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Elektrolytstörungen Natrium

Letzte Aktualisierung: 5.2.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Pathologische Serumnatriumkonzentrationen beruhen meist auf einer Veränderung des Wasserhaushaltes und sind somit Resultat einer Konzentrierung oder Verdünnung. Hierbei spielen vor allem Mechanismen der ADH-Resistenz (Wasserverlust) und ADH-Überaktivität (Wasserretention) eine entscheidende Rolle. Seltener liegen tatsächliche Natriumverluste (Diuretika, Diarrhö, Erbrechen) oder Natriumbelastungen (vermehrte Zufuhr) zugrunde. Die Hyponatriämie ist die häufigste Elektrolytstörung, weshalb das Verständnis ihrer Pathophysiologie und Therapie besonders wichtig ist. Neben der kausalen Therapie ist auf einen vorsichtigen Ausgleich zu achten, da es durch osmotische Effekte zum Zelluntergang kommen kann. Besonders gefürchtet ist die pontine Myelinolyse bei zu raschem Ausgleich einer Hyponatriämie.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Hyponatriämie = Serumkonzentration <135 mmol/L
  • Hypernatriämie = Serumkonzentration >145 mmol/L

(Durchschnittswerte für Erwachsene)

Weitere Definitionen der Hyponatriämie

  • Nach Serumnatrium
    • Mild: 135–130 mmol/L
    • Moderat: 129–125 mmol/L
    • Schwer: <125 mmol/L
  • Nach zeitlicher Dynamik des Auftretens
    • Akute Hyponatriämie: Innerhalb der letzten 48 h entstanden und entsprechend durch datierte Laborbefunde dokumentiert
    • Chronische Hyponatriämie: Seit >48 h bestehend
  • Nach Symptomen
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Ätiologietoggle arrow icon

Die Angaben zum Volumenstatus beziehen sich auf das Gesamtkörperwasser, nicht auf das intravasale Volumen.

Hyponatriämie

Eine Hyponatriämie ist in den allermeisten Fällen auf einen Überschuss an Wasser im Körper zurückzuführen, nicht auf eine verminderte Natriummenge!

Akut einsetzende Hyponatriämie

In diesen Konstellationen wird eine Hyponatriämie als Notfall wesentlich wahrscheinlicher!

Hypernatriämie

Risikogruppen für Hypernatriämien sind insb. Patienten mit eingeschränkter Durstwahrnehmung (Ältere, Menschen mit Intelligenzminderung bzw. „geistiger Behinderung“) und/oder dem Unvermögen eigenständiger Wasseraufnahme (Pflegebedürftige, intubierte Patienten auf Intensivstation, Kinder)!

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Natrium und Osmolarität

Das ZNS reagiert am empfindlichsten auf diese Formen der Flüssigkeitsverschiebung, insbesondere bei schnellen Veränderungen der Osmolarität durch pathologische oder therapeutische Ursachen!

Serumosmolarität

  • Gemessene Serumosmolarität: Normal bei 285–295 mosmol/L
  • Berechnete Serumosmolarität (S-osm): Berechnung unter Zuhilfenahme der Serumkonzentrationen von Natrium, Harnstoff und Glucose
    • Formel: S-osm = 2 × Serumnatrium + Serumharnstoff + Serumglucose (Konzentrationen in mmol/L)
    • Rechenbeispiel: Patient mit Serumnatrium 115 mmol/L, Serumharnstoff 7 mmol/L und Serumglucose 5 mmol/L
      • 2 × 115 + 7 + 5 = 242 mosmol/L
  • Osmotische Lücke: Differenz zwischen berechneter (242 mosmol/L) und gemessener Serumosmolarität
    • Rechenbeispiel: Bei gemessener Serumosmolarität von 235 mosmol/L
      • 242 mosmol/L ‑ 235 mosmol/L = 7 mosmol/L
    • Interpretation: Normal bis ≤10 mosmol/L, bei höheren Werten liegt eine hypertone Hyponatriämie vor!
  • Bei Hyperglykämie: Korrigiertes Serumnatrium berechnen!

Physiologische Stellgrößen für Volumen und Osmolarität

Formeln und Größen zur Therapie von Störungen des Natriumhaushalts

  • Gesamtkörperwasser (GKW): Näherungswert für die Summe des intra- und extrazellulären Wassers im Körper gemessen am Körpergewicht, geschlechts- und altersabhängig
    • Männer mittleren Alters (bis ≈ 60–65 J.): 60% des KG
    • Männer höheren Alters (>65–70 J.): 50% des KG
    • Frauen mittleren Alters (bis ≈ 60–65 J.): 50% des KG
    • Frauen höheren Alters (>65–70 J.): 45% des KG
    • Kinder: 60–75% des KG
    • Säuglinge: Bis zu 80% des KG

Natriumeffekt von Infusionslösungen

Nach dem Elektrolytgehalt von Infusionslösungen kann der zu erwartende Effekt auf das Serumnatrium abgeschätzt werden .

Infusionslösung Elektrolytkonzentration in mmol/L Verteilung der Infusionslösung im intra-/extrazellulären Raum
NaCl 0,9%
  • Na+: 154
  • K+: 0
NaCl 0,45%
  • Na+: 77
  • K+: 0
NaCl 3%
  • Na+: 513
  • K+: 0
Glucose 5% (G-5)
  • 0 (elektrolytfrei)
Ringer-Lactat-Lösung
  • Na+: 130
  • K+: 5
  • Formel zur Berechnung des Natriumeffektes: ΔNa+Serum= (Na+Infusion + K+Infusion - Na+Serum) ÷ (GKW + 1)
    • Aussagekraft: Erlaubt eine Abschätzung, um wieviel mmol/L das Serumnatrium ansteigt, wenn 1 L der zugrundegelegten Infusionslösung gegeben wird
    • Rechenbeispiel: 40 Jahre alte Patientin mit 60 kg KG, Serumnatrium 115 mmol/L, Berechnung für die Infusionslösung NaCl 3%
      • Gesamtkörperwasser: GKW = 60 × 0,5 = 30
      • Einsetzen in die Formel: ΔNa+Serum = (513 + 0 - 115 ) ÷ (30 +1) → 398 ÷ 31 = 12,83 (mmol/L)
      • Ergebnis: Die Infusion von 1 L NaCl 3% würde bei dieser Patientin das Serumnatrium um etwa 13 mmol/L anheben (zu schnell!)
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Symptomatiktoggle arrow icon

  • Hypo- und Hypernatriämie äußern sich beide(!) in zahlreichen neurologischen Symptomen, wobei leichte Formen durchaus asymptomatisch bzw. subklinisch verlaufen können
  • Milde „asymptomatische“ Hyponatriämie [1]: Ab Werten um 125 mmol/L können insb. bei älteren Patienten mit chronischen Hyponatriämien häufig fehlgedeutete unspezifische Beschwerden auftreten
    • Vermehrte Sturzneigung bei Gangunsicherheit
    • Kognitive Defizite (z.B. Verschlechterung im MMST)
  • Symptome der zugrundeliegenden Erkrankung

Schwere Hypernatriämien sind seltener als schwere Hyponatriämien, haben jedoch eine deutlich höhere Letalität (>50% bei Natriumkonzentrationen von >160 mmol/L)!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese und körperliche Untersuchung

Blutuntersuchung

Die Bestimmung des ADH bei Hyponatriämie ist in aller Regel nicht sinnvoll!

Urinuntersuchung

Zur Untersuchung des Urins sollte nach Möglichkeit der initiale Urin bei Vorstellung des Patienten in der Notaufnahme verwendet werden, bevor therapeutische Maßnahmen erfolgt sind!

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Therapietoggle arrow icon

Allgemeine Hinweise

  • Serumnatriumwerte <120 mmol/L oder >160 mmol/L bzw. jede schwer symptomatische Form einer natriumbezogenen Elektrolytstörung bedürfen einer intensivmedizinischen Behandlung!
    • Vorsichtiger Ausgleich
      • In den ersten Stunden: Steigerung/Senkung des Serumnatriums um maximal 1 mmol/L stündlich – in den allermeisten Fällen besteht keine Dringlichkeit zu einer derart schnellen Korrektur (siehe: Hyponatriämie als Notfall)
      • In den folgenden Tagen: Bis zum Erreichen eines Serumnatriums von 130 mmol/L (Hyponatriämie) bzw. 150 mmol/L (Hypernatriämie) sehr vorsichtige Steigerung/Senkung des Serumnatriums um max. 6–8 mmol/L je 24 Stunden
    • Hohes Komplikationspotenzial
    • Kausale Therapie anstreben: Ätiologische Zuordnung der vorliegenden Elektrolytstörung und Einleitung entsprechender Gegenmaßnahmen, z.B. Absetzen der auslösenden Medikation (siehe auch: Elektrolytstörungen Natrium - Ätiologie)

Überkorrekturen des Serumnatriums sind insb. bei Hyponatriämie zu fürchten und unbedingt zu limitieren!

Therapie der Hyponatriämie [2]

Verfolgen kausaler Therapieansätze

Hyponatriämie als Notfall

  • Hyponatriämie mit schwerer Symptomatik: (Sehr) vorsichtige Gabe von hypertoner Kochsalzlösung (NaCl 3%) unter sehr engmaschigen Kontrollen
    • Indikation: Niemals leichtfertig geben, nur bei akut aufgetretenen und schwer symptomatischen Patienten (z.B. bei nicht sistierenden Serien von epileptischen Anfällen), i.d.R. sind dies Fälle mit Serumnatriumwerten ≤110 mmol/L
    • NaCl 3%: Herstellung von 100 mL NaCl 3% durch Mischung von 30 mL NaCl 10% und 70 mL Aqua dest.; eine Vorratslagerung kann sinnvoll sein
    • Dosierung: Als kleinvolumige Standardinfusion bzw. in mL/kgKG
    • Ziele
      • Anhebung des Serumnatriums um max. 5 mmol/L in den ersten 1–5 h (1 mmol/L stündlich)
      • Serumnatrium nur so wenig anheben wie nötig, um die schwere Symptomatik zu bessern; bei ausbleibender Besserung nicht weiter in diesem Tempo anheben
    • Serumnatrium-Kontrollen: Halbstündlich in Stunde 1, im Verlauf mind. stündliche Kontrollen solange hypertone Kochsalzlösung gegeben wird
    • Weiterbehandlung

Hypertone Kochsalzlösung ist selten notwendig und sollte nur nach Rücksprache und ggf. persönlicher Anleitung eines in der Intensivmedizin erfahrenen Arztes gegeben werden. Die therapeutische Breite ist sehr gering!

Therapie der Hypernatriämie

Grundsätzlich sollte eine Hypernatriämie langsam ausgeglichen werden, da durch osmotische Effekte ein Zelluntergang droht!

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Komplikationentoggle arrow icon

Osmotische Myelinolyse

Die Symptomatik der pontinen Myelinolyse beginnt erst Tage nach Ausgleich der Hyponatriämie!

Hirnödem bei Ausgleich einer Hypernatriämie

  • Pathophysiologie
  • Prävention
    • Langsame Korrektur des Serumnatriums bei langsam entwickelter Hypernatriämie (max. 0,5 mmol/L stündlich)
    • Initial stündliche Kontrollen der Natriumkonzentration im Serum
  • Ausnahme: Die hochakute Entstehung einer Natriumwert-Entgleisung erfordert einen schnellen Ausgleich, da sonst die genannten Komplikationen drohen

Eine plötzlich auftretende neurologische Symptomatik muss dann an ein Hirnödem denken lassen!

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Elektrolytstörungen Natrium

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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