Grundlagen
- Definition: Lebensbedrohliche Kompression des Herzens aufgrund eines erhöhten intraperikardialen Drucks [1][2][3]
- Therapieprinzipien der AMBOSS-SOP Perikardtamponade
- Bei hämodynamischer Instabilität: Sofortige Entlastung durch ultraschallgestützte Perikardpunktion oder Notfallthorakotomie [1][4]
- Bei hämodynamischer Stabilität: Ggf. verzögerte Entlastung innerhalb von 12–48 h, um optimale Bedingungen zu schaffen [2]
- Nach Stabilisierung: Möglichst gezielte Behandlung der Ursache des Perikardergusses
Bei hämodynamischer Beeinträchtigung ist eine schnellstmögliche Entlastung erforderlich!
Ein Spannungspneumothorax kann sehr ähnliche Symptome wie eine Perikardtamponade verursachen!
Initiales Vorgehen
Akutmaßnahmen
- Bei Kreislaufstillstand
- Reanimationsmaßnahmen einleiten
- Siehe auch: Advanced Life Support
- Umgehende Perikardentlastung
- Notfallmäßige Perikardpunktion
- Notfallthorakotomie: Insb. bei traumatischer Perikardtamponade (Hämatoperikard) [4]
- Notfall-Resternotomie: Bei postoperativer Perikardtamponade nach Herzchirurgie [4]
- Reanimationsmaßnahmen einleiten
- Monitoring: Herzfrequenz, EKG, Atmung, spO2 , Blutdruck, Urinproduktion
- Venöser Zugang und Blutabnahme
- Supportive Maßnahmen
- Vorsichtige Volumengabe: Zum Ausgleich einer Hypovolämie erwägen (zunächst geringe Volumengabe unter Monitoring) [2][5][6]
- Medikamentöse Kreislaufunterstützung: Dobutamin oder/und Noradrenalin erwägen [7]
- Sauerstoffgabe: Ziel: SpO2 >92% [8]
- Beatmung: Mechanische Beatmung vermeiden [2][3]
- Diuretika und Vasodilatatoren vermeiden [3]
Anamnese und Untersuchung
- Typische Symptome [2]
- Brustschmerz
- Dyspnoe
- Abgeschlagenheit
- Schwitzen, Unruhe, Todesangst
- Inspektion
- Auskultation des Herzens: Abgeschwächte Herztöne („leises Herz“)
- Vitalparameter
- Symptome des reduzierten Herzzeitvolumens
Weiteres Prozedere
- Akutdiagnostik, v.a. Echokardiografie
- Bei hämodynamisch relevantem Erguss: Entlastung (Punktion, in Ausnahmefällen operativ)
- Siehe: Perikardpunktion im Notfall
- Ursachenabklärung und Differenzialdiagnostik
Diagnostik
Die notfallmäßige Entlastung einer Perikardtamponade bei hämodynamischer Beeinträchtigung sollte nicht durch (verzichtbare) Diagnostik verzögert werden!
Echokardiografie [10] [11]
- Bedeutung
- Methode der 1. Wahl
- Diagnostisches Verfahren mit der höchsten Sensitivität
- Sonografische Führung bei Ergusspunktion
- Durchführung
- I.d.R. transthorakal
- Initiale Beurteilung mit subxiphoidalem Vierkammerblick [12]
- Selten transösophageal [7]
- Siehe auch: Kardiologische Notfallsonografie (E-Fast)
- I.d.R. transthorakal
- Interpretation
- Nachweis des Ergusses: Echofreie Zone zwischen Perikard und Epikard
- Charakterisierung des Ergusses: Volumen, Lokalisation und Zusammensetzung
- Beurteilung der hämodynamischen Relevanz: Tamponierungszeichen
- Für Details siehe auch: Echokardiografische Zeichen der Perikardtamponade
Invasive Kreislaufdiagnostik
- Bei schwerem Verlauf im Rahmen der intensivmedizinischen Überwachung
- ZVD-Erhöhung
- Erniedrigte zentralvenöse Sättigung
- Invasive Blutdruckmessung
- Bei vorhandenem Pulmonalarterienkatheter: Angleichung des rechtsatrialen Drucks und PCWP [8]
Weiterführende Diagnostik
Siehe auch: Diagnostik des Perikardergusses
Therapie
Perikardpunktion im Notfall [1][10][13]
- Vorteile: Rasch anwendbare , schnelle Intervention [14]
- Kontraindikationen
- Ventrikelruptur nach Myokardinfarkt oder Aortendissektion
- Keine Kontraindikationen bei Perikardtamponade und drohendem kardiogenen Schock
- Relative Kontraindikation: Gerinnungsstörung
- Durchführung [15]
- Setting: Wenn zeitlich möglich im Herzkatheterlabor unter Monitoring und Lokalanästhesie
- Orientierung: Wenn möglich echokardiografisch , mit Röntgendurchleuchtung oder CT-gesteuert , als Ultima Ratio blind
- Klassischer Zugangsweg: Punktion von subxiphoidal in einem Winkel 30° in Richtung der Mitte der linken Clavicula unter kontinuierlicher Aspiration [1]
- Materialasservierung für Diagnostik, siehe auch: Diagnostische Perikardpunktion
- Im Anschluss Anlage einer Drainage in Seldinger-Technik für 1–3 Tage [1][2]
- Postinterventionelle Röntgen-Kontrolle zum Ausschluss eines Pneumothorax
- Komplikationen: Hohe Rate (5–10%) teils schwerwiegender Komplikationen , bspw
- Verletzung von Koronararterien oder Myokard
- Herzrhythmusstörungen
- Verletzung von Lungenparenchym
- Pneumothorax
- Leberverletzung
Operative Therapie [10][13]
- Indikationen: Wenn durch Punktion keine suffiziente Stabilisierung zu erwarten ist , insb. bei
- Iatrogenem/postoperativem Hämoperikard
- Schwerem Thoraxtrauma
- Postoperativem/iatrogenem Erguss
- Ventrikelruptur (insb. nach Myokardinfarkt)
- Aortendissektion
- Zugang: Je nach Befund
- Notfallthorakotomie: Subxiphoidaler oder links-anteriorer Zugang [4][14]
- Resternotomie/Rethorakotomie
- Verfahren: Offen-chirurgische Blutstillung/Nahtversorgung
- Beschreibung: Individuelles Vorgehen mit Absaugung des Ergusses, Defektversorgung und ggf. Drainageeinlage
Ätiologie
Ätiologie der Perikardtamponade [10][12] | |||
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Kategorie | Mögliche Diagnosen | Diagnostische Hinweise | Therapeutische Besonderheiten |
Akute Perikardtamponade | |||
Traumatisch |
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Iatrogen |
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Ventrikelruptur nach Myokardinfarkt |
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Aortendissektion |
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Subakute Perikardtamponade | |||
Maligne |
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Infektiös |
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Idiopathisch |
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Seltene Ursachen |
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Differenzialdiagnostik
Differenzialdiagnostik der Perikardtamponade | ||||
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Kategorie | Mögliche Diagnosen | Überschneidung mit Perikardtamponade | Diagnostische Hinweise | Therapie |
Obstruktiver Schock | Spannungspneumothorax |
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Lungenarterienembolie |
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Systemisch | Schwere Hypovolämie [2] |
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Kardial | Pericarditis constrictiva [17] |
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Rechtsherzversagen anderer Genese, z.B. Myokardinfarkt [18] |
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Restriktive Kardiomyopathie [12] |
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Pulmonal | Ausgedehnter Pleuraerguss [7] |
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Schwerer Asthmaanfall, exazerbierte COPD [3][7] |
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