Zusammenfassung
Die Spinalanästhesie ist ein rückenmarksnahes Regionalanästhesieverfahren, bei dem Lokalanästhetika (ggf. kombiniert mit Opioiden) direkt in den lumbalen Subarachnoidalraum appliziert werden. Die Gabe erfolgt i.d.R. einmalig. Ziel ist eine sensible, sympathische und motorische Blockade. Das Verfahren kann alleine oder kombiniert mit einer Analgosedierung angewendet werden. Vorteilhaft sind der schnelle Wirkeintritt und die einfache Durchführbarkeit. Die Ausbreitungshöhe wird insb. von der Dosis des verabreichten Lokalanästhetikums bestimmt.
Dieses Kapitel fokussiert sich auf den praktischen Ablauf der nicht-geburtshilflichen Spinalanästhesie. Für weiterführende Informationen siehe:
Anatomische Grundlagen
Wirbelsäule und Rückenmark [1]
- Aufbau der Wirbelsäule
- Abschnitte: Zervikale Halswirbelsäule (7 Wirbel), thorakale Brustwirbelsäule (12 Wirbel), lumbale Lendenwirbelsäule (5 Wirbel), Kreuz- und Steißbein
- Aufbau eines Wirbels: Wirbelkörper und Wirbelbogen mit Fortsätzen
- Aufbau des Rückenmarks
- Lage im Spinalkanal (geschützt von Rückenmarkshäuten), Länge bei Erwachsenen ca. 45 cm
- Conus medullaris: Konusförmiges, kaudales Ende des Rückenmarks etwa auf Höhe von LWK 1
- Cauda equina: Ausläufer des Rückenmarks (bzw. lumbale und sakrale Spinalnerven)
- Spinaler Subarachnoidalraum
- Inhalt oberhalb von LWK 3: Rückenmark/Conus medullaris, Liquor
- Inhalt unterhalb von LWK 3: Spinalnerven (Cauda equina), Liquor
- Distanz zwischen Haut und lumbalem Spinalkanal ca. 3–6 cm
Der Abstand zwischen Haut und lumbalem Subarachnoidalraum beträgt ca. 3–6 cm!
Der Conus medullaris endet bei Erwachsenen meist oberhalb des dritten Lendenwirbelkörpers!
Punktionsort [1][2]
- Relevante anatomische Strukturen (von dorsal nach ventral)
- Eindringtiefe der Spinalkanüle
- Ca. 2 cm bis zum Erreichen des Lig. interspinale
- Ca. 2,5–5 cm bis zum Erreichen des Periduralraums
- Ca. 3–6 cm bis zum Erreichen des lumbalen Subarachnoidalraums (abhängig vom individuellen Körperbau)
- Injektion des Lokalanästhetikums
- Injektionsort: Lumbaler Subarachnoidalraum (zwischen Arachnoidea und Pia mater/Rückenmark )
- Wirkort: Vorder- und Hinterwurzeln der lumbalen Spinalnerven, vegetative Nervenfasern
Bei einer Spinalanästhesie werden deutlich geringere Dosierungen des Lokalanästhetikums benötigt als bei einer Periduralanästhesie!
Spinalnerven [3][4]
- Anzahl der Spinalnerven
- Insg. 31 (bis max. 33) paarige Nerven
- 8 zervikal, 12 thorakal, 5 lumbal, 5 sakral, 1–3 coccygeal
- Aufbau der Spinalnerven
- Hinterwurzel enthält v.a. somato- und viszerosensible Fasern
- Vorderwurzel enthält v.a. somato- und viszeromotorische Fasern
- Innervationsgebiete der Spinalnerven
- Somatische Innervation: Segmentale Anordnung der Dermatome
- Vegetative Innervation
-
Sympathikus liegt zwischen C8 und L2 (thorakolumbal)
- Th2–5: Organe des Thorax
- Th5–12: Organe des Abdomens
- L1–2: Organe des Beckens
-
Parasympathikus liegt im Kerngebiet des N. vagus und zwischen S2 und S4 (kraniosakral)
- Kranialer Anteil: Leber, Gallenblase, Milz, Niere, Nebennierenrinde, Pankreas, Magen, Teile des Darms
- Sakraler Anteil: Teile des Darms , Harnblase und -röhre, inneres und äußeres Genital
-
Sympathikus liegt zwischen C8 und L2 (thorakolumbal)
Ausbreitungsgebiet
Ausbreitungsgebiet der Spinalanästhesie [5][6] | |
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Wirkhöhe | Eingriff / OP-Gebiet |
Th5–6 |
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Th10 |
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L1 |
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S2–5 |
|
Die Spinalanästhesie wird grundsätzlich auf Höhe der Lendenwirbelsäule durchgeführt! Die Wirkhöhe der Spinalanästhesie kann durch die Dosis des Lokalanästhetikums bestimmt werden!
Material und Medikamente
Material [2]
- Punktionsset für die Spinalanästhesie
- Spinalkanüle mit Mandrin
- Größe: 25–27 G [7]
- Länge: Ca. 8–10 cm
- Typen [8]
- Atraumatische (stumpfe) Hohlnadel [9]
- Pencil-Point-Kanülen, bspw. Sprotte®-Kanüle, WhitacreTM-Kanüle
- Ball-Point-Kanülen
- Weitere atraumatische Spezialkanülen, bspw. Atraucan®-Kanüle
- Traumatische (scharfe) Hohlnadel, bspw. Quincke-Kanüle
- Atraumatische (stumpfe) Hohlnadel [9]
- Führungskanüle (Introducer)
- Definition: Kräftigere, kurze Kanüle zum Einbringen besonders dünner Spinalkanülen
- Länge: Ca. 3 cm, reicht etwa bis ins Lig. interspinale
- Spinalkanüle mit Mandrin
- Weiteres Material
- Sterile Tupfer
- Steriles Lochtuch
- Desinfektionsmittel
- Verbrauchsmaterial [10][11][12]
- Verbandsmaterial: Steriles Pflaster
- Abwurf für spitze Gegenstände
- Persönliche Schutzausrüstung
- Mund-Nasen-Schutz
- Kopfhaube
- Steriler, langärmeliger Kittel
- Sterile Handschuhe (unsterile Handschuhe für die Assistenz)
- Material für Notfälle
- Beatmungsbeutel und -maske
- Material und Medikamente zur Durchführung einer endotrachealen Intubation
- Material und Medikamente zur Durchführung einer Rapid Sequence Induction
- Material für Atemwegskomplikationen (Guedel-Tubus, Wendl-Tubus, Larynxmaske, Bougie)
Grundsätzlich zu beachten sind die Hygieneempfehlungen für Regionalanästhesieverfahren! [13]
Je dünner der Durchmesser der Spinalkanüle, desto geringer ist das Risiko für postpunktionellen Kopfschmerz!
Medikamente
- Lokalanästhetika für
- Infiltrationsanästhesie der Punktionsstelle, bspw. Mepivacain 1% 2 mL (steril aufgezogen in 2-mL-Spritze)
- Spinalanästhesie, bspw. Bupivacain 0,5% 5 mL (steril aufgezogen in 5-mL-Spritze)
- Ggf. Adjuvanzien zum Lokalanästhetikum, bspw. Sufentanil 5 μg
- Wirkstoffe und Dosierungen: Siehe Dosierungsvorschläge bei Spinalanästhesie
- Notfallmedikamente
- Medikamentöse Kreislaufunterstützung
- Medikamentöse Akuttherapie bei Bradykardie
- Behandlung einer systemischen Lokalanästhetika-Intoxikation, bspw. 20%ige Lipidemulsion [14]
Vorbereitung
Räumlichkeit und Personal
- Ort: Üblicherweise im Einleitungsraum eines OP-Saals [15]
- Personal: Durchführende Person und eine weitere Person als Assistenz [13]
- Geräte: Technische Möglichkeit zur Beatmung und Reanimation
- Defibrillator
- Sauerstoffversorgung (Wandanschluss oder Flasche)
Aus hygienischen Gründen sollten sich möglichst wenige Personen im Raum befinden und es sollte möglichst wenig gesprochen werden! [13]
Patientenvorbereitung [2]
Monitoring und Gefäßzugang
- Basismonitoring
- Anlage eines peripheren Venenverweilkatheters
- Größe: ≥18 G (grün)
- Lokalisation: Bevorzugt am Handrücken
- Anschluss einer balancierten Vollelektrolytlösung , insb. in der Geburtshilfe zu erwägen (Preloading und Coloading) [16]
Lagerung und Aufsuchen der Punktionsstelle
- Lagerung
- Sitzende oder liegende Position
- Punktion im Sitzen: Standardlagerung
- Punktion im Liegen: Ggf. bei Schwangeren
- Punktion in Bauchlage: Ausnahmefälle
- Möglichst maximale Kyphosierung (Rundrücken bzw. „Katzenbuckel“) auf Punktionshöhe
- Oberkörper nicht nach vorne beugen, ggf. mit Armen auf Oberschenkeln oder Knien abstützen
- Sicherstellung einer bequemen Haltung, ggf. durch Assistenz unterstützt (insb. bei antizipiertem Blutdruckabfall!)
- Sitzende oder liegende Position
- Aufsuchen der Punktionsstelle
- Inspektion
- Ausschluss lokaler Infektionen bzw. anderer Pathologien im Punktionsgebiet
- Siehe: Kontraindikationen für rückenmarksnahe Regionalanästhesie
- Landmarken
- Dornfortsätze der Wirbelkörper
- Tuffier-Linie: Verbindung zwischen den Cristae iliacae etwa auf Höhe von LWK 4 (bzw. Zwischenwirbelraum L4/5) [17]
- Auswahl eines geeigneten Zwischenwirbelraums anhand des Tastbefunds der Punktionsstelle [18][19]
- Möglichkeiten: L3/4, L4/5, L5/S1
- Inspektion
Üblicherweise erfolgt die Punktion in Höhe von L4/5!
Bei einer Punktion oberhalb von L3/4 besteht die Gefahr, den Conus medullaris zu verletzen!
Hygienische Vorbereitung / Aseptisches Vorgehen [13]
Ablauf/Durchführung
Sicherheitscheck
- Aufklärung zur Regionalanästhesie erfolgt?
- Anatomische Auffälligkeiten der Wirbelsäule vorhanden?
- Prädiktoren für einen schwierigen Atemweg überprüft?
- Gerinnungsstatus bei auffälliger Blutungsanamnese vorhanden?
- Empfohlene Sicherheitsabstände bei rückenmarksnaher Regionalanästhesie unter Antikoagulation eingehalten?
- Präoperative Nüchternzeiten eingehalten?
- Allgemeiner Sicherheitscheck gemäß Surgical Safety Checklist durchgeführt?
Infiltrationsanästhesie der Punktionsstelle
- Ziel: Analgesie der Haut und des subkutanen Gewebes , bei dünner Spinalkanüle fakultativ
- Wirkstoff: Bspw. Mepivacain 1% 1–2 mL s.c. [2]
Zugangswege [2]
- Mediane Punktion: Punktion genau in der Linie der Dornfortsätze (streng in der Sagittalebene)
- Vorteil: Standardzugang mit einfacher technischer Durchführung
- Nachteil: Erschwerte oder unmögliche Punktion bei Verknöcherung des dorsalen Bandapparats der Wirbelsäule, bspw. bei Spondylitis ankylosans
- Paramediane Punktion: Punktion auf Höhe eines Dornfortsatzes (ca. 1–1,5 cm lateral der Mittellinie), dann Vorschub der Spinalkanüle nach medial und kranial
- Vorteil: Dornfortsätze und Bänder werden seitlich passiert
- Nachteil: Technisch anspruchsvoller
Technik zum Auffinden des lumbalen Subarachnoidalraumes [2]
- Einbringen der Führungskanüle (dient als Leitstruktur für die dünnere Spinalkanüle)
- Punktionsrichtung: Ca. 90°-Winkel zur Haut
- Punktionstiefe: Durchstechen des Lig. supraspinale und vorsichtiges Vorschieben bis ins Lig. interspinale (ca. 3 cm Tiefe)
- Einbringen der Spinalkanüle
- Punktionsrichtung: Innerhalb der Führungskanüle, ca. 90°-Winkel zur Haut
- Langsamer Vorschub, ggf. Korrektur der Stichrichtung (ca. 10–30° nach kranial) bei Knochenkontakt
- Durchstechen des Lig. flavum
- Schwierigkeiten beim Vorschub, siehe: Spinalanästhesie - Problemmanagement
- Punktion der Dura (ggf. spürbares Klicken nach ca. 3–6 cm) [20]
- Bei Verwendung von Spinalkanülen mit seitlicher Öffnung: Vorschub um weitere 3 mm
- Prüfen der korrekten Lage der Punktionskanüle im Subarachnoidalraum
- Rückfluss von Liquor über die Kanüle nach Herausziehen des Mandrins
- Blutige Punktion oder kein Rückfluss von Liquor, siehe: Spinalanästhesie - Problemmanagement
- Aufsetzen der Spritze mit Lokalanästhetikum
- Vorsichtiges Arretieren, ohne Position der Spinalkanüle zu verändern
- Erneute Lagekontrolle: Aspiration von Liquor
- Injektion des Lokalanästhetikums: Siehe Wirkstoffe zur Spinalanästhesie
- Langsam und stetig injizieren, alternativ Barbotage
- Reaktion der behandelten Person beobachten
- Entfernung der Kanülen: Führungskanüle und Spinalkanüle nach erfolgreicher Injektion zusammen zurückziehen
- Abkleben der Punktionsstelle mit sterilem Pflaster
- Umlagerung in Rückenlage
- Überwachung der Vitalparameter und der Ausbreitungshöhe
- Freigabe: Umlagerung zur OP und weitere Vorbereitungen bei suffizienter Ausbreitungshöhe (siehe auch: Fixierungszeit)
Vor Injektion des Lokalanästhetikums muss die intrathekale Lage der Nadelspitze durch Aspiration von Liquor sichergestellt werden!
Wirkstoffe zur Spinalanästhesie [2]
Die folgenden Angaben richten sich nach den Fachinformationen und gelten für Erwachsene und Kinder >12 Jahre!
Grundsätzlich sollte die geringste wirksame Dosis verwendet werden!
Lokalanästhetika
Übersicht der Lokalanästhetika zur Spinalanästhesie [2] | ||
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Wirkstoff | Barizität | Vor- und Nachteile |
Ropivacain 0,5% (z.B. Naropin®) |
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Bupivacain 0,5% (z.B. Carbostesin®) |
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Prilocain 2% (z.B. Takipril®) |
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Mepivacain 4% (z.B. Scandicain®) |
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Chloroprocain 1% (z.B. Ampres®) |
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Bupivacain gilt als das am häufigsten verwendete Lokalanästhetikum zur Spinalanästhesie!
Lidocain wird aufgrund seiner Neurotoxizität nicht mehr zur Spinalanästhesie empfohlen! [7]
Adjuvanzien [2][7][27]
Übersicht der Adjuvanzien zum Lokalanästhetikum bei der Spinalanästhesie | ||
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Wirkstoff | Anwendung | Vor- und Nachteile |
Fentanyl |
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Sufentanil |
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Morphin |
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Clonidin [28] |
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Epinephrin |
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Neostigmin |
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Bei der intrathekalen Gabe von Fentanyl und Sufentanil im Rahmen der Sectio caesarea handelt es sich um einen etablierten Off-Label Use und damit nicht um einen individuellen Heilversuch! [30]
Dosierungsvorschläge bei Spinalanästhesie [2][7][31][32]
Die individuelle Dosierung sollte immer unter Berücksichtigung der Einflussfaktoren auf die Ausbreitungshöhe der Spinalanästhesie erfolgen!
Dosierungsvorschläge bei Spinalanästhesie | ||
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Typische Medikamente | Wirkstoffmenge pro mL | Bolusgabe bei Spinalanästhesie |
Ropivacain 0,5% [21] |
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Bupivacain 0,5% [33] |
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Prilocain 2% [34] |
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Mepivacain 4% [24] |
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Chloroprocain 1% [36] |
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Erfolgskontrolle [2][38]
- Testung der Ausbreitungshöhe vor OP-Beginn, bspw. mittels Spitz-Stumpf-Diskrimination oder Kalt-Warm-Diskrimination [39]
- Desinfektionsspray von distal nach proximal gehend applizieren
- Angabe des Punktes durch Patient:in, ab dem das Desinfektionsspray als kalt empfunden wird
- Zu weit kaudal liegende Ausbreitungshöhe: Ggf. Lagerungsmanöver durchführen , Analgosedierung oder Allgemeinanästhesie vorbereiten
- Zu weit kranial liegende Ausbreitungshöhe: Lagerungsmanöver durchführen, Notfallmaßnahmen vorbereiten (siehe: Totale Spinalanästhesie)
- Siehe auch: Erfolgskontrolle von Nervenblockaden
Einflussfaktoren auf die Ausbreitungshöhe der Spinalanästhesie [2][7][38][40] | ||
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Einfluss auf die Ausbreitungshöhe | Konsequenz | |
Eigenschaften des verwendeten Wirkstoffs |
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Patienteneigenschaften |
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Technik |
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Die Einflussfaktoren auf die Ausbreitungshöhe müssen bei der Auswahl des geeigneten Wirkstoffs und der Dosierung berücksichtigt werden!
Eine exakte Vorhersage der Ausbreitungshöhe ist aufgrund individueller Faktoren kaum möglich und eine Testung der Ausbreitungshöhe daher obligat!
Abwarten der „Fixierungszeit“ des Lokalanästhetikums
- Verwendung des Begriffs: In der Literatur und im klinischen Alltag oft verwendeter (jedoch überholter) Begriff für die Dauer bis zur endgültigen Ausbreitung des Lokalanästhetikums im Subarachnoidalraum [40]
- Kritik am Begriff
- Lokalanästhetikum wird nicht fest gebunden bzw. fixiert im Nervengewebe
- Auch nach Erreichen der Fixierungszeit ist eine Ausbreitung der Spinalanästhesie möglich
- Konsequenz für die klinische Anwendung
- Fixierungszeit kann Anhalt liefern, wann die Ausbreitungshöhe zuverlässig zu beurteilen ist
- Ablauf der Fixierungszeit garantiert keine Sicherheit vor sekundärer hoher oder totaler Spinalanästhesie [2]
- Lagerungsmanöver müssen entsprechend überwacht oder vermieden werden
- Postoperative Überwachung der Ausbreitungshöhe obligat
Dokumentation
- Punktionshöhe und -technik, bspw.
- Sprotte®-Kanüle, 25 G
- Punktion auf Höhe L4/5
- Verlauf der Punktion
- Auffälligkeiten: Bspw. vorbestehende Parästhesien, starke Skoliose
- Problemlose Punktion: Kein Blut, keine Parästhesien, Liquor klar
- Komplikationen: Bspw. Mehrfachpunktionen, blutige Punktionen, ausgeprägte arterielle Hypotension
- Medikamente: Wirkdosis (Lokalanästhetikum und ggf. Adjuvanzien)
- Ausbreitung: Erreichte Anästhesiehöhe
Unilaterale Spinalanästhesie
Vorbereitung [2][41]
- Beachten der Hygieneempfehlungen für Regionalanästhesieverfahren
- Anlage des Basismonitorings und eines peripheren Venenverweilkatheters
- Lagerung und Aufsuchen der Punktionsstelle grundsätzlich analog zur „klassischen“ Spinalanästhesie
- Für die unilaterale Spinalanästhesie jedoch standardmäßig Seitenlagerung (auf die zu betäubende Seite)
- Bei verletzungsbedingten Schmerzen (bspw. Femurfraktur) ggf. zunächst Femoralisblockade oder milde Analgosedierung
- Auswahl des Lokalanästhetikums: Standardmäßig Verwendung eines hyperbaren Präparats (bspw. Bupivacain 0,5% hyperbar)
- Siehe auch: Spinalanästhesie - Vorbereitung
Durchführung [2][41]
- Infiltrationsanästhesie der Punktionsstelle, bspw. mit Mepivacain [42]
- Punktion grundsätzlich analog zur „klassischen“ Spinalanästhesie
- Bevorzugt Verwendung einer Pencil-Point-Kanüle (bspw. Sprotte®-Kanüle, Whitacre™-Kanüle)
- Öffnung der Pencil-Point-Kanüle nach bodenwärts ausrichten
- Injektion des Lokalanästhetikums möglichst langsam und gleichmäßig
- Bupivacain 0,5% hyperbar , optional in Kombination mit Clonidin (Off-Label Use) [41]
- Bei Punktion im Sitzen: Unmittelbare Umlagerung auf die zu betäubende Seite nach der Injektion
- Verbleiben in Seitenlage mit gebeugten Beinen und Krümmung der Wirbelsäule für mind. 20 min
- Testung der Ausbreitungshöhe und Umlagerung für den geplanten Eingriff
- Erfolgsrate des Verfahrens entscheidend von der Dosis des Lokalanästhetikums abhängig
- Je höher die Dosis, desto eher kommt es zu einer beidseitigen Anästhesieausbreitung
- Je niedriger die Dosis, desto eher kommt es zu einer einseitigen (teilweise jedoch auch unzureichenden) Anästhesieausbreitung
- Siehe auch: Spinalanästhesie - Ablauf/Durchführung
Bei einer Punktion in Seitenlage ist der Liquorrückfluss aus der Spinalkanüle nach Perforation der Dura mater häufig geringer als bei einer Punktion im Sitzen!
Sattelblock
Vorbereitung [2][43]
- Beachten der Hygieneempfehlungen für Regionalanästhesieverfahren
- Anlage des Basismonitorings und eines peripheren Venenverweilkatheters
- Lagerung und Aufsuchen der Punktionsstelle grundsätzlich analog zur „klassischen“ Spinalanästhesie
- Anlage eines Sattelblocks jedoch ausschließlich im Sitzen (Seitenlagerung nicht geeignet)
- Bei Schmerzen im Sitzen (bspw. bei Hämorrhoiden oder Abszess im Analbereich) ggf. zunächst milde Analgosedierung
- Auswahl des Lokalanästhetikums: Ausschließlich Verwendung eines hyperbaren Präparats (bspw. Bupivacain 0,5% hyperbar)
- Siehe auch: Spinalanästhesie - Vorbereitung
Durchführung [2][43]
- Infiltrationsanästhesie der Punktionsstelle, bspw. mit Mepivacain [42]
- Punktion grundsätzlich analog zur „klassischen“ Spinalanästhesie
- Bevorzugt Verwendung einer Pencil-Point-Kanüle (bspw. Sprotte®-Kanüle, Whitacre™-Kanüle)
- Öffnung der Pencil-Point-Kanüle nach bodenwärts ausrichten
- Injektion des Lokalanästhetikums möglichst langsam und gleichmäßig
- Bupivacain 0,5% hyperbar , typischerweise ohne Zusatz
- Verbleiben in sitzender Position (bestenfalls mit angezogenen Knien) für mind. 10 min
- Testung der Ausbreitungshöhe und Umlagerung für den geplanten Eingriff (meist Steinschnittlage)
- Siehe auch: Spinalanästhesie - Ablauf/Durchführung
Beim Sattelblock bleibt die Motorik der Beine typischerweise weitgehend erhalten!
Problemmanagement
Schwierigkeiten bei Durchführung einer Spinalanästhesie [2][44] | |||
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Anzeichen | Mögliche Ursachen | Management | |
Erschwerte Punktion |
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Fehlende Aspiration von Liquor |
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Blutige Punktion |
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Unzureichende Wirkung |
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Unzureichende Wirkdauer |
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Nachsorge
Überwachung
- Ort: Aufwachraum oder andere geeignete Räumlichkeiten
- Personal: Verfügbarkeit von anästhesiologischem Personal obligat
- Monitoring: Basismonitoring der Vitalparameter [45]
- Überwachung der Rückläufigkeit der Blockade: Zeitliche Reihenfolge
- Vibrationsempfinden
- Motorik
- Lagesinn
- Tastsinn bzw. Berührungsempfinden
- Schmerzempfinden
- Temperaturempfinden
- Autonome Gefäßregulation
Entlassung aus dem Aufwachraum [2]
- Allgemeine Entlasskriterien: Siehe Aldrete-Score
- Spezielle Entlasskriterien
- Rückläufigkeit der Blockade
- Sensible Blockade unterhalb von Th10 (bzw. Rückläufigkeit ≥4 Segmente)
- Motorische Blockade rückläufig (Beurteilung bspw. mittels Bromage-Score)
- Aufklärung: Erstes Aufstehen nur in Anwesenheit einer weiteren Person, Aufklärung über mögliche Komplikationen
- Harnverhalt: Ggf. Einmalkatheterisierung nötig
- Neurologische Auffälligkeiten : Unverzüglich anästhesiologisches Personal hinzuziehen
- Rückläufigkeit der Blockade
- Ambulante Eingriffe: Siehe Entlasskriterien nach ambulanter Regionalanästhesie
Bromage-Score [46][47][48] | |
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Beschreibung [49] | |
Grad 1 | Komplette motorische Blockade: Keine Bewegung der gesamten unteren Extremität möglich |
Grad 2 | Inkomplette motorische Blockade: Flexion der Füße möglich, keine Flexion der Knie möglich |
Grad 3 | Partielle motorische Blockade: Volle Beweglichkeit der Füße, Flexion der Knie eingeschränkt möglich |
Grad 4 | Keine motorische Blockade: Volle Beweglichkeit der unteren Extremität |
Verlaufskontrolle
- Anästhesiologische Visite (bspw. am Abend des OP-Tages)
- Erneute Kontrolle von Sensibilität und Motorik
- Hinweise auf das Vorliegen eines Harnverhalts prüfen
- Bei Auffälligkeiten: Unmittelbare Abklärung bzw. Therapie
Besondere Patientengruppen
Schwangere
- Für die Spinalalanästhesie zur Sectio caesarea siehe: Spinalanästhesie zur Sectio caesarea
- Für die Spinalanalgesie zur schmerzarmen vaginalen Geburt siehe: Spinalanalgesie zur schmerzarmen Geburt