Zusammenfassung
Die chronische Pankreatitis wird in der überwiegenden Zahl der Fälle durch Alkoholabusus ausgelöst. Klinisch manifestiert sie sich meist durch rezidivierende, gürtelförmige Oberbauchschmerzen. Der zunehmende fibrotische Umbau des Pankreasgewebes mit resultierender exokriner und endokriner Insuffizienz führt zu Symptomen der Maldigestion wie Gewichtsverlust, Diarrhö und Fettunverträglichkeit.
Diagnostisch kann im akuten Schub ein Anstieg der Pankreasenzyme wie bei der akuten Pankreatitis beobachtet werden. Spezifischer sind laborchemische Funktionstests (z.B. Elastase-1-Konzentration im Stuhl) und die sonografische Bildgebung, in der sich z.B. Verkalkungen oder Pseudozysten zeigen können. Therapeutisch sollten Allgemeinmaßnahmen wie eine spezielle Diät und der Verzicht auf Alkohol und Nikotin eingehalten werden. Zusätzlich können Pankreasenzyme medikamentös substituiert und im Falle von Komplikationen endoskopische oder offen operative Eingriffe durchgeführt werden. Durch die häufig multiplen Komorbiditäten (bei Alkohol- und Nikotinkonsum), aber auch aufgrund der verschiedenen Komplikationsmöglichkeiten (z.B. Pankreaskarzinom, Diabetes mellitus) geht die Erkrankung mit einer reduzierten Lebenserwartung einher.
Definition
- Schubförmige entzündliche Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, bei der das Parenchym durch fibrotisches Bindegewebe ersetzt wird und es dadurch zu einem fortschreitenden Verlust der exokrinen und endokrinen Funktion kommt
- Spezielle Formen
- Hereditäre chronische Pankreatitis: Als eigene Entität oder im Rahmen der zystischen Fibrose
- Tropische chronische Pankreatitis: Vermutlich durch Malnutrition ausgelöst, beginnt meist im Jugendalter
- Idiopathische chronische Pankreatitis: Ohne erkennbaren Auslöser
- Early-onset: Im Alter von 10–20 Jahren
- Late-onset: Im Alter von 50–60 Jahren
Ätiologie
- Chronischer Alkoholabusus (ca. 80%)
- Tabakrauchen
- Als Risikofaktor: Epidemiologische Studien weisen darauf hin, dass Tabakrauchen ein größerer Risikofaktor ist als Alkoholabusus
- Als Progressionsfaktor: Beschleunigung der Progression durch Zunahme der Kalzifikationen, Entwicklung eines Diabetes mellitus und Schmerzen
- Idiopathisch
- Weitere Ursachen
- Hereditär (als eigene Entität oder z.B. bei zystischer Fibrose)
- Mutationen in den Genen PRSS1, SPINK1, CPA1 und CTRC
- Zystische Fibrose: Die Pankreatitis bei zystischer Fibrose zählt auch zu den hereditären Formen
- Medikamentös-toxisch
- Primärer Hyperparathyreoidismus (Hyperkalzämie)
- Hypertriglyceridämie: >1.000 mg/dL
- Autoimmunpankreatitis
- Obstruktion von Pankreasgängen
- Vorangegangene Strahlentherapie
- Hereditär (als eigene Entität oder z.B. bei zystischer Fibrose)
Die chronische Pankreatitis hat keine biliäre Genese!
„TIGAR-O“: T = Toxisch und Metabolisch (Alkohol, Rauchen, Hyperkalzämie), I = Idiopathisch, G = Genetisch, A = Autoimmun, R = Rezidivierende akute Pankreatitis, O = Obstruktiv
M-ANNHEIM-Einteilung
M-ANNHEIM-Einteilung der Auslöser einer chronischen Pankreatitis [2] | ||
---|---|---|
M | Multiple Risikofaktoren | |
A | Alkoholkonsum |
|
N | Nikotinkonsum |
|
N | Nahrungsfaktoren |
|
H | Hereditäre Faktoren |
|
E | Efferente Pankreasgangveränderungen |
|
I | Immunologische Faktoren | |
M | Metabolische und weitere Faktoren |
|
Pathophysiologie
- Pathomorphologische Formen der chronischen Pankreatitis [3]
- Chronisch-obstruktive Pankreatitis: Mit Abflussbehinderung des Pankreassekrets
- Chronisch-kalzifizierende Pankreatitis: Diffuse Entzündung der intralobulären Pankreasgänge
- Histologische Befunde bei chronischer Pankreatitis [4][5]
- Fibrosierung und Sklerosierung des Pankreasparenchyms
- Atrophie bzw. Nekrosen, initial fokal, dann über das gesamte Organ
- Entzündlichen Infiltrate
- Kaliberunregelmäßigkeiten und Steinbildung in den Gängen
- Hypothesen über die pathophysiologischen Zusammenhänge [5][6]
- Obstruktionshypothese
- Chronischer Alkoholkonsum → veränderte Zusammensetzung des Pankreassekrets → Ausfällungen im Gangsystem
- Verkalkung der Ausfällungen → Sekretabfluss behindert (Obstruktion) → chronische Entzündung, Atrophie, Fibrose
- Oxidative-Stress-Hypothese bzw. Detoxifikationshypothese
- Hohe Konzentrationen von Substraten (Fetten, Proteinen) oder Triggern (Alkohol, Noxen aus Zigaretten oder Medikamenten) → Überaktivität von Oxidasen der Leber → Entstehung toxischer Nebenprodukte
- Elimination freier Radikale ↓ → Schädigung von Acinuszellen → Freisetzung von Pankreassekret ins Interstitium → chronische Entzündung
- Toxisch-metabolische Hypothese
- Chronischer Alkoholkonsum → direkte Schädigung der Acinuszellen
- Degeneration der Acinuszellen unter Bildung von Fettvakuolen → Freisetzung von Pankreassekret ins Interstitium → chronische Entzündung
- Nekrose-Fibrose-Hypothese
- Obstruktionshypothese
Klassifikation
- Klassifikationssysteme: Klinisch nicht sehr relevant, ermöglichen jedoch eine Vergleichbarkeit von strukturellen Befunden
- Weitere Scores zu klinischer Symptomatik und bildgebendem Befund
- Manchester-Klassifikation [1]
- ABC-System nach Ramesh/Büchler
- Rosemont-Klassifikation [1]
Cambridge-Klassifikation
Cambridge-Klassifikation der chronischen Pankreatitis [1] | ||||
---|---|---|---|---|
Einteilung | ER(C)P | Abdomensonografie | Endosonografie | CT/MRCP |
Cambridge 0 | Keine Pathologie bei kompletter Gangdarstellung | Normales Parenchym, glatte Organkontur, Gang <2 mm | Keine morphologischen Veränderungen | Keine morphologischen Veränderungen |
Cambridge 1 | <3 pathologische Seitenäste, Hauptgang normal | Echodichte Parenchymstruktur, wabig-lobulierte Parenchymtextur, Organvergrößerung (bis 1,5-fach), Gang <3 mm | Honigwabenartig lobulierte Parenchymtextur, Gang <3 mm | In CT und MRT nicht detektierbar |
Cambridge 2 | >3 pathologische Seitenäste, Hauptgang normal | Lobulierte Parenchymtextur mit echoreichen Septen, irreguläre Organkontur, irregulär konfigurierter Hauptgang (hyperechogen) >3 mm | Echodichte Parenchymkontur, hyperechogene fokale Läsionen, hyperechogener Gang <3 mm |
|
Cambridge 3 | >3 pathologische Seitenäste + irregulärer Hauptgang | Cambridge 2 + Zysten und/oder fokale Verkalkungen | Wabige Parenchymtextur mit Septen, hyperechogene fokale Läsionen, irregulärer Gang >3 mm ohne Gangstein | Cambridge 2 (alle Kriterien) + Hauptgang >4 mm |
Cambridge 4 | Cambridge 3 + Zysten, Gangsteine, Strikturen und/oder Einbezug von Nachbarorganen | Cambridge 3 + Gangsteine, Gangobstruktion, mind. 2-fache Organvergrößerung und/oder Milzvenenthrombose | Cambridge 3 + Verkalkung, Gangsteine und/oder Zysten |
|
M-ANNHEIM-Klassifikation
M-ANNHEIM-Klassifikation des Schweregrads einer chronischen Pankreatitis [1][2] | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Parameter | 0 Punkte | 1 Punkt | 2 Punkte | 3 Punkte | 4 Punkte | |
Schmerzintensität | Keine Schmerzen zwischen den Schüben einer rezidivierenden Pankreatitis | Keine Schmerzen unter Schmerztherapie | Intermittierende Schmerzen | Kontinuierliche Schmerzen | ||
Schmerztherapie | Keine | Medikamentöse Therapie bei chronischer Pankreatitis nach WHO-Richtlinien Stufe I–II | Medikamentöse Therapie bei chronischer Pankreatitis nach WHO-Richtlinien Stufe III oder interventionelle Therapie | — | Chirurgische Therapie | |
Bildgebung | Unauffällig | Verdächtig auf chronische Pankreatitis | Milde chronische Pankreatitis | Mittelschwere chronische Pankreatitis | Schwere chronische Pankreatitis | |
Komplikationen | Keine | — | Behandelbar und reversibel | — | Irreversibel | |
Endokrine Insuffizienz | Keine | — | — | — | Diabetes mellitus | |
Interpretation/Auswertung | ||||||
A | 0–5 Punkte: Geringfügige chronische Pankreatitis | |||||
B | 6–10 Punkte: Verstärkte chronische Pankreatitis | |||||
C | 11–15 Punkte: Fortgeschrittene chronische Pankreatitis | |||||
D | 16–20 Punkte: Deutliche chronische Pankreatitis | |||||
E | >20 Punkte: Exazerbierte chronische Pankreatitis |
Rosemont-Klassifikation
Rosemont-Klassifikation zur endosonografisch gestützten Diagnose der chronischen Pankreatitis | |||
---|---|---|---|
Kriterien | A-Hauptkriterien | B-Hauptkriterien | Nebenkriterien |
Endosonografische Befunde | Parenchymverkalkungen: Echoreiche Strukturen ≥2 mm mit Schallauslöschung | Lobularität mit Honigwaben: Klar umschriebene, ≥5 mm messende Strukturen mit echoreichem Randsaum und echoarmer Binnenstruktur, kontinuierlich über ≥3 Lobuli | Echoreiche Strukturen ≥2 mm ohne Schallauslöschung |
Pseudozysten: Echofreie runde oder ellipsoide Strukturen mit/ohne Septierung | |||
Septierung: Echoreiche Linien ≥3 mm Länge in mind. 2 Richtungen | |||
Pankreatikolithiasis: Echoreiche Strukturen im Pankreasgang mit dorsaler Schallauslöschung | Lobularität ohne Honigwaben: Klar umschriebene, ≥5 mm messende Strukturen mit echoreichem Randsaum und echoarmer Binnenstruktur, nicht-kontinuierlich | Unregelmäßiger Pankreashauptgang: Ungleichmäßige bzw. irreguläre Begrenzung mit/ohne Ektasie | |
Erweiterte Seitengänge: ≥3 längliche echofreie Strukturen mit mind. 1 mm Durchmesser, ausgehend vom Pankreashauptgang | |||
Hauptgangdilatation: ≥3,5 mm im Corpus oder ≥1,5 mm im Schwanz | |||
Hauptgangsklerose: Echoreiche, gut abgrenzbare Struktur, die >50% des Gangdurchmessers im Corpus oder Schwanz einnimmt | |||
I: Vereinbar mit chronischer Pankreatitis | |||
IA | 1 A-Hauptkriterium | — | ≥3 Nebenkriterien |
IB | 1 A-Hauptkriterium | 1 B-Hauptkriterium | — |
IC | 2 A-Hauptkriterien | — | — |
II: Verdächtig für chronische Pankreatitis | |||
IIA | 1 A-Hauptkriterium | — | <3 Nebenkriterien |
IIB | — | 1 B-Hauptkriterium | ≥3 Nebenkriterien |
IIC | — | — | ≥5 Nebenkriterien |
III: Chronische Pankreatitis möglich | |||
IIIA | — | — | 3–4 Nebenkriterien |
IIIB | — | 1 B-Hauptkriterium oder | <3 Nebenkriterien |
IV: Normal | |||
IV | — | — | ≤2 Nebenkriterien |
Symptomatik
- Allgemeine Symptome: Bei fast allen Patient:innen im Verlauf vorhanden
- Leitsymptom: Gürtelförmiger, anhaltender Oberbauchschmerz mit Ausstrahlung in die Seiten und in den Rücken
- Multifaktorieller Schmerz häufig, bspw. durch
- Pankreasgangstenosen und Strikturen
- Raumfordernde entzündliche Prozesse
- Kompression von Nerven und umliegenden Organstrukturen
- Wiederauftreten von Schmerzen nach schmerzfreiem Intervall deutet auf eine Dynamik im Geschehen, ggf. neue raumfordernde Prozesse
- Multifaktorieller Schmerz häufig, bspw. durch
- Übelkeit, Erbrechen
- Gewichtsverlust
- Ggf. rezidivierender Ikterus
- Leitsymptom: Gürtelförmiger, anhaltender Oberbauchschmerz mit Ausstrahlung in die Seiten und in den Rücken
- Zeichen der exokrinen Pankreasinsuffizienz
- Leitsymptom Maldigestion: Bei Zerstörung von 90% des Pankreasgewebes
- Siehe auch: Exokrine Pankreasinsuffizienz
- Zeichen der endokrinen Pankreasinsuffizienz: Pankreopriver Diabetes mellitus
Im Spätstadium besteht häufig wieder Schmerzfreiheit!
Exokrine Pankreasinsuffizienz
Allgemeines [7]
- Definition: Einschränkung der Sekretion von Pankreasenzymen und/oder Bicarbonat
- Klassifikation
- Leichte exokrine Insuffizienz: Eingeschränkte Sekretion von einem oder mehreren Pankreasenzymen
- Mittelschwere exokrine Insuffizienz: Eingeschränkte Sekretion von einem oder mehreren Pankreasenzymen und Bicarbonat
- Schwere exokrine Insuffizienz: Eingeschränkte Sekretion von einem oder mehreren Pankreasenzymen und Bicarbonat mit Steatorrhö
- Ätiologie
- Verlust von Pankreasgewebe
- Häufigste Ursache: Chronische Pankreatitis
- Weitere Ursachen
- Autoimmune oder schwere akute Pankreatitis
- Pankreaskarzinom
- Nach Pankreasresektion
- Zystische Fibrose
- Verlust von Pankreasgewebe im Alter
- Pankreasgangobstruktion
- Verminderte endogene Stimulation, bspw. bei Diabetes mellitus
- Schwere Form bei ca. 25% der Typ-1-Diabetiker:innen
- Schwere Form bei ca. 15% der Typ-2-Diabetiker:innen
- Zöliakie
- Weitere seltene Ursachen
- Verlust von Pankreasgewebe
Symptome [7]
- Maldigestion
- Malabsorptionssyndrom mit Gewichtsverlust bis Kachexie
- Diarrhö, Steatorrhö bei Fettmalabsorption → Konsekutiver Mangel an fettlöslichen Vitaminen
- Vitamin-D-Mangel → Osteomalazie, Osteoporose
- Vitamin-K-Mangel → Gerinnungsstörung (Quick↓, INR↑, Mangel an Gerinnungsfaktoren II, VII, IX, X)
- Vitamin-A-Mangel → Nachtblindheit
- Meteorismus
- Ggf. Vitamin-B12-Mangel
- Ggf. Stuhlinkontinenz
Diagnostik
Allgemeine Diagnostik
-
Anamnese
- Typische Symptomatik
- Beginn der Beschwerden
- Komorbiditäten
- Vormedikation
- Laborscreening
- Sonografie
- Endoskopie
- Ggf. weitere Bildgebung
- Ausschluss Pankreaskarzinom
Messung der exokrinen Pankreasfunktion
- Indikation
- Diagnose einer chronischen Pankreatitis
- Bei Veränderungen der klinischen Symptomatik im Verlauf einer chronischen Pankreatitis
- Zystische Fibrose
- Diabetes mellitus mit gastrointestinalen Beschwerden
- Durchführung
- Messung der Elastase-1-Konzentration im Stuhl
- Elastase-1-Konzentration <200 μg/g Stuhl: Exokrine Pankreasinsuffizienz
- Elastase-1-Konzentration <100 μg/g Stuhl: Schwere exokrine Pankreasinsuffizienz
- Elastase-1-Konzentration >500 μg/g Stuhl: Ausschluss einer exokrinen Pankreasinsuffizienz
- Messung der Elastase-1-Konzentration im Stuhl
- Weitere Spezialdiagnostik: In den meisten Fällen nicht erforderlich
- Messung weiterer Enzyme im Stuhl
- Bestimmung der Chymotrypsin-Konzentration im Stuhl
- Messung der Fettausscheidung im Stuhl
- Quantitative Bestimmung im 3-Tage-Sammelstuhl
- Qualitative Bestimmung
- Messung der Pankreassekretion
- Sekretin-Cholezystokinin-Test
- Quantitative Messung der Pankreassekretion nach Stimulation in der MRCP
- 13C-Atemtest nach Gabe von 13C-markierten Triglyceriden
- Messung weiterer Enzyme im Stuhl
Differenzialdiagnosen
- Zöliakie
- Autonome Neuropathien des Magen-Darm-Traktes
- Reizdarmsyndrom
- Gastrointestinale Nebenwirkungen von oralen Antidiabetika oder Zuckeraustauschstoffen
- Funktionelle Dyspepsie
- Gastroösophagealer Reflux
- Gastrointestinale Malignome
- Entzündliche Darmerkrankungen
- Bakterielle Dünndarmfehlbesiedelung
- Nicht-alkoholische Steatohepatitis
Therapie
- Substitution pankreatischer Enzyme bei exokriner Pankreasinsuffizienz zu den Mahlzeiten
- Indikation: Deutliche Steatorrhö
- Ziel: Verbesserung der Fettabsorption und damit der ausreichenden Ernährung
- Durchführung: Pankreasenzyme, bspw. Pankreatin© in säuregeschützten Partikeln mit einem Durchmesser ≤2 mm
- Dosierung: 40.000–50.000 Einheiten Ph. Eur./Hauptmahlzeit als Einstiegsdosis (bei kleinen Zwischenmahlzeiten ca. die Hälfte)
- Einnahmehinweise: Enzympräparate zu(!) den Mahlzeiten einnehmen, damit die Enzyme mit dem Nahrungsbrei vermischt werden
- Besondere Patientengruppen: Patient:innen mit Diabetes mellitus sollten den Blutzuckerspiegel zu Beginn der Pankreatin-Therapie engmaschiger kontrollieren
- Präparate-Übersicht in der Arzneimitteldatenbank
- Therapieerfolg: Gewichtszunahme, Besserung der Stuhlfrequenz und Schmerzen, Normalisierung der Serumspiegel fettlöslicher Vitamine
- Bei ausbleibendem Therapieerfolg
- Prüfung der Therapieadhärenz: Bestimmung von Chymotrypsin im Stuhl; die gemessenen Werte sind bei Nicht-Einnahme sehr niedrig
- Bei korrekter Einnahme: Dosiserhöhung und Menge der Fettzufuhr prüfen, ggf. Reduktion der Nahrungsfette
- Kombination mit einer gastralen Säurehemmung mittels PPI versuchen
- Der Bedarf an Enzymersatz ist individuell höchst unterschiedlich; i.d.R. genügen 20.000–40.000 Einheiten Pankreasenzym pro Mahlzeit
- Ggf. keine Therapieadhärenz bei Ablehnung konventioneller Pankreasenzympräparaten vom Schwein aus religiösen Gründen: Therapieumstellung mit Präparaten auf Reispilzenzym-Basis
- Bei ausbleibendem Therapieerfolg
Zur Behandlung der exokrinen Pankreasinsuffizienz werden keine operativen Verfahren empfohlen!
Diagnostik
Ziel der Diagnostik
- Beurteilung der exokrinen und endokrinen Funktion
- Erkennen bereits eingetretener morphologischer Organveränderungen
- Komplikationen und/oder symptomatische Befunde (z.B. Pseudozysten) detektieren
- Risiko für ein Pankreaskarzinom einschätzen
Labor
- Pankreasenzyme: Bei akutem Schub erhöht, sonst ggf. auch normwertig
- Lipase↑ [4]
- Amylase↑ (extrapankreatische Amylasämien beachten!)
- Elastase-1↑
- Hinweise auf Alkoholkrankheit: MCV↑, γGT↑, CDT↑ und/oder Triglyceride↑
- Orientierende Prüfung der endokrinen Funktion: Serumglucose und HbA1c
- Ggf. Tumormarker: CA 19-9 (bei geplanter Operation)
- Messung der exokrinen Pankreasinsuffizienz
Bildgebende Verfahren
- Ziel: Einordnung der jeweiligen Befunde in Schweregrade nach der Cambridge-Klassifikation (siehe auch: Klassifikation)
- Das Ausmaß morphologischer Veränderungen korreliert i.d.R. gut mit dem Ausmaß funktioneller Einschränkungen
- Erfassung von Differenzialdiagnosen und Komplikationen
- Nekrosen: Kontrastmittel-Sonografie, CT, Endosonografie mit Duplex
- Pseudozysten: Abdomensonografie, MRCP, CT, Endosonografie
- Karzinome, zystische Pankreasläsionen und Differenzialdiagnose Autoimmunpankreatitis
- Kombination aus Endosonografie und ggf. Kontrastmittelsonografie und/oder CT-Abdomen mit Kontrastmittel
- Ggf. Punktion mit zytologischer Untersuchung und Bestimmung von Tumormarkern
Die Entscheidung darüber, welche bildgebenden Untersuchungen durchgeführt werden, sollte individuell anhand lokaler Verfügbarkeit, Expertise, Invasivität und Kosten getroffen werden!
Transabdominelle Sonografie
- Indikationen
- Initiale Basisuntersuchung
- Screening auf Komplikationen im Verlauf
- Durchführung: Ggf. mit Kontrastmittel für die Detektion von Komplikationen
- Mögliche Befunde
- Vergröberte Organkontur und Organvergrößerung
- Nachweis von Pankreasverkalkungen : Beweisend für chronische Pankreatitis
- Pankreasgänge: Kaliberunregelmäßigkeiten und Steine
- Nekrosen
Cambridge-Klassifikation der chronischen Pankreatitis für die transabdominelle Sonografie | |
---|---|
Cambridge 0 | Normales Parenchym, glatte Organkontur, Gang <2 mm |
Cambridge 1 | Echodichte Parenchymstruktur, wabig-lobulierte Parenchymtextur, Organvergrößerung (bis 1,5-fach), Gang <3 mm |
Cambridge 2 | Lobulierte Parenchymtextur mit echoreichen Septen, irreguläre Organkontur, irregulär konfigurierter Hauptgang (hyperechogen) >3 mm |
Cambridge 3 | Cambridge 2 + Zysten und/oder fokale Verkalkungen |
Cambridge 4 | Cambridge 3 + Gangsteine, Gangobstruktion, mind. 2-fache Organvergrößerung und/oder Milzvenenthrombose |
Endosonografie
- Indikationen
- Diagnosestellung
- Abklärung pankreatischer Raumforderungen
- Durchführung: Transgastral oder transduodenal, ggf. mit Duplexsonografie
- Siehe auch: Rosemont-Klassifikation
Cambridge-Klassifikation der chronischen Pankreatitis für die Endosonografie | |
---|---|
Cambridge 0 | Keine morphologischen Veränderungen |
Cambridge 1 | Honigwabenartig lobulierte Parenchymtextur, Gang <3 mm |
Cambridge 2 | Echodichte Parenchymkontur, hyperechogene fokale Läsionen, hyperechogener Gang <3 mm |
Cambridge 3 | Wabige Parenchymtextur mit Septen, hyperechogene fokale Läsionen, irregulärer Gang >3 mm ohne Gangstein |
Cambridge 4 | Cambridge 3 + Verkalkung, Gangsteine und/oder Zysten |
CT, MRT und MRCP
- Indikation: Unklare Befunde in der Sonografie- und Endosonografieuntersuchung
- Mögliche Befunde in der CT
- Verkalkungen
- Nekrosen
- Mögliche Befunde in der MRT/MRCP
- Erweiterungen des Pankreasgangsystems
- Gute Darstellbarkeit des Pankreasparenchyms
- Verkalkungen sind nicht darstellbar
- Durchführung
- CT mit Kontrastmittel
- MRT ggf. mit Sekretin-Stimulation
Cambridge-Klassifikation der chronischen Pankreatitis in der CT bzw. MRCP | |
---|---|
Cambridge 0 | Keine morphologischen Veränderungen |
Cambridge 1 | In CT und MRT nicht detektierbar |
Cambridge 2 |
|
Cambridge 3 | Cambridge 2 (alle Kriterien) + Hauptgang >4 mm |
Cambridge 4 |
|
ERCP (endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikografie)
- Indikation: Zurückhaltend stellen
- Mögliche Befunde
- Kaliberunregelmäßigkeiten im Gallen- und Pankreasgangsystem
- Gallengang- und Pankreasgangsteine
- Gallengang- und Pankreastumoren
Cambridge-Klassifikation der chronischen Pankreatitis für die ERCP | |
---|---|
Cambridge 0 | Keine Pathologie bei kompletter Gangdarstellung |
Cambridge 1 | <3 pathologische Seitenäste, Hauptgang normal |
Cambridge 2 | >3 pathologische Seitenäste, Hauptgang normal |
Cambridge 3 | >3 pathologische Seitenäste + irregulärer Hauptgang |
Cambridge 4 | Cambridge 3 + Zysten, Gangsteine, Strikturen und/oder Einbezug von Nachbarorganen |
Genetische Diagnostik
- Indikation
- Junge Patient:innen (<30 J.) mit einem oder mehreren Schüben einer Pankreatitis unklarer Genese
- Patient:innen mit Verwandten ersten und zweiten Grades mit chronischer Pankreatitis
- Genetische Diagnostik: Mutationsanalysen bzgl. der Genloci PRSS1 , SPINK1 , und CPA1
- Therapeutische Konsequenz: Humangenetisches Beratungsangebot
Langzeitüberwachung bei chronischer Pankreatitis
Risikoerhöhung für Komorbiditäten im Rahmen der chronischen Pankreatitis
- Pathologien des Pankreas: Pankreaskarzinom, Diabetes mellitus
- Nephrologische Erkrankungen: Chronische Nierenerkrankung, Urolithiasis
- Pulmologische Erkrankungen: COPD, Lungenkarzinom
- Zerebrovaskuläre Erkrankungen
- Kardiovaskuläre Erkrankungen: Myokardinfarkt, tiefe Beinvenenthrombose, Lungenembolie
- Ulkuskrankheit
- Entzündliche Darmerkrankung
- Herpes zoster
Screenings
Regelmäßige Screenings
- Überwachung der endokrinen Pankreasfunktion
- Ziel: Frühe Diagnose eines Diabetes mellitus
- Durchführung: HbA1c und Nüchternblutzucker, ggf. oGTT
- Häufigkeit: Jährlich
Indikationsbasierte Screenings
- Messung der exokrinen Pankreasfunktion
- Indikationen: Hinweise auf Störungen des Knochenstoffwechsels oder Ernährungszustandes
- Durchführung: Siehe Messung der exokrinen Pankreasfunktion
- Bildgebende Diagnostik
- Indikationen
- Nicht gewollter Gewichtsverlust, B-Symptomatik, neu aufgetretener Ikterus oder Diabetes mellitus → Ausschluss eines Pankreaskarzinoms
- Schub einer akuten Pankreatitis → Ausschluss einer behandlungsbedürftigen Komplikation
- Vorliegen einer hereditären Pankreatitis und Alter ≥40 Jahre
- Häufigkeit
- Bei Auftreten entsprechender Symptomatik
- Bei hereditärer Pankreatitis: Jährlich
- Indikationen
- Psychologische Betreuung
- Indikation: Suchtproblematik
- Siehe auch: Behandlungsangebote bei Alkoholabhängigkeit
Therapie
Allgemeine Therapiegrundsätze
- Strikte Alkoholkarenz
- Strikte Rauchkarenz [8]
Ernährung [1]
- Ernährungsberatung
- Indikation: Mangelernährung
- Ziel: Steigerung der Kalorienaufnahme und ausreichende Versorgung mit Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen
- Isokalorische Wunschkost
- Kleine und häufige Mahlzeiten
- Bei Patient:innen ohne Hinweise auf eine Maldigestion muss keine fettarme Ernährung empfohlen werden
- Exzessiv fettige Mahlzeiten meiden, insb. wenn diese Schmerzen triggern
- Substitution von Triglyceriden: Mittelkettige Fettsäuren (MCT)
- Ggf. orale Trinknahrung oder frühzeitige Einleitung einer Sondenernährung
- Substitution fettlöslicher Vitamine (E, D, K, A): Bei nachgewiesener Hypovitaminose parenterale Zufuhr
- Substitution von Mengen- und Spurenelementen
Bei Kindern sollte die Indikation zur Substitutionstherapie bereits vor dem Auftreten von Mangelzuständen gestellt werden!
Merkwort zu den fettlöslichen Vitaminen: „EDeKA“!
Medikamentöse Therapie der chronischen Pankreatitis
Analgesie
- Indikation: Schmerzen bei chronischer Pankreatitis
- Durchführung: Schmerztherapie nach WHO-Stufenschema, ggf. mit Einsatz von Koanalgetika
Analgetikatherapie bei chronischer Pankreatitis nach WHO-Richtlinien | |||
---|---|---|---|
Stufe | Wirkstoff | Vorschläge für die Dosierung | |
I | Periphere Analgetika | Paracetamol | |
Metamizol | |||
II | Stufe I und niedrigpotente zentrale Analgetika | Tramadol | |
Tilidin/Naloxon | |||
III | Stufe I–II und hochpotente zentrale Analgetika | ||
Morphin | |||
Tapentadol | |||
IV | Stufe I–III und interventionelle bzw. chirurgische Maßnahmen | Blockade oder Neurolyse des Plexus coeliacus, thorakoskopische Splanchniektomie | |
Ggf. zusätzlich bei jeder Stufe | Koanalgetika | Levomepromazin | |
Clomipramin | |||
Pregabalin |
- Zu beachten: Bei Analgetikabedarf >6 Monate sollen endoskopische bzw. operative Verfahren eingesetzt werden
- Bei Schmerzpersistenz : Ggf. endosonografisch gesteuerte Blockade des Plexus coeliacus
Eine schmerzhafte chronische Pankreatitis mit deutlich erweitertem Pankreasgang soll nicht länger als 6 Monate mit Opiaten behandelt werden, bevor eine operative Therapie empfohlen wird!
Therapie des akuten Schubs
- Therapie entsprechend akuter Pankreatitis (siehe auch: Akute Pankreatitis - Allgemeine Therapiegrundsätze und Akute Pankreatitis - Medikamentöse Therapie)
- PPI (z.B. Pantoprazol ) zur Stressulkusprophylaxe und Behandlung einer häufig als Komorbidität vorliegenden Gastritis bzw. gastroduodenalen Ulkuskrankheit
- Analgesie in ausreichender Dosierung: Essenziell!
- Metamizol und Opioide als Kombinationspartner
- Adjuvanzien wie Pregabalin können die analgetische Wirksamkeit insb. bei chronischen Schmerzen verbessern
- Alternativ Amitriptylin oder Gabapentin : Können die analgetische Wirksamkeit insb. bei chronischen Schmerzen verbessern
Therapie bei Pankreasinsuffizienz
- Exokrine Pankreasinsuffizienz: Siehe Substitution pankreatischer Enzyme bei exokriner Pankreasinsuffizienz
- Endokrine Pankreasinsuffizienz: Bedarfsgerechte Insulingabe (ggf. sehr schwer einstellbar)
Interventionelle Therapie
Allgemeine Indikationen für eine interventionelle Therapie
- Stenosen und Strikturen des Pankreasganges
- Atypische Läsionen
- Benigne Stenose und Dilatation des Gallenganges ohne Schmerzen, jedoch mit funktionellen Einschränkungen
- Inoperabilität und persistierende Symptome einer Magenausgangs- oder Duodenalstenose
- Komplikationen von symptomatischen Pankreaspseudozysten
Auswahl des interventionellen Verfahrens
- Endoskopische Ballondilatation und Stenteinlage
- Indikation: Stenosen bzw. Strikturen des Pankreasganges
- Zeitpunkt: Über max. 12 Monate
- Nachteil: Häufig Rezidive und Dislokationen
- Endoskopische Papillotomie und Bergung von Konkrementen
- Indikation: Pankreaskonkremente , Cholestase
- Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL)
- Indikation: Pankreaskonkremente
- Endosonografische Punktion
- Indikationen: Atypische Läsionen des Pankreas, Diagnose von infiziertem Zysteninhalt
- Endoskopische transmurale oder transkutane Drainage
- Indikationen
- Symptomatische Pankreaspseudozysten
- Asymptomatische Pankreaspseudozysten in Pankreaskopf- und -korpus mit Durchmesser >5 cm und Persistenz >6 Wochen
- Indikationen
- Transpapilläre Drainage: Bei Pankreaszysten <5 cm, die mit dem Ductus pancreaticus in Verbindung stehen
- Ggf. ERCP mit Versuch einer Ableitung der Pseudozyste über die Papille
Operative Therapie [8]
- Indikationen
- Malignomverdacht bzw. V.a. resezierbares Pankreaskarzinom
- Therapieresistenter Schmerz
- Komplikationen wie eine Passagestörung des Duodenums
- Benigne Gallengangstenose und -dilatation ohne Schmerzen
- Persistierende Symptome einer Magenausgangs- oder Duodenalstenose
- Rezidive symptomatischer Pankreaspseudozysten
- Kalzifizierende Pankreatitis
- Zeitpunkt: Innerhalb weniger Monate (<2–6 Monate) nach dem Beginn einer Schmerztherapie mit Opiaten
- Durchführung: Anwendung verschiedener Drainage-, Resektions- und Rekonstruktionsverfahren je nach Komplikation
- Thorakoskopische Splanchniektomie
- Bypassoperation bei Magenausgangs- oder Duodenalstenosen
- Autologe Inselzelltransplantation [8]
- Gallengangdrainage
- Intraoperative innere Drainage des intrapankreatischen Gallenganges bei präoperativ bestehender Cholestase
- Postoperative Anlage einer T-Drainage
- Pankreas-resezierende Verfahren [8]
Pankreas-resezierende Verfahren bei chronischer Pankreatitis | ||
---|---|---|
Fokus der Pankreatitis bzw. Lokalisation der entzündlichen Raumforderung | Pankreasgang | Mögliche operative Verfahren |
Pankreaskopf | Nicht gestaut |
|
Gestaut |
| |
Pankreaskorpus oder Übergang Kopf/Korpus |
| |
Pankreasschwanz | ||
Diffus | Gestaut |
|
Ggf. gestaut |
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- Histologische Aufarbeitung des Operationspräparates: Zum sicheren Malignitätsausschluss
- Gewebeeinbettung von multiplen Gewebeproben und morphologisch auffälligen Arealen
- Untersuchung des Absetzungsrandes
- Repräsentative Lymphknotenentnahme
Komplikationen
Zystische Läsionen des Pankreas [1]
Pankreaspseudozysten [1][9]
- Definierende Merkmale
- Abgekapselte Ansammlung von Sekret
- Umgeben von Kollagen und Granulationsgewebe, aber ohne auskleidende Epithelschicht wie echte Pankreaszysten
- Häufiger als echte Pankreaszysten
- Ätiologie: Können sowohl bei akuter (aus Nekrosezonen) als auch bei chronischer Pankreatitis (durch Verlegung des Gangsystems) entstehen
- Symptome: Ja nach Ausmaß und Lage
- Symptome von Pankreaspseudozysten: Je nach Ausmaß und Lage
- Schmerzen
- Völlegefühl, Übelkeit und Erbrechen
- Stenosen von Magen oder Duodenum
- Stenosen von Gallen- oder Pankreasgängen
- Kompression großer Gefäße
- Pankreatiko-pleurale Fistel
- Rezidivierende Schübe der chronischen Pankreatitis
- Epidemiologie: Prävalenz 20–40% bei chronischer Pankreatitis
- Diagnostik
- Sonografie: Inhomogene Läsion mit echoreichen und echofreien Abschnitten , Verkalkungen der Wand sind möglich
-
CT
- Abgekapselte Flüssigkeitsansammlung mit kontrastmittelaufnehmender Wand aus Granulationsgewebe
- Wand kann Verkalkungen aufweisen
- Septierungen der Läsion sind selten
- MRT und MRCP vor einer Punktion
- Laborparameter: CEA zur Abgrenzung von einem Malignom
- Mögliche Komplikationen
- Einblutung
- Ruptur
- Sekundärinfektion der Pseudozyste
Therapie von Pankreaspseudozysten [1][4][9]
- Konservativ: <4 cm meist spontane Rückbildung, keine Behandlung notwendig
- Indikationen für endoskopische oder chirurgische Therapie
- Symptomatische Kompression großer Gefäße oder von Nachbarorganen
- Cholestase durch Einengung des Ductus hepatocholedochus bzw. Behinderung des Galleabflusses
- Infektion, Einblutung, Ruptur
- Auftreten einer pankreo-pleuralen Fistel
- Relative Indikationen
- Pseudozyste >5 cm mit Symptomatik oder Bestehen >6 Wochen
- Chronische Pankreatitis mit Pankreasganganomalien oder Pankreasgangsteinen
- Zystendrainage
- CT-gesteuerte transkutane Drainage: Nur noch als Notfalleingriff
- Endoskopische Drainage: ERCP mit Anlage eines Stents zur transgastralen oder transduodenalen Drainage
- Periinterventionelle Antibiotikatherapie
- Vorteil: Weniger invasiv als eine Operation
- Nachteil: Hohe Wahrscheinlichkeit einer erneuten Interventionspflichtigkeit, z.B. bei Dislokation oder residualem Flüssigkeitsverhalt und inkompletter Drainage
- Mögliche Komplikationen: Kolonfistel, Blutung, Dislokation, behandlungsbedürftige Perforation, Schmerz, Senkungsabszesse des Retroperitoneums bei Verschleppung von infektiösem Material
- Chirurgische Drainage: Pseudozystoduodenostomie, Pseudozystogastrostomie oder Pseudozystojejunostomie
- Indikationen: Malignomverdacht, Rezidive, erfolglose endoskopische Drainage
- Durchführung: Häufig laparoskopische Pseudozystointestinostomie möglich
- Inzision der Zyste
- Débridement
- Partielle Resektion zur histologischen Untersuchung
- Vorteil: Bessere Langzeitergebnisse bzgl. des Drainageeffekts
- Nachteil: Höhere Invasivität, ggf. operativ bedingte Komplikationen (Wundheilungsstörung etc.)
- Chirurgische Zystenresektion
Zystische Neoplasien des Pankreas
- Formen
- Serös-zystische Neoplasie
- Muzinös-zystische Neoplasie
- Intraduktal papillär-muzinöse Neoplasien (IPMN)
- Solide-pseudopapilläre Neoplasie
- Zystische Azinuszellkarzinome
- Diagnostik: Endosonografisch gestützte Punktion
- Therapie: Chirurgische Resektion (duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion)
Nicht-zystische Veränderungen des Pankreas
Entzündliche Raumforderungen des Pankreaskopfes
- Passagestörung des Duodenums
- Therapie
- Konservativer Therapieansatz mit Prokinetika, z.B. Kombination aus Metoclopramid und Erythromycin für 3–5 Tage (Off-Label Use, bewährte gängige Praxis)
- Ernährungsumstellung (z.B. kleinere, ggf. passager pürierte Mahlzeiten)
- Bei ausbleibender Besserung: Chirurgisch duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion mit Roux-Y-Anastomose
- Therapie
- Therapieresistenter Schmerz: Am häufigsten bei raumfordernden Veränderungen im Bereich des Pankreaskopfes
- Therapie
- Konsequente Schmerztherapie: Ggf. mit interventionellen Methoden wie einer neurolytischen Blockade des Ganglion coeliacum
- Chirurgisches Vorgehen: Bei Versagen anderer Maßnahmen, insb. bei jeglichem Malignomverdacht und nach eingehender Nutzen-Risiko-Abwägung mitsamt Berücksichtigung des Patientenwunsches
- Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion bei Läsionen im Bereich des Pankreaskopfes
- Alternative Resektionsverfahren mit Erweiterung der Pankreasresektion bei anderweitig lokalisierten Raumforderungen
- Therapie
- Gallengangstenosen mit Cholestase
- Epidemiologie: Prävalenz 10–44,6% bei chronischer Pankreatitis
- Indikationen zur Therapie: Signifikante Cholestase, cholangitische Schübe, Prävention einer sekundären biliären Zirrhose, Differenzierung der Schmerzursache
- Therapie
- Primär endoskopisch: ERCP mit Stenteinlage in den DHC
- Operativ : Partielle Duodenopankreatektomie mit Pyloruserhalt
- Chronische Stenosen und/oder Obstruktionen des Pankreasgangsystems
- Therapie: Operation mit Pankreasgangdrainage mit oder ohne Pankreaskopfteilresektion unter Duodenumerhalt, wenn endoskopische Intervention frustran oder wiederholt notwendig
- Operation nach Frey oder Beger: Pankreaskopfresektion unter Duodenumerhalt, Pankreatikojejunostomie nach longitudinaler Eröffnung des Pankreas(-ganges)
-
- Pankreatikojejunostomie nach Partington-Rochelle: Keine Pankreasresektion, Pankreatikojejunostomie nach longitudinaler Eröffnung des Pankreas(-ganges)
- Erweiterung zur partiellen Duodenopankreatektomie, wenn Zweifel an rein entzündlicher Genese der Veränderungen bestehen (Malignomverdacht)
- Therapie: Operation mit Pankreasgangdrainage mit oder ohne Pankreaskopfteilresektion unter Duodenumerhalt, wenn endoskopische Intervention frustran oder wiederholt notwendig
- Infektiöse Komplikationen: Ggf. mit Ausbildung von Abszesshöhlen
- Pankreasgangveränderungen
- Pankreasgangsteine
- Symptome: Schmerzen durch Abflussbehinderung des Pankreassekrets, rezidivierende Krankheitsschübe
- Komplikationen: Pankreaszyste oder -fistel
- Therapie
- Indikation: Symptomatik oder Komplikationen
- Durchführung
- Endoskopische Therapie: Dilatation und Stenteinlage
- Lithotripsie: ESWL, pankreatikoskopische elektrohydraulische Lithotripsie oder Laserlithotripsie
- Operative Therapie
Pankreaskarzinom
- Diagnostik: Ggf. Punktion zur histologischen Sicherung (bei ausreichendem Verdacht in der Bildgebung nicht erforderlich)
- Differenzialdiagnose: Sichere Abgrenzung zu zystischen Neoplasien des Pankreas kann sehr schwierig sein
- Therapie: Chirurgische Resektion, sofern Patient:innen operabel (partielle Duodenopankreatektomie mit Pyloruserhalt)
Gefäßkomplikationen
- Pseudoaneurysmen
- Therapie
- Operative Therapie
- Radiologisch-interventionelle Therapie
- Angiografische Therapie bei blutenden Pseudoaneurysmen
- Therapie
- Pfortaderthrombose mit Aszites bei portaler Hypertension
- Ausgeprägte Kollateralisierung: Ausbildung von Ösophagusvarizen möglich
- Therapie: Duodenumerhaltende Pankreaskopfresektion
- Milzvenenthrombose
- Ätiologie
- Entzündlich bei allen Formen der Pankreatitis und z.B. bei postoperativen Infektionen im Bauchraum
- Kompression bei Tumorwachstum in der Umgebung (z.B. Pankreaskarzinom)
- Klinik
- Splenomegalie
- Ggf. Milzinfarkte, Milzruptur
- Häufig nur unspezifische Symptomatik mit epigastrischem Schmerz
- Ggf. Hypersplenismus mit Thrombopenie und Anämie als Hinweis im Blutbild
- Therapie
- Antikoagulation
- Chirurgische Thrombektomie
- Bei Komplikationen: Splenektomie
- Ätiologie
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Autoimmunpankreatitis
Die Autoimmunpankreatitis ist eine seltene Sonderform der chronischen Pankreatitis, die durch bildmorphologische und histologische Pankreasbefunde charakterisiert ist, mit einer extrapankreatischen Manifestationen einhergehen kann und deren Symptome sich unter Steroidmedikation zurückbilden.
Symptome
- Verschlussikterus, Cholestase
- Abdominelle Schmerzen
- Ggf. Zeichen der exokrinen Pankreasinsuffizienz: Gewichtsverlust, Durchfall/Steatorrhö, kürzlich manifestierter Diabetes mellitus
Diagnostik und Klassifikation
- Diagnosestellung
- Nach ICDC [10] mit Kombinationen 5 klinischer Merkmale: Bildmorphologische Veränderungen, Serologie, andere Organbeteiligungen, Histologie und Ansprechen auf Steroide (siehe Tabellen ICDC-Kriterien)
- Bildgebung: MRT mit DWI und Kontrastmittel, Endosonografie
- Fokale Vergrößerung eines Pankreasabschnitts
- Diffuse Vergrößerung des Pankreasparenchyms mit typischen Veränderungen in der Kontrastmittelverteilung
- Veränderungen des Ductus pancreaticus, bspw. solitäre (>⅓ der Länge) oder multiple Strikturen ohne vorgeschaltete Gangerweiterung
- Ggf. Biopsie zur Abgrenzung zum Pankreaskarzinom
Vereinfachter diagnostischer Zugang nach Unifying autoimmune Pancreatitis Criteria (U-AIP)
U-AIP-Kriterien [1][10][11] | ||
---|---|---|
Kriterium | Befund | |
A |
| |
B | I |
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II |
| |
III |
| |
Diagnose | Kriterium A plus Kriterium BI, BII oder BIII |
Typ 1: Lymphoplasmozytisch-sklerosierende Pankreatitis (LPSP, Pankreato-hepato-biliäre Form)
- Serologie
- IgG4 >280 mg/dL
- Ggf. ANA↑, Rheumafaktor↑, γ-Globuline↑, Cholestaseparameter↑
- Andere Organbeteiligungen : Sialadenitis, interstitielle Lungenerkrankung, pulmonal-hiläre Lymphadenopathie, retroperitoneale Fibrose, gastrale Ulzera, tubulo-interstitielle Nephritis
- Histologie: Lymphoplasmazelluläres Infiltrat mit IgG4-positiven Plasmazellen
- Ansprechen auf Steroide: I.d.R. vorhanden
ICDC-Kriterien für die Diagnose einer Typ-1-Autoimmunpankreatitis [10] | |||
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Kriterium | Level 1 | Level 2 | |
Parenchymale Bildgebung (P) |
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| |
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Serologie (S) |
|
| |
Andere Organbeteiligungen (eine der jeweils zwei Bedingungen muss erfüllt sein) (O) |
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| |
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| ||
Histologie (H) |
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Ansprechen auf Steroide (A) |
| ||
Diagnose | Definitiv |
| |
Wahrscheinlich |
|
Typ 2: Idiopathische duktozentrische Pankreatitis (IDCP)
- Serologie: Kein etablierter serologischer Marker
- Andere Organbeteiligungen: Gehäuftes Auftreten chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen
- Histologie: Fibrose und neutrophile Infiltrate (granulozytäre, intraduktale und/oder intralobuläre Infiltrate)
- Ansprechen auf Steroide: I.d.R. vorhanden
ICDC-Kriterien für die Diagnose einer Typ-2-Autoimmunpankreatitis [10] | |||
---|---|---|---|
Kriterium | Level 1 | Level 2 | |
Parenchymale Bildgebung (P) |
|
| |
|
| ||
Andere Organbeteiligungen (eine der jeweils zwei Bedingungen muss erfüllt sein) (O) |
| ||
Histologie (H) |
|
| |
Ansprechen auf Steroide (A) |
| ||
Diagnose | Definitiv |
| |
Wahrscheinlich |
|
Weitere Typen der Autoimmunpankreatitis
- Typ-3-Autoimmunpankreatitis: Sonderform der Autoimmunpankreatitis als Ausschluss- und Differentialdiagnose [12]
- Auftreten ca. 3–4 Monate nach Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren (insb. PD1-Blocker)
- Breites Spektrum an klinischen (ggf. asymptomatischen Verläufen)
- Anderweitig nicht spezifizierte Autoimmunpankreatitis
- Wahrscheinliche Autoimmunpankreatitis
Therapie
- Immunsuppressive Behandlung
- Corticosteroide
- Indikationen
- Jede symptomatische Autoimmunpankreatitis
- Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen
- Durchführung: Prednisolon
- Indikationen
- Anti-CD20-Antikörper: Rituximab
- Indikation: Kontraindikationen gegen eine Corticosteroidtherapie bei Autoimmunpankreatitis Typ 1
- Durchführung: In Studien Einsatz von Protokollen mit 2- oder 4-maliger Gabe von Rituximab
- Corticosteroide
- Chirurgische Therapie
- Indikationen
- Kein sicherer Malignitätsausschluss
- Operationsbedürftige Komplikationen einer chronischen Pankreatitis ohne Ansprechen auf die immunsuppressive Therapie
- Durchführung: Siehe Therapie der chronischen Pankreatitis
- Indikationen
- Langzeitüberwachung: Siehe Langzeitüberwachung bei chronischer Pankreatitis
Bei jeglichem Nicht-Ansprechen oder Widersprüchlichkeiten im Verlauf der Therapie einer Autoimmunpankreatitis sollte ein erneuter Malignomausschluss erwogen werden!
Pankreatitis im Kindes- und Jugendalter
Ätiologie und Besonderheiten im Kindes- und Jugendalter
Akute Pankreatitis | Chronische Pankreatitis |
---|---|
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Symptome
- Häufig unspezifisch
- 80–95% diffuse, anhaltende Oberbauchschmerzen
- Unruhe
- Übelkeit, Erbrechen
- Abdominelle Abwehrspannung
Diagnostik
- Laborparameter: Serumlipase, Serumamylase
- Abdomensonografie
- Ggf. Endosonografie
- Ggf. MRCP
- Computertomografie nur bei progredienter klinischer Verschlechterung
- Gendiagnostik
- Indikationen: Positive Familienanamnese für Pankreatitis, idiopathische chronischen Pankreatitis oder ≥2 Schübe einer idiopathischen akuten Pankreatitis
- Schweißtest
Therapie
- Analgesie nach WHO-Stufenschema
- Flüssigkeitsgabe i.v.
- Möglichst frühzeitige orale Ernährung
-
Antibiotische Therapie [13]
- 1. Wahl: Imipenem/Cilastatin (pädiatrisch)
- Alternative: Ciprofloxacin (pädiatrisch)
- Pankreasenzymsubstitution bei exokriner Pankreasinsuffizienz
- ERCP
- Operative Therapie
- Komplikationen und Komplikationsmanagement: Angelehnt an das Vorgehen im Erwachsenenalter
- Langzeitüberwachung
- Gewichts- und Längenentwicklung
- Bestimmung der fettlöslichen Vitamine A, E und D sowie INR bei exokriner Pankreasinsuffizienz
Prognose
- Letalität
- 28,8–35% bei chronischer Pankreatitis
- Sterblichkeit um das 3,6-fache erhöht
- 10-Jahres-Überleben: 70%
- 20-Jahres-Überleben: 45%
- Reduzierte Lebenserwartung, insb. bei
- Fortgesetztem Alkohol- und Nikotinabusus, Leberzirrhose
- Pankreaskarzinom
- Komorbiditäten
- Lebensqualität
- Berufsunfähigkeit: 40% der Patient:innen werden beschäftigungslos, berufsunfähig oder frühberentet, weitere 33% können ihren erlernten Beruf nicht mehr ausüben
Der sozioökonomische Status beeinflusst den Verlauf einer chronischen Pankreatitis!
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Chronische Pankreatitis
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- K86.-: Sonstige Krankheiten des Pankreas
- Exklusive: Inselzelltumor (des Pankreas) (D13.7), Pankreatogene Steatorrhoe (K90.3), Zystische Pankreasfibrose (E84.‑)
- K86.0: Alkoholinduzierte chronische Pankreatitis
- K86.1: Sonstige chronische Pankreatitis
- Chronische Pankreatitis: infektiös, rekurrierend, rezidivierend ,o.n.A.
- K86.2: Pankreaszyste
- K86.3: Pseudozyste des Pankreas
- K86.8: Sonstige näher bezeichnete Krankheiten des Pankreas
- K86.9: Krankheit des Pankreas, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.