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Epileptische Anfälle

Letzte Aktualisierung: 9.1.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Ein epileptischer Anfall entsteht durch synchrone oder hochfrequente Entladungen von Nervenzellverbänden des Gehirns, insb. im Bereich des Kortex, was sich durch eine vielgestaltige Symptomatik äußert. Abhängig vom betroffenen Areal lassen sich Anfälle mit fokalem Beginn von Anfällen mit generalisiertem Beginn unterscheiden, die sich klinisch sehr unterschiedlich darstellen.

Epileptische Anfälle können als Symptom einer akuten Störung des Gehirns (bspw. Infektion) oder im Rahmen einer dauerhaft erhöhten Epileptogenität (bspw. Epilepsie) auftreten. Während eines Anfalls steht der Ausschluss akut behandelbarer Ursachen im Vordergrund. Anschließend sind neben einer ausführlichen Anamnese und einer neurologischen Untersuchung i.d.R. erweiterte Laboruntersuchungen sowie eine EEG-Ableitung und eine zerebrale Bildgebung indiziert.

Meist sind epileptische Anfälle selbstlimitierend, prolongierte Episoden erfordern jedoch eine medikamentöse Anfallsunterbrechung. Mittel der Wahl sind i.d.R. Benzodiazepine wie Diazepam oder Midazolam.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Epileptischer Anfall: Vorübergehende exzessive oder synchrone Aktivität von Nervenzellverbänden des Gehirns, die zu einer Dysfunktion in den betroffenen Hirnarealen führt und klinisch mit vielgestaltigen objektivierbaren und/oder subjektiven Symptomen einhergeht [3]
    • Überwiegend von Zellen des Kortex ausgehend
    • Regional begrenzt oder beide Hemisphären betreffend
  • Akut-symptomatischer Anfall (syn.: Provozierter Anfall, veraltet: Gelegenheitsanfall): Durch eine akute systemische oder zerebrale Störung verursachter epileptischer Anfall [4]
  • Unprovozierter epileptischer Anfall: Epileptischer Anfall, der nicht auf eine Ursache im Sinne eines akut-symptomatischen Anfalls zurückzuführen ist
  • Reflexanfall: Epileptischer Anfall, der in engem zeitlichen Zusammenhang mit einem somatosensorischen Reiz auftritt [5]

Ein epileptischer Anfall ist ein Symptom einer akuten Störung des Gehirns und NICHT gleichbedeutend mit einer Epilepsieerkrankung!

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Epidemiologietoggle arrow icon

Epileptische Anfälle gehören bei Kindern und Jugendlichen zu den häufigsten neurologischen Behandlungsanlässen!

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Ursachen akut-symptomatischer Anfälle

Triggerfaktoren epileptischer Anfälle bei erhöhter Epileptogenität [6][7][8][9]

Obwohl es zahlreiche prokonvulsive Wirkstoffe gibt, sind durch Medikamente oder Drogen ausgelöste epileptische Anfälle eine seltene Komplikation (Inzidenz <2%)! [7]

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Klassifikationtoggle arrow icon

Die Beschreibung epileptischer Anfälle folgt der ILAE-Klassifikation von 2017. Für die ILAE-Klassifikation von Epilepsien bzw. Epilepsiesyndromen siehe: Klassifikation von Epilepsien und Epilepsiesyndromen.

Grundsätzliche Hinweise

ILAE-Klassifikation epileptischer Anfälle (2017) [12][13][14][15]

  • Voraussetzung: Diagnose eines epileptischen Anfalls (siehe auch: Epileptische Anfälle - Differenzialdiagnosen)
  • Prinzip: Deskriptive Einteilung anhand der Anfallssemiologie, d.h. durch Beschreibung wichtiger Anfallsmerkmale
  • Ziel: Schaffung einer konsistenten Kommunikationsgrundlage
  • Vorgehen
  • Beispiel: Bei einer Person werden durch Angehörige plötzlich einsetzende, rasche Muskelzuckungen der rechten Körperseite beobachtet. Auf Ansprache reagiert die Person nicht. Ein solches Ereignis würde unter Verwendung der ILAE-Basisklassifikation als „nicht bewusst erlebter Anfall mit fokalem Beginn und motorischen Symptomen“ bezeichnet werden.

Epileptische Anfälle mit fokalem Beginn

Definition

Anfälle, bei denen die epileptogene Aktivität (zumindest zu Beginn) nur in einer der beiden Hemisphären auftritt.

Kategorien zur Klassifikation

  • Bewusstseinszustand
    • Bewusst erlebt (veraltet: „einfach-partieller Anfall“ oder „einfach-fokaler Anfall“)
    • Nicht bewusst erlebt (veraltet: „komplex-partieller Anfall" oder „komplex-fokaler Anfall“)
  • Motorische Phänomene
  • Nicht-motorische Phänomene
    • Autonom
    • Innehalten
    • Kognitiv
    • Emotional
    • Sensibel/sensorisch
  • Sonderkategorie: Fokal zu bilateral tonisch-klonisch (veraltet: „fokaler Anfall mit sekundärer Generalisierung“ oder „partieller Beginn mit sekundärer Generalisierung“)

Epileptische Anfälle mit generalisiertem Beginn

Definition

Anfälle, bei denen die epileptogene Aktivität in einem auf beide Hemisphären verteilten Netzwerk beginnt, also von Beginn an bilateral ist

Klassifikation

Epileptische Anfälle mit unbekanntem Beginn

  • Definition: Anfälle, bei denen der Beginn des Anfalls nicht beobachtet wurde oder nicht sicher zuzuordnen war
    • Motorisch
    • Nicht-motorisch
      • Innehalten
    • Nicht klassifiziert

Gegenüberstellung ausgewählter alter und neuer Begriffe zur Klassifikation epileptischer Anfälle [15]

Alt Neu
„Partiell“ Fokal
„Einfach partiell“, „epileptische Aura Bewusst erlebt fokal
„Komplex partiell“ Nicht bewusst erlebt fokal
Petit Mal Absence

„Grand Mal“ bzw. „tonisch-klonisch

Immer mit Angabe des Beginns, also:

„Sekundär generalisiert“

Fokal mit Übergang zu bilateral
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Symptomatiktoggle arrow icon

Allgemein [16]

Abhängig davon, von welchen Bereichen des Kortex die abnorme elektrische Aktivität ausgeht, kann es prinzipiell zu einem breiten Spektrum motorischer, sensorischer, sensibler, vegetativer und psychischer Phänomene kommen .

Epileptische Anfälle mit fokalem Beginn

  • Allgemein
  • Anfallssemiologie: Abhängig vom betroffenen Gehirnareal
    • Temporallappenanfälle: Insb. motorische und sprachliche Symptome
      • Frühe kontralaterale Tonisierung
      • Sprechhemmung oder Aphasie (bei dominanter Hirnhälfte)
      • Ggf. weitere Symptomatik
    • Frontallappenanfälle: Insb. motorische Symptome
      • Tonisierung , Vokalisation, Blick- oder Kopfwendung zur gesunden Seite (vom epileptischen Herd weg)
      • Ggf. vegetative Symptome (Enuresis, Speichelfluss), Sprachhemmung und Aufmerksamkeitsstörungen (Pseudo-Absencen)
    • Parietallappenanfälle: Insb. sensible Symptome (z.B. Parästhesien, Schmerzen)
      • Ggf. Dyslexie, Störungen des Sprachverständnisses
    • Okzipitallappenanfälle: Insb. visuelle Phänomene oder Ausfallsymptome

Epileptische Anfälle mit generalisiertem Beginn

Tonisch-klonische epileptische Anfälle mit Bewusstseinsverlust (veraltet: Grand-Mal-Anfall) [15]

  • Formen
    • Bilateraler tonisch-klonischer Anfall: Fokaler Beginn mit Übergang zu bilateral-tonisch-klonisch
    • Generalisierter tonisch-klonischer Anfall: Generalisierter Beginn
  • Typische Symptomatik: Bewusstseinsverlust und rhythmisches Zucken
  • Klassischer Ablauf
    • Ggf. fokaler Beginn, bspw. mit
      • Übelkeit, aufsteigendem Wärmegefühl, Déja-vu-Erleben
      • Einseitiger Tonuserhöhung
    • Tonische Phase: Heftige Tonuserhöhung aller Muskeln (Phase dauert Sekunden)
      • Tonuserhöhung kann zu Initialschrei und lateralem Zungenbiss führen
      • Arme eleviert, Beine leicht angewinkelt, Lider geöffnet, Pupillen lichtstarr und weit, Apnoe
    • Klonische Phase: Vibrieren → Rhythmisches Zucken → Unregelmäßiges, grobes Zucken → Erschlaffung (Phase dauert Sekunden bis Minuten)
    • Postiktale Phase: Terminalschlaf, Amnesie und Desorientiertheit (Phase dauert Minuten bis Stunden)
    • Weitere mögliche Symptome: Schaum vor dem Mund, Urin- und/oder Stuhlabgang
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Diagnostiktoggle arrow icon

Bei jedem Anfall ist zunächst zu klären, ob tatsächlich ein epileptischer Anfall vorliegt! Die weitergehende Diagnostik richtet sich danach, ob Anhaltspunkte für einen Notfall existieren und ob es sich um einen erstmaligen oder einen wiederholten Anfall handelt!

Differenzialdiagnostische Einordnung und Basisdiagnostik [1][17]

Bei jedem Anfall ist zunächst zu klären, ob es sich tatsächlich um einen epileptischen Anfall handelt (siehe: Epileptische Anfälle - Differenzialdiagnosen). Neben einer fokussierten Eigen- und v.a. Fremdanamnese lassen sich über Blutuntersuchungen wichtige Zusatzinformationen zur Einordnung sowie Abklärung möglicher Ursachen und Folgen gewinnen.

Zusätzliche Diagnostik

Die zusätzliche Diagnostik dient der Klärung, ob notfallmäßig behandlungsbedürftige Auslöser oder Folgeerscheinungen des Anfalls vorliegen, ob eine chronische epileptogene Läsion vorliegt und ob ein erhöhtes Wiederholungsrisiko für epileptische Anfälle besteht. Der Fortgang der Diagnostik richtet sich danach, ob Anhaltspunkte für einen Notfall vorliegen, ob es sich um einen erstmaligen oder um einen wiederholten Anfall gehandelt hat.

Bildgebende Diagnostik bei V.a. neurologischen/neurochirurgischen Notfall [17]

Eine notfallmäßige kranielle CT ist nach (Fremd‑)Anamnese und klinisch-neurologischer Untersuchung indiziert bei

Zusätzliche Diagnostik nach erstmaligem epileptischem Anfall [1]

Die hier aufgeführte Diagnostik muss bei allen Patient:innen mit einem erstmaligen epileptischen Anfall zeitnah, idealerweise im Rahmen eines stationären Aufenthalts durchgeführt werden – auch wenn zuvor bereits Diagnostik unter dem V.a. einen neurologischen oder neurochirurgischen Notfall durchgeführt wurde (s.o.). Sollten in der erweiterten Diagnostik Hinweise auf eine erhöhte Epileptogenität zu finden sein, ist anhand der Definition einer Epilepsie zu prüfen, ob die Diagnose einer Epilepsie zu stellen ist.

  • EEG [19]: Während oder möglichst frühzeitig nach dem Anfall , idealerweise inkl. Provokation durch Hyperventilation und visuelle Reize, ggf. auch als Kurzschlaf-EEG
    • Bedeutung: Der Nachweis epilepsietypischer Potenziale (z.B. Spikes, Sharp Waves, Spikes and Waves ) bestätigt einen tatsächlich epileptischen Anfall und kann die Eingrenzung der ursächlichen Hirnregion und die Zuordnung zu einem Epilepsiesyndrom ermöglichen
    • EEG-Kriterien eines epileptischen Anfalls
      • Klarer Anfang und klares Ende
      • Steigerung der Amplitude im Verlauf
      • Veränderung der Frequenz im Verlauf
  • Kranielle MRT [20] (ggf. fMRT, SPECT, PET), idealerweise nach speziellem Epilepsieprotokoll (bspw. HARNESS-Protokoll) inkl. koronarer Schichtung zur Darstellung der medialen Temporallappen [21]
    • Bedeutung: Suche nach potenziell epileptogenen, zumeist kortikalen Läsionen

Diagnostik bei epileptischem Anfall im Kindes- und Jugendalter [22][23]

Dieser Abschnitt beschreibt die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen bei einem ersten afebrilen Anfall jenseits des Neugeborenenalters.

Akutdiagnostik

  1. Beurteilung der Vitalfunktionen: Atmung, spO2, Herzfrequenz, Blutdruck, Körpertemperatur
  2. Orientierende körperliche Untersuchung: Klinische Hinweise auf SHT, Sepsis, Meningitis, Intoxikation
  3. BGA: Glucose, Elektrolyte , Lactat, pH-Wert, pCO2
  4. Anfallsbeobachtung: Beginn, Verlauf, motorische/nicht-motorische Phänomene, Bewusstsein, Dauer, postiktale Reorientierungszeit (siehe auch: Klassifikation epileptischer Anfälle)
  5. Fremdanamnese: Ursachen/Trigger , ggf. Anfallsbeschreibung , akute oder chronische Erkrankungen, bisherige Entwicklung

Während und/oder kurz nach einem epileptischen Anfall müssen die Vitalfunktionen beurteilt und akut behandelbare Ursachen ausgeschlossen werden!

Erweiterte Diagnostik

  1. Ausführliche Anamnese
    • Schwangerschafts- und Geburtsanamnese
    • Familienanamnese
    • Bisherige Entwicklung
    • Verhaltens- oder Persönlichkeitsveränderungen
    • Bewegungsauffälligkeiten
    • Chronische Erkrankungen
  2. Neuropädiatrische Untersuchung
  3. Labordiagnostik
  4. Elektroenzephalografie (EEG)
    • Immer möglichst zeitnah
    • Inkl. Aktivierungsmethoden (Hyperventilation, Photostimulation, Schlafentzug und Schlaf)
  5. Ggf. weiterführende Diagnostik
    • Lumbalpunktion
    • Zerebrale Bildgebung (bevorzugt cMRT, in der Akutsituation ggf. cCT)
    • EKG
    • Persistieren postiktale Paresen oder andere neurologische Defizite, ist spätestens nach 2–3 Stunden eine zerebrale Bildgebung indiziert!

Nach einem afebrilen epileptischen Anfall ist neben einer ausführlichen neuropädiatrischen Untersuchung immer ein EEG indiziert!

Persistieren postiktale Paresen oder andere neurologische Defizite, ist spätestens nach 2–3 Stunden eine zerebrale Bildgebung indiziert!

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Die häufigsten Differenzialdiagnosen des epileptischen Anfalls mit Bewusstseinsverlust, zwischen denen in jedem akuten Fall unterschieden werden muss, sind Synkopen und psychogene nicht-epileptische Anfälle. Diese drei Phänomene unterscheiden sich erheblich im Hinblick auf Prognose und erforderliche Therapie. Sehr viel seltenere und oft nur mit größerem Aufwand zu unterscheidende Differenzialdiagnosen sind z.B. Schlafattacken im Rahmen einer Narkolepsie oder REM-Schlaf-Verhaltensstörungen. Siehe dazu auch die Auflistung von Differenzialdiagnosen epileptischer Anfälle der ILAE unter Tipps & Links. [17]

Häufigste Differenzialdiagnosen des epileptischen Anfalls – wichtige Unterscheidungsmerkmale
Epileptischer Anfall Synkope Dissoziative nicht-epileptische Anfälle
Augen zu Beginn des Anfalls geöffnet oft geöffnet geschlossen
Postiktale Reorientierung verzögert sofort oft verzögert
Dauer <2 min <1 min sehr variabel
Motorische Aktivität wenn, dann rhythmisch oder stereotyp möglich in Form kurzer Kloni wenn, dann nicht stereotyp oder bizarr
Verletzung möglich möglich selten
Zungenbiss wenn, dann lateral selten, eher apikal möglich, eher apikal
Enuresis/Enkopresis möglich selten selten
Provokation meist spontan z.B. Stehen, Schlucken, Miktion in Anwesenheit anderer Personen
Auftreten im Schlaf möglich nein nein

Auch Synkopen können mit Konvulsionen einhergehen und damit epileptischen Anfällen sehr ähneln. Die Betroffenen sind aber nach konvulsiven Synkopen in wenigen Sekunden vollständig reorientiert!

Wenn bei einer Synkope verhindert wird, dass die betroffene Person zu Boden geht (z.B. Rollstuhl, helfende Person) kommt es nicht zu einem durch die Schwerkraft begünstigten sofortigen Rückstrom des Bluts zum Gehirn. Dies kann die Bewusstlosigkeit verlängern, was nicht mit einer verzögerten Reorientierung verwechselt werden sollte!

Weitere Differenzialdiagnosen epileptischer Anfälle bei Kindern und Jugendlichen

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Akutmaßnahmen

  1. Vitalfunktionen beurteilen, überwachen und ggf. stabilisieren
  2. Sekundäre Verletzungen vermeiden
  3. Ggf. vorliegende akute Ursachen behandeln
  4. Medikamentöse Anfallsunterbrechung

Eine medikamentöse Anfallsunterbrechung ist ab einer Dauer >5 min (Erwachsene) bzw. >3 min (Kinder und Jugendliche) indiziert!

Medikamentöse Anfallssuppression

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AMBOSS-Pflegewissen: Epileptische Anfälletoggle arrow icon

Pflegerische Erstmaßnahmen bei epileptischen Anfällen

Während eines epileptischen Anfalls

  • Ärztliches Personal verständigen!
  • Patient:in nicht festhalten, alleine lassen oder Bewegungsablauf bremsen
  • Ruhe bewahren, ggf. anwesende Personen und Betroffene beruhigen
  • Folgeverletzungen vermeiden
    • Patient:in flach hinlegen, Kopf ggf. mit Kissen unterstützen, ggf. Patient:in aufdecken
    • Harte Gegenstände oder spitze Kanten in der Umgebung entfernen/abpolstern
    • Brille oder Ähnliches entfernen
  • Für freie Atmung sorgen
    • Mund und/oder Nase bedeckende Gegenstände wie Kissen oder Ähnliches entfernen
    • Fremdkörper wie Zahnersatz entfernen, sofern ohne Eigengefährdung möglich
    • Keine Gegenstände in den Mundraum schieben
  • Anfall dokumentieren, insb. Beobachtungen, Verletzungen und Stürze
  • Ggf. Medikamente nach ärztlicher Anordnung verabreichen, siehe auch: Epileptische Anfälle - Therapie

Auf Flüssigkeits- bzw. orale Medikamentengaben sollte aufgrund der Aspirationsgefahr verzichtet werden!

Unmittelbar nach einem epileptischen Anfall

  • Bewusstsein und Vitalzeichen überwachen
  • Für freie Atmung sorgen
    • Patient:in in stabile Seitenlage bringen
    • Erbrochenes oder Schleim ggf. absaugen
    • Evtl. noch vorhandene Fremdkörper entfernen
  • Pupillen kontrollieren
  • Mund- und Körperpflege durchführen, insb. nach unkontrolliertem Urinabgang Kleidung wechseln
  • Mundraum auf Verletzungen kontrollieren
  • Ruhe sicherstellen, Orientierung geben

Insb. nach generalisierten Anfällen sind Betroffene oft vigilanzgemindert (sog. Terminalschlaf). Sie sollten in diesem Fall in die stabile Seitenlage gebracht werden, um die Aspirationsgefahr zu vermindern!

Pflegerische Beobachtung eines epileptischen Anfalls

Die folgenden Symptome können bei einem epileptischen Anfall auftreten, aber auch Vorboten eines Anfalls sein.

  • Atmung: Ggf. irreguläres Atemmuster, insb. durch
  • Sauerstoffsättigung: spO2-Abfälle mit Zyanose der Lippen
  • Vigilanz: Bei generalisierten Anfällen sind Patient:innen bewusstlos, bei fokalen Anfällen i.d.R. wach und ansprechbar
  • Motorik
    • Plötzlich einschießende Bewegungen
    • Rhythmische Zuckungen
    • Erschlaffung oder Versteifung einzelner Extremitäten oder des gesamten Körpers
    • Nesteln, unbewusste bzw. unwillkürliche Handlungen
    • Veränderungen der Mimik
    • Unbewusste Kaubewegungen, Schmatzen, Schlecken
  • Augen
  • Sonstige
    • Veränderung der Gesichtsfarbe
    • Orale Empfindungen
    • Harn- und Stuhlinkontinenz
  • Epileptische Aura: Sensible, sensorische oder psychische Sensationen, die isoliert oder als Initialsymptom bei epileptischen Anfällen auftreten können

Unbedingt sollte der Zeitpunkt des Beginns und der zeitliche Verlauf der Symptome beobachtet und falls möglich notiert werden!

Jede plötzlich auftretende Veränderung von Muskeltonus, Verhalten oder Bewusstsein sowie unklare vegetative Symptome können Anzeichen eines epileptischen Anfalls sein!

Weitere pflegerische Maßnahmen

  • Mobilisation: Meist keine Bettruhe notwendig
  • Sturzprophylaxe: Ggf. Helm notwendig
  • Dokumentation von
    • Dauer
    • Art des Anfalls
    • Ablauf, inkl. der Situation vor dem Anfall
    • Symptomen und weiteren Besonderheiten

Das klinische Bild von epileptischen Anfällen ist nicht immer eindeutig, weshalb sie sehr genau beobachtet und dokumentiert werden müssen!

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AMBOSS-Pflegewissen: Epileptische Anfälle im Kindes- und Jugendaltertoggle arrow icon

Epileptische Anfälle im Kindes- und Jugendalter sind unabhängig von ihrer Ursache als akute Notfallsituationen zu betrachten. Um sie frühzeitig zu erkennen und eine adäquate Versorgung der Patient:innen einleiten zu können, ist eine gute pflegerische Beobachtung unverzichtbar. Zu den häufigsten Ursachen eines epileptischen Anfalls gehören Fieberkrämpfe, andere akut-symptomatische Anfälle und Epilepsien.

Pflege bei Fieberkrampf

Ursache des Fiebers ist in den meisten Fällen eine Infektion. Abhängig vom zugrunde liegenden Erreger sind ggf. spezifische Hygienemaßnahmen erforderlich!

Therapie

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Fahreignung nach epileptischem Anfalltoggle arrow icon

Fahreignung nach erstmaligem epileptischen Anfall gemäß Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung der BASt [24]
Anfallsform PKW-Führerschein (Gruppe I) LKW-Führerschein und Personenbeförderung (Gruppe II)
Unprovozierter Anfall ohne Hinweis auf Epilepsie (EEG und Bildgebung unauffällig)
  • Fahreignung frühestens nach 6 Monaten Anfallsfreiheit
  • Fahreignung frühestens nach 2 Jahren Anfallsfreiheit
Akut-symptomatischer Anfall
  • Fahreignung frühestens nach 3 Monaten Anfallsfreiheit
  • Fahreignung frühestens nach 6 Monaten Anfallsfreiheit
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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Epilepsie

Epilepsie – Teil 1: Ätiologie, Pathophysiologie, Klinik, Diagnostik

Epilepsie – Teil 2: Therapie

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Beachte: Die ICD-10-GM Version 2020 führt nach wie vor diverse Begriffe auf, die gemäß aktueller ILAE Klassifikationen obsolet sind.

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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