Zusammenfassung
Die Urologie beinhaltet ein sehr breites Alters- und Eingriffsspektrum. Behandelt werden Säuglinge oder Kleinkinder mit angeborenen Fehlbildungen des Urogenitaltrakts bis hin zu älteren, multimorbiden Personen mit Tumorerkrankungen der Niere, Harnblase oder Prostata. Viele urologische Eingriffe werden mittlerweile standardmäßig roboterassistiert durchgeführt. Daneben gibt es den großen Bereich der Endourologie, der neben transurethralen Resektionen (TUR-P, TUR-B) insb. diagnostische und therapeutische Eingriffe bei Pathologien der Harnleiter und des Nierenbeckens umfasst.
Die Auswahl des Narkoseverfahrens hängt grundsätzlich von der Art des Eingriffs und den individuellen Besonderheiten der Patient:innen ab. Gerade für transurethrale Resektionen bietet sich eine Spinalanästhesie an, da hierunter mögliche Komplikationen wie ein TUR-Syndrom oder eine Blasenperforation typischerweise frühzeitiger als unter einer Allgemeinanästhesie erkannt werden können. Bei größeren Eingriffen mit offenem Zugang sollte dagegen eine Kombinationsanästhesie erwogen werden.
Anatomische und physiologische Grundlagen
Anatomische Grundlagen [1]
Niere und ableitende Harnwege
- Niere
- Retroperitoneale Lage entlang der Wirbelsäule
- Anatomische Nähe zur Pleurahöhle beachten
- Ableitende Harnwege
Prostata und Bläschendrüse
Penis, Hoden und Nebenhoden
Physiologische Grundlagen
Wasser- und Elektrolythaushalt
- Relevanz: Grundverständnis insb. wichtig für
- Anästhesie bei chronischer Nierenerkrankung
- Pathophysiologie des TUR-Syndroms
- Verteilung des Körperwassers auf verschiedene Kompartimente [2]
- Elektrolytkonzentrationen: Aufrechterhaltung des Ruhepotenzials durch Natrium-Kalium-ATPase und Ionenkanäle
- Osmotischer Gradient: Abhängig von Differenz zwischen Natrium im Serum und intrazellulärem Natrium
- Serumnatrium↑ → Flüssigkeitsverschiebung von intra- nach extrazellulär → Zellschrumpfung
- Serumnatrium↓ → Flüssigkeitsverschiebung von extra- nach intrazellulär → Zellschwellung
- Wasserbilanz: Regulation durch ANP, ADH und RAAS
Die Natriumkonzentration bestimmt maßgeblich die Osmolarität des Extrazellulärraums und damit den osmotischen Gradienten!
Pathologische Serumnatriumkonzentrationen beruhen meist auf einer Veränderung des Wasserhaushaltes und sind somit Resultat einer Konzentrierung oder Verdünnung!
Typische Eingriffe
Eingriffe an der Niere [3][4]
Übersicht der OP-Zugänge zur Niere [3] | ||
---|---|---|
OP-Zugang | Lagerung [5] | Schnittführung |
Transperitoneal | Rückenlagerung | Mediane Laparotomie oder laparoskopischer Zugang |
Extra-/Retroperitoneal | Flankenlagerung | Flankenschnitt oder retroperitoneoskopisch |
Abhängig vom gewählten OP-Zugang erfolgt bei Eingriffen an der Niere meist eine Rücken- oder Flankenlagerung!
Tumornephrektomie
- Indikation: Nierenzellkarzinom [6][7]
- Besonderheiten
- Meist ältere, multimorbide Patient:innen
- Bei offenem Vorgehen thorakale Periduralanästhesie erwägen [8]
- Hoher Blutverlust möglich (insb. bei Tumorinfiltration in die V. cava inferior)
- Anlage einer zentralvenösen Schleuse bzw. eines Shaldon-Katheters erwägen
- Großzügige Indikation für erweitertes hämodynamisches Monitoring
Nierentransplantation [9][10][11][12]
- Indikation: Nierenversagen
- Besonderheiten
- Lokale Standards des Transplantationszentrums beachten, insb. im Hinblick auf
- Perioperative Antibiotikaprophylaxe
- Immunsuppressionsschema
- Volumentherapie und Transfusion
- Osmotherapie bzw. Diuretikagabe
- Allgemeine Besonderheiten der Anästhesie bei chronischer Nierenerkrankung beachten, insb. im Hinblick auf
- Schutz des Shunt-Arms
- Aspirationsrisiko durch urämische Gastroparese
- Aufrechterhaltung einer ausreichenden renalen Perfusion
- Präoperative Hämodialyse zur Optimierung der Ausgangsbedingungen
- Zeitpunkt: Innerhalb von 24 h vor dem Eingriff
- Ziel: Serumkalium 4,0–5,5 mmol/L, Normovolämie
- Allgemeinanästhesie als Standardverfahren
- Typischerweise erweitertes hämodynamisches Monitoring mit ZVK und arteriellem Katheter
- Lokale Standards des Transplantationszentrums beachten, insb. im Hinblick auf
Nierentransplantationen werden sowohl in der Urologie als auch in der Gefäßchirurgie durchgeführt! [13]
Lokale Standards des Transplantationszentrums sind zu beachten, insb. im Hinblick auf perioperative Antibiotikaprophylaxe, Immunsuppressionsschema, Volumentherapie, Transfusion sowie Osmotherapie bzw. Diuretikagabe! [9]
Radikale Zystektomie [3][4]
- Indikation: Harnblasenkarzinom
- Besonderheiten
- Meist ältere, multimorbide Patient:innen [14]
- Durchführung in Rückenlagerung
- Lange OP-Dauer und hoher Blutverlust möglich
- Großzügige Indikationsstellung für erweitertes hämodynamisches Monitoring
- Bei offenem Vorgehen thorakale Periduralanästhesie erwägen
- Bedarfsadaptierte perioperative Infusionstherapie [2]
- Urinausscheidung intraoperativ nur eingeschränkt beurteilbar
- Enge Rücksprache mit chirurgischem Personal erforderlich
Nach der Entfernung der Harnblase läuft der Urin bis zur Wiederherstellung der Kontinuität ins OP-Gebiet ab, weshalb die Urinausscheidung intraoperativ nur eingeschränkt beurteilbar ist! Zudem kann es insb. bei übermäßiger Flüssigkeitszufuhr zu erschwerten operativen Bedingungen kommen!
Radikale Prostatektomie [3][4][15]
- Indikation: Prostatakarzinom
- Besonderheiten
- Bei offenem Vorgehen thorakale Periduralanästhesie erwägen
- Durchführung in überstreckter Rückenlagerung mit (teilweise ausgeprägter) Kopftieflage
- Hoher Blutverlust möglich (insb. während Durchtrennung des Plexus venosus prostaticus)
- Bedarfsadaptierte perioperative Infusionstherapie [4][16]
Residualtumorresektion [17][18][19]
- Indikation: Maligne Hodentumoren
- Resektion verbliebener Tumorreste nach Chemotherapie
- Varianten: Retroperitoneale, thorakale und mediastinale Residualtumorresektion
- Besonderheiten
- Meist junge, ansonsten gesunde Patienten
- Durchführung in Rückenlagerung
- Lange OP-Dauer und hoher Blutverlust möglich
- Enge Absprache in Bezug auf Art und Umfang des Eingriffs erforderlich
- Häufig Adhäsion des Tumors zu den großen Gefäßen vorhanden (Aorta, V. cava)
- Ggf. zusätzliche Eingriffe nötig, bspw. Nephrektomie, atypische Leberresektionen, Gefäßersatz
- Bei Bleomycin-Therapie: Möglichst niedrige inspiratorische Sauerstoffkonzentration [20]
Residualtumorresektionen werden nur an spezialisierten Zentren durchgeführt und erfordern ein hohes Maß an interdisziplinärer Zusammenarbeit!
Eingriffe an Penis, Harnröhre und Hoden [3][21]
- Zirkumzision
- Beispielhafte Indikation: Phimose
- Besonderheiten
- Wenig invasiver, aber schmerzhafter Eingriff
- Kinder: Allgemeinanästhesie kombiniert mit Regionalanästhesie (bevorzugt Peniswurzelblockade, alternativ Kaudalanästhesie) [22][23]
- Erwachsene: Peniswurzelblockade, alternativ Spinalanästhesie
- Urethrotomia interna
- Beispielhafte Indikation: Harnröhrenstriktur
- Besonderheiten
- Wenig invasiver Eingriff
- Ambulante Anästhesie möglich
- Harnröhrenplastik
- Beispielhafte Indikation: Hypospadie [24]
- Besonderheiten
- Wenig invasiver Eingriff, jedoch lange OP-Dauer möglich
- Steinschnittlagerung bei Eingriffen an der hinteren Harnröhre
- Peniswurzelblockade erwägen
- Bei Rekonstruktion mit Mundschleimhaut: Nasale Intubation nötig
- Offene Detorquierung und Orchidopexie
- Beispielhafte Indikation: Hodentorsion
- Besonderheiten
- Notfalleingriff, Rapid Sequence Induction erwägen
- Starke perioperative Schmerzen erwartbar
- Orchidolyse und Orchidopexie [25]
- Beispielhafte Indikation: Hodenhochstand
- Besonderheiten
- Ambulante Anästhesie möglich
- Erhöhtes Risiko für PONV
Endourologische und endoskopische Eingriffe
Transurethrale Resektionen
- Einsatz von Spüllösung: Erforderlich zur Optimierung der Operationsbedingungen
- Art der verwendeten Spüllösung abhängig von der Resektionstechnik
- Risiken bei Anwendung von Spüllösung: TUR-Syndrom und perioperative Hypothermie
- Intraoperative Abschätzung des Blutverlusts: Ggf. erschwert durch Abdunkelung des Raums und Maskierung durch Spülflüssigkeit [9]
- Durchführung in Steinschnittlagerung: Kann bei längerer Eingriffsdauer unter Regionalanästhesie sehr unbequem werden [9]
- Vorteile der verschiedenen Narkoseverfahren
- Allgemeinanästhesie: Durch Überdruckbeatmung intraoperativ ggf. geringere Aufnahme von Spülflüssigkeit
- Regionalanästhesie (Spinalanästhesie, Periduralanästhesie): Zerebrale Frühsymptome des TUR-Syndroms bereits intraoperativ erkennbar
- Intraoperative Erektion: Durch Stimulation des Penis (bspw. beim Waschen oder Einführen des Resektoskops) [26]
- Auftreten kann das chirurgische Vorgehen behindern bzw. unmöglich machen
- Erhöhte Wahrscheinlichkeit bei Allgemeinanästhesie und Periduralanästhesie
- Keine eindeutige Empfehlung zum therapeutischen Vorgehen vorhanden [9]
Transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P) [9]
- Indikation: Benignes Prostatasyndrom
- Besonderheiten
- Zunahme des perioperativen Komplikationsrisikos (insb. relevanter Hb-Abfall, TUR-Syndrom) mit der OP-Dauer
- Vermeiden von Husten und Pressen während der Ausleitung
Das Blutungsrisiko während der TUR-P ist sehr variabel und steigt mit längerer OP-Dauer! [9]
Transurethrale Resektion von Blasentumoren (TUR-B) [27][28]
- Indikation: Lokal begrenzte Harnblasentumoren (bis pT1)
- Besonderheiten
- Laterale Harnblasentumoren: Anatomische Nähe zum N. obturatorius beachten
- Elektrische Stimulation des Nerven führt zur plötzlichen Kontraktion der Adduktoren → Gefahr der iatrogenen Blasenperforation durch das Resektoskop
- Prophylaxe: Zusätzliche Obturatoriusblockade oder suffiziente Muskelrelaxierung (bei Allgemeinanästhesie)
- Laterale Harnblasentumoren: Anatomische Nähe zum N. obturatorius beachten
Im Rahmen einer transurethralen Resektion lateraler Harnblasentumoren kann es bei alleiniger Spinalanästhesie (oder bei unzureichender Muskelrelaxierung im Rahmen einer Allgemeinanästhesie) zur elektrischen Stimulation des N. obturatorius mit nachfolgender Kontraktion der Adduktoren kommen (Gefahr der iatrogenen Blasenperforation durch das Resektoskop)!
Ureterorenoskopie
- Indikation: Diagnostik und Therapie von Pathologien der Harnleiter und des Nierenbeckens
- Bspw. Einlage einer Harnleiterschiene bei Harnstau
- Besonderheiten
- Durchführung in Steinschnittlagerung unter Durchleuchtung
- Typischerweise in Allgemeinanästhesie
- Postoperative Schmerzen eher gering
Perkutane Nephrostomie
- Indikation: Harnableitung bei hochgradiger Obstruktion mit (infizierter) Harnstauungsniere oder postrenalem Nierenversagen
- Besonderheiten
- Durchführung in Bauchlagerung unter Durchleuchtung
- Typischerweise Allgemeinanästhesie
- Ggf. Kombination mit einer retrograden Ureterorenoskopie
Präoperative Anamnese und Diagnostik
Allgemeine präoperative Einschätzung
- Für allgemeine Grundlagen der präoperativen anästhesiologischen Einschätzung siehe: Präoperative Evaluation und Aufklärung in der Anästhesiologie
- Für allgemeine Empfehlungen zur (erweiterten) präoperativen Diagnostik sowie zum Umgang mit einer vorbestehenden Dauermedikation siehe:
Spezielle präoperative Einschätzung [4][29][30]
- Eingriffe bei angeborenen Fehlbildungen des Urogenitaltraktes: Mögliches Vorliegen weiterer kongenitaler Anomalien abklären [31][32][33]
- Eingriffe mit spezieller Lagerung: Ggf. vorbestehende Nervenschäden bzw. Einschränkungen der Beweglichkeit abklären
- Tumorchirurgie: Besonders sorgfältige perioperative Planung und Risikostratifizierung unter Berücksichtigung von OP-Dauer, Resektionsausmaß und Blutungsrisiko [23]
- Präoperativ angefertigte Bildgebung begutachten [3]
- Präoperative Nierenfunktion berücksichtigen [34]
- Aufnahmekriterien für die Intensiv- und Intermediate-Care-Station individuell prüfen [3]
Anästhesiologische Besonderheiten
Allgemeine Hinweise [9]
- Sehr breites Altersspektrum, siehe auch:
- Hoher Anteil (roboterassistierter) laparoskopischer Eingriffe [3][4][35][36][37]
- Eingeschränkter Zugang zu Patient:in
- Siehe auch: Anästhesie bei laparoskopischen Eingriffen
- Teilweise spezielle Lagerung erforderlich
- Beeinträchtigung von Hämodynamik und maschineller Beatmung möglich
- Siehe auch: Patientenlagerung im OP - Komplikationen
- Bei größeren urologischen Eingriffen hoher Blutverlust möglich
- Ausreichende Bereitstellung von Blutprodukten erforderlich
- Adäquate Gefäßzugänge für Volumentherapie essenziell
- Für fremdblutsparende Maßnahmen siehe: Patient Blood Management
- Für das Vorgehen bei massiver Blutung siehe: Massivtransfusion - AMBOSS-SOP
Auswahl des Anästhesieverfahrens [9][23][38][39]
- Allgemeinanästhesie
- Insb. geeignet für Eingriffe an den Nieren, laparoskopische Chirurgie, bei langer OP-Dauer und unbequemer Patientenlagerung
- Durchführung i.d.R. als Intubationsnarkose mit Muskelrelaxierung und maschineller Beatmung
- Balancierte Anästhesie oder TIVA möglich
- Regionalanästhesie
-
Spinalanästhesie
- Insb. geeignet für transurethrale Resektionen [1]
- Anwendung auch bei Kleinkindern möglich [40]
- Periduralanästhesie: Insb. geeignet für Kombinationsanästhesie bei größeren urologischen Eingriffen mit offenem(!) Zugang [41]
-
Spinalanästhesie
Perioperative Patientenlagerung in der Urologie [1][5][9]
Lagerungsbedingte relevante anästhesiologische Besonderheiten:
- Bei Hochlagerung der Beine
- Volumenbelastung des Herzens (erhöhte rechtsventrikuläre Vorlast)
- Reduktion der funktionellen Residualkapazität
- Bei Zurücklagern der Beine
- Blutdruckabfall (reduziertes Schlagvolumen)
- Bei Umlagerungen
- Veränderungen der Tubuslage
- Endobronchiale Fehllage
- Bronchusreizung mit Bronchospasmus
- Bei Tieflagerung des Kopfes
- Anstieg des intrakraniellen und intraokulären Drucks
- Erhöhtes Risiko für Luftembolie und Netzhautablösung
- Bei Bauchlagerung
- Seitliche Position des Kopfes: Veränderter Blutfluss in den Karotiden
- Neutralposition des Kopfes: Druckschäden von Augen und Nase
- Erhöhung der funktionellen Residualkapazität
- Siehe auch: Lagerungsschäden
Bei der Steinschnittlagerung empfiehlt sich aufgrund der hämodynamischen Auswirkungen ein langsames Umlagern der Beine, insb. bei Regionalanästhesie und kardialer Vorerkrankung! [9]
Postoperative Schmerztherapie [41][42]
- Gängige Wirkstoffe (Metamizol, Piritramid) ausreichend bei den meisten urologischen Eingriffen, siehe auch:
- Multimodale Schmerztherapie: Bei größeren Eingriffen sinnvoll
Nach vielen urologischen Eingriffen bestehen lediglich milde bis moderate postoperative Schmerzen! [9]
Spezielle Risiken und Komplikationen
- TUR-Syndrom und Hypothermie bei (übermäßigem) Einsatz von Spüllösung
- Iatrogene Blasenperforation bei plötzlicher Kontraktion der Adduktoren im Rahmen einer TUR-B
- Pneumothorax bei Eingriffen an der Niere [1][3]
- Hyperchlorämische metabolische Azidose nach Zystektomie mit Anlage eines Ileumkonduits [4]
- DIC mit Blutung nach Eingriffen an der Prostata [9][43][44]
- Lagerungsschäden bei spezieller Lagerung und langer OP-Dauer [38]
TUR-Syndrom
Grundlagen
- Definition: Hypotone Hyperhydratation durch Aufnahme größerer Mengen an Spüllösung in den Blutkreislauf
- Klassischerweise im Rahmen einer transurethralen Resektion (TUR-P, TUR-B)
- Auftreten grundsätzlich jedoch auch bei anderen Eingriffen unter Einsatz von Spüllösung möglich [45][46]
- Ätiologie: Aufnahme von Spülflüssigkeit durch Einschwemmung und/oder Resorption
- Einschwemmung: Direkte Aufnahme durch chirurgische Eröffnung venöser Gefäße im OP-Gebiet
- Resorption: Indirekte Aufnahme nach Übertritt ins umliegende Gewebe [9]
- Risikofaktoren [47]
- Verwendung elektrolytfreier Spüllösung
- Hoher Spüldruck (>60 cmH2O)
- Lange OP-Dauer (>60 min)
Ein TUR-Syndrom kann auch noch einige Stunden nach dem Eingriff auftreten! [1]
Zur Prävention können alternative Verfahren ohne hypotone Spüllösungen (bipolare oder lasergestützte Resektionsverfahren) sowie Niedrigdruckspüllösungen angewendet werden! [1][9][48]
Symptomatik
Frühe und späte Symptome eines TUR-Syndroms | ||
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Symptome | Früh | Spät |
Kardiopulmonal | ||
Zerebral |
|
|
Die Symptomatik eines TUR-Syndroms ist eher unspezifisch und in ihrer Ausprägung abhängig vom Schweregrad der hypotonen Hyperhydratation!
Frühe Warnzeichen wie bspw. vermehrtes Gähnen, Verwirrtheit oder Unruhe sind intraoperativ nur bei wachen Personen erkennbar!
Diagnostik
- Klinische Symptomatik (inkl. EKG und Blutdruck)
-
Blutgasanalyse (arteriell oder venös) , typische Befundkonstellation
- Hyponatriämie
- Hypokaliämie
- Ggf. metabolische Azidose
- Ggf. blutungs- bzw. verdünnungsbedingter Hb-Abfall
Methoden zur Abschätzung der Aufnahme von Spüllösung [47]
- Direkte Überwachung der Serumnatriumkonzentration
- Extrazellulärflüssigkeit (EZF) = 0,2 × kgKG
- Aufgenommene Spüllösung = Natriumpräoperativ ÷ Natriumpostoperativ × EZF - EZF
- Alkoholeinschwemmtest
- Zusatz von Ethanol 1% zur Spüllösung
- Aufgenommene Spüllösung abschätzbar durch Messung der Alkoholkonzentration in der Ausatemluft
Management und Therapie [3][9]
- Allgemeine Maßnahmen
- Unverzügliche Information des chirurgischen Teams
- Koagulation eröffneter Gefäße und möglichst rasche Beendigung des Eingriffs
- Korrektur der hypotonen Hyperhydratation
- Gabe von Furosemid zur Steigerung der Flüssigkeitsausscheidung
- Bei Serumnatrium >120 mmol/L: Parallel vorsichtige Gabe von Vollelektrolytlösung
- Bei Serumnatrium <120 mmol/L: Zusätzliche Natriumsubstitution erwägen
- Supportive bzw. symptomatische Therapie
- Ggf. Oberkörperhochlagerung oder Anti-Trendelenburg-Lagerung zur Kreislaufentlastung
- Ggf. medikamentöse Kreislaufunterstützung (Art und Dosierung individuell festlegen)
- Bei metabolischer Azidose: Ggf. Gabe von Natriumbicarbonat
- Bei Hypokaliämie: Vorsichtige Kaliumsubstitution
- Bei generalisiertem Krampfanfall: Ggf. antikonvulsive Therapie [4]
- Bei respiratorischer Insuffizienz: Atemwegssicherung
- Postoperative Maßnahmen
- Engmaschige klinische und laborchemische Verlaufskontrollen erforderlich
- Aufnahme auf eine Intensiv- oder Intermediate-Care-Station erwägen