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Drohende Frühgeburt

Letzte Aktualisierung: 5.3.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Als Frühgeburt wird ein Neugeborenes vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche (bis 36+6 SSW) bezeichnet. Eine drohende Frühgeburt kann sich durch einen frühen vorzeitigen Blasensprung, eine vorzeitige Wehentätigkeit oder auch asymptomatisch durch eine Zervixinsuffizienz ankündigen. Die Diagnostik erfolgt mittels CTG, Sonografie sowie ggf. biochemischer Tests. Aufgrund der erhöhten peripartalen Morbidität und Mortalität der Frühgeborenen werden abhängig vom Gestationsalter verschiedene Maßnahmen ergriffen (Tokolyse, Lungenreifeinduktion, peripartale Antibiotikatherapie), um eine drohende Frühgeburt abzuwenden bzw. das Komplikationsrisiko zu minimieren.

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Epidemiologietoggle arrow icon

Perinatale Mortalität in Deutschland [1]
SSW Mortalitätsrate

<28+0 SSW

Ca. 35%

28+0–31+6 SSW

Ca. 8%

32+0–36+6 SSW

1–2%
Am Termin 0,1%
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Lebensfähigkeit von Frühgeborenentoggle arrow icon

Im internationalen Vergleich wird die Lebensfähigkeit Frühgeborener unterschiedlich definiert. Nachfolgend wird die Einteilung der Leitlinie Frühgeborene an der Grenze der Lebensfähigkeit der Fachgesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin (GNPI) dargestellt. [2]

Lebensfähigkeit von Frühgeborenen nach Gestationsalter und Gewicht [2]
Gestationsalter und Gewicht Überlebenschance
<22+0 SSW oder <23+0 SSW und <400 g Keine realistische Überlebenschance
22+0–22+6 SSW oder 23+0–23+6 SSW und <400 g Überleben mit z.T. starker Morbidität (Langzeitverlauf nicht vorhersehbar)
23+0–23+6 SSW oder 24+0–24+6 SSW und <400 g Überleben bei Behandlung in spezialisierten Zentren >50%, lebenslange ausgeprägte Morbidität möglich
≥24+0 SSW und ≥400 g Gute Überlebenschance, lebenserhaltende Therapie i.d.R. anzustreben
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Ätiologietoggle arrow icon

Die Ätiologie der Frühgeburt beruht meist auf mehreren Faktoren, die klinisch in ein oder mehrere Leitsymptome (früher vorzeitiger Blasensprung (P-PROM), vorzeitige Wehentätigkeit, Zervixinsuffizienz) münden. Dabei sind etwa ⅔ aller Frühgeburten die Folge von vorzeitigen Wehentätigkeiten .

Maternale Risikofaktoren [1][3][4]

Fetale Risikofaktoren [3][4]

Iatrogene Risikofaktoren

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Triple Itoggle arrow icon

Die Begriffe Amnioninfektionssyndrom und Chorioamnionitis wurden durch den Begriff Triple I abgelöst, um maternales Fieber von einer intrauterinen Infektion und/oder Inflammation zu unterscheiden. Die Drei „I“ stehen für die drei Arten einer intrauterinen Entzündung (Inflammation, Infektion oder beides). [1]

Definition [1]

Ätiologie

Klinik

Diagnostik

Eine Amniozentese ist nur in Ausnahmefällen (bspw. bei unklarem maternalem Infektionsherd) indiziert!

Komplikationen [1]

Therapie

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Leitsymptometoggle arrow icon

Früher vorzeitiger Blasensprung (P-PROM)

Vorzeitige Wehentätigkeit [10][11]

Etwa ⅔ aller Frühgeburten sind Folge vorzeitiger Wehentätigkeiten! [1]

Zervixinsuffizienz

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Diagnostiktoggle arrow icon

Die Diagnose „drohende Frühgeburt“ ist komplex, da viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Die unterschiedlichen Ursachen der Frühgeburtlichkeit müssen untersucht werden. Des Weiteren gibt es spezifische Tests, anhand derer Aussagen über die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt getroffen werden können.

(Kardio‑)Tokogramm [4]

Vaginale Untersuchung

  • Ziel: Palpatorische Beurteilung von Zervix und Muttermund
  • Beurteilung: Mögliche Anzeichen einer drohenden Geburt
  • Besonderheiten bei P-PROM: Untersuchung nur mit sterilem Spekulum

Patientinnen mit P-PROM dürfen wegen der Gefahr einer aufsteigenden Infektion nicht digital untersucht werden!

Sonografie

Transabdominale Sonografie

Transvaginale Sonografie [1][12]

Grenzwerte der Zervixlänge in der Schwangerschaft
Schwangerschaftswoche Zervixlänge
Normwerte

≤21+6 SSW

>40 mm

22+032+6 SSW

40 mm

≥33+0 SSW

35 mm
Verkürzung <34+0 SSW ≤25 mm

Labor- und Infektionsdiagnostik

Tests auf Frühgeburtlichkeit [1][10]

  • Fibronektin-Test
    • Indikation: Nur sinnvoll bei symptomatischen Patientinnen mit verkürzter Zervix
    • Zeitpunkt: 22+0–34+0 SSW
    • Durchführung
      • 24 h vor Probenentnahme vaginale Manipulation vermeiden
      • Schnelltest mittels eines Teststreifens: Abstrich aus dem hinteren Vaginalgewölbe
    • Aussagekraft für das Frühgeburtsrisiko innerhalb von 7 d
      • Hoher negativer prädiktiver Wert bei Zervixlänge zwischen 15 und 30 mm
      • Zusatzkriterium bei Entscheidung für oder gegen therapeutische Maßnahmen
  • Nachweis von plazentarem α-Mikroglobulin (PAMG-1): Partosure®
    • Zeitpunkt: 19+0–35+6 SSW
    • Durchführung
      • 6 h vor Probenentnahme vaginale Manipulation vermeiden
      • Schnelltest mittels eines Teststreifens: Abstrich aus dem hinteren Vaginalgewölbe
    • Aussagekraft
      • Hohe Spezifität und Sensitivität bei einer Zervixlänge zwischen 15–30 mm
      • Gutes Zusatzkriterium bei einer Zervixlänge <25 mm
  • Weiterführende Diagnostik siehe auch: Diagnostik des Blasensprungs

Die Bestimmung von Biomarkern sollte auch bei Risikopatientinnen nur dann erfolgen, wenn Symptome vorliegen!

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Therapietoggle arrow icon

Behandlungsoptionen bei drohender Frühgeburt

Ziel der Therapie ist die Verbesserung des fetalen Outcomes. Dies kann je nach Situation und in Abhängigkeit von der Lebensfähigkeit der Frühgeborenen durch Verlängerung oder Beendigung der Schwangerschaft erreicht werden. Grundsätzlich sollte vor der abgeschlossenen 34. SSW eine Schwangerschaftsverlängerung um mind. 48 h zugunsten einer Lungenreifeinduktion erfolgen, sofern keine akut vitale Gefährdung für Mutter oder Kind vorliegt.

Lungenreifeinduktion

Tokolyse [1][4][13]

Die medikamentöse Wehenhemmung (Tokolyse) soll das Risiko einer Frühgeburt und damit verbundene (Langzeit‑)Schäden für das Kind reduzieren, indem die Schwangerschaft um einige Tage verlängert wird. Die gewonnene Zeit kann genutzt werden, um eine Lungenreifeinduktion und/oder eine Verlegung in ein Perinatalzentrum durchzuführen. Eine Fortführung der Tokolyse über den Abschluss der Lungenreife hinaus (>48 h) führt nicht zur Senkung der Frühgeburtlichkeitsrate.

Indikationen

Kontraindikationen

Tokolytika

Es gibt eine Vielzahl von Tokolytika mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen in der Anwendung. Im klinischen Alltag erfolgt die Auswahl des passenden Tokolytikums individuell und unterscheidet sich von Klinik zu Klinik. Aufgrund des ungünstigen Nebenwirkungsprofils wird der kontinuierliche venöse Einsatz von Betamimetika international nicht mehr empfohlen, dennoch ist Fenoterol weiter zur Tokolyse zugelassen. Aufgrund der Wirkung und guten Verträglichkeit sollten Calciumantagonisten (Nifedipin, Off-Label Use), Oxytocinrezeptor-Antagonisten (Atosiban) oder COX-Inhibitoren (Indometacin, Off-Label Use) angewendet werden. [1]

  • In Deutschland zur Tokolyse zugelassen
    • Atosiban (Oxytocinrezeptor-Antagonist) [14][15]
    • Fenoterol (β-2-Sympathomimetikum)
      • International trotz Zulassung nicht mehr empfohlen [1]
      • Mögliche Anwendungen: Bolustokolyse [1]
      • Explizit nicht mehr empfohlen: Kontinuierliche Infusion
      • Rote-Hand-Brief zu β-Sympathomimetika (einschließlich Fenoterol): Schwerwiegende, manchmal letale kardiovaskuläre Nebenwirkungen bei Mutter und Fötus, keine Anwendung über 48 h [16]
    • Veraltet: Magnesiumsulfat [1]
  • In Deutschland Off-Label Use

Durchführung

Die Kombination von Tokolytika sollte vermieden werden! [1]

Eine Dauertokolyse über mehr als 48 h ist nicht indiziert!

Kindliche Neuroprotektion [1]

Die folgenden Maßnahmen sollen mögliche Hirnschäden beim unreifen Neugeborenen vermeiden oder abmildern

Psychosomatische Begleitung [1]

Spezifisches situatives Vorgehen

Prozedere bei frühem vorzeitigen Blasensprung [1][17]

In der Literatur wird ein an der SSW orientiertes Prozedere sehr unterschiedlich dargestellt, zumal jedes Krankenhaus diesbezüglich eigene Vorgaben hat. Die hier dargestellte Vorgehensweise ist demnach beispielhaft und kann eine konkrete Einzelfallentscheidung nicht ersetzen. Für die allgemeine Diagnostik siehe: Diagnostik des Blasensprungs.

Allgemeine Maßnahmen

Blasensprung ≤21+6 SSW

Blasensprung zwischen 22+0 und 23+6 SSW

Blasensprung zwischen 24+0 und 33+6 SSW

Blasensprung zwischen 34+0 und 36+6 SSW

Prozedere bei vorzeitiger Wehentätigkeit [1]

Allgemeine Maßnahmen

Tokolyse

Lungenreifeinduktion

Körperliche Schonung [1][13]

  • Häufig empfohlen aufgrund klinischer Erfahrungswerte, jedoch keine Evidenz zur Vermeidung der Frühgeburtlichkeit
  • I.d.R. keine strenge Immobilisation wegen des steigenden Thromboserisikos!

Prozedere bei Zervixinsuffizienz [1][4][18]

Progesteron

  • Indikation: Zervixlänge ≤25 mm vor der 24+0 SSW [1]
  • Durchführung: Intravaginale Progesterongabe bis zur 36+6 SSW [1]

Pessartherapie

Cerclage der Zervix [1][20]

Totaler Muttermundverschluss [1][4]

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Präventiontoggle arrow icon

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Besonderheiten bei Entbindungtoggle arrow icon

Allgemeine Besonderheiten [1]

Sectio caesarea bei Frühgeborenen [1]

Nach einem uterinen Längsschnitt besteht in einer Folgeschwangerschaft eine erhöhte Rupturgefahr und die Indikation zu einer primären Re-Sectio!

Vaginal-operative Entbindung bei Frühgeborenen [1]

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

O34.-: Betreuung der Mutter bei festgestellter oder vermuteter Anomalie der Beckenorgane

  • Inklusive: Aufgeführte Zustände als Grund für Beobachtung, stationäre Behandlung oder sonstige geburtshilfliche Betreuung der Mutter oder für Schnittentbindung vor Wehenbeginn
  • Exklusive: Aufgeführte Zustände im Zusammenhang mit Geburtshindernis (O65.5)
  • O34.3-: Betreuung der Mutter bei Zervixinsuffizienz

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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