Zusammenfassung
Beim akuten arteriellen Extremitätenverschluss kommt es durch eine Embolie (häufig aufgrund von Vorhofflimmern) oder eine arterielle Thrombose zu einer Ischämie im Versorgungsgebiet der betroffenen Arterie. In den allermeisten Fällen tritt der akute Extremitätenverschluss im Bereich der unteren Extremität auf. Klinisch stellt sich die Extremität schmerzhaft, blass und kalt dar. In der Akutphase erfolgt eine Heparinisierung, die Extremitätentieflagerung sowie eine Analgesie. Zur Diagnosestellung und Festlegung des weiteren Vorgehens sind Duplex- bzw. Doppler-Sonografie sowie Angiografie Methoden der ersten Wahl. Die Therapie sollte in einem gefäßchirurgischen Zentrum erfolgen, wobei die Revaskularisation interventionell oder operativ erzielt werden kann. Bei fortgeschrittenen Befunden kann als Ultima Ratio eine Amputation notwendig sein.
Definition
Ätiologie
Embolien [1][3]
- Häufigkeit: Ca. 70–80% der akuten arteriellen Extremitätenverschlüsse
- Ursache
- Am häufigsten kardial (ca. 80% der Embolien)
- Insb. Vorhofflimmern (Embolus aus linkem Vorhof)
- Weitere: Klappenvitien, Herzwandaneurysma, Endokarditis , Myokardinfarkt usw.
- Nicht-kardial (ca. 20% der Embolien), u.a.
- Atherosklerose
- Arterielle Aneurysmen (bspw. Aortenaneurysma , Popliteaaneurysma )
- Luft-, Fremdkörper-, Tumor- oder Fettembolien
- Traumatische Embolien
- Am häufigsten kardial (ca. 80% der Embolien)
- Lokalisation: Insb. an Engstellen und Gefäßbifurkationen
- Überwiegend femoropopliteale Arterien
- Weitere: A. brachialis , Aorta abdominalis , A. iliaca
Arterielle Thrombose [1][3]
- Häufigkeit: Ca. 20–30% der akuten arteriellen Extremitätenverschlüsse
- Ursache
- Vorgeschädigte Gefäße: Häufigste Ursache
- Arteriosklerose (pAVK)
- Postoperativ nach Bypass-Operation oder Patch-Plastik eines Gefäßes
- Gefäßstents
- Aneurysmen
- Traumatische Gefäßwandschäden
- Zustände mit erhöhtem Thromboserisiko
- Vorgeschädigte Gefäße: Häufigste Ursache
- Lokalisation: Insb. an Prädilektionsstellen der pAVK
Pathophysiologie
- Folgen der Ischämie [4][5]
- Reaktiver Vasospasmus distal des Verschlusses → Anschließende Vasodilatation → Abnahme des postokklusiven Perfusionsdrucks → Ggf. unzureichende Kapillardurchblutung
-
Hypoxie
- Schädigung von Neuronen → Berührungsempfinden↓ , Druck- und Temperaturempfinden↓ → Sensibilitätsverlust und Paralyse
- Gestörte zelluläre Homöostase → Ödembildung, Bildung freier Sauerstoffradikale
- Anreicherung von (toxischen) Metaboliten durch mangelnden Abtransport → Endothelschäden, gestörte Mikrozirkulation, Nekrosen
- Gestörte Fibrinolyse (insb. bei länger anhaltender, kompletter Ischämie) → Erhöhte lokale Thrombusneigung
- Folgen der Reperfusion [4]
- Bildung freier Sauerstoffradikale durch frisch einströmenden Sauerstoff
- Weiteres siehe: Reperfusionssyndrom
- Ischämietoleranz: Bei Überschreiten irreversible Gewebeschädigung [2]
- Haut: 12 Stunden
- Muskulatur: 6–8 Stunden
- Nervengewebe: 2–4 Stunden
Symptomatik
- Arterieller Gefäßverschluss mit kompletter Ischämie [2][6][7]
- Symptomatik: 6 „P“
- Pain (Schmerz)
- Paleness (Blässe)
- Pulselessness (Pulslosigkeit)
- Paralysis (Bewegungsstörung)
- Paresthesia (Sensibilitätsstörung)
- Perishingly cold / Prostration (Schock) [8][9]
- Verlauf: Meist akuter Beginn
- Begleiterkrankungen: I.d.R kardiale Grunderkrankung
- Symptomatik: 6 „P“
- Arterieller Gefäßverschluss mit inkompletter Ischämie [5]
- Symptomatik: Erhalt der Motorik bei allenfalls minimalen Sensibilitätsstörungen und weiteren Symptomen des Gefäßverschlusses mit kompletter Ischämie in geringerer Ausprägung
- Verlauf: Typischerweise subakut
- Begleiterkrankungen: Typischerweise pAVK
- Sonderform (akutes) Leriche-Syndrom: Beidseitige Symptome, zusätzlich Potenzstörung
Das Ausmaß der Symptomatik hängt von Art und Ort des Verschlusses und evtl. Kollateralkreisläufen ab: Bei begleitender pAVK ist der Verlauf aufgrund häufig bestehender Kollateralkreisläufe typischerweise subakut und der Verschluss durch eine lokale Thrombose bedingt, embolische Gefäßverschlüsse sind meist Folge einer kardialen Grunderkrankung und verlaufen häufig akut und unmittelbar gefährdend! [2]
Stadien
Stadien der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford [2][5][7]
Bei Stadium I und IIa liegt eine inkomplette Ischämie, ab Stadium IIb eine komplette Ischämie vor.
Stadien der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford | ||||||
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Stadium | Sensibilität | Motorik | Doppler-Signal | Prognose und Therapie | ||
Arteriell | Venös | |||||
I |
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II | a |
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b |
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III |
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Insb. Einschränkungen der Motorik und/oder der Sensibilität sind entscheidende Parameter, um die Bedrohung der Extremität zu beurteilen! Ein beginnender Sensibilitätsverlust ist häufig das erste Zeichen für eine akute vitale Gefährdung der Extremität!
Die Stadien der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford sind nicht zu verwechseln mit den Stadien der pAVK nach Rutherford und den Stadien der pAVK nach Fontaine!
Diagnostik
Anamnese [2][5]
- Beginn/Verlauf der ischämischen Beschwerden
- Vorerkrankungen, insb.
- pAVK
- Herzerkrankungen wie z.B. Vorhofflimmern
- Medikamenteneinnahme (insb. Antikoagulation und Thrombozytenaggregationshemmer)
- Voroperationen und Gefäßpunktionen (bspw. Herzkatheter, intraarterielle Gefäßinjektionen)
- Allergien (insb. Heparin, Kontrastmittel)
Ein akuter Beginn der Beschwerden sowie eine kardiale Grunderkrankung (insb. Vorhofflimmern) sind wegweisend für eine arterielle Embolie!
Körperliche Untersuchung
- Inspektion
- Hautfarbe: Typischerweise livide Verfärbung der betroffenen Extremität
- Narben: Als Hinweis auf relevante Voroperationen
- Palpation
- Pulsstatus beidseits: Zur Detektion von fehlenden Pulsen, Pulsdefiziten oder Pulsarrhythmien
- Temperatur: Typischerweise kalte Extremität
- Neurologische Beurteilung
- Untersuchen von Muskeltonus, Muskelkraft und Sensibilität
- Siehe auch: Neurologische Untersuchung - Motorik und Neurologische Untersuchung - Sensibilität
- Auskultation
- Herzgeräusche
- Arterielle Strömungsgeräusche
- Klinische Einordnung: Siehe Stadien der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford
Pulsstatus bei akutem arteriellen Gefäßverschluss [2][7]
Pulsstatus bei akutem arteriellen Verschluss | |
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Hinweis auf | |
Absolute Arrhythmie | Kardiale Thromboembolie |
Einseitiges Pulsdefizit, erhaltener kontralateraler Puls | Thromboembolie, Bypass-Verschluss, thrombosiertes Poplitea-Aneurysma |
Fehlende Knöchelpulse | Arterielle Thrombose |
Beidseits fehlende Extremitätenpulse | pAVK |
Das Erheben des beidseitigen Pulsstatus kann wegweisend für die Ursache des Gefäßverschlusses sein! [7]
Doppler-Sonografie mit Doppler-Verschlussdruckmessung und Farbduplexsonografie
- Indikation
- Methode der ersten Wahl zur Diagnosesicherung
- Dient in Zusammenschau mit den Ergebnissen der klinischen Untersuchung der Einteilung in Stadien der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford
- Konsequenz: Abhängig von Stadieneinteilung
- Inkomplette Ischämie (Stadium I und IIa): Angiografie zur weiteren Diagnostik
- Komplette Ischämie (Stadium IIb und III): Sofortige Revaskularisation (bzw. Amputation)
Die Durchführung einer Angiografie im Anschluss an die Doppler- und Farbduplexsonografie hängt vom Ischämiegrad ab: Bei inkompletter Ischämie sollte sie erfolgen, bei kompletter (Stadium IIb und III) ist hingegen eine sofortige Intervention bzw. Operation nötig! [7]
Angiografie [5]
- Indikation
- Inkomplette Ischämie (Stadium I und IIa): Unmittelbar indiziert
- Komplette Ischämie (Stadium IIb und III): Erst nach Revaskularisation indiziert
- Siehe auch: Stadien der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford
- Methode
- Befund: Abbrechen der Kontrastmittelsäule
- Bei embolischen Verschlüssen: Kuppelphänomen , meist keine Kollateralkreisläufe
- Bei thrombotischen Verschlüssen: Häufig bestehende Kollateralkreisläufe
Abklärung der Embolie-/Thrombosequelle
- Für Informationen zur Abklärung der Embolie-/Thrombosequelle siehe: Ursachenabklärung bei akutem arteriellen Extremitätenverschluss
Therapie
Akutmanagement
- Medikation
- Antikoagulation mit Heparin [5]
- Initial: Heparin i.v. (Bolus)
- Anschließend: Heparin i.v. (kontinuierlich)
- PTT-Kontrollen alle 6 h
- Ziel: 2- bis 3-fache Verlängerung der PTT
- Für Informationen zur Therapiesteuerung siehe auch: Therapeutische Antikoagulation - Unfraktioniertes Heparin
- CAVE: Möglichkeit einer Heparin-induzierten Thrombozytopenie ist gegeben!
- Analgesie: Opioid i.v., z.B.
- Piritramid oder
- Morphin
- Weitere siehe auch: Akutschmerztherapie in der Notaufnahme
- Antikoagulation mit Heparin [5]
- Lagerung
- Extremitätentieflagerung und Wattepolsterung
- Keine Wärme- oder Kälteapplikation
- Gabe von Sauerstoff
- Monitoring der Vitalparameter
- Sofortige Klinikeinweisung (Gefäßzentrum)
Bei klinischem V.a. eine komplette Ischämie sollte die Therapie idealerweise in einem Gefäßzentrum erfolgen!
Intramuskuläre Injektionen sind bei V.a. einen akuten Extremitätenverschluss kontraindiziert, um eine potenzielle Lysetherapie zu ermöglichen!
Klinisches Management: Algorithmus bei akutem arteriellen Gefäßverschluss
- Zügige diagnostische Abklärung
- Anamnese, körperliche Untersuchung
- Doppler- und Farbduplexsonografie mit Verschlussdruckmessung
- Anschließendes Prozedere: Abhängig vom Stadium der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford
- Inkomplette Ischämie (Stadium I und IIa): Angiografie, anschließend Revaskularisation
- Komplette Ischämie (Stadium IIb und III): Sofortige Revaskularisation, in Stadium III oftmals Amputation
Das Stadium der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford diktiert das therapeutische Vorgehen: Bei kompletter Ischämie muss sofort behandelt werden (interventionell oder operativ)! [7]
Therapieverfahren
Bei allen hier genannten Verfahren ist zunächst die Fortführung der perfusorgesteuerten Heparinisierung erforderlich.
- Wahl des Therapieverfahrens: Abwägung zwischen operativen und interventionellen Verfahren, insb. abhängig von [5][7][10]
- Expertise des Personals
- Infrastruktur vor Ort und schneller Verfügbarkeit
- Bevorzugen einer operativen Versorgung bei [7]
- Fehlendem Leistenpuls , bspw. bei
- Beidseitigem Verschluss der A. iliaca communis
- Verschluss der A. femoralis communis
- Verschluss in unmittelbarer Nähe der A. femoralis communis
-
Langstreckigen Verschlüssen, bspw. bei
- Verschlüssen der Trifurkation bei gleichzeitigem langstreckigen Verschluss der A. femoralis superficialis und A. poplitea
- Vorhandensein eines möglichen Anschlusssegmentes für einen Bypass bei langstreckigen Verschlüssen der A. poplitea, der Trifurkation und aller Unterschenkelarterien
- Bereits eingeschränkter Nierenfunktion
- Gelenküberschreitenden Verschlüssen
- Fehlendem Leistenpuls , bspw. bei
Akuter arterieller Extremitätenverschluss - Operative Revaskularisation [2][5][10]
- Katheterembolektomie nach Fogarty
- Offene Thrombektomie
- Thrombendarteriektomie (TEA) mit Patch-Plastik, siehe auch: Thrombendarteriektomie peripherer Gefäße
- Bypassanlage: Zur Überbrückung des Verschlusses siehe auch: Bypass-Operation (periphere Gefäße)
Akuter arterieller Extremitätenverschluss - Interventionelle Revaskularisation [2][10]
- Lokale Thrombolyse (mittels Streptokinase, Urokinase oder rt-PA) , ggf. in Kombination mit mechanischer Thrombektomie (pharmakomechanische Thrombolyse)
- Als lokale Infusionsthrombolyse: Einführen eines intraarteriellen Katheters vor den Thrombus und kontinuierliche Applikation eines Fibrinolytikums oder
- Als lokale Infiltrationsthrombolyse: Einführen eines intraarteriellen Katheters in den Thrombus und intermittierende bolusartige Applikation eines Fibrinolytikums
- CAVE: Es besteht Verwechslungsgefahr der beiden Katheterschenkel lokal zur Lyse vs. zentral zur Heparinisierung!
- Mechanische Thrombektomie, ggf. in Kombination mit lokaler Thrombolyse (pharmakomechanische Thrombolyse), bspw.
- Aspirationsthrombektomie: Absaugen des Thrombusmaterials über einen Katheter
- Rotationsthrombektomie: Zerteilung des Thrombus mit rotierendem Katheteraufsatz und gleichzeitiges Absaugen des Thrombusmaterials über den Katheter
- Perkutane transluminale Angioplastie (PTA)
- Häufig in Kombination mit Stent-Implantation
- Als zusätzliches Verfahren nach kompletter Lyse bzw. pharmakomechanischer Entfernung des Thrombus i.d.R. erforderlich
Akuter arterieller Extremitätenverschluss - Amputation
- Ultima Ratio
- Häufig bei Stadium III der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford notwendig
Akuter arterieller Extremitätenverschluss - Konservative Therapie
- Indikation: Nur in Ausnahmefällen, bspw. bei Ablehnung einer Operation/Intervention
- Durchführung: Immer Einzelfallentscheidung, da diese Therapieoption von Leitlinienempfehlung abweicht
- Analgesie: Analog zur Gabe im postoperativen Setting, siehe: Beispielalgorithmus für die Schmerztherapie auf Station
- Off-Label Use: Prostaglandin-Therapie i.v., bspw. mit Prostaglandin E1 wie Prostavasin®
- Ggf. Erwägung einer antibiotischen Therapie
Präoperatives/präinterventionelles Management
Bei den folgenden Angaben sind klinikeigene Standards und die Dringlichkeit der Therapie zu beachten. Im Notfallsetting muss hiervon abgewichen werden. Für allgemeine Informationen siehe auch: Perioperatives Management. [5][7]
Diagnostik
Labor [5]
- Blutbild
- Elektrolyte
- Nierenretentionsparameter, insb. Kreatinin
- Schilddrüsenwerte
- Blutzucker
- Lactat
- Gerinnung: Quick, PTT
- Blutgruppe, je nach geplantem Eingriff ggf. Bereitstellung von Blutprodukten
- BGA
- CK
- Siehe auch: Präoperative Laboruntersuchungen
Umgang mit relevanter Vormedikation
Im Folgenden werden besonders relevante Vormedikationen aufgeführt. Für Informationen zu weiteren Substanzen siehe: Perioperativer Umgang mit Vormedikation.
- Thrombozytenaggregationshemmer [7](siehe auch: Perioperatives Management bei Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern)
- Monotherapie mit ASS: Fortführen
-
Duale Plättchenhemmung
- Im Notfall: Fortführung der Medikation und Therapie evtl. Blutungskomplikationen (insb. mit Thrombozytenkonzentraten)
- Bei geplantem operativen Eingriff: Tendenziell Absetzen von Clopidogrel ca. 5–7 Tage präoperativ unter Abwägung des Thrombose- vs. Blutungsrisikos
- Antikoagulantien (siehe auch: Perioperatives Management bei bestehender Antikoagulation)
- Im Notfall: Antagonisierung erwägen
- Bei geplantem operativen Eingriff: Absetzen erwägen unter Fortführung der Heparintherapie
- Weitere Vormedikation (siehe auch: Perioperativer Umgang mit Vormedikation)
- Im Notfall: Bei nicht möglichem Absetzen ist postinterventionell ggf. eine entsprechende Nachbeobachtung erforderlich
- Bei geplantem operativen Eingriff: Empfehlungen beachten
Vorgehen bei Kontrastmittelgabe
- Generell: So wenig Kontrastmittel wie möglich geben
- Prävention einer Kontrastmittel-Nephropathie (siehe: Kontrastmittel-Nephropathie)
- Prävention einer Hyperthyreose (siehe: Prophylaxe einer Hyperthyreose vor Gabe iodhaltiger Kontrastmittel)
- Metformin pausieren
-
Prävention einer allergischen Reaktion : Klinikinterne, vom Folgenden ggf. abweichende Standards sind unbedingt zu beachten! [11][12]
- Indikation: Bei erhöhtem Risiko für eine allergische Reaktion
- Medikamentöse Prävention im Notfallsetting
- Milde Allergie: Gabe von H1- und H2-Antagonisten 30 min vor Kontrastmittelgabe erwägen: Clemastin in Kombination mit Cimetidin
- Moderate Allergie: Ggf. in Ergänzung um Glucocorticoide 30 min vor Kontrastmittelgabe
- Medikamentöse Prävention im elektiven Setting: Zusätzlich zur Gabe im Notfallsetting
- Gabe von Glucocorticoiden 12 h und 2 h vor Kontrastmittelgabe
- Verwendung nicht-ionischer Kontrastmittel
- Überwachung 30 min nach Kontrastmittelgabe
- Notfallmedikation und -instrumente bereithalten (siehe auch: Anaphylaxie - AMBOSS-SOP)
- Für grundlegende Informationen zur allergischen Reaktion siehe: Typ-I-Allergie
Aufklärung
- Allgemeine chirurgische Aufklärung
- Geplantes Therapieverfahren sowie alternative Therapie des akuten arteriellen Extremitätenverschlusses
- Komplikationen bei akutem arteriellen Extremitätenverschluss
Postoperatives/postinterventionelles Management
Postoperative/postinterventionelle Kontrollen und allgemeine Maßnahmen
Stationäres postoperatives/postinterventionelles Prozedere und Kontrollen
- Klinische Untersuchung
- Wundkontrollen
- Erheben des Pulsstatus, Kontrolle von Motorik und Sensibilität
- Kontrolle von etwaigem Drainagesekret, siehe auch: Redon-Drainage
- Medikation
- Patientenorientierte Schmerztherapie, siehe: Beispielalgorithmus für die Schmerztherapie auf Station
- Wiederansetzen der Dauermedikation
- Metformin: Ggf. länger pausieren und erst nach stabilisierter Nierenfunktion und Lactatkontrollen wieder ansetzen
- Antihypertensive Medikation: Individuell nach Blutdruckwerten wieder ansetzen
- Antikoagulation: Individuelle Entscheidung in Abhängigkeit vom Nachblutungsrisiko
- Perfusorgesteuerte Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin (siehe auch: Therapeutische Antikoagulation - UFH)
- Für weiterführende Informationen siehe: Medikamentöse Nachsorge nach operativer/interventioneller Revaskularisation eines akuten arteriellen Extremitätenverschlusses
- Mobilisierung
- Krankengymnastik
- Geh- und Gefäßtraining
- Pneumonieprophylaxe
- Ggf. Reha-Maßnahmen einleiten
- Laborkontrollen
- Gerinnung: PTT, INR, Antithrombin III
- Entzündungsparameter: CRP, Leukozyten
- Weitere: Kreatinin, Harnstoff, Lactat, Hb
- Ursachenabklärung siehe: Ursachenabklärung bei akutem arteriellen Extremitätenverschluss
- Nach Amputation: Ggf. Prothesenanpassung
- Für allgemeine Informationen siehe: Postoperatives Management
Längerfristige postoperative/postinterventionelle Kontrollen [5][7]
- Empfehlung: Regelmäßige klinische und apparative Nachsorgen, insb. bei pAVK
- Durchführung: Nicht standardisiert, üblicherweise
- Anamnese
- Klinische Untersuchung (inkl. Knöchel-Arm-Index und Palpation der Fußpulse)
- Farbkodierte Duplexsonografie
- Sicherstellen der Sekundärprophylaxe (siehe: Akuter arterieller Extremitätenverschluss - Prävention)
Medikamentöse Nachsorge nach Revaskularisation eines akuten arteriellen Extremitätenverschlusses [7]
Ein allgemein verbindliches medikamentöses Schema zur Antikoagulation und Thrombozytenaggregation existiert nicht. Häufig kommen Klinikstandards zur Anwendung.
- Thrombozytenaggregationshemmer
- Indikationen
- Bei Nachweis einer pAVK: Regelhaft und langfristig
- Bei Verschlüssen ohne Vorliegen einer pAVK: Individuelles Behandlungskonzept je nach durchgeführter Maßnahme
- Bei gleichzeitig anderweitiger Indikation für orale Antikoagulation: Dauerhafte Kombinationstherapie sollte kritisch hinterfragt werden
- Durchführung
- I.d.R. mit Acetylsalicylsäure
- Sonderfall infrainguinale, endovaskuläre Stentimplantation: Ggf. vorübergehende postinterventionelle duale Thrombozytenaggregationshemmung (ASS in Kombination mit Clopidogrel)
- Indikationen
- Heparin: Nutzen einer längerfristigen Anwendung nach Intervention oder Operation unklar, wird i.d.R. 48 h über die Intervention/Operation hinaus verabreicht [12]
- Orale Antikoagulantien
- Nur bei anderweitiger zwingender Indikation, ansonsten Thrombozytenaggregationshemmer indiziert
- In Einzelfällen kann bei hohem Risiko für einen Bypassverschluss die Gabe (u.U. auch in Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern) diskutiert werden.
- Prophylaxe einer venösen Thrombose [13]
- Individuelle Entscheidung abhängig von
- Risikofaktoren
- Art der durchgeführten Therapie
- Siehe auch: Thromboserisiko-Stratifikation
- Entfällt bei gleichzeitiger perfusorgesteuerter Heparinisierung oder oraler Antikoagulation
- Individuelle Entscheidung abhängig von
Ursachenabklärung bei akutem arteriellen Extremitätenverschluss [5]
- Zeitpunkt: Nach Revaskularisation oder Amputation
- Bestandteile
- Nach arterieller Thromboembolie
- Echokardiografie (transthorakal oder transösophageal)
- Langzeit-EKG
- Abdomen-Sonografie
- Nach arterieller Thrombose
- Angiografie, falls zuvor noch nicht erfolgt
- Laborwerte: BZ, Lipide zur kardiovaskulären Risikoabschätzung, Thrombophilie-Diagnostik
- Nach arterieller Thromboembolie
- Konsequenz
- Therapie abhängig von Ursache des Verschlusses
- Siehe auch: Akuter arterieller Extremitätenverschluss - Prävention
Komplikationen
Komplikationen des Verschlusses
- Gefahr des Extremitätenverlusts (abhängig von Ischämiedauer)
- Hämodynamische Komplikationen
- Persistierende Sensibilitäts- und motorische Störungen
Therapiebedingte Komplikationen
Reperfusionssyndrom (Tourniquet-Syndrom, Postischämiesyndrom) [4][14][15]
- Definition: Komplikationen als Folge der Reperfusion im Anschluss an eine Minderperfusion
- Pathophysiologie
- Bedingt durch Ödembildung und Einschwemmen von Metaboliten in den Organismus, die sich während der Ischämie aufgrund mangelnden Abtransports angesammelt haben
- Ausprägung insb. bei ausgedehnteren Verschlüssen >4–6 h
- Mögliche Symptome
- Ischämisches Reperfusionsödem
- Herzrhythmusstörungen
- Crush-Niere
- Bildung von Thromben
- DIC, Multiorganversagen
- Therapie: Je nach Befund
- Symptomatisch, Überwachung
- Bei Nierenschaden bspw. Hydratation, Diurese, keine Gabe nephrotoxischer Medikamente, therapeutische Alkalisierung des Urins
- Bei Kompartmentsyndrom einer Extremität: Ggf. Dermatofasziotomie
- Evtl. Amputation der betroffenen Extremität
- Symptomatisch, Überwachung
Eingriffspezifische Komplikationen
- Allgemein: Generelle OP-/Interventionsrisiken wie
- Verletzung des betroffenen Gefäßes
- Verletzungen umliegender Strukturen (u.a. Gefäße, Nerven)
- Nachblutung
- Wundheilungsstörungen
- Thromboembolie
- Rethrombosierung
- Besonderheiten der interventionellen Therapie
- Im Falle intrainterventioneller Komplikationen: Ggf. notwendige Konversion auf chirurgisches Verfahren
- Komplikationen der Zugangsgefäße
- Stentverschluss
- Potenziell allergische Reaktion bei Kontrastmittelallergie
- Kontrastmittel-Nephropathie
- Thyreotoxische Krise bei vorhandener Hyperthyreose
- Insb. bei Lysetherapie: Hämorrhagischer Schlaganfall [2]
- Besonderheiten der operativen Therapie
- Bypasschirurgie: Bypassverschluss, undichte Bypassnähte, Bypass- oder Protheseninfektion
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Extremitätenerhalt: Korrelation mit [5]
- Dauer des Verschlusses
- Rekanalisation nach ≤6 h: Gute Prognose (96% d.F. Erhaltung der Extremität)
- Rekanalisation nach >12 h: Amputationsrate 27–52%
- Lokalisation und Art des Verschlusses: Bessere Prognose bei Verschlüssen der oberen Extremität und embolisch bedingten Verschlüssen
- Dauer des Verschlusses
- Spontane Rekanalisation: Bei ca. 10% der embolisch bedingten Fälle [5]
- Mortalität: 30-Tage-Mortalität ca. 15–30% mit besserer Prognose bei thrombotisch bedingten Verschlüssen [2]
Prävention
- Therapie der Grunderkrankung, siehe u.a.
- Reduzieren von Risikofaktoren, siehe u.a.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- I74.-: Arterielle Embolie und Thrombose
- Inklusive: Infarkt: embolisch, thrombotisch; Verschluss: embolisch, thrombotisch
- I74.2: Embolie und Thrombose der Arterien der oberen Extremitäten
- I74.3: Embolie und Thrombose der Arterien der unteren Extremitäten
- I74.4: Embolie und Thrombose der Extremitätenarterien, nicht näher bezeichnet
- Periphere arterielle Embolie
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.