel (Alkohol, scharfe Speisen, Koffein, heiße Speisen/Getränke, biogene Amine)
- Psychischen und körperlichen Stress
- Stark reizende Seifen, Syndets, alkoholische Tinkturen, Peelings, Nassrasur
- Basistherapie
- Gesicht schonend reinigen mit lauwarmem Wasser und pH-neutralen, milden Syndets
- Haut vorsichtig trocken tupfen
- Hautpflege mit hydrophilen Produkten
- Täglich Breitspektrum-Sonnenschutzprodukt mit hohem UV-A- und UV-B-Schutz anwenden
Topische Therapie [3]
- Allgemeines: Wahl des Präparats und der Grundlage abhängig von Phänotyp, Krankheitsaktivität und Hautzustand
- Erythem: Symptomatische Therapie mittels topischer Vasokonstriktoren
- 1. Wahl: Brimonidin
- Wirkungsbeginn: Ca. 20–30 min nach Anwendung
- Wirkungsdauer: Ca. 8–10 h
- 1. Wahl: Brimonidin
- Papeln/Pusteln
- Ivermectin: Therapie der 1. Wahl [9]
- Metronidazol
- Azelainsäure
Meist ist eine langfristige Therapie über mehrere Monate erforderlich. Zudem können Symptome nach Therapieende rezidivieren. Betroffene müssen entsprechend aufgeklärt werden!
Systemische Therapie [3]
- Indikation
- Schwere Formen
- Therapieresistenz
- Flush/Erythem: Ggf. Betablocker erwägen , z.B. Carvedilol (Off-Label Use)
- Papeln/Pusteln
- 1. Wahl: Niedrigdosiertes Doxycyclin
- Alternativen im Off-Label Use
- Tetracycline
- Höher dosiertes Doxycyclin
- Minocyclin [10]
- Tetracyclin
- Makrolide: Alternative zu Tetracyclinen bei Intoleranz oder Kontraindikation wie z.B. Kinderwunsch oder Schwangerschaft
- Metronidazol: Reservemedikament aufgrund des Nebenwirkungsprofils [10]
- Orales Retinoid: Niedrigdosiertes Isotretinoin bei fehlendem Ansprechen auf antibiotische Therapie
- Tetracycline
Keine Kombination von oralen Retinoiden und Tetracyclinen, da die Entstehung eines Pseudotumor cerebri droht!
Aufgrund der starken Teratogenität muss vor der Therapie mit oralen Retinoiden eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden und eine sichere Kontrazeption gewährleistet sein!
Weitere Therapieoptionen [3]
- Physikalische Therapie: Bei Erythemen und Teleangiektasien
- Nicht-ablative Laser (z.B. gepulster Farbstofflaser, Nd:YAG-Laser)
- Intensiv gepulste Lichtquelle (IPL)
- Ablative Therapie: Zur Abtragung von Phymen
- Ablative Laser (CO2-Laser, Er:YAG-Laser)
- Chirurgische Abtragung/Dermabrasion
Komplikationen
Okuläre Rosazea (Ophthalmorosazea) [3]
- Definition: Meist beidseitige Augenerkrankung im Rahmen einer Rosazea (z.T. auch isoliert auftretend) mit Konjunktivitis, Blepharitis und ggf. sekundärer Keratitis
- Pathophysiologie: Meibom-Drüsen-Dysfunktion mit Entzündung der Augenoberfläche unterschiedlicher Ausprägung
- Klinisches Bild
- Diagnostik: Klinische Diagnosestellung
- Therapie
- Lidrandhygiene, Tränenersatzmittel
- Topische Therapie
- Systemische Therapie bei schweren Formen
- Doxycyclin
- Ggf. alternativ orale Makrolide (Off-Label Use)
Alle von einer Rosazea Betroffenen müssen routinemäßig ophthalmologisch untersucht werden!Orales Isotretinoin ist aufgrund seiner austrocknenden Eigenschaften nicht für die Therapie der Ophthalmorosazea geeignet!
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- L71.-: Rosazea
- L71.1: Rhinophym
- L71.8: Sonstige Rosazea
- L71.9: Rosazea, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.