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Infektiöse Endokarditis im Kindes- und Jugendalter

Letzte Aktualisierung: 18.3.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die infektiöse Endokarditis ist eine durch Krankheitserreger hervorgerufene Entzündung der innersten Herzschicht (Endokard), die auch im Kindes- und Jugendalter meist bakteriell (insb. Staphylokokken und orale Streptokokken) bedingt ist. Besonders häufig sind Kinder mit angeborenen Herzfehlern, implantiertem Fremdmaterial und/oder zentralen Gefäßkathetern betroffen. Abhängig vom auslösenden Erreger reicht das klinische Bild von subakut-chronischen Verläufen mit rezidivierendem Fieber und unspezifischen Allgemeinsymptomen (Endokarditis lenta) bis zu hochakuten, septischen Verläufen mit schnell progredienter Herzinsuffizienz (Endokarditis acuta). Diagnostisch stehen der echokardiografische Nachweis von Vegetationen an den Herzklappen und der direkte mikrobiologische Erregernachweis mittels Blutkulturen im Vordergrund. Für die komplette Erreger-Eradikation sind neben einer i.d.R. 4–6-wöchigen parenteralen antiinfektiven Therapie in Einzelfällen auch chirurgische Maßnahmen erforderlich. Zur Prävention dieses schweren Krankheitsbildes sollten die Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe beachtet werden.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Inzidenz: Ca. 0,5 Fälle / 100.000 Kinder pro Jahr [1]
  • Lokalisation: In 80–90% der Fälle linksseitig (Mitral- und/oder Aortenklappe) [1]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Risikofaktoren [2]

Ca. 90% aller Kinder und Jugendlichen mit infektiöser Endokarditis haben einen angeborenen Herzfehler! [3]

Erregerspektrum [1][2]

Staphylococcus aureus und Pneumokokken befallen auch nicht-vorgeschädigte Herzklappen und führen häufig zu einem akuten und fulminanten Verlauf (Endokarditis acuta)!

Viridans-Streptokokken und Enterokokken befallen typischerweise vorgeschädigte Klappen und führen i.d.R. zu einem subakuten Verlauf (Endokarditis lenta)!

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Pathophysiologietoggle arrow icon

  1. Transitorische BakteriämieBakterielle Besiedelung der thrombotischen Vegetationen → Bakterielle Vegetationen → Blutstrominfektion → Ggf. Abszessbildung und/oder Embolisation
  2. Prädisponierende Risikofaktoren → Turbulente Blutströmung → Endothelschaden → Fibrin- und Thrombozytenaggregation

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Symptomatiktoggle arrow icon

Akuter Verlauf (Endocarditis acuta) [1][2]

Eine Endocarditis acuta ist häufig durch ein neu aufgetretenes Herzgeräusch und einen septischen Verlauf gekennzeichnet!

Fieber kann bei Neugeborenen und Säuglingen mit Endokarditis fehlen!

Subakuter Verlauf (Endocarditis lenta) [1][2]

Spezifische vaskuläre und immunologische Symptome wie Janeway-Läsionen und Osler-Knötchen sind eher selten!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Basisdiagnostik [2][3]

  1. Anamnese
    • Aktuelle Symptomatik
    • Prädisponierende Faktoren
    • Antibiotische Vorbehandlung
  2. Körperliche Untersuchung
    • Inspektion (insb. auf Hautveränderungen und mögliche Eintrittspforten achten)
    • Auskultation (kardiopulmonal)
    • Neurologische Untersuchung
  3. Labordiagnostik
  4. Erregernachweis
    • Blutkulturen (venös, mind. 3 Paar aerob/anaerob) vor Beginn der Antibiotikatherapie
  5. Apparative Diagnostik

Blutkulturen müssen vor Beginn der Antibiotikatherapie abgenommen werden!

Ein unauffälliger echokardiografischer Befund und/oder negative Blutkulturen schließen eine infektiöse Endokarditis nicht sicher aus!

Erweiterte Diagnostik [2]

Bildgebung

Erweiterte Erregerdiagnostik

  • Indikation: (V.a.) kulturnegative infektiöse Endokarditis
  • Maßnahmen
    • Bei antibiotischer Vorbehandlung: Erneute Abnahme von Blutkulturen nach Antibiotikapause für 72 h (falls klinisch vertretbar)
    • Ohne antibiotische Vorbehandlung: Serologie und/oder PCR auf seltene, schlecht kultivierbare Erreger

Diagnosestellung [2]

Modifizierte Duke-Kriterien

Modifizierte Duke-Kriterien [2]
Hauptkriterien
Erregernachweis
Bildgebung
Nebenkriterien
Risikofaktoren
Allgemeinsymptome
Vaskuläre Phänomene
Immunologische Phänomene
Erregernachweis

Beurteilung

Beurteilung der modifizierten Duke-Kriterien [2]
Bezeichnung Kriterien
Definitive infektiöse Endokarditis
Mögliche infektiöse Endokarditis
  • 1 Hauptkriterium + 1 Nebenkriterium erfüllt oder
  • 3 Nebenkriterien erfüllt
Keine infektiöse Endokarditis
  • Kriterien der definitiven und möglichen infektiösen Endokarditis nicht erfüllt oder
  • Eindeutige andere Diagnose oder
  • Symptomfreiheit nach ≤4 Tagen Antibiotikatherapie oder
  • Unauffälliger Befund im histologischen Präparat nach ≤4 Tagen Antibiotikatherapie

Verlaufskontrollen

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Grundsätze

  • Ziel: Vollständige Eradikation des Erregers
  • Maßnahmen
    • Antiinfektive Therapie für mind. 4 Wochen
    • Symptomatische Therapie
    • Ggf. chirurgische Therapie
  • Setting: Stationär , im Verlauf ggf. ambulant
  • Durchführung: Multidisziplinär (Endokarditis-Team)

Antibiotikatherapie

Kalkulierte Antibiotikatherapie

Kalkulierte Antibiotikatherapie bei infektiöser Endokarditis im Kindes- und Jugendalter [2]
Klinische Situation Therapie Alternative bei β-Lactam-Unverträglichkeit
Nativklappe Ambulant erworben
Nosokomial

Klappenprothese Seit ≥12 Monaten
Seit <12 Monaten

Mit der kalkulierten Antibiotikatherapie sollte erst begonnen werden, nachdem mindestens drei Paar Blutkulturen entnommen wurden!

Gezielte Antibiotikatherapie

Staphylokokken

Gezielte Antibiotikatherapie bei infektiöser Endokarditis im Kindes- und Jugendalter: Staphylokokken
Resistenzprofil Klappentyp Therapie Alternative bei β-Lactam-Unverträglichkeit
Methicillin-empfindlich Nativklappe
Klappenprothese Seit ≥12 Monaten
Seit <12 Monaten
Methicillin-resistent (MRSA) Nativklappe

Klappenprothese

Bei einer Endokarditis durch Staph. aureus entscheidet der Tag der ersten negativen Blutkultur über die Therapiedauer, da ab diesem Zeitpunkt noch für die empfohlene Therapiedauer antibiotisch behandelt werden sollte!

Viridans-Streptokokken

Gezielte Antibiotikatherapie bei infektiöser Endokarditis im Kindes- und Jugendalter: Viridans-Streptokokken
Resistenzprofil Therapie Alternative bei β-Lactam-Unverträglichkeit
Niedrige Penicillin-MHK
Erhöhte Penicillin-MHK

Enterokokken

Gezielte Antibiotikatherapie bei infektiöser Endokarditis im Kindes- und Jugendalter: Enterokokken
Resistenzprofil Therapie Alternative bei β-Lactam-Unverträglichkeit
Ampicillin-empfindlich
Ampicillin-resistent

Hochgradig Aminoglykosid-resistent

HACEK-Gruppe

Ggf. ergänzende Maßnahmen

  • Symptomatische Therapie: Analgesie und Antipyrese nach Bedarf
  • Therapie von Komplikationen
    • Medikamentöse Therapie einer Herzinsuffizienz und/oder Nierenfunktionseinschränkung
    • Herzschrittmachertherapie bei höhergradigem AV-Block
    • Behandlung neurologischer Komplikationen (z.B. Schlaganfall)
    • Ggf. Antikoagulation bei schweren Embolien

Bei Kindern und Jugendlichen mit infektiöser Endokarditis und schweren embolischen Komplikationen sollte eine Antikoagulation erwogen werden!

Chirurgische Therapie

  • Ziele
    • Komplette Entfernung von infiziertem Gewebe
    • Wiederherstellung der Klappenanatomie und -funktion (durch Rekonstruktion oder Ersatz)
    • Histopathologische Erregerdiagnostik in entnommenem Gewebe
  • Indikationen

Ca. die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen mit einer Endokarditis und einem angeborenen Herzfehler muss operiert werden!

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Komplikationentoggle arrow icon

Eine infektiöse Endokarditis kann zu septischen Embolien in verschiedenen Organen wie der Lunge oder dem Gehirn führen!

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Nachsorgetoggle arrow icon

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Prognosetoggle arrow icon

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Präventiontoggle arrow icon

Primärprophylaxe [2]

  • Zahn- und Mundhygiene
  • Haut- und Nagelpflege
  • Allgemeine Krankenhaushygiene
  • Konsequente Wundbehandlung
  • Klappenchirurgie: Möglichst rekonstruktive Verfahren mit geringstmöglichem Einsatz von Fremdmaterial bevorzugen
  • Therapie angeborener Herzfehler und residueller Defekte nach eingebrachtem Fremdmaterial

Sekundärprophylaxe [2]

Indikationen zur Endokarditisprophylaxe im Kindes- und Jugendalter [2]
Hochrisikofaktoren Risikoprozeduren

Eine antibiotische Endokarditisprophylaxe ist dann erforderlich, wenn bei einem Kind oder Jugendlichen mit mind. einem Hochrisikofaktor eine Risikoprozedur durchgeführt werden soll!

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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