ambossIconambossIcon

Icterus neonatorum

Letzte Aktualisierung: 14.8.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Ein Ikterus entwickelt sich bei mehr als der Hälfte aller Neugeborenen. Er entsteht i.d.R. durch einen Anstieg des indirekten Bilirubins und ist in den ersten Lebenstagen physiologisch. Ein Anstieg des indirekten Bilirubins über altersentsprechende Normwerte (indirekte Hyperbilirubinämie) kann jedoch auch Ausdruck zugrunde liegender Erkrankungen sein und unbehandelt zu schwerwiegenden akuten und chronischen Schädigungen führen. Daher ist die frühzeitige Identifikation und Therapie von Neugeborenen mit hohen bzw. rasch steigenden Bilirubinwerten elementar. Wichtigste therapeutische Maßnahme ist der rasche Beginn einer Phototherapie, bei der das hydrophobe Bilirubin durch blaues Licht in eine wasserlösliche Form überführt wird. In sehr schweren Fällen oder bei Therapieresistenz kann zur Elimination des Bilirubins eine Blutaustauschtransfusion notwendig sein.

Bei einem Ikterus durch Anstieg des direkten Bilirubins muss im Neugeborenenalter eine akut behandlungspflichtige neonatale Cholestase in Betracht gezogen werden.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Definitiontoggle arrow icon

  • Physiologischer Neugeborenenikterus [1][2]
  • Pathologischer Neugeborenenikterus [1][2]
    • Icterus praecox: Gesamt-Serum-Bilirubin >7 mg/dL (>120 μ­mol/L) innerhalb der ersten 24 Lebensstunden
    • Icterus gravis: Gesamt-Serum-Bilirubin >18 mg/dL (>300 μ­mol/L)
    • Icterus prolongatus: Erhöhtes Gesamt-Serum-Bilirubin nach dem 10. Lebenstag
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Epidemiologietoggle arrow icon

  • Häufigkeit [3][4]
    • Ikterus: Ca. 50%
    • Ikterus mit Gesamtbilirubin >20 mg/dL (>340 μ­mol/L): Ca. 2%

Eine Hyperbilirubinämie ist der häufigste Grund für eine stationäre Aufnahme im Neugeborenenalter! [2]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ätiologietoggle arrow icon

Physiologischer Neugeborenenikterus [2][5]

Die physiologische Hyperbilirubinämie beruht immer auf einem Anstieg des indirekten Bilirubins und hat prä- und/oder intrahepatische Ursachen!

Pathologischer Neugeborenenikterus [2][5]

Die wichtigsten Ursachen des Icterus praecox sind die Neugeborenensepsis und hämolytische Erkrankungen!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Symptomatiktoggle arrow icon

Freies Bilirubin kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und zu einer Bilirubinenzephalopathie führen!
Erstes Symptom eines pathologischen Neugeborenenikterus ist häufig eine Trinkschwäche!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Diagnostiktoggle arrow icon

Um schwerwiegende Folgen einer Hyperbilirubinämie zu vermeiden, ist die frühzeitige Identifikation und Therapie von Neugeborenen mit hohen bzw. rasch steigenden Bilirubinwerten essenziell.

Vorgehen bei V.a. Icterus neonatorum [2][5]

  1. Anamnese
  2. Körperliche Untersuchung
  3. Bilirubinbestimmung
  4. Bestimmung der Phototherapiegrenze
  5. Bewertung und Prozedere anhand altersbezogener Perzentilen
    • TcB/GSB in Zone I → Klinische Kontrolle nach 72–96 h
    • TcB/GSB in Zone II → Bilirubinkontrolle nach 48–72 h
    • TcB/GSB in Zone III → Bilirubinkontrolle nach 24–48 h
    • TcB in Zone IV oder <2 mg/dL (<35 μ­mol/L) unter Phototherapiegrenze → GSB
      • GSB in Zone IV oder <2 mg/dL (<35 μ­mol/L) unter Phototherapiegrenze → Bilirubinkontrolle nach 12–24 h
      • GSB über Phototherapiegrenze → Stationäre Aufnahme + Erweiterte Labordiagnostik + Therapie

Bei gesunden Neugeborenen ≥38+0 SSW beträgt die Phototherapiegrenze ab einem Alter von 72 h 20 mg/dL (bzw. 340 μmol/L)!

Bei allen anderen Neugeborenen muss die Grenze abgesenkt werden!

Erweiterte Labordiagnostik [2][5]

Erweiterte Diagnostik bei Icterus neonatorum
Indikation Ausschluss Laborparameter

Indirekte Hyperbilirubinämie

Neugeborenensepsis

Hämolytische Erkrankungen

Hypalbuminämie

Hyperbilirubinämie-Syndrome
  • Molekulargenetische Untersuchung
Direkte Hyperbilirubinämie

Neonatale Cholestase

Bei Icterus praecox oder Icterus gravis sollten eine Neugeborenensepsis und hämolytische Erkrankungen als Ursachen ausgeschlossen werden!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Ursache des Icterus neonatorum ist i.d.R. eine prä- und/oder intrahepatische Störung, die zu einem Anstieg des indirekten Bilirubins führt. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen (insb. des Icterus prolongatus) sind Erkrankungen, die zu einem Aufstau der Galle mit direkter Hyperbilirubinämie führen (neonatale Cholestase).

Neonatale Cholestase [8]

Ursachen der neonatalen Cholestase [8][9]
Akut behandlungspflichtig
Weitere

Bei acholischem Stuhl muss eine neonatale Cholestase ausgeschlossen werden!

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Therapietoggle arrow icon

Optimierung der Ernährung [5]

Phototherapie bei Neugeborenenikterus [5][10]

Intensive Phototherapie

  • Indikation: Bilirubinwerte >5 mg/dL (>85 μmol/L) über der Phototherapiegrenze
  • Durchführung
    • Verringerung der Distanz zwischen Lichtquelle und Körperoberfläche
    • Zusätzliche Verwendung einer fiberoptischen Matte, seitlich angebrachter Lampen, reflektierender Metallfolien oder weißer Tücher

Während der Phototherapie sollten die Augen des Neugeborenen mittels Brille geschützt werden!

Blutaustauschtransfusion [5][10]

Die Blutaustauschtransfusion kann zu schwerwiegenden Komplikationen führen!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Prognosetoggle arrow icon

  • Abhängig von der Ursache
  • Bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie gut
  • Häufigkeit einer chronischen Bilirubinenzephalopathie (Kernikterus): Ca. 0,001% [11]
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Präventiontoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • P57.-: Kernikterus
  • P58.-: Neugeborenenikterus durch sonstige gesteigerte Hämolyse
    • Exklusive: Ikterus durch Isoimmunisierung (P55P57)
    • P58.0: Neugeborenenikterus durch Quetschwunde
    • P58.1: Neugeborenenikterus durch Blutung
    • P58.2: Neugeborenenikterus durch Infektion
    • P58.3: Neugeborenenikterus durch Polyglobulie
    • P58.4: Neugeborenenikterus durch Arzneimittel oder Toxine, die von der Mutter übertragen oder dem Neugeborenen verabreicht wurden
    • P58.5: Neugeborenenikterus durch Verschlucken mütterlichen Blutes
    • P58.8: Neugeborenenikterus durch sonstige näher bezeichnete gesteigerte Hämolyse
    • P58.9: Neugeborenenikterus durch gesteigerte Hämolyse, nicht näher bezeichnet
  • P59.-: Neugeborenenikterus durch sonstige und nicht näher bezeichnete Ursachen
    • Exklusive: Durch angeborene Stoffwechselstörungen (E70–E90), Kernikterus (P57.‑)
    • P59.0: Neugeborenenikterus in Verbindung mit vorzeitiger Geburt
    • P59.1: Gallepfropf-Syndrom
    • P59.2: Neugeborenenikterus durch sonstige und nicht näher bezeichnete Leberzellschädigung
    • P59.3: Neugeborenenikterus durch Muttermilch-Inhibitor
    • P59.8: Neugeborenenikterus durch sonstige näher bezeichnete Ursachen
    • P59.9: Neugeborenenikterus, nicht näher bezeichnet
      • Physiologischer Ikterus (verstärkt) (verlängert) o.n.A

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Probiere die Testversion aus und erhalte 30 Tage lang unbegrenzten Zugang zu über 1.400 Kapiteln und +17.000 IMPP-Fragen.
disclaimer Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.