Zusammenfassung
Epilepsien sind eine Gruppe heterogener Erkrankungen des Gehirns, deren Gemeinsamkeit in einer Übererregbarkeit von Neuronen insb. der Hirnrinde besteht. Die Übererregbarkeit führt zu einer andauernden Prädisposition für anfallsartige, exzessive oder synchronisierte Aktivitäten von Nervenzellverbänden, die sich als epileptische Anfälle äußern. Je nach Anfallstyp werden fokale Epilepsien von generalisierten oder kombinierten fokalen und generalisierten Epilepsien unterschieden. Diagnostisch wegweisend sind neben der genauen Beobachtung und Klassifikation der Anfälle die Befunde einer Elektroenzephalografie und einer zerebralen Bildgebung.
Zeichnet sich eine Epilepsie dabei durch ein typisches klinisches Bild und spezifische Befunde aus, kann sie ggf. einem Epilepsiesyndrom zugeordnet werden. Diese manifestieren sich häufig in einem für sie charakteristischen Alter und gehen z.T. mit Komorbiditäten wie einer Intelligenzminderung oder neurologischen Entwicklungsstörung einher. Die sog. entwicklungsbedingten und epileptischen Enzephalopathien (engl. „Developmental and Epileptic Encephalopathy“; DEE) nehmen dabei eine Sonderrolle ein. Sie manifestieren sich häufig bereits im Neugeborenen-, Säuglings- oder frühen Kleinkindalter und zeichnen sich durch eine oft therapieresistente Epilepsie und neurologische Entwicklungsstörungen aus.
Die Therapie einer Epilepsie bzw. eines Epilepsiesyndroms basiert i.d.R. auf einer langfristigen medikamentösen Anfallssuppression. Führt diese nicht zu einer Anfallsfreiheit oder ausreichenden Anfallskontrolle, können weitere Maßnahmen wie epilepsiechirurgische Eingriffe, Hirnstimulationsverfahren oder eine ketogene Diät in Betracht gezogen werden. Da die Erkrankung in vielen Fällen mit unvorhersehbaren Anfällen einhergeht, müssen Betroffene Situationen meiden, in denen sie sich selbst (bspw. Schwimmen) oder andere gefährden könnten (bspw. Autofahren).
Definition
- Epilepsie: Erkrankung des Gehirns, die durch eine andauernde Prädisposition für epileptische Anfälle, also eine anhaltend erhöhte Anfallsbereitschaft des Gehirns gekennzeichnet ist [1][2]
- Kriterien: Mind. 1 der folgenden Faktoren
- ≥2 unprovozierte Anfälle oder Reflexanfälle, zwischen denen mehr als 24 h liegen
- 1 unprovozierter Anfall/Reflexanfall und erhöhtes Risiko für weitere Anfälle
- Diagnose eines Epilepsiesyndroms
- Kriterien: Mind. 1 der folgenden Faktoren
- Epilepsiesyndrom: Epilepsie mit typischem klinischen Bild und spezifischem EEG-Befund [3]
- Mögliche Zusatzkriterien
- Charakteristisches Manifestationsalter
- Typische Komorbiditäten
- Spezifische Ursache(n)
- Assoziation mit bestimmter Prognose
- Mögliche Zusatzkriterien
Epidemiologie
- Epilepsie [4][5]
- Epilepsiesyndrom: Abhängig von der Erkrankung
Die Epilepsie ist die häufigste neurologische Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen!
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Mögliche Ursachen einer Epilepsie
- Strukturell
- Erworben: Bspw. Trauma, Hirninfarkt, Hirntumor/Hirnmetastase, hypoxischer Hirnschaden, Hippocampussklerose, Rasmussen-Enzephalitis, postinfektiöse Strukturveränderungen
- Genetisch/angeboren: Bspw. tuberöse Sklerose, kortikale Fehlbildung, hypothalamisches Hamartom
- Beachte: I.d.R. nur bei passender Anfallssemiologie und korrelierendem EEG-Befund als ursächlich für die Epilepsie anzusehen
- Genetisch
- De-novo-Mutation : Bspw. Dravet-Syndrom oder West-Syndrom
- Autosomal-dominanter Erbgang: Bspw. selbstlimitierende (familiäre) neonatale Epilepsie
- Beachte: Symptomausprägung variabel durch
- Phänotypische Varianz einer Mutation
- Genetische Varianz eines Syndroms
- Mosaikmutationen
- Infektiös
- Parainfektiös: Bspw. Herpesenzephalitis, bakterielle Enzephalitis, Hirnabszess, Neurozystizerkose, Tuberkulose, HIV-Infektion oder komplizierte Malaria
- Postinfektiös: Bspw. subakute sklerosierende Panenzephalitis
- Beachte: Meist ursächliche Behandlung möglich
- Metabolisch
- Genetisch/angeboren: Bspw. Porphyrie, Störungen des Aminosäurestoffwechsels oder Pyridoxin-abhängige Neugeborenenanfälle
- Erworben (selten): Bspw. zerebraler Folatmangel
- Beachte: Ggf. spezifische Behandlung (Diät, Supplementation) notwendig
- Immunvermittelt
- Autoimmun bedingte Enzephalitiden: Bspw. Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis, Anti-LGI1-Enzephalitis
- Beachte: Immunmodulatorische Therapie notwendig
- Unbekannt
Die ätiologische Zuordnung einer Epilepsie ermöglicht in vielen Fälle eine spezifische Therapie!
Klassifikation
- Voraussetzung: Diagnosekriterien einer Epilepsie erfüllt, siehe: Epilepsie - Definition
- Klassifikation: Dreistufig anhand der ILAE-Klassifikation von Epilepsien
- Anfallstyp
- Epilepsietyp
- Fokale Epilepsien
- Generalisierte Epilepsien
- Kombinierte fokale und generalisierte Epilepsien
- Unbekannte/unklassifizierte Epilepsien
- Epilepsiesyndrom
- Einteilung nach Epilepsietyp [7]
- Einteilung nach Manifestationsalter
- Beginn im Neugeborenen-, Säuglings- oder frühen Kleinkindalter (<2 Jahre) [3]
- Beginn im Kindesalter (≥2 bis <12 Jahre) [8]
- Variabler Beginn [9]
Auf jeder Stufe des Klassifikationssystems sollte eine ätiologische Zuordnung angestrebt werden!
Epilepsiesyndrome
Bei Vorliegen einer Epilepsie wird i.d.R. die Zuordnung zu einem Epilepsiesyndrom angestrebt. Einzelne Epilepsiesyndrome sind dabei durch ein für sie typisches klinisches Bild und spezifische EEG-Befunde charakterisiert. Darüber hinaus treten sie häufig in einem bestimmten Alter auf und gehen mit verschiedenen Komorbiditäten einher. Auf diesen Kriterien basierend können folgende Gruppen voneinander unterschieden werden:
- Fokale Epilepsiesyndrome
- Generalisierte Epilepsiesyndrome
- Kombinierte generalisierte und fokale Epilepsiesyndrome
- Sonderform: Entwicklungsbedingte und epileptische Enzephalopathien (DEE)
Fokale Epilepsiesyndrome
Selbstlimitierende fokale Epilepsiesyndrome
Selbstlimitierende (familiäre) neonatale Epilepsie [3]
- Synonym: Benigne familiäre Neugeborenenepilepsie (veraltet [6])
- Inzidenz: Ca. 5/100.000 Neugeborene
- Ätiologie: Genetisch
- Symptombeginn: Im Alter von 2–7 Tagen
- Klinisches Bild
- Initial fokale tonische Anfälle , später auch klonische Anfälle, Myoklonien oder autonome Symptome
- Neurologische Entwicklung i.d.R. unauffällig
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal oder unspezifisch verändert
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Abschwächung des EEG ≤20 s, anschließend repetitive Spikes
- Interiktal: In ⅔ der Fälle fokale epilepsietypische Potenziale
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung
- Therapie der Wahl
- Phenobarbital [10]
- Alter <14 Tagen [11]
- Alter ≥14 bis <28 Tage [11]
- Alter ≥1 Monat bis <2 Jahre [11]
- Oder Levetiracetam (Off-Label Use) [10][12]
- Phenobarbital [10]
- Prognose
- I.d.R. Remission bis zum Alter von ca. 6 Wochen
- In ca. ⅓ aller Fälle erneute epileptische Anfälle im späteren Leben
Die selbstlimitierende (familiäre) neonatale Epilepsie beginnt innerhalb der ersten Lebenswoche und führt oft zu fokalen Anfällen mit Apnoen!
Selbstlimitierende familiäre neonatale und infantile Epilepsie [3]
- Inzidenz: Unbekannt
- Ätiologie: Genetisch
- Symptombeginn: Im Alter von <2 Jahren (meist ca. 3 Monate)
- Klinisches Bild
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal
- Epilepsietypische Muster: Fokal mit variabler Lokalisation
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung
- Therapie der Wahl
- Phenobarbital [10]
- Alter <14 Tagen [11]
- Alter ≥14 bis <28 Tage [11]
- Alter ≥1 Monat bis <2 Jahre [11]
- Oder Levetiracetam (Off-Label Use) [10][12]
- Phenobarbital [10]
- Prognose: I.d.R. Remission bis zum Alter von ca. 12–24 Monaten
Selbstlimitierende (familiäre) infantile Epilepsie [3]
- Inzidenz: Ca. 14/100.000 Neugeborene
- Ätiologie: Genetisch
- Symptombeginn: Im Alter von 3–20 Monaten (meist ca. 6 Monate)
- Klinisches Bild
- Fokale klonische Anfälle
- Paroxysmale Bewegungsstörungen möglich
- Neurologische Entwicklung unauffällig
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal, ggf. postiktal fokale Verlangsamung
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Fokal
- Interiktal: I.d.R. unauffällig
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Ggf. zerebrale Bildgebung
- Therapie der Wahl
- Phenobarbital [10]
- Alter <14 Tagen [11]
- Alter ≥14 bis <28 Tage [11]
- Alter ≥1 Monat bis <2 Jahre [11]
- Oder Levetiracetam (Off-Label Use) [10][12]
- Phenobarbital [10]
- Prognose
- I.d.R. Remission innerhalb von 12 Monaten nach dem ersten Ereignis
- In ca. ⅓ der Fälle erneutes Auftreten nach 1–3 Monaten
- In seltenen Fällen Persistenz bis ins Erwachsenenalter
Selbstlimitierende fokale Epilepsiesyndrome mit Beginn im Säuglingsalter persistieren nur selten über das zweite Lebensjahr hinaus!
Selbstlimitierende Epilepsie mit autonomen Anfällen [8]
- Synonym: Panayiotopoulos-Syndrom
- Häufigkeit
- Ca. 13% aller Epilepsiesyndrome im Alter von 3–6 Jahren
- Häufigste Ursache eines afebrilen nicht-konvulsiven Status epilepticus im Kindesalter
- Ätiologie: Unbekannt, am ehesten genetisch
- Symptombeginn: Im Alter von 3–6 Jahren
- Klinisches Bild
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal, ggf. postiktal diffuse Verlangsamung
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Wechsel aus langsamer/rhythmischer Aktivität und schneller Aktivität mit Spikes
- Interiktal: Multifokale, hochamplitudige Sharp Waves oder Spikes and Waves (insb. bei Lidschluss, Schlafentzug oder im Schlaf)
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Ggf. zerebrale Bildgebung
- Therapie der Wahl
- Carbamazepin [13][14]
- Oder Oxcarbazepin (Off-Label Use im Alter <6 Jahre) [13][15]
- Oder Ethosuximid [13]
- Säuglinge und Kinder ≥1 Monat bis <3 Jahre [16]
- Kinder ≥3 bis <6 Jahre [16]
- Kinder ≥6 Jahre, Jugendliche und Erwachsene [16]
- Prognose
- I.d.R. Remission innerhalb von 1–2 Jahren nach dem ersten Ereignis
- In ca. 20% der Fälle Übergang in andere fokale Epilepsie (insb. Rolando-Epilepsie)
Aufgrund der gastrointestinalen Symptomatik kann eine selbstlimitierende Epilepsie mit autonomen Anfällen leicht übersehen werden!
Selbstlimitierende Epilepsie mit zentrotemporalen Spikes [8]
- Synonym: Rolando-Epilepsie
- Inzidenz: Ca. 6/100.000 Kinder und Jugendliche <16 Jahre
- Ätiologie: Unbekannt, am ehesten genetisch
- Symptombeginn: Im Alter von 4–10 Jahren
- Klinisches Bild
-
Fokale Anfälle (80–90% im Schlaf, Dauer <2–3 min)
- Orale somatosensorische Symptome
- Orofaziale motorische Symptome
- Sprachstörung
- Sialorrhö
- Im Schlaf ggf. Übergang in weitere Anfallstypen möglich
- Ipsilateral tonisch-klonisch (obere Extremität)
- Ipsilateral hemiklonisch
- Fokal zu bilateral tonisch-klonisch
- Postiktal ggf. Todd-Parese
- Ggf. Aggravation vorbestehender kognitiver Störungen und Verhaltensauffälligkeiten
- Weitere neurologische Entwicklung i.d.R. unauffällig
-
Fokale Anfälle (80–90% im Schlaf, Dauer <2–3 min)
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Hochamplitudige zentrotemporale Spikes and Waves, ggf. diffuse Sharp Waves mit zunehmender Amplitude (insb. zentrotemporal)
- Interiktal: Hochamplitudige zentrotemporale Spikes and Waves (insb. bei Schläfrigkeit und im Schlaf)
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Ggf. zerebrale Bildgebung
- Therapie der Wahl: Sultiam [13][17]
- Prognose: I.d.R. Remission während der Pubertät, gelegentlich erst später
Orofaziale Symptome (somatosensorisch und motorisch), Speichelfluss und Sprachstörung sind typische Hinweise auf eine Rolando-Epilepsie!
Fokale Anfälle im Rahmen einer Rolando-Epilepsie können im Schlaf zu bilateral tonisch-klonischen Anfällen übergehen!
Vergleich der wichtigsten selbstlimitierenden fokalen Epilepsiesyndrome [18] | ||||
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Epilepsiesyndrom | Alter bei Symptombeginn | Vorwiegender Anfallstyp | EEG-Befund (iktal) | Therapie der Wahl [13] |
Selbstlimitierende (familiäre) neonatale Epilepsie |
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Selbstlimitierende familiäre neonatale und infantile Epilepsie |
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Selbstlimitierende (familiäre) infantile Epilepsie |
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Selbstlimitierende Epilepsie mit autonomen Anfällen (Panayiotopoulos-Syndrom) |
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Selbstlimitierende Epilepsie mit zentrotemporalen Spikes (Rolando-Epilepsie) |
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Weitere fokale Epilepsiesyndrome
Familiäre mesiale Temporallappenepilepsie [9]
- Ätiologie: Genetisch
- Symptombeginn: Im Jugend- oder Erwachsenenalter
- Klinisches Bild
- Fokale Anfälle mit erhaltenem Bewusstsein und
- Intensiven Déjà-vu-Erlebnissen (ca. 70%)
- Autonomer Symptomatik
- Ggf. Übergang zu bilateral tonisch-klonischem Anfall oder Bewusstseinseinschränkung
- Neurologische Entwicklung unauffällig
- Fokale Anfälle mit erhaltenem Bewusstsein und
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: In 60% der Fälle normal oder milde temporale Verlangsamung
- Epilepsietypische Muster: Interiktal ggf. fokale epilepsietypische Potenziale (insb. einseitig temporal)
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung
- Therapie der Wahl
- Oxcarbazepin (Off-Label Use im Alter <6 Jahre) [10][15]
- Oder Carbamazepin [10][14]
- Oder Levetiracetam (als Monotherapie Off-Label im Alter <16 Jahre) [10][12]
- Prognose: I.d.R. gutes Therapieansprechen und geringe Einschränkungen im Alltag
Da eine familiäre mesiale Temporallappenepilepsie zu Anfällen mit Déjà-vu-Erlebnissen mit erhaltenem Bewusstsein führt, werden diese im Alltag oft übersehen!
Mesiale Temporallappenepilepsie mit Hippokampussklerose [9]
- Ätiologie: Strukturell
- Symptombeginn: Im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter
- Klinisches Bild
-
Fokale Anfälle ohne Bewusstseinsstörung und
- Epigastrischer Aura
- Autonomer Symptomatik
- Déjà-vu-Erlebnissen
- Emotionalen oder sensorischen Symptomen
-
Fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung und
- Verhaltensstörungen
- Oralen Automatismen , ggf. Aphasie
- Automatismen bzw. Dystonien der oberen Extremitäten
- Postiktaler Verwirrtheit
- Neurologische Entwicklung i.d.R. unauffällig
-
Fokale Anfälle ohne Bewusstseinsstörung und
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal oder milde temporale Verlangsamung
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Temporal schnelles Niederspannungs-EEG mit Übergang zu rhythmischen frontotemporalen Alpha- oder Thetawellen
- Interiktal: Temporal epilepsietypische Potenziale oder intermittierend Deltawellen
- Weiterführende Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung: Hippocampussklerose
- Genetische Diagnostik
- Therapie der Wahl [10]
- Oxcarbazepin (Off-Label Use im Alter <6 Jahre) [10][15]
- Oder Carbamazepin [10][14]
- Oder Levetiracetam (als Monotherapie Off-Label im Alter <16 Jahre) [10][12]
- Prognose: Häufig Pharmakoresistenz, durch Epilepsiechirurgie ggf. Anfallsfreiheit zu erreichen
Generalisierte Epilepsiesyndrome
Idiopathische generalisierte Epilepsiesyndrome
- Häufigkeit: Ca. 15–20% aller Epilepsiesyndrome
- Gemeinsame Merkmale
- Ätiologie: Genetisch
- Klinisches Bild: Absencen, myoklonische, tonisch-klonische und myoklonisch-tonisch-klonische Anfälle
- EEG-Befund: Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 2,5–5,5/s
- Therapieansprechen: Meist gut
- Neurologische Entwicklung: I.d.R. normal
- Komorbiditäten: Ggf. affektive Störung, Lernschwierigkeiten oder ADHS
- Krankheitsbilder
Idiopathische generalisierte Epilepsiesyndrome sprechen meist gut auf eine anfallssuppressive Therapie an und beeinträchtigen die neurologische Entwicklung i.d.R. nicht!
Natriumkanalblocker und GABA-Agonisten können die Symptomatik bei idiopathischen generalisierten Epilepsiesyndromen verstärken!
Kindliche Absence-Epilepsie [18]
- Inzidenz: 6–8/100.000 Kinder
- Symptombeginn: Im Alter von 4–10 Jahren
- Klinisches Bild
-
Absencen (Frequenz meist ≥1×/d, Dauer ca. 3–20 s)
- Plötzliche Unterbrechung der Aktivität
- Vollständiger Bewusstseinsverlust
- Starrer Blick, ausdruckslose Mimik
- Ggf. orale Automatismen, periorale Myoklonien, Blinzeln der Augen
- Weitere Anfallstypen
- Gelegentlich Fieberkrämpfe
- Selten generalisiert tonisch-klonische Anfälle
- Leichte Lernschwierigkeiten oder ADHS möglich
- Neurologische Entwicklung unauffällig
-
Absencen (Frequenz meist ≥1×/d, Dauer ca. 3–20 s)
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: In ca. 20% der Fälle verlangsamt
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 3/s
- Interiktal
- Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 2,5–4/s im Wachzustand (ggf. durch Hyperventilation )
- Ggf. Polyspikes and Waves bei Müdigkeit oder im Schlaf
- Weiterführende Diagnostik: EEG und MRT i.d.R. unauffällig
- Therapie der Wahl
-
Ethosuximid [13]
- Säuglinge und Kinder ≥1 Monat bis <3 Jahre [16]
- Kinder ≥3 bis <6 Jahre [16]
- Kinder ≥6 Jahre, Jugendliche und Erwachsene [16]
-
Ethosuximid [13]
- Prognose
- Gutes Therapieansprechen, in ca. 60% der Fälle Remission während der Adoleszenz
- Übergang in anderes idiopathisch generalisiertes Epilepsiesyndrom möglich (insb. juvenile myoklonische Epilepsie)
Bei einer kindlichen Absence-Epilepsie treten i.d.R. mehrmals täglich Absencen mit vollständigem Bewusstseinsverlust auf!
Juvenile Absence-Epilepsie [18]
- Häufigkeit: Ca. 2,5–3% aller Epilepsien im Kindes- und Jugendalter
- Symptombeginn: Im Alter von 9–13 Jahren
- Klinisches Bild
-
Absencen (Frequenz meist <1×/d, Dauer 5–30 s)
- Plötzliche Unterbrechung der Aktivität
- Unvollständiger Bewusstseinsverlust
- Starrer Blick, ausdruckslose Mimik
- Weitere Anfallstypen
- In >90% der Fälle generalisiert tonisch-klonische Anfälle
- Gelegentlich Fieberkrämpfe
- Lernschwierigkeiten, ADHS, Angststörungen oder Depressionen möglich
- Neurologische Entwicklung unauffällig
-
Absencen (Frequenz meist <1×/d, Dauer 5–30 s)
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 3–5,5/s
- Interiktal
- Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 3–5,5/s im Wachzustand (ggf. Provokation durch Hyperventilation )
- Ggf. Polyspikes and Waves bei Müdigkeit oder im Schlaf
- Weiterführende Diagnostik: Bei typischem klinischen Bild und EEG-Befund nicht erforderlich
- Therapie der Wahl
-
Lamotrigin [13]
- Kinder ≥2 bis <13 Jahre [19]
- Jugendliche ≥13 Jahre und Erwachsene [19]
- Oder Levetiracetam (als Monotherapie Off-Label Use im Alter <16 Jahre) [12][13]
- Oder Valproinsäure [13][20]
-
Lamotrigin [13]
- Prognose: Gutes Therapieansprechen, aber i.d.R. lebenslange medikamentöse Behandlung erforderlich
Typischer EEG-Befund einer juvenilen Absence-Epilepsie sind Spikes and Waves in einer Frequenz von 3–5,5/s!
Juvenile myoklonische Epilepsie [18]
- Synonym: Impulsiv-Petit-Mal
- Inzidenz: 10–30/100.000 Personen
- Symptombeginn: Im Alter von 10–24 Jahren
- Klinisches Bild
-
Myoklonische Anfälle (meist innerhalb von 1 h nach dem Aufwachen)
- Wegschleudern von Gegenständen
- Ggf. Stürze
- Weitere Anfallstypen
- Bei >90% generalisierte tonisch-klonische Anfälle
- Bei >30% Absencen (Frequenz <1×/d, Dauer 3–8 s, variabler Bewusstseinszustand)
- Angststörungen, Depressionen und kognitive Störungen möglich
- Weitere neurologische Entwicklung i.d.R. unauffällig
-
Myoklonische Anfälle (meist innerhalb von 1 h nach dem Aufwachen)
- Trigger: Schlafentzug, Photostimulation
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal
- Epilepsietypische Muster
- Iktal
- Unregelmäßige Aktivität
- Generalisierte Polyspikes and Waves (bei myoklonischem Anfall)
- Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 3–5,5/s oder Polyspikes and Waves (bei Absence)
- Interiktal: Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 3–5,5/s und Polyspikes and Waves (ggf. durch Photostimulation oder Hyperventilation )
- Iktal
- Weiterführende Diagnostik: Bei typischem klinischen Bild und EEG-Befund nicht erforderlich
- Therapie der Wahl
-
Lamotrigin [13]
- Kinder ≥2 bis <13 Jahre [19]
- Jugendliche ≥13 Jahre und Erwachsene [19]
- Oder Levetiracetam (als Monotherapie Off-Label Use im Alter <16 Jahre) [12][13]
- Oder Valproinsäure [13][20]
-
Lamotrigin [13]
- Prognose: Gutes Therapieansprechen, aber i.d.R. lebenslange medikamentöse Behandlung erforderlich
Bei einer juvenilen myoklonischen Epilepsie kommt es bei über 90% der Betroffenen auch zu generalisierten (myoklonisch‑)tonisch-klonischen Anfällen!
Epilepsie mit ausschließlich generalisiert tonisch-klonischen Anfällen [18]
- Synonym: Aufwach-Grand-Mal (veraltet)
- Häufigkeit: Ca. ⅓ aller idiopathisch generalisierten Epilepsiesyndrome
- Symptombeginn: Im Alter von 10–25 Jahren
- Klinisches Bild
- Generalisierte tonisch-klonische Anfälle (meist innerhalb von 2 h nach dem Aufwachen)
- Weitere Anfallstypen
- I.d.R. keine myoklonischen Anfälle oder Absencen
- Bei ca. 15% Fieberkrämpfe
- Angststörungen, Depressionen und kognitive Störungen möglich
- Weitere neurologische Entwicklung i.d.R. unauffällig
- Trigger: Schlafentzug, Alkohol
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal
- Epilepsietypische Muster
- Iktal
- Generalisierte Spikes (während tonischer Phase)
- Spikes and Waves (während klonischer Phase)
- Interiktal: Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 3–5,5/s und Polyspikes and Waves (ggf. durch Provokation)
- Iktal
- Weiterführende Diagnostik: Bei typischem klinischen Bild und EEG-Befund nicht erforderlich
- Therapie der Wahl [13]
- Levetiracetam (als Monotherapie Off-Label Use im Alter <16 Jahre) [12]
- Oder Valproinsäure [20]
- Prognose: Gutes Therapieansprechen, aber i.d.R. lebenslange medikamentöse Behandlung erforderlich
Generalisiert tonisch-klonische Anfälle treten typischerweise innerhalb von zwei Stunden nach dem Erwachen auf!
Vergleich der idiopathischen generalisierten Epilepsiesyndrome [18] | ||||
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Epilepsiesyndrom | Alter bei Symptombeginn | Vorwiegender Anfallstyp | EEG-Befund (iktal) | Therapie der Wahl [13] |
Kindliche Absence-Epilepsie |
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Juvenile Absence-Epilepsie |
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Juvenile myoklonische Epilepsie |
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Epilepsie mit ausschließlich generalisiert tonisch-klonischen Anfällen |
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Kombinierte generalisierte und fokale Epilepsiesyndrome
Genetische Epilepsien mit Fieberkrämpfen Plus (GEFS+) [3][7]
- Definition: Spektrum verschiedener Epilepsiesyndrome, die innerhalb einer Familie in unterschiedlicher Ausprägung auftreten und durch Fieberkrämpfe gekennzeichnet sind
- Ätiologie: Genetisch [21]
- Klinisches Bild
- Klassische Fieberkrämpfe
- Fieberkrämpfe Plus (FS+)
- Afebrile Anfälle variabler Art [10]
- Epilepsiesyndrome
- EEG-Befund
- Grundaktivität: Normal
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Abhängig vom Anfallstyp
- Interiktal: Gelegentlich fokale oder generalisierte Spikes and Waves
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik [21]
- Zerebrale Bildgebung
- Therapie: Abhängig von Anfallstyp und -frequenz
- Prognose
- Bei isolierten Fieberkrämpfen Plus i.d.R. gutes Therapieansprechen und Remission während der Pubertät
- Bei Entwicklung anderer Epilepsiesyndrome abhängig von der Erkrankung
Charakteristisches Merkmal der GEFS+ sind früh beginnende Fieberkrämpfe mit Persistenz bis ins Alter ≥6 Jahre!
Auch schwere entwicklungsbedingte und epileptische Enzephalopathien (z.B. Dravet-Syndrom) können sich als GEFS+ manifestieren!
Entwicklungsbedingte und epileptische Enzephalopathien (DEE)
Allgemein
- Definition: Entwicklungsauffälligkeiten und epileptische Enzephalopathie mit gemeinsamer Ätiologie [22]
- Gemeinsame Merkmale
- Beginn: I.d.R. im Neugeborenen- oder Säuglingsalter
- Ätiologie: Meist genetisch oder strukturell
- Therapieansprechen: Oft schlecht
- Neurologische Entwicklung: Verlangsamt oder gestört, z.T. regressiv
Frühkindliche entwicklungsbedingte und epileptische Enzephalopathie [3]
- Definition: Überbegriff für zwei entwicklungsbedingte und epileptische Enzephalopathien
- Frühkindliche epileptische Enzephalopathie (EIEE; Ohtahara-Syndrom)
- Frühe myoklonische Enzephalopathie (EME)
- Inzidenz: Ca. 10/100.000 Neugeborene bzw. Säuglinge
- Ätiologie: Meist genetisch , seltener strukturell oder metabolisch
- Symptombeginn: Im Alter von <3 Monaten
- Klinisches Bild
- Anfälle
- Tonisch
- Myoklonisch
- Epileptische Spasmen
- Sequentielle Anfälle
- Auffälliger Muskeltonus , pathologische Bewegungen
- Mäßig bis stark ausgeprägte globale Entwicklungsstörung
- Motorische Entwicklungsstörung
- Fütter- und Gedeihstörung
- Kortikale Sehbehinderung
- Verhaltensstörungen
- Orthopädische Folgeerscheinungen
- Anfälle
- EEG-Befunde
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Abhängig vom Anfallstyp
- Interiktal: Burst-Suppression-Muster , multifokale Spikes, Spikes and Waves oder Sharp Waves
- Epilepsietypische Muster
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung
- Stoffwechseldiagnostik
- Therapie der Wahl: Phenobarbital [13]
- Alter <14 Tage [11]
- Alter ≥14 bis <28 Tage [11]
- Alter ≥1 Monat bis <2 Jahre [11]
- Prognose: Übergang zu West-Syndrom und Lennox-Gastaut-Syndrom möglich
Bei frühkindlichen entwicklungsbedingten und epileptischen Enzephalopathien treten rezidivierende epileptische Anfälle variabler Art i.d.R. bereits innerhalb der ersten 3 Lebensmonate auf!
Schwere frühkindliche myoklonische Epilepsie [3]
- Synonym: Dravet-Syndrom
- Inzidenz: Ca. 6,5/100.000 Säuglinge
- Ätiologie: Meist genetisch
- Symptombeginn: Im Alter von 3–9 Monaten
- Klinisches Bild
- Fokale oder generalisierte klonische Anfälle
- Im Verlauf (ab ≥1 Jahr)
- Ggf. weitere Anfallstypen
- Motorische Entwicklungsstörung
- Störungen der Kognition und des Verhaltens, ADHS
- Intelligenzminderung
- Sprachentwicklungsstörung
- Gangauffälligkeiten (Gangunsicherheit, ggf. typischer „Hockgang“)
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Normal, im Verlauf (ab ≥2 Jahre) ggf. verlangsamt
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Abhängig vom Anfallstyp
- Interiktal: Normal, im Verlauf (ab ≥2 Jahre) fokale, multifokale und generalisierte epilepsietypische Potenziale
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung
- Therapie der Wahl [13]
- Valproinsäure (Off-Label Use im Alter <3 Monate) [20]
- Ggf. plus Clobazam [23]
- Plus Stiripentol [24]
- Oder Kaliumbromid [13]
- Valproinsäure (Off-Label Use im Alter <3 Monate) [20]
Prolongierte fokale (hemiklonische) Anfälle im Rahmen von Fieber sind typisch für ein Dravet-Syndrom!
Natriumkanalblockern (z.B. Phenytoin) können Anfälle im Rahmen eines Dravet-Syndroms verstärken!
West-Syndrom [3]
- Synonyme: Blitz-Nick-Salaam-Epilepsie (BNS-Epilepsie), Epilepsiesyndrom mit infantilen Spasmen
- Inzidenz: Ca. 30/100.000 Säuglinge
- Ätiologie: Meist strukturell oder genetisch , seltener metabolisch
- Symptombeginn: Im Alter von 3–12 Monaten
- Klinisches Bild
-
Generalisierte tonische Kontraktionen (Spasmen) der stammnahen Beuger und/oder Strecker
- Symmetrisch oder asymmetrisch
- Dauer der Kontraktionen <3 s, jedoch i.d.R. wiederholt als Cluster über wenige Minuten
- Häufig beim Aufwachen
- Fokale Anfälle
- Progrediente Entwicklungsstörung oder -regression
-
Generalisierte tonische Kontraktionen (Spasmen) der stammnahen Beuger und/oder Strecker
- EEG-Befunde
- Epilepsietypische Muster
- Iktal
- Generalisierte Sharp Waves oder Slow Waves mit hoher Amplitude
- Schnelle Aktivität mit niedriger Amplitude
- Interiktal: Hypsarrhythmie, ggf. multifokale oder fokale epilepsietypische Potenziale
- Iktal
- Epilepsietypische Muster
- Weiterführende Diagnostik
- Therapie der Wahl: Vigabatrin [13][25] und/oder Hormontherapie (ACTH oder Glucocorticoide) [26]
- Prognose: In ca. 30% der Fälle Übergang zu Lennox-Gastaut-Syndrom
Cluster aus generalisierten Spasmen mit Kopfnicken, Rumpfbeugung und Kreuzen der Arme vor der Brust sind typisch für ein West-Syndrom!
Unbehandelt geht das West-Syndrom mit einer schweren progredienten Entwicklungsstörung oder -regression einher!
Lennox-Gastaut-Syndrom [8]
- Synonyme: Lennox-Syndrom, Lennox-Enzephalopathie
- Häufigkeit: Ca. 1–2% aller Epilepsiesyndrome
- Entsteht in 20% der Fälle aus einem West-Syndrom
- Ätiologie: Meist strukturell oder genetisch , selten metabolisch
- Symptombeginn: Im Alter von 1,5–8 Jahren
- Klinisches Bild
- Anfälle
- Tonisch
- Häufig ≥1 nicht-konvulsiver Status epilepticus (in >50% der Fälle)
- Weitere Anfälle variabler Art
- Progrediente Entwicklungsstörung, -stillstand oder -regression
- Intelligenzminderung
- Verhaltensstörungen
- Autismusspektrumstörung
- Schlafstörungen
- Auffällige neurologische Untersuchung
- Anfälle
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Diffuse Verlangsamung mit Theta- und Deltawellen
- Epilepsietypische Muster
- Iktal
- Bei tonischen Anfällen: Bursts mit bilateraler schneller Aktivität (≥10/s)
- Bei atypischen Absencen: Slow Spikes and Waves (<3/s)
- Interiktal
- Generalisierte Slow Spikes and Waves (≤2,5/s) mit Spikes (<70 ms), Sharp Waves (70–200 ms) und hochamplitudigen Slow Waves (350–400 ms)
- Bursts mit diffuser oder bilateraler schneller Aktivität (≥10/s)
- Iktal
- Weiterführende Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung
- Genetische Diagnostik
- Stoffwechseldiagnostik
- Therapie der Wahl: Valproinsäure (Off-Label Use im Alter <3 Monate) [13][20]
- Prognose: I.d.R. Persistenz therapieresistenter Anfälle bis ins Erwachsenenalter
Ursache des Lennox-Gastaut-Syndroms sind in den meisten Fällen angeborene oder erworbene strukturelle Hirnläsionen!
Epilepsie mit myoklonisch-astatischen Anfällen [8]
- Synonyme: Doose-Syndrom, Epilepsie mit myoklonisch-atonischen Anfällen
- Inzidenz: Ca. 10/100.000 Kinder
- Ätiologie: Meist genetisch
- Symptombeginn: Im Alter von 2–6 Jahren
- Klinisches Bild
- Atonische oder myoklonisch-atonische Anfälle
- Oft weitere Anfallstypen
- Ataxie
- Schlafstörungen
- Neurologische Entwicklung vor dem ersten Anfall in ⅔ der Fälle unauffällig, im Verlauf Entwicklungsstillstand oder -regression
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Meist normal, ggf. biparietale monomorphe Thetawellen
- Epilepsietypische Muster
- Iktal: Generalisierte Polyspikes oder Spikes (während myoklonischer Phase), hohe Amplitude (während atonischer Phase)
- Interiktal: Generalisierte Spikes and Waves in einer Frequenz von 2–6/s und Polyspikes and Waves
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung
- Therapie der Wahl: Valproinsäure (Off-Label Use im Alter <3 Monate) [13][20]
- Prognose
- Unter effektiver medikamentöser Anfallskontrolle Entwicklungsfortschritte
- In ⅔ der Fälle Remission innerhalb von 3 Jahren
- In ⅓ der Fälle Anfallspersistenz, Verhaltensstörungen, kognitive Störungen
(Myoklonisch‑)Atonische Anfälle beim Doose-Syndrom führen oft zu Stürzen und können in einen nicht-konvulsiven Status epilepticus übergehen!
Progressive Myoklonusepilepsie [9][27]
- Definition: Heterogene Gruppe von Epilepsien verschiedener Ätiologien mit gemeinsamen Merkmalen
- Ätiologie: Genetisch
- Symptombeginn: Variabel
- Klinisches Bild
- Myoklonische Anfälle
- Progrediente Störung der motorischen und kognitiven Entwicklung
- Progrediente Störung der Kleinhirnfunktion mit Ataxie
- EEG-Befunde
- Grundaktivität: Verlangsamung
- Epilepsietypische Muster: Generalisierte Spikes and Waves und Polyspikes and Waves
- Weiterführende Diagnostik
- Genetische Diagnostik
- Zerebrale Bildgebung
- Therapie: Abhängig von der Erkrankung
- Prognose: I.d.R. Zunahme der Anfallslast und progrediente Störung kognitiver Funktionen und der Kleinhirnfunktion
Vergleich der häufigsten entwicklungsbedingten und epileptischen Enzephalopathien [3][8] | ||||
---|---|---|---|---|
Epilepsiesyndrom | Alter bei Symptombeginn | Vorwiegender Anfallstyp | EEG-Befund | Therapie der Wahl [13] |
Frühkindliche entwicklungsbedingte und epileptische Enzephalopathie |
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Dravet-Syndrom |
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West-Syndrom |
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Lennox-Gastaut-Syndrom |
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Doose-Syndrom |
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Ätiologiespezifische Epilepsiesyndrome [3]
- Definition: Epilepsiesyndrome, die eindeutig auf eine spezifische Ursache zurückzuführen sind und mit charakteristischen Symptomen und EEG-Befunden einhergehen
- Häufigkeit: Stark zunehmend
- Klinisch relevante Beispiele
- SCN1A-DEE (z.B. Dravet-Syndrom, GEFS+)
- KCNQ2-DEE
- CDKL5-DEE
- Pyridoxin-abhängige Epilepsie (ALDH7A1-Gen)
- Pyridoxalphosphat-abhängige Epilepsie (PNPO-Gen)
- GLUT1-Defekt-Syndrom (SLC2A1-Gen)
- Therapie
- Medikamentöse Anfallsprophylaxe
- Weitere Therapieansätze [22]
- Individuelle Präzisionstherapie
- Gentherapie
- Ionenkanalmodulation
- Ketogene Diät
- Epilepsiechirurgie
- Individuelle Präzisionstherapie
- Weiterführende Informationen
- Aktuelle Liste identifizierter Genmutationen des „Network for Therapy of Rare Epilepsies“ (NETRE) siehe: Tipps und Links
- Daten zum Phänotyp und zur Therapie seltener molekulargenetisch gesicherter Epilepsien des „Patient based phenotyping and evaluation of therapy for Rare Epilepsies“ (PATRE) siehe: Tipps und Links
Durch neue Möglichkeiten der Gendiagnostik nimmt der Anteil ätiologiespezifischer Epilepsiesyndrome kontinuierlich zu!
Diagnostik
Dieser Abschnitt bezieht sich auf Epilepsien und Epilepsiesyndrome. Für die Diagnostik während oder nach einem ersten epileptischen Anfall bzw. einem Status epilepticus siehe:
Elektroenzephalogramm (EEG) [2]
- Indikationen
- Erster epileptischer Anfall
- Anfallsrezidiv und unklarer Epilepsietyp bzw. -syndrom
- Zeitpunkt: Möglichst innerhalb von 24 h nach dem Anfall
- Beachte: Ggf. inkl. Einsatz von Aktivierungsverfahren (Hyperventilation, Photostimulation, Schlafentzug und/oder Schlaf)
Zerebrale Bildgebung [2][28]
- Indikationen
- Methode der Wahl: Kraniale Magnetresonanztomografie (cMRT)
- MRT-Epilepsie-Protokoll (bspw. HARNESS-Protokoll): T2-, FLAIR- und T1-Gewichtung, Schichtdicke max. 1 mm, hochauflösend (1,5 oder 3 Tesla), möglichst dreidimensionale und kontrastreiche Darstellung [29]
- Alternative: Kraniale Computertomografie (cCT)
Medikamentenspiegelbestimmung [2][28]
- Indikationen
- Anfallsrezidiv nach länger bestehender Anfallsfreiheit unter anfallssuppressiver Therapie
- Verdacht auf Medikamentennebenwirkung oder unzureichende Wirksamkeit
- Eindosierung oder Dosisanpassung (Zeitpunkt und Zielbereich abhängig von der Substanz)
- Nieren- oder Leberinsuffizienz
Erweiterte Labordiagnostik / Stoffwechseldiagnostik [2][28]
- Indikationen
- Verdacht auf entzündliche Ursache
- Verdacht auf metabolische Ursache (insb. Kinder) , z.B. bei
- Spezifischem klinischen Bild
- Therapieresistenz
- Untersuchungsmaterial
- Blut: Differenzialblutbild, CRP, Blutzucker, BGA, Elektrolyte, Transaminasen, CK, LDH, Harnsäure, Kreatinin, Ammoniak, Lactat, Pyruvat, Aminoadipinsemialdehyd (AASA), Aminosäuren, Autoantikörper
- Urin: Kreatinin, Ketonkörper, Aminoadipinsemialdehyd (AASA), organische Säuren, Purine und Pyrimidine
- Liquor: Zellzahl, Lactat, Glucose, Eiweiß, Aminoadipinsemialdehyd (AASA), Aminosäuren, Neurotransmitter, Autoantikörper
Genetische Diagnostik [22][30]
- Indikation: Verdacht auf genetische Ursache (insb. Kinder), z.B. bei
- Früh beginnender schwerer Epilepsie
- Fokaler familiärer Epilepsie ohne Hinweis auf strukturelle Ursache
- Komorbiditäten wie bspw. Intelligenzminderung, Autismusspektrumstörung
- Methode der Wahl: Whole Exome Sequencing oder Whole Genome Sequencing [30]
- Alternativen: Panel-Diagnostik, Array-Diagnostik, Einzelgensequenzierung, konventionelle Karyotypisierung
Stoffwechseldiagnostik und genetische Diagnostik sind insb. bei Kindern mit sehr früh beginnender, schwerer und/oder therapierefraktärer Epilepsie indiziert!
Therapie
Dieser Abschnitt bezieht sich auf allgemeine Therapiemöglichkeiten von Epilepsien und Epilepsiesyndromen und bildet eine Auswahl gebräuchlicher Wirkstoffe ab. Spezifische und ggf. davon abweichende Informationen sind bei den einzelnen Epilepsiesyndromen zu finden. Für die Akuttherapie eines epileptischen Anfalls bzw. eines Status epilepticus siehe:
Medikamentöse Anfallssuppression [2][31]
- Indikation: Diagnosekriterien einer Epilepsie erfüllt, siehe: Epilepsie - Definition
- Ziel: Anfallsfreiheit bzw. Anfallskontrolle
- Auswahl gebräuchlicher Wirkstoffe
- Generalisierte Epilepsien und Epilepsiesyndrome
- Idiopathische generalisierte Epilepsiesyndrome: Valproinsäure, Ethosuximid, Lamotrigin, Levetiracetam
- Bei anderen generalisierten Epilepsiesyndromen ggf. abweichende Empfehlungen, siehe: Generalisierte Epilepsiesyndrome
- Fokale Epilepsien und Epilepsiesyndrome
- Erwachsene: Lamotrigin, Lacosamid, Levetiracetam, Eslicarbazepinacetat, Oxcarbazepin (retardiert), Zonisamid
- Kinder und Jugendliche: Sultiam, Carbamazepin, Oxcarbazepin (retardiert), Ethosuximid, Phenobarbital, Levetiracetam
- Bei anderen fokalen Epilepsiesyndromen ggf. abweichende Empfehlungen, siehe: Fokale Epilepsiesyndrome
- Unklassifizierte Epilepsien: Levetiracetam, Lamotrigin, Valproinsäure
- Generalisierte Epilepsien und Epilepsiesyndrome
- Durchführung
- Beginn: I.d.R. als Monotherapie mit langsamer Steigerung der Dosis
- Bei Nebenwirkungen: Substanzwechsel
- Bei Anfallspersistenz: Substanzwechsel oder Kombinationstherapie
- Ende: Abhängig von der Epilepsie und der individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung
- Beginn: I.d.R. als Monotherapie mit langsamer Steigerung der Dosis
Bei V.a. Pharmakoresistenz, d.h. bei Versagen zweier Anfallssuppressiva einzeln oder in Kombination, sollte immer noch mal die Einordnung als Epilepsie mit fokalem Beginn oder als Epilepsie mit generalisiertem Beginn geprüft werden!
Valproinsäure wirkt teratogen und ist bei Schwangeren und Frauen im gebärfähigen Alter ohne sichere Schwangerschaftsverhütung kontraindiziert!
Nicht-medikamentöse Anfallsprophylaxe
Weitere Therapiemöglichkeiten [2][31]
- Indikation: Pharmakoresistente Epilepsie
- Mögliche Optionen
- Epilepsiechirurgie
- Resektiv: Umschriebene Resektion der epileptogenen Hirnläsion, kompletter Hirnlappen (Lobektomie) oder umschriebener Bereiche/Hirnlappen in Verbindung mit einer Kallosotomie (Hemisphärotomie, funktionelle Hemisphärektomie) [32]
- Diskonnektiv: Partielle oder komplette Kallosotomie (Durchtrennung des Corpus callosum )
- Hirnstimulationsverfahren
- Ketogene Diät
- Individuelle Präzisionstherapie
- Gentherapie
- Ionenkanalmodulation
- Epilepsiechirurgie
Individuelle Therapieansätze gewinnen insb. in der Behandlung ätiologiespezifischer (z.B. monogenetischer) Epilepsiesyndrome zunehmend an Bedeutung!
AMBOSS-Pflegewissen: Epilepsie
Die Pflegemaßnahmen bei Epilepsie beziehen sich größtenteils auf Maßnahmen im Falle eines epileptischen Anfalls.
- Siehe auch:
Prävention und Beratung
- Aufklärung über potenziell anfallsauslösende Faktoren
- Patient:in und soziales Umfeld über die Erkrankung informieren und im richtigen Umgang schulen
- Vorsicht sollte bei gefährlichen Sportarten (z.B. Schwimmen, Klettern) bzw. Situationen (z.B. Baden nur in Anwesenheit von anderen Personen) geboten sein
- Auf korrekte Einnahme der Medikamente und regelmäßige Kontrolluntersuchungen hinweisen
- Psychische Unterstützung: Ggf. Selbsthilfegruppen anbieten, psychotherapeutische Behandlung
- Im Falle einer Schwangerschaft: Arzt/Ärztin aufsuchen
- Die Erwerbsfähigkeit kann durch Art und Häufigkeit der Anfälle beeinträchtigt sein
- Die Fahreignung ist i.d.R. von einer ausreichenden Anfallsfreiheit abhängig (siehe auch: Fahreignung bei epileptischem Anfall)
- Ggf. Anfallskalender führen, internationalen Notfallausweis bzw. Notfallkarte ausfüllen, siehe Tipps & Links am Ende des Kapitels: Deutsche Epilepsievereinigung - Anfallskalender, internationaler Notfallausweis und Notfallkarte
Im Kindes- und Jugendalter
- Prävention eines epileptischen Anfalls
- Aufklärung über anfallsauslösende Faktoren
- Eltern sollten über Vorboten aufgeklärt werden, um frühzeitig reagieren zu können
- Auf einen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus achten
- Lehrer:innen und soziales Umfeld sollten über die Erkrankung informiert und im richtigen Umgang geschult werden
- Vorsicht sollte bei gefährlichen Sportarten (z.B. Schwimmen, Klettern) bzw. gefährlichen Situationen geboten sein
- Tipps für Eltern im Akutfall: Siehe auch: Pflegerische Erstmaßnahmen bei epileptischen Anfällen
- Bei anhaltendem epileptischen Anfall oder Aspiration Rettungskräfte alarmieren!
- Ggf. medikamentöse Anfallsunterbrechung
Psychosoziale Aspekte
Allgemein
- Problematik
- Hohe psychosoziale Belastung durch Unvorhersehbarkeit, Kontrollverlust, Einschränkungen im Alltag und ggf. Stigmatisierung
- Erhöhtes Risiko für Unfälle mit Eigen- und Fremdgefährdung
- Ziele
- Reduktion negativer psychosozialer Folgen
- Prävention von Unfällen, gleichzeitig Vermeidung unnötiger Einschränkungen
- Behandlungskonzept
- Interdisziplinäre medizinische Betreuung
- Ausführliche Aufklärung über mögliche Risiken und sinnvolle Verhaltensmaßgaben
- Sozialberatung
- Weiterbildungsangebote und Schulungsprogramme für Betroffene und Angehörige
- Selbsthilfegruppen
Ausbildung und Beruf
- Problematik: Höheres Risiko für Arbeitslosigkeit bei Personen mit Epilepsie
- Mögliche Ursachen: Anfallsaktivität, Komorbiditäten, eingeschränkte Mobilität, Angst vor Unfällen
- Empfohlenes Vorgehen
- Möglichst genaue Anfallsbeschreibung durch Neurolog:in
- Individuelle Gefährdungsbeurteilung durch Beschäftigte aus den Bereichen Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin
- Nach Beurteilung ggf. Anpassung des Tätigkeitsbereiches und Beginn beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen
Für Anhaltspunkte der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zur sachgerechten beruflichen Beurteilung bei Epilepsie siehe: Tipps & Links!
Kinderbetreuung
- Problematik: Erhöhtes Risiko für kindliche Verletzungen durch epileptischen Anfall eines Elternteils
- Empfohlenes Vorgehen
- Individuelle Gefährdungsbeurteilung
- Abhängig von Anfallstyp und -frequenz ggf. Einschränkungen erforderlich (insb. bei Schlafentzug, Aktivitäten außer Haus sowie beim Baden und Tragen des Kindes)
- Ggf. professionelle Hilfe
Sport und Aufenthalt im Wasser
- Problematik
- Erhöhtes Risiko für Unfälle (insb. Ertrinkungsunfälle)
- Zu geringe körperliche Aktivität bei Personen mit Epilepsie
- Mögliche Ursachen
- Unvorhersehbarkeit und Kontrollverlust
- Angst vor Hyperventilation sowie vor Unfällen und Stigmatisierung bei einem Anfall in der Öffentlichkeit
- Empfohlenes Vorgehen
- Individuelle Gefährdungsbeurteilung (analog zur beruflichen Beurteilung der DGUV, siehe: Tipps & Links)
- Ggf. Einschränkungen erforderlich
- Ggf. Verordnung von Rehabilitationssport zur Verbesserung von Ausdauer, Kraft, Koordination und Flexibilität
Reisen
- Problematik: Erhöhtes Risiko für Anfälle durch Medikationsfehler oder äußere Umstände
- Mögliche Ursachen
- Mitnahme von Anfallssuppressiva im Handgepäck ggf. problematisch
- Unregelmäßige Medikamenteneinnahme durch Zeitverschiebung
- Schlafentzug als Trigger
- Ggf. inadäquate Akutbehandlung eines Anfalls während eines Fluges oder am Urlaubsort
- Empfohlenes Vorgehen
- Rechtzeitige Information an Fluggesellschaft (ggf. sogar Meldepflicht )
- Ärztliche Bescheinigung, Informationen zu Erstmaßnahmen und Liste der verordneten Anfallssuppressiva
- Bei relevanter Zeitverschiebung ggf. Anpassung des Medikationsplans
Fahreignung bei Epilepsie
Fahreignung bei Epilepsien gemäß Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung der BASt [33] | ||
---|---|---|
Situation | PKW-Führerschein (Gruppe I) | LKW-Führerschein und Personenbeförderung (Gruppe II) |
Epilepsie (grundsätzlich) |
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Anfallsrezidiv nach langjähriger Anfallsfreiheit mit bestehender Fahreignung |
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Beendigung einer anfallssupprimierenden Therapie bei grundsätzlicher Fahreignung |
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- Für Informationen zur Fahreignung nach einem erstmaligen epileptischen Anfall siehe: Fahreignung nach einem epileptischen Anfall
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Generalisierte Epilepsien im Kindesalter
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
Beachte: Die ICD-10-GM Version 2020 führt nach wie vor diverse Begriffe auf, die gemäß aktueller ILAE Klassifikationen obsolet sind.
- G40.-: Epilepsie
- Exklusive: Anfall o.n.A.(R56.8), Krampfanfall o.n.A. (R56.8), Landau-Kleffner-Syndrom (F80.3), Status epilepticus (G41.‑), Todd-Paralyse (G83.8)
- G40.0-: Lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome mit fokal beginnenden Anfällen
- G40.00: Pseudo-Lennox-Syndrom
- Gutartige atypische Epilepsie
- G40.01: CSWS [Continuous spikes and waves during slow-wave sleep]
- Bioelektrischer Status epilepticus im Schlaf
- ESES [Electrical status epilepticus during slow-wave sleep]
- G40.02: Benigne psychomotorische Epilepsie [terror fits]
- Benigne Partialepilepsie mit affektiver Symptomatik
- G40.08: Sonstige lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome mit fokal beginnenden Anfällen
- Benigne Epilepsie im Säuglingsalter [Watanabe]
- Benigne Epilepsie mit occipitalen Paroxysmen
- Benigne Epilepsie mit zentrotemporalen Spikes [Rolando]
- Benigne Säuglingsepilepsie mit komplex-fokalen Anfällen
- G40.09: Lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome mit fokal beginnenden Anfällen, nicht näher bezeichnet
- G40.00: Pseudo-Lennox-Syndrom
- G40.1: Lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) symptomatische Epilepsie und epileptische Syndrome mit einfachen fokalen Anfällen
- Anfälle ohne Störung des Bewusstseins
- Einfache fokale Anfälle mit Entwicklung zu sekundär generalisierten Anfällen
- G40.2: Lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) symptomatische Epilepsie und epileptische Syndrome mit komplexen fokalen Anfällen
- Anfälle mit Störungen des Bewusstseins, meist mit Automatismen
- Komplexe fokale Anfälle mit Entwicklung zu sekundär generalisierten Anfällen
- G40.3: Generalisierte idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome
- Absencen-Epilepsie des Kindesalters [Pyknolepsie]
- Grand-Mal-Aufwachepilepsie
- Gutartige: myoklonische Epilepsie des Kleinkindalters, Neugeborenenkrämpfe (familiär)
- Juvenile: Absencen-Epilepsie, myoklonische Epilepsie [Impulsiv-Petit-Mal]
- Unspezifische epileptische Anfälle: atonisch, klonisch, myoklonisch, tonisch, tonisch-klonisch
- G40.4: Sonstige generalisierte Epilepsie und epileptische Syndrome
- Blitz-Nick-Salaam-Krämpfe
- Epilepsie mit: myoklonisch-astatischen Anfällen, myoklonischen Absencen
- Frühe myoklonische Enzephalopathie (symptomatisch) Lennox-Syndrom
- West-Syndrom
- G40.5: Spezielle epileptische Syndrome
- Epilepsia partialis continua [Kojewnikow-Syndrom]
- Epileptische Anfälle im Zusammenhang mit: Alkohol, Arzneimittel oder Drogen , hormonellen Veränderungen Schlafentzug, Stress
- G40.6: Grand-Mal-Anfälle, nicht näher bezeichnet (mit oder ohne Petit-Mal)
- G40.7: Petit-Mal-Anfälle, nicht näher bezeichnet, ohne Grand-Mal-Anfälle
- G40.8: Sonstige Epilepsien
- Epilepsien und epileptische Syndrome, unbestimmt, ob fokal oder generalisiert
- G40.9: Epilepsie, nicht näher bezeichnet
- Epileptische: Anfälle o.n.A., Konvulsionen o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.