Zusammenfassung
Zyanotische Herzfehler sind angeborene (kardio‑)vaskuläre Fehlbildungen, die durch einen Rechts-links-Shunt zu einer zentralen Durchmischung von arteriellem und venösem Blut und somit zu einer Hypoxämie im Systemkreislauf führen. Zu den häufigsten zyanotischen Herzfehlern zählen die Fallot-Tetralogie, die Transposition der großen Arterien und die Trikuspidalatresie. Die Diagnose wird oft im pränatalen Ultraschall gestellt, sodass die Erstversorgung in einem kinderkardiologischen Zentrum erfolgen kann. Die klinischen Befunde variieren postnatal sehr, sodass auch Neugeborene mit schweren, lebensbedrohlichen Herzfehlern initial asymptomatisch sein können. Manche Neugeborene fallen erst beim Pulsoxymetrie-Screening oder durch vermehrtes Schwitzen beim Trinken auf. Auch die übrigen Symptome sind häufig unspezifisch (z.B. rezidivierende bronchopulmonale Infekte, Gedeihstörung oder belastungsabhängige Dyspnoe).
Entscheidend ist eine rasche Diagnosestellung mittels Echokardiografie und die Klärung der Frage, ob ein ductusabhängiger Herzfehler vorliegt. In diesen Fällen muss sofort eine Prostaglandin E1-Dauerinfusion zum Offenhalten des Ductus arteriosus begonnen werden. Therapeutisch wird im Verlauf i.d.R. eine operative Korrektur angestrebt, zuvor sind ggf. interventionelle oder operative Maßnahmen zur Verbesserung der pulmonalen Perfusion notwendig.
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Dieses Kapitel ist im Rahmen unserer Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK) unter Mitautorenschaft von Prof. Dr. med. Robert Dalla Pozza entstanden.
Überblick
Häufigkeit
Die Anfangsbuchstaben zyanotischer Herzfehler kann man sich mit „THEFT“ merken. Sie bestehen zudem alle nur aus horizontalen und vertikalen Strichen: [T]ransposition, [H]ypoplastisch, [E]bstein, [F]allot, [T]rikuspidal!
Assoziierte Syndrome
Assoziierte Syndrome bei zyanotischen angeborenen Herzfehlern | ||
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Herzfehler | Syndrome bzw. Chromosomenaberrationen | Häufigkeit |
Fallot-Tetralogie [1] |
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Transposition der großen Arterien [2] |
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Trikuspidalatresie [3] |
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Hypoplastisches Linksherzsyndrom [4] |
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Truncus arteriosus communis [5] |
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Ebstein-Anomalie [6] |
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Zyanoseformen [7]
- Zentrale Zyanose: Unzureichende Oxygenierung des Hämoglobins → Arterielle Sauerstoffsättigung↓ → Zyanose mit Beteiligung der Zunge
- Periphere Zyanose: Erhöhte Desoxygenierung des Hämoglobins in der Peripherie → Periphere Sauerstoffsättigung↓ → Zyanose der Akren ohne Beteiligung der Zunge
- Differenzialzyanose: Präduktale Sauerstoffsättigung > Postduktale Sauerstoffsättigung → Sauerstoffsättigung rechter Arm > Beine
- Reverse Differenzialzyanose: Postduktale Sauerstoffsättigung > Präduktale Sauerstoffsättigung → Sauerstoffsättigung Beine > rechter Arm
Die zentrale Zyanose bei angeborenen Herzfehlern entsteht i.d.R. durch einen ausgeprägten Rechts-links-Shunt!
Symptome
- Leitsymptom: (Zentrale) Zyanose
- Weitere
- Belastungsabhängiges Schwitzen, Dyspnoe, Tachypnoe und Erschöpfung
- Gedeihstörung
- Rezidivierende bronchopulmonale Infekte
- Symptome einer chronischen Herzinsuffizienz im Kindesalter
- Selten Zeichen einer chronischen Hypoxämie (Uhrglasnägel, Trommelschlägelfinger )
Viele Neugeborene mit schweren Herzfehlern sind initial asymptomatisch!
Abklärung einer Zyanose bei Neugeborenen und Kindern [7]
- Anamnese : Zeitlicher Beginn und Situationsabhängigkeit
- Körperliche Untersuchung
- Pulsoxymetrie (siehe auch: Pulsoxymetrie-Screening) und Blutdruckmessung an allen 4 Extremitäten
- Blutentnahme: Arterielle Blutgasanalyse, Lactat, pCO2, Blutbild
- Reaktion auf Sauerstoffvorlage
- spO2↑↑: Eher pulmonale Ursache bzw. respiratorische Anpassungsstörung
- spO2↑: Zyanotischer Herzfehler möglich
- spO2 ↔︎/↓: Zyanotischer Herzfehler wahrscheinlich
- Veraltet: Hyperoxietest mit 100% O2-Vorlage über 10 min
- Echokardiografie: Goldstandard zur Abklärung eines angeborenen Herzfehlers
- Fetale Echokardiografie: Diagnosestellung bei ca. 60% aller kritischen Herzfehler
- 12-Kanal-EKG
- Röntgen-Thorax: Ausschluss pulmonaler Ursachen oder Zwerchfellhernie
- Spezielle Untersuchungen: Herzkatheteruntersuchung, Kardio-MRT/-CT
Die Echokardiografie ist Mittel der 1. Wahl zur Diagnose bzw. zum Ausschluss eines angeborenen Herzfehlers!
Bei bestimmten angeborenen Herzfehlern kann eine zusätzliche O2-Zufuhr zu einem Abfall der Sauerstoffsättigung führen!
Differenzialdiagnosen [7]
Differenzialdiagnosen zyanotischer Herzfehler | |
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Leitbefund | Differenzialdiagnosen |
Zyanose |
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Tachydyspnoe | |
Trinkschwäche, Müdigkeit |
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Gedeihstörung | |
Rezidivierende bronchopulmonale Infekte |
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Medikamentöse Sofortmaßnahme
- Prostaglandin E1-Dauerinfusion (z.B. Minprog®) [8]
- Prinzip: Offenhalten des Ductus arteriosus bis zur Palliation oder Korrektur-OP
- Indikationen: Ductusabhängige angeborene Herzfehler mit relevant eingeschränkter
- Lungendurchblutung (bspw. Pulmonalatresie/-stenose, TGA, Fallot-Tetralogie) oder
- Systemdurchblutung (bspw. Aortenisthmusstenose, hypoplastisches Linksherzsyndrom)
- Wirkstoff: Alprostadil [9]
- Nebenwirkungen: Insb. Apnoen , Hyperthermie
- Dosisanpassung: Schrittweise Reduktion auf kleinstmögliche Dosierung unter Erhaltung des gewünschten Effekts
- Therapiedauer: Nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung
Durch die Dauerinfusion von Prostaglandin E1 wird der Ductus arteriosus offen gehalten!
Unter der Therapie kann es vermehrt zu Apnoen kommen, das Atemnotsyndrom stellt daher eine Kontraindikation dar!
Besondere Patientengruppen
- Siehe auch: ESC-Leitlinie zur Behandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) [10]
Fallot-Tetralogie
- Siehe: Fallot-Tetralogie
Transposition der großen Arterien (TGA)
Definition
- Transposition der großen Arterien (TGA): Ursprung der Aorta aus dem rechten Ventrikel und des Truncus pulmonalis aus dem linken Ventrikel
- d-TGA : Rechtsanteriore Malposition der Aorta in Fortführung des rechtsventrikulären Ausflusstraktes [6][11]
- cc-TGA : Seltene Sonderform der TGA mit zusätzlich vertauschten Ventrikeln (ventrikuloarterielle und atrioventrikuläre Diskordanz ) [6][12]
Mit einer Transposition der großen Arterien ist i.d.R. die häufigste anatomische Form (d-TGA) gemeint!
Epidemiologie [13]
- Zweithäufigster zyanotischer Herzfehler (d-TGA)
- Prävalenz: 2,3/10.000 Neugeborene
- Geschlecht: ♂ > ♀ (ca. 3:1)
- Assoziiertes genetisches Syndrom: Di-George-Syndrom (selten)
Pathophysiologie
- Einfache d-TGA: Zwei getrennte, parallele Blutkreisläufe
- Körperkreislauf: Systemvenöses (sauerstoffarmes) Blut aus dem Körper → Rechter Vorhof → Rechter Ventrikel → Aorta ascendens
- Folge: Zirkulation von desoxygeniertem Blut im Körperkreislauf
- Lungenkreislauf: Pulmonalvenöses (sauerstoffreiches) Blut aus der Lunge → Linker Vorhof → Linker Ventrikel → Truncus pulmonalis
- Folge: Zirkulation von oxygeniertem Blut im Lungenkreislauf
- Körperkreislauf: Systemvenöses (sauerstoffarmes) Blut aus dem Körper → Rechter Vorhof → Rechter Ventrikel → Aorta ascendens
- Überlebensvoraussetzung: Shunt zwischen den Kreisläufen [2]
- PFO/ASD → Links-rechts-Shunt oder bidirektionaler Shunt → Oxygeniertes Blut gelangt in den Körperkreislauf
- Ggf. Verstärkung durch Rechts-links-Shunt oder bidirektionalen Shunt über PDA oder kleinen VSD
- Großer VSD (=komplexe d-TGA) → Druckangleichung in beiden Ventrikeln → Bidirektionaler Shunt → Ggf. ausreichende Des-/Oxygenierung → Mildere Symptomatik
- PFO/ASD → Links-rechts-Shunt oder bidirektionaler Shunt → Oxygeniertes Blut gelangt in den Körperkreislauf
Neugeborene mit d-TGA sind nur dann überlebensfähig, wenn ein Shunt zwischen Körper- und Lungenkreislauf besteht bzw. hergestellt wird!
Klinische Befunde
- Symptombeginn: Innerhalb der ersten Lebensstunden bis -tage
- Leitsymptom: Zentrale Zyanose
- Verlauf: Abhängig von hämodynamischen Veränderungen
- Bei Shunt zwischen den Kreisläufen : Diskrete zentrale Zyanose, allmähliche Entwicklung einer Herzinsuffizienz
- Bei Trennung der Kreisläufe : Schwere zentrale Zyanose, metabolische Azidose, Kreislaufversagen
Neugeborene mit d-TGA sind direkt nach der Geburt i.d.R. asymptomatisch!
Diagnostik
- Pränatal: Fetale Echokardiografie, fetale Kardio-MRT
- Postnatal
- Siehe auch: Abklärung einer Zyanose bei Neugeborenen und Kindern
- Auskultation
- Vor Abfall des pulmonalen Gefäßwiderstands: Meist kein Herzgeräusch
- Nach Abfall des pulmonalen Gefäßwiderstands: Herzgeräusch abhängig von Begleitfehlbildungen
- Mit großem VSD (=komplexe d-TGA): Holosystolikum mit P.m. über dem 3./4. ICR links parasternal
- Ohne großen VSD (=einfache d-TGA)
- Ggf. leises Systolikum mit P.m. über dem 2. ICR links parasternal
- Singulärer 2. Herzton
- Pulsoxymetrie : Hypoxämie
- Labor: BGA, Blutbild, BNP oder NT-proBNP
- Echokardiografie
- Ursprung und Verlauf der großen Arterien
- Lokalisation und Ausmaß weiterer Fehlbildungen bzw. Shunts
- Hämodynamik
- Ursprung und Verlauf der Koronararterien
- OP-Vorbereitung
- EKG: Zeichen einer Rechtsherzhypertrophie
- Röntgen-Thorax
- Ohne VSD: Ovale Herzsilhouette, Kardiomegalie(↑), Lungengefäßzeichnung↑
- Mit VSD: Kardiomegalie↑, Lungengefäßzeichnung↑↑
- Spezielle Untersuchungen : Herzkatheteruntersuchung, Kardio-MRT/-CT
Bei einfacher d-TGA ohne VSD ist kein Herzgeräusch auskultierbar!
Differenzialdiagnosen
- Andere angeborene Herzfehler
- Andere Ursachen einer Zyanose
- Siehe auch: Differenzialdiagnosen zyanotischer Herzfehler
Therapie
- Medikamentös
- Indikation: Alle Neugeborenen mit TGA
- Maßnahme: Prostaglandin E1-Dauerinfusion
- Interventionell
- Indikationen
- Verzögerung der geplanten Korrektur-OP
- Unzureichende Oxygenierung (spO2 <70%) trotz Prostaglandin E1-Dauerinfusion [6]
- Restriktiver ASD
- Maßnahme: Rashkind-Manöver
- Prinzip: Erzeugung/Erweiterung einer Lücke im Vorhofseptum → Links-rechts-Shunt oder bidirektionaler Shunt → Oxygeniertes Blut gelangt in den Körperkreislauf
- Indikationen
- Operativ [6]
- Arterielle Switch-OP nach Jatene
- Vorhofumkehr nach Senning oder Mustard
- Korrektur nach Rastelli
- Indikation: d-TGA mit VSD und schwerer Pulmonalstenose
- Prinzip
- Absetzen des Pulmonalarterienstamms vom linken Ventrikel
- Verbindung zwischen Pulmonalarterienstamm und rechtem Ventrikel über klappentragendes Conduit
- Atypischer Verschluss des VSD mit Drainage des linken Ventrikels in die Aorta
Bei unzureichender Oxygenierung trotz Prostaglandin E1-Dauerinfusion ist ein Rashkind-Manöver notwendig!
Operative Therapie der Wahl ist meist eine arterielle Switch-OP im Alter von ≤2 Lebenswochen!
Endokarditisprophylaxe [6]
- Indikation: Alle Kinder mit TGA
- Beginn: Ab der Geburt
- Dauer
- Bis 6 Monate nach Korrektur-OP
- Langfristig bei Residualshunt im Bereich von implantiertem Material oder klappentragendem Conduit
Prognose [6]
- Vor bzw. ohne OP: Hohe Letalität
- Nach OP: Letalität und Komplikationen abhängig von der Methode
- Arterielle Switch-OP nach Jatene
- Perioperative Letalität: <5–10%
- Postoperative Komplikationen: Supravalvuläre Pulmonalstenose , Koronararterienstenosen, ventrikuläre Arrhythmien und/oder Funktionseinschränkungen [6]
- Spätletalität: Gering
- Vorhofumkehr-OP nach Senning oder Mustard
- Perioperative Letalität: <5%
- Postoperative Komplikationen: Atriale Rhythmusstörungen , progrediente Funktionseinschränkung des rechten Systemventrikels, Trikuspidalklappeninsuffizienz [6]
- Spätletalität: Hoch
- Arterielle Switch-OP nach Jatene
Trikuspidalatresie
Definition [3]
- Trikuspidalatresie: Agenesie der Trikuspidalklappe mit meist rudimentärer Anlage des rechten Ventrikels
- Kardiale Begleitfehlbildungen
- ASD bzw. PFO
- VSD [6]
- Hypoplasie der Pulmonalarterie (ca. 17%)
- Obstruktion oder Unterbrechung des Aortenbogens, Aortenisthmusstenose (ca. 8%)
- Subvalvuläre Aortenstenose (ca. 11% bei zusätzlicher TGA)
- Linksseitige obere Hohlvene (20%)
Shuntverbindungen auf Vorhof- und Ventrikelebene sind für das Überleben obligat und i.d.R. immer vorhanden!
Ohne Shuntverbindung auf Ventrikelebene (VSD) ist die Lungendurchblutung vom Links-rechts-Shunt über den Ductus arteriosus abhängig!
Klassifikation
- Klassifikation nach Rao
- Typen nach Stellung der großen Arterien
- Typ I: Normale Stellung der großen Arterien (ca. 75%)
- Typ II: d-TGA (ca. 20%)
- Typ III/IV (selten): Malposition der großen Arterien außer d-TGA oder Truncus arteriosus communis (<5%)
- Subgruppen nach pulmonaler Perfusion
- Subgruppe a: Kein VSD, Pulmonalatresie
- Typ Ia: Ductusabhängige Lungendurchblutung
- Subgruppe b: VSD vorhanden, Pulmonalstenose/-hypoplasie
- Typ Ib: Lungendurchblutung↓
- Typ IIb: Systemdurchblutung↓ und pulmonale Perfusion↑
- Subgruppe c: Großer VSD vorhanden, Pulmonalarterie normal entwickelt
- Typ Ic: Lungendurchblutung↑
- Typ IIc: Systemdurchblutung↓ und pulmonale Perfusion↑
- Subgruppe a: Kein VSD, Pulmonalatresie
- Typen nach Stellung der großen Arterien
Epidemiologie
- Seltener zyanotischer Herzfehler
- Prävalenz: 0,5–1,2/10.000 Neugeborene
- Assoziierte genetische Syndrome
Pathophysiologie
- Atresie der Trikuspidalklappe und Hypoplasie des rechten Ventrikels → Fehlende Verbindung zwischen rechtem Vorhof und Ventrikel → Überlebenswichtige Shunts auf Vorhofebene → Dilatation und Hypertrophie des rechten Vorhofs → Vollständige Durchmischung von systemvenösem (desoxygeniertem) und pulmonalvenösem (oxygeniertem) Blut im linken Ventrikel → (Funktionell) univentrikuläres Herz → Variable systemarterielle Sauerstoffsättigung → Cave: Bei Verschluss des Rechts-links-Shunts auf Vorhofebene oder des Ductus arteriosus → Zentrale Zyanose(↑) → Kreislaufversagen
- Variable systemarterielle Sauerstoffsättigung: Abhängig von kardialen Begleitfehlbildungen bzw. pulmonaler Perfusion
- Normalstellung der großen Arterien
- Ca. ⅔: Pulmonale Minderperfusion → Zentrale Zyanose
- Ca. ⅓: Keine pulmonale Minderperfusion → Keine Zyanose
- Transposition der großen Arterien: Häufig Hypoplasie der thorakalen Aorta
- Pulmonale Perfusion↑
- Ggf. subaortale Obstruktion oder Stenose des Aortenbogens → Ductusabhängiger Systemkreislauf → Keine relevante Zyanose
- Normalstellung der großen Arterien
- Blutfluss: V. cava → Rechter Vorhof → Linker Vorhof → Linker Ventrikel → Rechter Ventrikel und Aorta
Funktionell besteht ein univentrikuläres Herz, da entweder gar keine Verbindung zum rechten Ventrikel besteht (ductusabhängige Lungenperfusion) oder der linke Ventrikel den Lungenkreislauf über einen VSD mitversorgt!
Die systemarterielle Sauerstoffsättigung ist variabel und abhängig von der pulmonalen Perfusion!
Klinische Befunde
- Symptombeginn: Meist innerhalb der ersten Lebenswoche [6]
- Leitsymptome: Abhängig von Begleitfehlbildungen
- Ohne großen VSD: Zentrale Zyanose
- Mit großem VSD: Zunehmende Herzinsuffizienz (v.a. Tachypnoe und Trinkschwäche)
- Verlauf
Das klinische Bild ist abhängig von den Begleitfehlbildungen und sehr variabel! Leitsymptome sind die zentrale Zyanose (⅔ der Fälle) oder Zeichen der Herzinsuffizienz!
Diagnostik
- Pränatal: Fetale Echokardiografie , fetale Kardio-MRT
- Screening auf Begleitfehlbildungen
- Aufklärung der Eltern über eingeschränkte Prognose
- Postnatal
- Siehe auch: Abklärung einer Zyanose bei Neugeborenen und Kindern
- Pulsoxymetrie: Insb. zur Einschätzung der pulmonalen Perfusion im Verlauf
- Echokardiografie
- Diagnosestellung und Verlaufskontrollen
- Kardiale Begleitfehlbildungen
- Position der großen Arterien
- Shuntvolumen auf Vorhof- und Ventrikelebene
- Pulmonale Perfusion
- EKG: Häufig überdrehter Linkstyp
- Röntgen-Thorax : Ggf. Kardiomegalie , Lungengefäßzeichnung↑/↓
- Spezielle Untersuchungen: Herzkatheteruntersuchung oder Kardio-MRT/-CT
- Labor: Blutbild (Hb), BGA, NT-proBNP/ BNP, Leberwerte, Nierenretentionsparameter
Das Ausmaß der pulmonalen Obstruktion kann sich v.a. in den ersten Lebenswochen hämodynamisch und therapierelevant verändern! Wiederholte pulsoxymetrische und echokardiografische Verlaufskontrollen sind notwendig!
Differenzialdiagnosen
- Andere angeborene Herzfehler
- Pulmonalatresie ohne VSD
- Kritische Pulmonalklappenstenose
- Ebstein-Anomalie
- Linksdominanter AVSD
- Andere Ursachen einer Zyanose
- Siehe auch: Differenzialdiagnosen zyanotischer Herzfehler
Therapie
Prinzip
- Einzelne Therapieschritte sind abhängig von (Sub‑)Typ und pulmonaler Perfusion
- Schrittweise Palliation nach Fontan in den ersten 2 Lebensjahren
- 1. Schritte: Pulmonale Perfusion optimieren, ggf. Shunts offenhalten/eröffnen
- 2. Schritte: Endgültige palliativ-operative Versorgung mit einer cavopulmonalen Anastomose
- Ziel
Mögliche Maßnahmen
- Medikamentös
- Bei ductusabhängiger Lungen- oder Systemperfusion : Prostaglandin E1-Dauerinfusion
- Thromboseprophylaxe
- Indikation: Nach Shuntanlage oder obere cavopulmonale Anastomose
- Durchführung: ASS und/oder Clopidogrel (Off-Label <1 Jahr)
- Interventionell
- Bei unzureichendem Shuntvolumen auf Vorhofebene: Rashkind-Manöver
- Bei ductusabhängigem Lungen- oder Körperkreislauf : Ductus-arteriosus-Stent
- Chirurgisch
- Optimierung der pulmonalen Perfusion und/oder Vermischung des system- und pulmonalvenösen Blutes
- Behandlung (sub)aortaler Obstruktionen
- Resektion im Bereich der linksventrikulären Ausflussbahn
- Aortopulmonale Shunts: Damus-Kaye-Stansel-Anastomose oder Norwood-I-OP
- Vergrößerung eines restriktiven VSD
- Korrektur assoziierter Defekte
- Erweiterung von Pulmonalarterienstenosen
- Klappenersatz/-konstruktion bei Insuffizienz oder Stenose
- Schrittweise Palliation nach Fontan-Prinzip: Trennung von Lungen- und Systemkreislauf [6]
- Bidirektionale obere cavopulmonale Anastomose
- Zeitpunkt: Alter 3–6 Monate
- Prinzip: End-zu-Seit-Anastomose zwischen V. cava superior und rechter Pulmonalarterie
- Totale cavopulmonale Anastomose
- Zeitpunkt: ≥1 Jahr
- Prinzip: End-zu-Seit-Anastomose zwischen V. cava inferior und rechter Pulmonalarterie
- Postoperativer Blutfluss: Venöses Blut aus Vv. cavae → Rechte Pulmonalarterie → Lungenkreislauf → Oxygeniertes Blut aus der Lunge → Pulmonalvenen → Linker Vorhof → Linker Ventrikel → Aorta
- Bidirektionale obere cavopulmonale Anastomose
Das Therapieziel ist eine Trennung vom Lungen- und Systemkreislauf: Das univentrikuläre Herz versorgt den Systemkreislauf, die Lungendurchblutung erfolgt passiv!
Prognose
- Letalität
- Ohne chirurgische Therapie 75%
- Mit chirurgischer Primärpalliation 15%
- 10-Jahres-Überlebensrate: Ca. 80%
Hypoplastisches Linksherzsyndrom (Linksherzhypoplasie-Syndrom)
Definition
- Hypoplastisches Linksherzsyndrom: Ausgeprägte Hypoplasie des linken Ventrikels mit hochgradiger Stenose oder Atresie der Aorten- und Mitralklappe
- Ggf. Hypoplasie des Aortenbogens oder der Aorta ascendens
- Einteilung in Subtypen je nach Klappenanomalien
- Hypoplastischer Linksherzkomplex: Hypoplasie des linken Ventrikels und der Aorten- und Mitralklappe
- Begleitfehlbildungen
- Kardial : Unterbrochener Aortenbogen, VSD, Lungenvenenfehlmündung, Klappen- oder Koronaranomalien uvm.
- Extrakardial : Fehlbildungen des Gastrointestinaltrakts oder des ZNS
Epidemiologie [13]
- Seltener zyanotischer Herzfehler
- Prävalenz: 1,5/10.000 Neugeborene
- Assoziierte genetische Syndrome (ca. 10–25%)
Pathophysiologie
- Hämodynamik: Linksventrikuläre Hypoplasie und Aorten- und Mitralklappenanomalie → Linksventrikuläre Pumpfunktion↓↓ → Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene → Gemischt arteriovenöses Blut im rechten Ventrikel → Systemischer Blutfluss über Rechts-links-Shunt des Ductus arteriosus
- Restriktives Foramen ovale: Unzureichendes Shuntvolumen auf Vorhofebene → Pulmonalvenöse Rückstauung → Lungenödem und arterielle Hypoxämie mit zentraler Zyanose → Kardiogener Schock
- Nicht-restriktives Foramen ovale: Ausreichendes Shuntvolumen auf Vorhofebene → Pulmonale Perfusion↑↑ und rechtsventrikuläre Volumenbelastung + Dilatation → Kardiale Pumpfunktion↓ → Kardiogener Schock durch Koronarischämie
- Überlebensvoraussetzung: Offener Ductus arteriosus und ausreichendes Shuntvolumen auf Vorhofebene
- Faktoren einer akuten Dekompensation
- Abfall des pulmonalen Widerstands nach der Geburt → Pulmonale Perfusion↑↑ → Rechts-links-Shunt über Ductus arteriosus↓ → Systemischer Blutfluss↓ → Peripherer Gefäßwiderstand↑ → Rechts-links-Shunt über Ductus arteriosus↓↓ → Kardiogener Schock
- Verschluss des Ductus arteriosus → Rechts-links-Shunt über Ductus arteriosus↓↓ → Kardiogener Schock
Beim hypoplastischen Linksherzsyndrom besteht eine ductusabhängige Systemdurchblutung!
Ein offener Ductus arteriosus und ein ausreichendes Shuntvolumen auf Vorhofebene sind überlebensnotwendig!
Klinische Befunde
- Symptombeginn: Abhängig von der Größe des Foramen ovale [6]
- Restriktiv : Kurz nach der Geburt
- Nicht-restriktiv: Innerhalb der ersten Lebensstunden bis -tage
- Leitbefunde
- Tachypnoe, zentrale Zyanose
- Bei beginnendem Verschluss des Ductus arteriosus und Abfall des pulmonalen Widerstands: Kardiogener Schock [6]
Beim hypoplastischen Linksherzsyndrom kann es insb. unmittelbar nach der Geburt oder bei Verschluss der Shuntverbindungen (ASD/PFO und Ductus arteriosus) zum kardiogenen Schock kommen!
Diagnostik
- Pränatal: Fetale Echokardiografie , fetale Kardio-MRT
- Screening auf Begleitfehlbildungen
- Aufklärung der Eltern über eingeschränkte Prognose
- Postnatal
- Siehe auch: Abklärung einer Zyanose bei Neugeborenen und Kindern
- Blutdruckmessung: An allen 4 Extremitäten
- Pulsoxymetrie : Abhängig von Fehlbildung der Aortenklappe
- Bei Aortenklappenstenose mit Restfluss: Sauerstoffsättigung präduktal normal und postduktal reduziert
- Bei Aortenklappenatresie: Hypoxämie mit gleichen Werten an allen 4 Extremitäten
- Echokardiografie
- Linksventrikuläre Hypotrophie und Funktionseinschränkung
- Auffälligkeiten der Aorten- und Mitralklappe
- Rechtsventrikuläre Funktion
- Shuntvolumen auf Vorhofebene und über Ductus arteriosus
- Begleitende (extra‑)kardiale Fehlbildungen
- Präoperative Routineuntersuchungen
- EKG: Linksventrikuläre Ableitungen↓, rechtsventrikuläre Hypertrophie, ggf. ST-Strecken-Veränderungen
- Röntgen-Thorax: Kardiomegalie , Lungengefäßzeichnung↑
- Spezielle Untersuchungen: Herzkatheteruntersuchung oder Kardio-MRT/-CT
- Labor : Arterielle BGA, Lactat, Blutbild (Hb), Diff-BB, CRP, evtl. Blutkultur, CK, CK-MB, Leberwerte, Nierenretentionsparameter, Gerinnungsfaktoren, BNP
Differenzialdiagnosen
- Andere angeborene Herzfehler
- Double Outlet right Ventricle (DORV)
- Unbalancierter AVSD mit kleinem linken Ventrikel
- Andere Ursachen einer Zyanose
Therapie
- Therapieverzicht: Umfangreiche Aufklärung der Eltern , adäquate psychosoziale Begleitung von Kind und Eltern im Sterbeprozess und darüber hinaus
- Pränatale Interventionen
- Unzureichendes Shuntvolumen auf Vorhofebene: Ballonatrioseptostomie mit interatrialer Stentimplantation
- Kritische Aortenklappenstenose: Ballondilatation der Aortenklappe
- Postnatal
- Erstversorgung: FiO2 21% , Ziel-spO2 70–80%
- Medikamentös: Prostaglandin E1-Dauerinfusion
- Interventionell: Rashkind-Manöver
- Chirurgisch: Palliation nach dem Norwood-Prinzip (Therapiestandard )
- Ablauf: 3 OPs
- 1. Schritt: Norwood-OP mit modifiziertem Blalock-Taussig-Shunt
- Aortopulmonaler Shunt: Modifizierter Blalock-Taussig-Shunt
- „Neo-Aorta“: Anastomosierung der hypoplastischen Aorta mit dem proximalen Pulmonalarterienstamm
- Schaffung eines ausreichenden Shuntvolumens auf Vorhofebene
- Fontan-Prinzip
- 2. Schritt: Obere cavopulmonale Anastomose
- Entfernung des aortopulmonalen Shunts
- Anastomose zwischen V. cava superior und rechter Pulmonalarterie
- 3. Schritt: Totale cavopulmonale Anastomose
- Anastomose zwischen V. cava inferior und rechter Pulmonalarterie
- 2. Schritt: Obere cavopulmonale Anastomose
- 1. Schritt: Norwood-OP mit modifiziertem Blalock-Taussig-Shunt
- Ergebnis: Kreislauftrennung mit rechtsventrikulärer Systemperfusion nach dem Fontan-Prinzip
- Postoperativer Blutfluss: Venöses Blut aus Vv. cavae → Lunge (totale cavopulmonale Anastomose) → Oxygeniertes Blut aus der Lunge → Pulmonalvenen → Linker Vorhof → Restriktionsfreier Shunt im Vorhofseptum → Rechter Vorhof → Rechter Ventrikel → Pulmonalarterienstamm (Verbindung des rechtsventrikulären Ausflusstrakts mit der Aorta) → Aorta
- Alternative: Herztransplantation
- Ablauf: 3 OPs
Palliativ erfolgt die schrittweise Trennung vom Lungen- und Systemkreislauf mit passiver Lungendurchblutung aus der oberen und unteren Hohlvene! Der Systemkreislauf wird über den rechten Ventrikel versorgt!
Der Therapieverzicht stellt eine gleichberechtigte Alternative zur chirurgischen Palliation dar und sollte offen diskutiert werden! Wichtig ist dabei eine psychosoziale Begleitung der gesamten Familie über den Sterbeprozess hinaus!
Prognose
- Häufigste kardiale Todesursache im Alter ≤1 Woche [6]
- 10-Jahres-Überlebensrate: 50–70%
Truncus arteriosus communis
Definition
- Truncus arteriosus communis: Singuläres arterielles Gefäß (Truncus), das aus beiden Ventrikeln entspringt und den System-, Lungen- und Koronarkreislauf versorgt
- Kardiale Begleitfehlbildungen
- Ventrikelseptumdefekt
- Anomalie der Truncusklappe mit Insuffizienz oder Stenose
- Koronaranomalien
- Fehlbildungen des Aortenbogens
- Abgangsstenose der Pulmonalarterien
- Weitere: Atriumseptumdefekt, Atrioventrikulärer Septumdefekt, Lungenvenenfehlmündungen, Links persistierende obere Hohlvene , Cor triatriatum
- Ursache: Ausbleibende aortopulmonale Septierung in der Embryonalzeit
Klassifikation
- Klassifikation nach van Praagh
- Hauptklasse A: Mit VSD (sehr häufig )
- A1: Gemeinsamer Stamm von Aorta und Truncus pulmonalis, im Verlauf regelrechte Aufteilung
- A2: Gemeinsamer oder getrennter Ursprung beider Pulmonalarterien aus der Hinterwand des Truncus arteriosus communis
- A3: Ursprung einer Pulmonalarterie aus dem Truncus arteriosus communis
- A4: Zusätzliche Fehlbildungen des Aortenbogens
- Hauptklasse B: Ohne VSD (sehr selten)
- Hauptklasse A: Mit VSD (sehr häufig )
Epidemiologie [13]
- Seltener zyanotischer Herzfehler
- Prävalenz: Ca. 0,5/10.000 Neugeborene
- Assoziierte genetische Syndrome (ca. 37%)
- Di-George-Syndrom (ca. 25%)
- Trisomie 21
- Weitere siehe: Assoziierte Syndrome bei zyanotischen angeborenen Herzfehlern
Pathophysiologie
- Alle Typen
- Blutfluss aus rechtem und linkem Ventrikel in den Truncus communis → Arteriovenöses Mischblut fließt in System-, Lungen- und Koronarkreislauf → Hypoxämie ggf. mit zentraler Zyanose
- VSD + Abfall des pulmonalen Gefäßwiderstands nach der Geburt → Pulmonale Perfusion↑ → Volumenbelastung beider Ventrikel → Schwere Herzinsuffizienz
- Typ A3: Zusätzlich ductusabhängige Lungenperfusion
- Typ A4: Zusätzlich ductusabhängige Durchblutung der unteren Körperhälfte
Der Truncus arteriosus communis versorgt den System-, Lungen- und Koronarkreislauf mit arteriovenösem Mischblut!
Klinische Befunde
- Symptombeginn: Meist kurz nach der Geburt [6]
- Leitsymptome: Abhängig von der pulmonalen Perfusion
- Pulmonale Perfusion↑: Progrediente Herzinsuffizienz
- Pulmonale Perfusion↓: Hypoxämie und zentrale Zyanose
- Verlauf: Fixierte pulmonale Hypertonie [6]
Diagnostik
- Pränatal: Fetale Echokardiografie, fetale Kardio-MRT
- Postnatal
- Siehe auch: Abklärung einer Zyanose bei Neugeborenen und Kindern
- Auskultation: Unspezifisches Herzgeräusch
- Pulsstatus: Pulsus celer et altus
- Blutdruckmessung : Blutdruckamplitude↑, ggf. Blutdruckdifferenz zwischen oberer und unterer Extremität
- Pulsoxymetrie: Ggf. Hypoxämie
- Echokardiografie
- Ursprung und Verlauf des Truncus
- Morphologie und Funktion der Truncusklappe
- Kardiovaskuläre Begleiterkrankungen
- Präoperative Routineuntersuchungen
- EKG: Unspezifische Veränderungen
- Röntgen-Thorax: Ggf. Kardiomegalie, Lungengefäßzeichnung↑
- Spezielle Untersuchungen : Herzkatheteruntersuchung, Kardio-MRT/-CT
- Humangenetische Beratung
- Untersuchung auf Mikrodeletion 22q11 (Di-George-Syndrom)
- Siehe auch: Assoziierte Syndrome bei zyanotischen angeborenen Herzfehlern
Bei 25% der Patient:innen mit Truncus arteriosus communis liegt ein Di-George-Syndrom vor!
Differenzialdiagnosen
- Andere zyanotische Herzfehler
- Pulmonalatresie mit VSD
- Fallot-Tetralogie
- Andere Ursachen einer Zyanose
- Siehe auch: Differenzialdiagnosen zyanotischer Herzfehler
Therapie
- Medikamentös
- Herzinsuffizienz-Therapie
- Ggf. Prostaglandin E1-Dauerinfusion
- Operativ
- Indikation: Alle Kinder mit Truncus arteriosus communis
- Mögliche Maßnahmen
- Korrektur-OP: Verschluss des VSD, Verbindung des rechten Ventrikels mit der Pulmonalarterie , ggf. Rekonstruktion oder Ersatz der Truncusklappe , ggf. Korrektur des Aortenbogens
- Palliativ-OP : Drosselung (Banding) der Pulmonalarterie oder Anlage eines aortopulmonalen Shunts
Eine Sauerstoffgabe ist beim Truncus arteriosus communis kontraindiziert, da hierdurch der pulmonale Gefäßwiderstand gesenkt und die Lungendurchblutung weiter gesteigert wird!
Prognose
- Vor bzw. ohne OP: Hohe Letalität
- Nach OP
- Komplikationen: Conduitstenose oder -insuffizienz, Truncusklappeninsuffizienz, Re-Stenosen des Aortenbogens, Herzrhythmusstörungen, pulmonale Hypertonie
- Frühletalität: Ca. 5–17%
- Spätletalität : 20–30%
Ebstein-Anomalie
Definition
- Ebstein-Anomalie: Fehlbildung der Trikuspidalklappe mit Verlagerung des Trikuspidalklappenschlusses nach apikal [6]
- Zweiteilung des rechten Ventrikels: Durch verlagerte Trikuspidalklappenebene
- Oberhalb: Atrialisierter Anteil des rechten Ventrikels (aRV)
- Unterhalb: Funktioneller Anteil des rechten Ventrikels (fRV)
- Kardiale Begleitfehlbildungen
- I.d.R. Shunt auf Vorhofebene (ASD II oder PFO)
- Akzessorische Leitungsbahn (bspw. Wolff-Parkinson-White-Syndrom )
- Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn
- VSD
- Pulmonalstenose/-atresie
- Zweiteilung des rechten Ventrikels: Durch verlagerte Trikuspidalklappenebene
Die Trikuspidalklappenebene ist bei der Ebstein-Anomalie in Richtung Herzspitze verlagert!
Schweregradeinteilung
- Great Ormond Street Score
- Prinzip
- Untersuchung: Echokardiografie (Vierkammerblick)
- Berechnung: Quotient aus enddiastolischer Fläche „oberhalb/vor“ und „unterhalb/nach“ der Trikuspidalklappe
- Schweregrade
- Milde Form (Grad I): Quotient <0,5
- Moderate Form (Grad II): Quotient 0,5–0,99
- Ausgeprägte Form (Grad III): Quotient 1–1,49
- Schwere Form (Grad IV): Quotient ≥1,5
- Prinzip
Epidemiologie [13]
- Seltener zyanotischer Herzfehler
- Prävalenz: Ca. 0,4/10.000 Neugeborene
Pathophysiologie [2]
- Fehlgebildete und nach apikal verlagerte Trikuspidalklappe → Trikuspidalinsuffizienz
- Funktionseinschränkung des rechten Ventrikels + ggf. Obstruktion der rechtsventrikulären Ausflussbahn → Pulmonaler Blutfluss↓
- Volumenbelastung des rechten Vorhofs → Dilatation von rechtem Vorhof und atrialisiertem Anteil des rechten Ventrikels (aRV) → Rechts-links-Shunt → Zentrale Zyanose
Klinische Befunde [6]
- Symptombeginn: Abhängig vom Ausmaß der Fehlbildung
- Leitbefunde
- Pränatal: Hydrops fetalis , Abort, supraventrikuläre Tachykardien, Lungenhypoplasie
-
Postnatal
- Neugeborene: Zentrale Zyanose und Zeichen einer rasch progredienten Herzinsuffizienz
- Schulkinder: Unspezifisches Herzgeräusch
- Jugendliche und Erwachsene: Objektiv eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, Tachyarrhythmien
- Verlauf
- Symptome einer chronischen Herzinsuffizienz im Kindesalter
- Objektiv eingeschränkte körperliche Belastbarkeit , Tachyarrhythmien , Herzinsuffizienz
Neugeborene mit schwerer Ebstein-Anomalie können eine zentrale Zyanose und Zeichen einer rasch progredienten Herzinsuffizienz zeigen!
Kinder, Jugendliche und Erwachsene fallen häufig durch Belastungseinschränkungen und/oder Tachyarrhythmien auf!
Diagnostik
- Pränatal: Fetale Echokardiografie, fetale Kardio-MRT
- Postnatal
- Siehe auch: Abklärung einer Zyanose bei Neugeborenen und Kindern
- Auskultation
- Unspezifisches Systolikum am unteren Rand des Sternums
- 1. und 2. Herzton gespalten
- Pulsoxymetrie : Hypoxämie
- Echokardiografie
- Morphologie, Größe und Funktion der Vorhöfe und Ventrikel
- Verlagerung der Trikuspidalklappe
- Trikuspidalklappeninsuffizienz
- Fluss über die Pulmonalklappe
- Kardiale Begleitfehlbildungen
- EKG
- P-Welle verbreitert und PQ-Intervall verlängert
- Häufig (in‑)kompletter Rechtsschenkelblock
- Intermittierende Tachyarrhythmien
- Labordiagnostik: Blutbild, BNP oder NT-proBNP
- Kardio-MRT/-CT
- Weitere
Therapie [15]
Föten
- Abhängig vom Schweregrad
Neugeborene und Säuglinge
- Medikamentös
- Indikation: Ductusabhängigkeit
- Maßnahme:Prostaglandin E1-Dauerinfusion
- Dauer: Bis zum Abfall des pulmonalen Gefäßwiderstands (bis zu 4 Wochen)
- Sonderfall: Zirkulärer Shunt bei zusätzlicher Pulmonalklappeninsuffizienz → Prostaglandin E1-Dauerinfusion ggf. frühzeitig reduzieren oder beenden
- Interventionell
- Indikationen und Maßnahmen
- Ductusabhängige Lungenperfusion mit unzureichendem Ansprechen auf medikamentöse Therapie → Stentanlage in den Ductus arteriosus
- Valvuläre Pulmonalstenose → Perkutane Ballonvalvuloplastie
- Milde Ebstein-Anomalie mit geringgradiger Trikuspidalinsuffizienz und hämodynamisch relevantem Links-rechts-Shunt oder paradoxer Embolie → ASD-Verschluss
- Indikationen und Maßnahmen
- Operativ
- Indikationen: Symptome mit
- Schwerer Zyanose
- Ductusabhängiger Lungenperfusion mit unzureichendem Ansprechen auf medikamentöse und/oder interventionelle Therapie
- Great Ormond Street Score ≥1 (= Grad III oder IV) mit milder Zyanose
- Hochgradiger Trikuspidalklappeninsuffizienz
- Kardiomegalie
- Zirkulärem Shunt mit hämodynamischer Instabilität
- Mögliche Maßnahmen
- Systemisch-pulmonaler Shunt
- OP mit Erhalt beider Ventrikel : Trikuspidalklappenrekonstruktion, Verkleinerung des rechten Atriums, ggf. partieller Verschluss eines Vorhofseptumdefekts
- OP mit funktionell univentrikulärem Herz : Verschluss der Trikuspidalklappe mit fenestriertem Patch, Resektion des Vorhofseptums, Anlage eines aortopulmonalen Shunts
- Im Verlauf: Schrittweise Palliation nach Fontan
- Indikationen: Symptome mit
Kinder, Jugendliche und Erwachsene
- Interventionell: Je nach Schweregrad und Begleiterkrankungen
- EPU mit Ablation
- ASD-Verschluss
- Perkutane Ballonvalvuloplastie
- Operativ
- Indikationen: Abhängig von klinischem Zustand
- Symptome mit
- Schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz
- Verschlechterung der objektiven körperlichen Belastbarkeit
- Therapierefraktären Herzrhythmusstörungen
- Zyanose
- Keine Symptome, aber schwere Trikuspidalinsuffizienz mit
- Rechtsherzdilatation↑
- Rechtsventrikuläre systolische Funktion↓
- Zunehmende Zyanose
- Neu aufgetretene Tachyarrhythmien
- Symptome mit
- Mögliche Maßnahmen
- Trikuspidalklappenrekonstruktion oder -ersatz
- Univentrikuläre Palliation
- Indikationen: Abhängig von klinischem Zustand
Bei Neugeborenen mit schwerer Ebstein-Anomalie steht therapeutisch die Verbesserung der Lungendurchblutung im Vordergrund!
Bei Tachyarrhythmien jenseits des Säuglingsalters ist eine EPU mit Ablation anzustreben!
Differenzialdiagnosen
- Andere angeborene Herzfehler
- Andere Ursachen einer Zyanose
- Siehe auch: Differenzialdiagnosen zyanotischer Herzfehler
Prognose
- Postoperative Komplikationen nach Trikuspidalklappenrekonstruktion
- Neuauftreten einer Trikuspidalklappeninsuffizienz
- Zunahme einer Rest-Trikuspidalklappeninsuffizienz
- Biventrikuläre Dysfunktion
- Residueller atrialer Shunt
- AV-Blockierungen
- Tachykarde Herzrhythmusstörungen
- Letalität: Abhängig vom Schweregrad der morphologischen Veränderungen
- Insg.: 0,4–6%
- Bei Notwendigkeit einer OP im Neugeborenen- oder jungen Säuglingsalter: 10–50%
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
Q20.-: Angeborene Fehlbildungen der Herzhöhlen und verbindender Strukturen
- Exklusive: Dextrokardie mit Situs inversus (Q89.3), Spiegelbildliche Anordnung der Vorhöfe mit Situs inversus (Q89.3)
- Q20.0: Truncus arteriosus communis
- Persistierender Truncus arteriosus
- Q20.1: Rechter Doppelausstromventrikel [Double outlet right ventricle]
- Taussig-Bing-Syndrom
- Q20.2: Linker Doppelausstromventrikel [Double outlet left ventricle]
- Q20.3: Diskordante ventrikuloarterielle Verbindung
- Dextrotransposition der Aorta
- Transposition der großen Gefäße (vollständig)
- Q20.4: Doppeleinstromventrikel [Double inlet ventricle]
- Cor triloculare biatriatum
- Gemeinsamer Ventrikel
- Singulärer Ventrikel
- Q20.5: Diskordante atrioventrikuläre Verbindung
- Korrigierte Transposition der großen Gefäße
- Lävotransposition
- Ventrikelinversion
- Q20.6: Vorhofisomerismus
- Vorhofisomerismus mit Asplenie oder Polysplenie
- Q20.8: Sonstige angeborene Fehlbildungen der Herzhöhlen und verbindender Strukturen
- Q20.9: Angeborene Fehlbildung der Herzhöhlen und verbindender Strukturen, nicht näher bezeichnet
Q21.-: Angeborene Fehlbildungen der Herzsepten
- Exklusive: Erworbener Herzseptumdefekt (I51.0)
- Q21.0: Ventrikelseptumdefekt
- Q21.1: Vorhofseptumdefekt
- Offen oder persistierend:
- Ostium-secundum-Defekt (ASD II)
- Sinus-coronarius-Defekt
- Sinus-venosus-Defekt
- Q21.2: Defekt des Vorhof- und Kammerseptums
- Canalis atrioventricularis communis
- Endokardkissendefekt
- Ostium-primum-Defekt (ASD I)
- Q21.3: Fallot-Tetralogie
- Ventrikelseptumdefekt mit Pulmonalstenose oder -atresie, Dextroposition der Aorta und Hypertrophie des rechten Ventrikels
- Q21.4: Aortopulmonaler Septumdefekt
- Aortopulmonales Fenster
- Defekt des Septum aorticopulmonale
- Q21.8-: Sonstige angeborene Fehlbildungen der Herzsepten
- Q21.9: Angeborene Fehlbildung des Herzseptums, nicht näher bezeichnet
- (Herz‑) Septumdefekt o.n.A.
Q22.-: Angeborene Fehlbildungen der Pulmonal- und der Trikuspidalklappe
- Q22.0: Pulmonalklappenatresie
- Q22.1: Angeborene Pulmonalklappenstenose
- Q22.2: Angeborene Pulmonalklappeninsuffizienz
- Regurgitation bei angeborener Pulmonalklappeninsuffizienz
- Q22.3: Sonstige angeborene Fehlbildungen der Pulmonalklappe
- Angeborene Fehlbildung der Pulmonalklappe o.n.A.
- Q22.4: Angeborene Trikuspidalklappenstenose
- Q22.5: Ebstein-Anomalie
- Q22.6: Hypoplastisches Rechtsherzsyndrom
- Q22.8: Sonstige angeborene Fehlbildungen der Trikuspidalklappe
- Q22.9: Angeborene Fehlbildung der Trikuspidalklappe, nicht näher bezeichnet
Q23.-: Angeborene Fehlbildungen der Aorten- und der Mitralklappe
- Q23.0: Angeborene Aortenklappenstenose
- Angeborene Aortenatresie
- Angeborene Aortenstenose
- Exklusive: Angeborene subvalvuläre Aortenstenose (Q24.4), Bei hypoplastischem Linksherzsyndrom (Q23.4)
- Q23.1: Angeborene Aortenklappeninsuffizienz
- Angeborene Aorteninsuffizienz
- Bikuspidale Aortenklappe
- Q23.2: Angeborene Mitralklappenstenose
- Angeborene Mitralatresie
- Q23.3: Angeborene Mitralklappeninsuffizienz
- Q23.4: Hypoplastisches Linksherzsyndrom
- Atresie oder deutliche Hypoplasie des Aortenostiums oder der Aortenklappe, mit Hypoplasie der Aorta ascendens und fehlerhafter Entwicklung des linken Ventrikels (mit Mitralklappenstenose oder -atresie).
- Q23.8: Sonstige angeborene Fehlbildungen der Aorten- und Mitralklappe
- Q23.9: Angeborene Fehlbildung der Aorten- und Mitralklappe, nicht näher bezeichnet
Q24.-: Sonstige angeborene Fehlbildungen des Herzens
- Exklusive: Endokardfibroelastose (I42.4)
- Q24.0: Dextrokardie
- Exklusive: Dextrokardie mit Situs inversus (Q89.3); Spiegelbildliche Anordnung der Vorhöfe mit Situs inversus (Q89.3); Vorhofisomerismus (mit Asplenie oder Polysplenie) (Q20.6)
- Q24.1: Lävokardie
- Das Herz befindet sich in der linken Thoraxhälfte, die Herzspitze zeigt nach links; aber diese Lage ist verbunden mit einem Situs inversus anderer Organe, mit anderen Fehlbildungen des Herzens oder einer korrigierten Transposition der großen Gefäße.
- Q24.2: Cor triatriatum
- Q24.3: Infundibuläre Pulmonalstenose
- Q24.4: Angeborene subvalvuläre Aortenstenose
- Q24.5: Fehlbildung der Koronargefäße
- Angeborenes Koronar- (Arterien‑) Aneurysma
- Q24.6: Angeborener Herzblock
- Q24.8: Sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungen des Herzens
- Angeborene Fehlbildung:
- Angeborenes Divertikel des linken Ventrikels
- Malposition des Herzens
- Uhl-Anomalie
- Q24.9: Angeborene Fehlbildung des Herzens, nicht näher bezeichnet
- Angeboren:
- Anomalie
- Krankheit
- Angeboren:
Q25.-: Angeborene Fehlbildungen der großen Arterien
- Q25.0: Offener Ductus arteriosus
- Q25.1: Koarktation der Aorta
- Q25.2: Atresie der Aorta
- Q25.3: Stenose der Aorta (angeboren)
- Supravalvuläre Aortenstenose
- Exklusive: Angeborene Aortenklappenstenose (Q23.0)
- Q25.4: Sonstige angeborene Fehlbildungen der Aorta
- Aneurysma des Sinus Valsalvae (rupturiert)
- Angeboren:
- Aneurysma
- Dilatation
- Aplasie
- Fehlen
- Doppelter Aortenbogen [Gefäßring der Aorta]
- Hypoplasie der Aorta
- Persistenz:
- Gefäßkonvolute im Bereich des Aortenbogens
- rechter Aortenbogen
- Exklusive: Hypoplasie der Aorta bei hypoplastischem Linksherzsyndrom (Q23.4)
- Q25.5: Atresie der A. pulmonalis
- Q25.6: Stenose der A. pulmonalis (angeboren)
- Supravalvuläre Pulmonalarterienstenose
- Q25.7: Sonstige angeborene Fehlbildungen der A. pulmonalis
- Aberrierende A. pulmonalis
- Agenesie
- Aneurysma
- Anomalie
- Hypoplasie
- Pulmonales arteriovenöses Aneurysma
- Q25.8: Sonstige angeborene Fehlbildungen der großen Arterien
- Q25.9: Angeborene Fehlbildung der großen Arterien, nicht näher bezeichnet
Q26.-: Angeborene Fehlbildungen der großen Venen
- Q26.0: Angeborene Stenose der V. cava
- Angeborene Stenose der V. cava (inferior) (superior)
- Q26.1: Persistenz der linken V. cava superior
- Q26.2: Totale Fehleinmündung der Lungenvenen
- Q26.3: Partielle Fehleinmündung der Lungenvenen
- Q26.4: Fehleinmündung der Lungenvenen, nicht näher bezeichnet
- Q26.5: Fehleinmündung der Pfortader
- Q26.6: Fistel zwischen V. portae und A. hepatica (angeboren)
- Q26.8: Sonstige angeborene Fehlbildungen der großen Venen
- Azygos-Kontinuation der V. cava inferior
- Fehlen der V. cava (inferior) (superior)
- Persistenz der linken V. cardinalis posterior
- Scimitar-Anomalie
- Q26.9: Angeborene Fehlbildung einer großen Vene, nicht näher bezeichnet
- Anomalie der V. cava (inferior) (superior) o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.