Zusammenfassung
Asthma bronchiale ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die mit einer reversiblen bronchialen Obstruktion und/oder mit einem hyperreagiblen Bronchialsystem einhergeht. Das klinische Bild ist variabel: Es reicht von leichten Verläufen mit nur rezidivierendem Husten oder Räusperzwang bis hin zu intermittierend (ggf. anfallsartig) auftretender Luftnot mit pfeifender Atmung und auskultatorischem Giemen und Brummen. Anamnestisch sind oft bereits in der Kindheit respiratorische Symptome eruierbar. Diagnostisch wegweisend sind v.a. die Anamnese sowie die Befunde von Lungenfunktionsmessung und Allergiediagnostik.
Die Genese ist multifaktoriell, sodass es diverse Einteilungen gibt. Die wichtigste Unterform ist das allergische Asthma bronchiale, das neben der rein symptomatischen Therapie auch kausal mittels Allergenkarenz und Allergen-Immuntherapie (sog. „Hyposensibilisierung“) behandelt werden kann. Bei einem allergischen sowie eosinophilen Asthma können auch sog. Biologicals zum Einsatz kommen.
Die antientzündliche Dauertherapie erfolgt i.d.R. mit inhalativen Corticosteroiden (ICS) und ggf. langwirksamen bronchienerweiternden Medikamenten. Die akute Asthmasymptomatik wird mit schnellwirksamen β2-Sympathikomimetika (insb. Salbutamol) und, wenn notwendig, mit systemischen Corticosteroiden durchbrochen. Eine gute Patientenschulung ist essenziell, insb. zur richtigen Applikation der Substanzen und zum Vorgehen im Notfall. Je nach Verlauf ist eine Eskalation oder Deeskalation der Medikation anhand des Stufenschemas sinnvoll. Bei einem akuten Asthmaanfall besteht Lebensgefahr, weshalb ein notfallmäßiger Transport in die Klinik indiziert ist!
Für eine fokussierte Betrachtung pädiatrischer Aspekte des Asthma bronchiale siehe: Asthma bronchiale bei Kindern und Jugendlichen.
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Definition
- Asthma bronchiale: Chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege mit reversibler bronchialer Obstruktion und/oder hyperreagiblem Bronchialsystem
- Exazerbation des Asthma bronchiale (sog. akutes Asthma): Akute Phase mit Symptomzunahme und/oder Abnahme der Lungenfunktion, die über das gewohnte Maß hinausgeht
- Asthmaanfall: Akut einsetzende, schwere Asthmaexazerbation, die sich fulminant innerhalb von wenigen Minuten entwickelt und schnell lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann
- Status asthmaticus: Vital bedrohlicher Asthmaanfall mit Ortho- und Tachypnoe, Tachykardie und Zyanose, der trotz adäquater Therapie mind. 24 h andauert
Epidemiologie
- Prävalenz [1]
- ca. 10% aller Kinder
- ca. 5% aller Erwachsenen
- Häufigkeit: Etwa 300 Millionen Menschen weltweit betroffen
Mortalität: Weltweit etwa 250.000 Todesfälle pro Jahr infolge eines Asthma bronchiale - Geschlecht: ♂ ≈ ♀
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Risikofaktoren
Folgende Faktoren beeinflussen die Entstehung und den Verlauf des Asthma bronchiale.
- Endogene Risikofaktoren
- Genetische Prädisposition
- Erhöhtes Körpergewicht
- Psychosoziale Belastungen
- Exogene Risikofaktoren
- Allergene
- Infektionen
- Umweltbedingungen
- Berufliche Noxen
- Chemisch-toxische Stoffe, bspw. Haarspray
- Tabakrauch
- Kalte und/oder trockene Luft
- Ernährung
- Medikamente
Eine Tabakrauchexposition erhöht das Asthmarisiko im Kindesalter!
Komorbiditäten bei Asthma bronchiale
Aufgrund der Assoziation des Asthma bronchiale mit anderen Erkrankungen sollte unbedingt daran gedacht werden, bei Hinweisen eine entsprechende Diagnostik einzuleiten .
- Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)
- Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Vocal Cord Dysfunction (VCD) [3]
- Gastro-ösophagealer Reflux (GERD)
- Chronische Rhinosinusitis (CRS)
- Allergische Rhinokonjunktivitis
- Atopische Dermatitis
- Vitamin-D-Mangel
- Angststörungen und Depressionen
Auslöser eines akuten Asthmaanfalls oder einer Exazerbation
- Allergien
- Infektionen
- Körperliche Anstrengung (sog. Anstrengungs- oder Belastungsasthma)
- Kalte Luft
- Medikamente: ASS, Betablocker
- Chemisch-toxische Stoffe
- Psychogene Auslösung durch Konditionierung
Unterformen
Bei der Unterteilung in verschiedene Asthmaformen sind vor allem die multifaktoriellen Ursachen zu beachten. Die Klassifizierung in verschiedene Subtypen ist daher als fließend anzusehen. [1]
Allergisches vs. nicht-allergisches Asthma bronchiale
Die Identifizierung des allergischen Asthma bronchiale ist entscheidend, weil hier spezifische Therapieoptionen wie die Allergenkarenz, die Allergen-Immuntherapie (AIT) und Biologicals zur Verfügung stehen.
Allergisches Asthma bronchiale
- Synonym: Extrinsisches Asthma
- Kriterien: Nachweis spezifischer IgE-Antikörper (atopische Diathese) plus Allergenbezug zur Asthmasymptomatik
- Prävalenz
- Ca. 30% aller Asthmatiker
- Häufigste Form des Asthma bronchiale bei Kindern
- Alter
- Meist im Kindesalter
- Transiente Verlaufsform: Häufiges Verschwinden der Symptomatik in der Pubertät, manchmal Wiederauftreten im Erwachsenenalter
- Auslösende Allergene
- Saisonal: Pollen, Schimmelpilz
- Nicht-saisonal (perennial=ganzjährig): Hausstaubmilben , Tierepithelien
- Berufsbedingt: Bspw. Mehlstaub (Bäckerasthma)
- Besonderheiten der Therapie
- Allergenkarenz: Hausstaubmilbensanierung, Expositionsvermeidung bei Tierepithelallergie
- Allergen-Immuntherapie bei Asthma bronchiale (AIT) [4]
- Applikationsformen: Subkutane Immuntherapie (SCIT) oder sublinguale Immuntherapie (SLIT)
- Ziel
- Gute Asthmakontrolle bei reduzierter Medikamentendosis (bei bereits manifestem allergischem Asthma bronchiale)
- Aufhalten der sequenziellen Entwicklung verschiedener atopischer Erkrankungen (atopischer Marsch) und damit der Entwicklung eines Asthma bronchiale bei Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis, die bisher (noch) kein Asthma haben (insb. Kinder)
- Kriterien für Therapieindikation
- Kausaler Zusammenhang des Asthma mit Allergie
- Stabiles Asthma (und FEV1 >70% bei Erwachsenen)
- Nur zusätzlich zur Allergenkarenz und Pharmakotherapie
- Wenn Allergenkarenz unmöglich oder wenn Karenz nicht zur Asthmakontrolle führt
- Kontraindikation
- ICS-Therapie
- Indikation: Bei rein saisonalem allergischen Asthma
- Therapiezeitraum: Nur in der Allergiesaison, ab dem Auftreten der ersten Symptome bis 4 Wochen nach Saisonende
Nicht-allergisches Asthma bronchiale
- Synonym: Intrinsisches Asthma
- Kriterien: Kein Nachweis spezifischer IgE-Antikörper und fehlende Allergiesymptomatik
- Prävalenz: Ca. 30–50% aller erwachsenen Asthmatiker
- Alter: Insb. >40 Jahre
- Auslösender Faktor: Insb. Atemwegsinfekte
Mischform aus extrinsischem und intrinsischem Asthma
- Prävalenz: ca. 40% aller Asthmatiker
Anstrengungsinduzierte Bronchokonstriktion
- Synonym: Belastungsasthma
- Kriterien: Bronchiale Obstruktion nur oder insb. bei körperlicher Belastung, siehe: Belastungs-Lungenfunktion
- Ätiologie: Unklar, insb. bei Ausdauersportlern gehäuftes Auftreten von anstrengungsinduziertem sowie belastungsunabhängigem Asthma
- Therapie
- Allgemein: Aufwärmphase vor körperlicher Belastung
- Akuttherapie: Kurzwirksame inhalative β2-Sympathomimetika (Salbutamol) nach Bedarf
- Langzeittherapie
- Bei unbehandeltem Asthma bronchiale: Antiinflammatorische Dauertherapie mit ICS, ICS+LABA als Fixkombination oder Leukotrien-Rezeptor-Antagonist
- Bei möglicherweise unzureichender Asthmakontrolle oder wenn anstrengungsunabhängig weiterhin Symptome auftreten: Stufenweise Dosiserhöhung/Umstellung der antiinflammatorischen Therapie
- Bei ansonsten kontrolliertem, behandeltem Asthma bronchiale: Kurzwirksame inhalative β2-Sympathomimetika regulär vor körperlicher Belastung
Die Verwendung von β2-Sympathomimetika bei Leistungssportlern unterliegt den Regularien der WADA (World Anti-Doping Association)!
Analgetika-Asthma
- Synonym: Aspirin-Exacerbated Airway Disease
- Kriterien: Sog. Samter-Trias
- Asthma bronchiale (meist intrinsisch)
- Chronische Sinusitis und Polyposis nasi
- Intoleranz gegenüber COX-1-Hemmern (wie Aspirin oder Ibuprofen)
- Therapie
- Adaptive Desaktivierung: ASS-Dauertherapie
- Langzeit- und Akuttherapie, siehe: Therapie des Asthma bronchiale
- Für weitere Informationen siehe auch: ASS-Unverträglichkeit
GERD-assoziiertes Asthma [5]
- Kriterien: Asthmasymptomatik bei Patienten mit gastroösophagealem Reflux (GERD), siehe: Gastroösophageale Refluxkrankheit
- Ätiologie
- Refluxinduzierte Vagusreizung → Bronchokonstriktion
- Mikroaspirationen → Bronchiale Hyperreagibilität und Bronchospasmen
- Diagnostik [5]
- 24-Stunden-pH-Metrie (Goldstandard)
- Ösophagogastroduodenoskopie
- Therapie
- Symptomlinderung: Protonenpumpeninhibitoren, bspw. Omeprazol
- Langzeit- und Akuttherapie, siehe: Therapie des Asthma bronchiale
Eosinophiles Asthma bronchiale [1]
- Kriterien: Nachweis der eosinophilen bronchialen Entzündung mittels Sputumuntersuchung und Differenzialblutbild (siehe auch: Diagnostik des Asthma bronchiale)
- Ätiologie: Eosinophilie der Atemwege sowohl bei allergischem als auch bei nicht-allergischem Asthma möglich
- Identifizierung wichtig!
- Besseres Ansprechen auf ICS
- Indikationskriterium für Biologikatherapie
Weitere Unterformen [1]
- Cough-variant Asthma
- Kriterien: Chronisch persistierender trockener Husten und unspezifische bronchiale Hyperreagibilität (ohne weitere typische Asthmasymptome)
- Besonderheiten
- Häufig verspätete Diagnosestellung und damit verzögerter Therapiebeginn
- Etwa ein Drittel der Patienten entwickelt im Verlauf die komplette Symptomatik des Asthma bronchiale, was durch einen frühzeitigen Therapiebeginn verhindert werden kann
- Differenzialdiagnosen
- Husten bei gastroösophagealem Reflux (GERD)
- Husten bei Einnahme von ACE-Hemmern
- Husten bei oberen Atemwegserkrankungen
- Langzeit- und Akuttherapie, siehe: Therapie des Asthma bronchiale
- Isocyanat-Asthma [6]
- Anamnese
- Arbeitsplatzbedingte Asthmaanfälle, pfeifende Atmung, Husten
- In Karenzphasen (Wochenende, Urlaub) Besserung oder Beschwerdefreiheit
- Diagnostik
- Lungenfunktion und Methacholin-Provokationstest können negativ sein
- Unspezifische Atemwegsempfindlichkeit (Methacholin-Provokationstest) ggf. nach Arbeitswoche auffälliger als nach Karenzzeit
- Zur Abklärung
- Spirometrisches Monitoring
- Alle 2 h Lungenfunktionsmessung mittels mobiler elektronischer Kleinspirometer durch den Patienten
- Vor, während und nach der Exposition über 3 Wochen sowie in Karenzphasen
- Dokumentation des Lungenfunktionsverlaufs
- Spezifische (arbeitsplatzbezogene) inhalative Provokation mit dem wahrscheinlich ursächlichen Arbeitsstoff (Isocyanat)
- Positivbefund: FEV1-Abfall ≥20% bzw. Verdopplung des spezifischen Atemwegswiderstandes (≥2,0 kPa×s )
- Spirometrisches Monitoring
- Prozedere
- Medikamentöse Langzeit- und Akuttherapie: siehe Therapie des Asthma bronchiale
- Meldung des V.a. Berufskrankheit an die Berufsgenossenschaft
- Nach Diagnosesicherung: Arbeitsplatzwechsel anstreben
- Anamnese
- Type-2-High Asthma vs. Type-2-Low Asthma
Klassifikation
Grad der Asthmakontrolle [1][7]
- Bedeutung: Bei allen Patienten sollte wenn möglich ein kontrolliertes Asthma angestrebt werden (siehe auch: Therapie des Asthma bronchiale)
- Unbehandelte Patienten: Beginn der medikamentösen Behandlung nach dem Grad der Asthmakontrolle
- Bereits behandelte Patienten: Therapieanpassung (Eskalation oder Deeskalation) unter Berücksichtigung des Grades der Asthmakontrolle
- Pädiatrische Asthmakontrolle, siehe auch: Grad der Asthmakontrolle im Kindes- und Jugendalter
Grad der Asthmakontrolle nach NVL 2020 | ||||
---|---|---|---|---|
Symptome tagsüber | Einschränkung von Alltagsaktivitäten | Nächtliche Symptome oder nächtliches Erwachen | Notwendigkeit von Bedarfsmedikation oder Notfallbehandlung | |
Kontrolliertes Asthma | ≤2× pro Woche | Nein | Nein | ≤2× pro Woche |
Kontrolliertes Asthma bei Kindern | Nein | Nein | Nein | Nein |
Teilweise kontrolliertes Asthma: 1–2 Kriterien | >2× pro Woche | Ja | Ja | >2× pro Woche |
Unkontrolliertes Asthma: ≥3 Kriterien | ||||
Prognosebestimmung bzgl. zukünftiger Verschlechterung: Lungenfunktion: Atemwegsobstruktion Exazerbationen : Keine / ≥1 pro Jahr / in der aktuellen Woche |
Asthma-Schweregrad
Der Asthma-Schweregrad wird im Verlauf bei bereits therapierten Patienten bestimmt, nicht bei Erstdiagnose. Er richtet sich danach, auf welcher Stufe der Patient behandelt wird (siehe: Stufentherapie des Asthma bronchiale) und wie der Grad der Asthmakontrolle ist.
- Leichtes Asthma: Kontrolliertes Asthma auf Therapiestufe 1 oder 2
- Mittelgradiges Asthma: Kontrolliertes Asthma auf Therapiestufe 3 oder 4
- Schweres Asthma [8]
- Kriterien: Therapie mit ICS in Höchstdosis und mind. 1 zusätzlichen Langzeitmedikament (LABA oder LTRA) oder OCS >6 Monate/Jahr plus mind. 1 der folgenden Punkte
- Teilweise kontrolliertes oder unkontrolliertes Asthma
- Schwere Exazerbationen: ≥1 Exazerbation mit stationärer Behandlung oder Beatmung in den letzten 12 Monaten
- Häufige Exazerbationen: ≥2 corticosteroidpflichtige Exazerbationen in den letzten 12 Monaten
- Atemwegsobstruktion: FEV1 <80% des Sollwertes (FEV1/VC < LLN)
- Zusätzlich wird unterschieden:
- Kriterien: Therapie mit ICS in Höchstdosis und mind. 1 zusätzlichen Langzeitmedikament (LABA oder LTRA) oder OCS >6 Monate/Jahr plus mind. 1 der folgenden Punkte
Klassifikation der Asthmaschweregrade bei Erstdiagnose
Diese Tabelle wird nicht mehr verwendet. Die Therapie richtet sich nach dem Grad der Asthmakontrolle und nicht nach dem Schweregrad.
Asthmaschweregrad | Symptomatik bei Erstdiagnose | Lungenfunktion | |||
---|---|---|---|---|---|
Am Tag | In der Nacht | Exazerbationen | FEV1 oder PEF vom Soll | PEF-Tagesvariabilität | |
I = Intermittierend | <1× pro Woche | ≤2× pro Monat | Kurz (Stunden bis Tage anhaltend), kaum Beeinträchtigung von Schlaf und körperlicher Aktivität | ≥80% | <20% |
II = Geringgradig-persistierend | <1× pro Tag; >1× pro Woche | >2× pro Monat | Beeinträchtigung von Schlaf und körperlicher Aktivität | ≥80% | 20–30% |
III = Mittelgradig-persistierend | Täglich | >1× pro Woche | Beeinträchtigung von Schlaf und körperlicher Aktivität | 60–80% | >30% |
IV = Schwergradig-persistierend | Täglich mit hoher Intensität | Häufig | Sehr häufig, ständige Beeinträchtigung des Alltags | <60% | >30% |
Bei Vorhandensein eines der Kriterien wird der Patient in die entsprechende Kategorie eingeordnet. |
Pathophysiologie
Pathophysiologische Ursachen
Die folgenden zellulären Systeme können unterschiedlich stark betroffen sein und sich gegenseitig bedingen, wodurch ein variables Krankheitsbild entsteht und sich verschiedene Diagnostik- und Therapieoptionen beim einzelnen Patienten ergeben. Allen Patienten gemein ist i.d.R. jedoch die bronchiale Hyperreagibilität.
- Epitheliale und subepitheliale Veränderungen
- Allergenexposition und/oder Viren-/Bakterienexposition → Freisetzung proinflammatorischer Zytokine und Wachstumsfaktoren
- Folgen
- Zunehmende Produktion von zähem Schleim durch das respiratorische Epithel
- Veränderte Produktion von Bindegewebsbestandteilen und veränderte Beschaffenheit der subepithelialen Matrix
- Immunologische Veränderungen
- Dendritische Zellen: Sensibilisierung gegenüber Allergenen und Bildung von u.a. proinflammatorischen Th2-Zellen
- Antigen-spezifische T-Lymphozyten und Antigen-unspezifische lymphoide Zellen : Erhöhte Anzahl im Respirationstrakt → Vermehrte Bildung von Zytokinen wie IL4, IL5, IL9, IL13 → Erhöhung der Eosinophilenzahl und IgE-Produktion
- Mastzellen: Erhöhte Anzahl im Respirationstrakt, Freisetzung proinflammatorischer Mediatoren
- Eosinophile Granulozyten: Erhöhte Anzahl im Respirationstrakt, Freisetzung von Mediatoren und Wachstumsfaktoren
- Allergische Reaktionen
- IgE-vermittelte allergische Reaktion vom Soforttyp auf ein spezifisches Allergen mit Mastzelldegranulation und Histaminfreisetzung nach einer vorangegangenen Sensibilisierungsphase
- IgG-vermittelte Spätreaktion nach 6–12 h
- Neuromuskuläre Veränderungen
- Hypertrophie und -plasie der glatten Muskulatur
- Erhöhte Sensibilität und Reflexaktivität des sensorischen Nervensystems
- Erhöhte Neurotransmitterfreisetzung im parasympathischen Nervensystem
- Vaskuläre Veränderungen: Vermehrte Blutgefäßbildung in Mukosa und Submukosa
Eine allergische Sensibilisierung ist der häufigste Auslöser des Asthma bronchiale!
Pathogenetische Folgen
- Bronchiale Hyperreagibilität (bei allen Asthmasubtypen) und/oder reversible Bronchialobstruktion
- Chronische bronchiale Entzündung
- Klinik: Giemen, Brummen, Husten, Luftnot
Atemflusslimitierung durch vier Mechanismen
- Bronchokonstriktion
- Schleimhautödem und entzündliche Schleimhautinfiltration mit Hyperplasie der Becherzellen und Verdickung der Basalmembran
- Remodeling der Bronchialwände mit Hypertrophie der glatten Muskulatur
- Vermehrte Produktion zähen Schleims
Symptomatik
Allgemeine Symptomatik
- Chronischer Husten oder Räusperzwang, teilweise auch als primär einziges Symptom
- Kurzatmigkeit/Dyspnoe
- Häufig atopische Komorbiditäten, bspw. atopisches Ekzem
Exazerbation und Asthmaanfall
- (Anfallsartig auftretende) Luftnot und exspiratorische Atemgeräusche mit Giemen, Brummen und pfeifender Atmung
- Brustenge, Erstickungsangst
- Thorakale Einziehungen
- Trockener Husten
- Auftreten insb. nachts und früh morgens
- Häufig nur episodenhafte Beschwerden, bspw. bei
- Saisonal auftretenden Allergenen
- Infekten (bevorzugt im Winter)
- Körperlicher Anstrengung
Bei einer Exazerbation oder einem Asthmaanfall ist eine Therapieintensivierung notwendig!
Diagnostik
Diagnose-Kriterien des Asthma bronchiale [1]
Diagnose Asthma bronchiale gesichert
- Typische Klinik und Anamnese
- plus Nachweis einer Bronchialobstruktion (FEV1/VC (Tiffeneau-Index) < LLN )
- plus komplette Reversibilität in der Lungenfunktion (durch Bronchospasmolysetest oder antiasthmatische Stufentherapie)
Die Diagnose Asthma bronchiale gilt als gesichert bei charakteristischer Symptomatik + Nachweis einer Obstruktion + Reversibilität!
Diagnose Asthma bronchiale wahrscheinlich
- Typische Klinik und Anamnese
- plus Nachweis einer Bronchialobstruktion (FEV1/VC (Tiffeneau-Index) < LLN ) und Teilreversibilität
- plus eines der folgenden Merkmale:
- Ansprechen auf antiinflammatorische Therapie, spätestens nach 4 Wochen (Lungenfunktion und Klinik)
- oder Ansprechen auf antiinflammatorische Therapie, spätestens nach 4 Wochen (nur Klinik)
- oder signifikanter FEV1-Abfall während oder innerhalb von 30 min nach körperlicher Belastung , ggf. Zunahme des spezifischen Atemwegswiderstandes (erfasst den Grad der Atemwegsobstruktion und der Überblähung) um mind. 100% auf >2 kPa×sec
- oder keine oder irreversible Bronchialobstruktion in der Lungenfunktion, aber Nachweis einer bronchialen Hyperreagibilität im Methacholin-Provokationstest oder PEF-Variabilität >10%
Diagnose Asthma bronchiale unwahrscheinlich
- Asthma-untypische Anamnese und Klinik
- plus fehlende Bronchialobstruktion und fehlende bronchiale Hyperreagibilität trotz vorhandener Klinik
- oder fehlende Reversibilität der Bronchialobstruktion
Erstdiagnostik bei Asthma bronchiale
Pädiatrische Aspekte, siehe auch: pädiatrische Asthmadiagnostik
Anamnese
- Eigenanamnese
- Asthmatypische Symptomatik (insb. nachts und früh morgens)
- Bekannte Allergie oder allergietypische Symptome
- Triggerfaktoren, die die Symptomatik begünstigen oder auslösen (bspw. Allergene, Infekte)
- Familienanamnese: Atopie (Allergie, atopisches Ekzem oder Asthma bronchiale)
- Sozial- und Berufsanamnese
- Raucherhaushalt
- Haustiere
- Allergenexposition am Arbeitsplatz (bspw. Bäcker, Schreiner)
Labor [9]
- Indikation: Rezidivierende Bronchialinfekte, Lungeninfiltrate, fehlender Therapieerfolg oder Vorliegen eines schweren Asthma bronchiale
- Parameter
- Differenzialblutbild, insb. mit der Fragestellung „Eosinophilie“
- CRP
- Allergiediagnostik bei Asthma bronchiale
- Ggf. Sputumbakteriologie
Allergiediagnostik bei Asthma bronchiale
- Indikation: Alle Patienten bei Erstdiagnose Asthma (jedes Alter)
- Methoden
- Allergie-Anamnese (s.o.)
- Prick-Test oder spezifische IgE-AK im Serum (z.B. durch CAP (Carrier-Polymer-System)-Test)
- Gesamt-IgE im Serum
- Molekulare Allergiediagnostik
- Im Einzelfall: Nasale oder bronchiale Provokationstests mit bestimmten Allergenen
- Expositionskarenz (zu diagnostischen Zwecken)
Lungenfunktionsdiagnostik bei Asthma bronchiale
- Spirometrie: FEV1↓ <80% des Sollwertes, Tiffeneau-Index (FEV1/VC)↓ <70% = Obstruktive Ventilationsstörung mit Erhöhung des Atemwegswiderstandes
- Schweregrade der Obstruktion: FEV1 >60-80% leichtgradig; >40–60% mittelgradig; <40% schwergradig [1]
- Bodyplethysmografie (wenn möglich) : Zusätzliche Parameter zur Spirometrie
- Erhöhung des Atemwegswiderstands (als Äquivalent der Obstruktion der oberen Atemwege)
- sRtot [kPa*s] 1,2–2,0 leichtgradig; 2,0–4,0 mittelgradig; >4 schwergradig
- Rtot [kPa*s/L] 0,3–0,5 leichtgradig; 0,5–1,0 mittelgradig; >1,0 schwergradig
- Lungenüberblähung
- RV%Soll >125% leichtgradige Überblähung; >140% mittelgradige Überblähung; >170% schwergradige Überblähung
- RV/TLC%Soll >125% leichtgradige Überblähung; >140% mittelgradige Überblähung; >170% schwergradige Überblähung
- Erhöhung des Atemwegswiderstands (als Äquivalent der Obstruktion der oberen Atemwege)
- Bronchospasmolysetest
- Komplette Reversibilität der Obstruktion durch Bronchodilatatoren, insb. Salbutamol: Nachweis eines Asthma bronchiale
- Teilreversibilität: Therapieversuch mit hochdosierten ICS ± weiteren Antiasthmatika für 4 Wochen und anschließender Reversibilitätsprüfung
- Alternativ: Reversibilitätstest nach Therapieversuch mit systemischen Glucocorticosteroiden über 7–14 Tage
Bei fehlendem oder nur geringem Ansprechen von Lungenfunktionsbefund und Klinik auf Salbutamol oder inhalative Glucocorticoide ist die Diagnose Asthma unwahrscheinlich!
Provokationstest zum Nachweis eines hyperreagiblen Bronchialsystems [1][10][11]
- Indikation
- Verdacht auf Asthma bei aktuell fehlender Klinik und fehlender bronchialer Obstruktion in der Lungenfunktion
- Verlaufskontrolle
- Kontraindikationen
- Obstruktive Ventilationsstörung bereits in Ruhe
- Herzrhythmusstörungen
- Nicht-kontrollierter arterieller Hypertonus
- Voraussetzungen
- Infektfreies Intervall
- Möglichst nicht nach oraler/inhalativer Medikation (bspw. ICS, LTRA, Salbutamol, Antihistaminika)
- Direkte Stimulation: Methacholin-Provokationstest
- Zulassung: Ab 6 Jahren
- Durchführung
- Initiale Lungenfunktionsprüfung
- Inhalation von Methacholin
- Lungenfunktionskontrolle nach Inhalationsende
- Immer Bronchodilatation mit Salbutamol im Anschluss
- Positivbefund: FEV1-Abfall ≥20% bzw. Verdopplung des spezifischen Atemwegswiderstandes (≥2,0 kPa×sec)
- Indirekte Stimulation: Belastungs-Lungenfunktionstest
- Hintergrund: Körperliche Belastung, Inhalation von Kaltluft, Mannitol, hyper- und hypotoner NaCl-Lösung oder Adenosin → Freisetzung entzündlicher Mediatoren → Bronchokonstriktion
- Durchführung
- Lungenfunktionsprüfung vor körperlicher Belastung
- Körperliche Anstrengung (freies Laufen oder Laufband) über 7–10 min
- Zielherzfrequenz: Ca. 180–190/min über ≥4 min
- Lungenfunktionskontrolle direkt nach Belastung sowie im Abstand von 5, 10 und 15 min
- Positivbefund: Signifikanter FEV1-Abfall um ≥10% bei Erwachsenen; bei Kindern FEV1-Abfall ≥10–15% bzw. Verdopplung des spezifischen Atemwegswiderstandes (≥2,0 kPa×sec)
- Bei uneindeutigem Befund (trotz anamnestischen Verdachts): Wiederholte Peak-Flow-Messung vor und nach Belastung
- Positivbefund: PEF-Abfall ≥20%
Bronchiale Hyperreagibilität ist typisch beim Asthma – aber auch bei allergischer Rhinitis, CF, COPD, Sarkoidose und bei Gesunden (unspezifischer Befund)!
Der Methacholin-Provokationstest kann einen lebensbedrohlichen Asthmaanfall auslösen! Deshalb muss immer(!) eine Bronchodilatation im Anschluss erfolgen!
Peak-Flow-Messung
- Indikation: Objektive Verlaufsbeurteilung zusätzlich zur Klinik (bei jedem Asthma-Patienten)
- Methode: Eigenmessung mittels Peak-Flow-Meters, das den exspiratorischen Spitzenfluss (PEF) misst
- Durchführung
- Maximale Einatmung in Ruhe (ohne Gerät)
- Umschließen des Mundstücks mit den Lippen
- Forciertes Ausatmen in das Gerät (so schnell und kräftig wie möglich)
- Messung zu diagnostischen Zwecken
- Durchführung
- Einschätzung der PEF-Variabilität = (höchster - niedrigster Wert pro Woche)/höchster Wert × 100 [%]
- Alternativ: Messen des PEF vor und jeweils 10 min nach Salbutamol-Inhalation
- Auswertung: PEF-Variabilität ≥10% spricht für Asthma
- Durchführung
- Messung zur Asthma-Kontrolle
- Initial morgens und abends (vor Inhalationstherapie) zur Ermittlung des persönlichen Bestwertes
- Im Verlauf
- Vor und während einer geplanten Deeskalation/Eskalation der Medikamente zur Einschätzung des Therapieerfolgs
- Bei (drohender) Exazerbation
Die Diagnosestellung sollte nicht ausschließlich infolge auffälliger PEF-Werte gestellt werden! Diese dient eher der Verlaufsbeurteilung.
Diffusionskapazität für Kohlenstoffmonoxid
- Synonyme: DLCO (Diffusionskapazität für CO), TLCO (Transferfaktor von CO)
- Indikation: Differenzialdiagnostik Asthma bronchiale und COPD
- Methode: Messung des intrapulmonalen Gasaustausches
- Durchführung
- Forcierte Inspiration eines Gasgemisches aus CO, Helium und Raumluft
- 10 s Atempause
- Langsame Exspiration
- Analyse der Ausatemluft
- Auswertung
Die TLCO eignet sich insb. zur Differenzierung zwischen COPD und Asthma!
FeNO-Messung
- Erklärung: Fraktion des exhalierten Stickstoffmonoxids
- Indikation: Diagnosestellung bzw. Überprüfen der Asthmakontrolle (in jedem Alter)
- Methode: Non-invasiver Biomarker der Atemwegsinflammation
- Durchführung: Schnell, einfach und reproduzierbar
- Tiefe Exspiration
- Tiefe Inspiration NO-freier Luft über das Gerät
- Langsame, gleichmäßige Exspiration über 10 s
- Analyse der Ausatemluft
- Auswertung
- Hohe FeNO-Werte
- Grenzwerte: >50 ppb bei Erwachsenen, >35 ppb bei Kindern
- Bei Diagnosestellung (vor Therapiebeginn): Erhöhte Wahrscheinlichkeit für ein Asthma bronchiale, das auf Steroide anspricht
- Unter laufender inhalativer Glucocorticoidtherapie
- Symptompersistenz: Prüfen von Compliance, Inhalationstechnik und Allergenexposition; ggf. Dosiserhöhung
- Symptomfreiheit: Fortführung der Therapie (keine Dosisreduktion)
- Niedrige FeNO-Werte
- Grenzwerte: <25 ppb bei Erwachsenen, <20 ppb bei Kindern
- Bei Diagnosestellung (vor Therapiebeginn): Erwägen von Differenzialdiagnosen; reduzierte Wahrscheinlichkeit für Steroidsensibilität des Asthmas
- Unter laufender inhalativer Glucocorticoidtherapie
- Symptompersistenz: Erwägen von Differenzialdiagnosen
- Symptomfreiheit: Ggf. Dosisreduktion
- Hohe FeNO-Werte
Eine niedrige FeNO-Messung allein schließt ein Asthma nicht aus!
Bildgebung
- Röntgen-Thorax
- Indikation: Bei Erstdiagnose Asthma und Vorliegen atypischer Symptome, sowie Husten, Auswurf, Dyspnoe (zum Ausschluss anderer Erkrankungen)
- Erwachsene: Röntgen-Thorax in 2 Ebenen
- Kinder: Röntgen-Thorax (postero-anteriore Ebene)
- Befunde bei Asthma: Zeichen der Lungenüberblähung
- Tiefstehendes, abgeflachtes Zwerchfell
- Verbreiterte Interkostalräume
- Bei längerem Bestehen: Ggf. Fassthorax
- Indikation: Bei Erstdiagnose Asthma und Vorliegen atypischer Symptome, sowie Husten, Auswurf, Dyspnoe (zum Ausschluss anderer Erkrankungen)
- In Einzelfällen
- CT-Nasennebenhöhlen: Bei entsprechender Symptomatik zum Nachweis einer Nasennebenhöhlen-Beteiligung, insb. bei nicht-allergischem Asthma
- CT-Thorax mit Low-dose-Protokoll: Insb. bei starker, anhaltender Klinik mit Husten, Auswurf und Dyspnoe zur Differenzialdiagnostik
Im Kindesalter erfolgt die Röntgenaufnahme des Thorax nur in einer Ebene!
Flexible Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL)
- Indikation: Ausschluss anatomischer Ursachen oder Infektionen (bspw. Tuberkulose)
Diagnostik bei akuter Asthma-Exazerbation
Anamnese
- Auslöser der akuten Symptomatik
- Anzahl der Exazerbationen
Klinische Untersuchung
- Inspektion
- Thorakale Einziehungen
- Bei längerem Verlauf: Ggf. Fassthorax
- Auskultation
- Verlängertes Exspirium mit Giemen und Brummen
- Abgeschwächtes Atemgeräusch, ggf. "Silent Lung"
- Tachypnoe
- Perkussion
- Hypersonorer Klopfschall
- Tiefstehendes, wenig verschiebliches Zwerchfell
Pulsoxymetrie
- Indikation: Klinische Dyspnoe
- Auswertung: Sauerstoffsättigung (spO2) <94% in Raumluft → BGA und Sauerstoffvorlage indiziert!
Labor
- Arterielle Blutgasanalyse (BGA)
- Indikation: Schwere Exazerbation mit:
- FEV1 <50% des Sollwertes
- Peak-Flow-Werten <50% des Bestwertes
- Klinischer Verschlechterung mit klinischer Dyspnoe
- Sauerstoffsättigung (spO2) <94%
- Auswertung
- Nur pO2↓ = Hypoxämische respiratorische Insuffizienz
- pO2↓ und pCO2↑ = Hyperkapnische respiratorische Insuffizienz
- Indikation: Schwere Exazerbation mit:
- Differenzialblutbild und CRP: Bei infektbedingter Exazerbation (zum Ausschluss eines bakteriellen Infektes)
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnose COPD
- Häufigste Differenzialdiagnose des Asthma bronchiale bei Erwachsenen (Unterscheidungsmerkmale siehe Tabelle unten)
- Asthma-COPD-Overlap (ACO): Eine klare Abgrenzung zwischen Asthma und COPD ist nicht immer möglich
- Definition: Inkomplett reversible Atemwegsobstruktion (Zeichen der COPD) in Kombination mit einer Symptombesserung durch Bronchospasmolyse oder Nachweis einer bronchialen Hyperreagibilität oder neu diagnostizierte COPD bei Patienten mit einem vorbekannten Asthma
- Epidemiologie: 10–50% der COPD-Patienten, 10–60% der Asthma-Patienten
- Höhere Exazerbationsraten und mehr Krankenhausaufenthalte im Vergleich zu den Einzelerkrankungen
- Typischer Patient: Allergisches Asthma bronchiale seit der Kindheit, jahrzehntelanger Raucher mit Lungenemphysem, Bronchialobstruktion nicht mehr reversibel
- Therapie
- Initial nach Alter und Raucherstatus
- Im Verlauf Anpassung je nach Ansprechen
Differenzialdiagnostische Gegenüberstellung von Asthma bronchiale und COPD | ||
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Asthma bronchiale | COPD | |
Erstdiagnose |
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Ätiologie |
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Klinik |
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Lungenfunktion |
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Bronchiale Hyperreagibilität |
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Diffusionskapazität für Kohlenstoffmonoxid (DLCO) |
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FeNO |
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Eosinophilie |
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Medikamentöse Besonderheiten |
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Weitere Differenzialdiagnosen
- Postinfektiöse bronchiale Hyperreagibilität: Im Anschluss an einen Atemwegsinfekt
- Asthma cardiale: Atemnot durch Linksherzinsuffizienz und pulmonalvenöse Stauung
- Lungenembolie mit plötzlich einsetzender Atemnot
- (Spannungs‑)Pneumothorax mit plötzlich einsetzender Atemnot
- Vocal Cord Dysfunction (VCD)
- Churg-Strauss-Syndrom
- Invasive pulmonale Aspergillose
Differenzialdiagnosen bei Kindern
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Allgemeine Maßnahmen und Besonderheiten
- Meidung anfallsauslösender Faktoren
- Allergene bei allergischem Asthma
- ASS bzw. NSAR bei Analgetikaasthma
- Stress, kalte Luft, Tabakrauch
- Bei infektassoziiertem Asthma: Frühzeitige Infekttherapie
- Bei allergischem Asthma: Allergen-Immuntherapie
- Bei Belastungsasthma: Aufwärmphase, gute Langzeiteinstellung, SABA vor Belastung
Antiasthmatische Therapie
- Ziel: Symptomfreiheit unter möglichst niedrig dosierter Therapie mit möglichst wenigen Medikamenten
Initialtherapie bei Erstdiagnose
- Initialtherapie entsprechend der Asthmakontrolle (bei unbehandelten Patienten)
- Teilweise kontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit Therapiestufe 2
- Unkontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit mind. Therapiestufe 3
- 2 mögliche Vorgehensweisen
- Step-up-Therapie: Therapiebeginn auf der wahrscheinlich notwendigen Therapiestufe ; Eskalation nach Bedarf
- Step-down-Therapie: Therapiebeginn eine Stufe über der wahrscheinlich notwendigen Therapiestufe ; Deeskalation bei erreichter Asthmakontrolle
Therapieanpassung im Verlauf
Bei der regelmäßigen ärztlichen Überprüfung der Asthmakontrolle sollte immer eine Therapieanpassung erwogen werden.
- Nicht- oder teilkontrolliertes Asthma: Ggf. Therapie-Eskalation
- Gute Asthmakontrolle über ≥3 Monate: Therapie-Deeskalation ; bei klinischer Verschlechterung sofortige Re-Eskalation
Bei der Deeskalation einer Therapie mit ICS+LABA als Fixkombination sollte immer zuerst die ICS-Dosis halbiert werden. Bei Erreichen einer niedrigen ICS-Dosis unter stabiler Klinik kann zusätzlich das LABA abgesetzt werden!
Bei einer reinen ICS-Therapie sollte eine Deeskalation auch bei Kindern erst bei guter Asthmakontrolle über mind. 3 Monate versucht werden!
Jeder Patient nach Exazerbation mit systemischem Glucocorticoid-Bedarf sollte eine antiinflammatorische Dauertherapie erhalten!
Stufentherapie bei Asthma bronchiale [7][8]
Für die pädiatrische Therapie bei Kindern und Jugendlichen beachte Stufentherapie bei Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter
Medikamentöse Langzeittherapie des Asthma bronchiale – Stufenschema (NVL 2020) [8] | ||||||||||
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Stufe 1 | Stufe 2 | Stufe 3 | Stufe 4 | Stufe 5 | ||||||
Dauertherapie (1. Wahl) |
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oder
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Alternativen |
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Akuttherapie bei Bedarf (Siehe auch: akuter Asthmaanfall) |
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*1 Langwirksame β2-Sympathomimetika sind keine Monotherapeutika und werden nur in Kombination mit inhalativen Glucocorticoiden eingesetzt; wirken insb. gut zur Prophylaxe der nächtlichen Asthmasymptomatik. *2 Aus der Gruppe der LAMA ist Tiotropiumbromid bei Asthma bronchiale zugelassen (ab dem Alter von 6 Jahren). *3 Anti-IL-5(R)- oder Anti-IL-4R-Antikörper werden bei schwergradigem eosinophilem Asthma (ab dem Alter von 18 Jahren) in Stufe 5 zusätzlich empfohlen. *4 Anti-IgE-Antikörper werden bei allergischem Asthma (ab dem Alter von 6 Jahren) in Stufe 5 zusätzlich empfohlen. *5 Die Bedarfstherapie mit ICS + Formoterol erfolgt im Rahmen des sog. SMART-Konzepts, bei dem eine fixe Kombination aus ICS + LABA sowohl zur Langzeit- als auch zur Bedarfstherapie verwendet wird. Im Vordergrund steht bei der Akuttherapie der schnelle Wirkungseintritt des Formoterol. Das SMART-Konzept wird von der GINA-Leitlinie klar favorisiert gegenüber einer Dauermedikation + SABA als Akuttherapie.
|
- In begründeten Ausnahmefällen
- Cromone (bspw. Nedocromil und Cromoglycinsäure): Nebenwirkungsarm, aber auch wirkungsarm; ab Stufe 2 einsetzbar
- Alternativ zu SABA: Schnell wirksame Anticholinergika inhalativ (bspw. Ipratropium), Salbutamol p.o. (bspw. Salbubronch Elixier®) oder unretardiertes Theophyllin p.o.
- Nicht mehr empfohlen: Retardiertes Theophyllin
Die vollständige Wirkung von inhalativen Glucocorticoiden (ICS) wird erst nach 2–4 Wochen regelmäßiger Anwendung erreicht!
Seit dem GINA-Update 2019 und in der NVL 2020 wird ICS + LABA als Fixkombination bedarfsorientiert bereits ab Stufe 1 empfohlen. Laut GINA soll SABA als einziges Bedarfsmedikament nicht mehr angewandt werden, in der NVL ist dies hingegen als Alternative zu ICS + LABA als Fixkombination noch möglich. Beide Leitlinien erlauben eine Kombination von SABA mit ICS in höheren Stufen.
Vor der Verschreibung von LTRA (Montelukast) sollte eine genaue Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, da es unter der Therapie zu psychischen Nebenwirkungen kommen kann, bspw. zu Schlaf- und Verhaltensstörungen bis hin zu suizidalen Gedanken! Die FDA hat hierzu ein Boxed Warning herausgegeben. [12]
Klinische Anwendung
Allgemeine Maßnahmen
- Körperliche Aktivität
- Normales Körpergewicht halten bzw. Gewichtsabnahme
- Tabakkarenz und Vermeidung von Passivrauchen
- Asthmaschulung zur Verbesserung der Selbstmanagementfähigkeiten
- Ggf. zusätzlich Yoga, Hypnose und Entspannungstechniken
- Bei schweren Verläufen
- Atemphysiotherapie
- Pneumologische Rehabilitationsmaßnahmen bei Asthma bronchiale
- Bei respiratorischer Insuffizienz im Endstadium: O2-Langzeittherapie
- Ultima ratio: Thermoplastie
Jeder Patient mit Asthma bronchiale sollte (altersentsprechend) Sport treiben und ein normales Körpergewicht anstreben!
Optimierungsmöglichkeiten der inhalativen Therapie
- Auswahl eines passenden Inhalationssystems
- Anpassung der Anzahl an täglichen Inhalationen, bspw. durch Umstellen auf ein fixes Kombinationspräparat
- Anleitung zur optimalen Inhalationstechnik mit dem individuellen Präparat
SMART-Konzept
- Abkürzung: Single Inhaler Maintenance And Reliever Therapy
- Erklärung: Fixe ICS+Formoterol-Kombination zur Langzeit- und Bedarfstherapie
- Vorteile
- Reduzierung der Exazerbationsfrequenz bei Risikopatienten
- Niedrigere ICS-Dosen
- Bessere Asthmakontrolle bei Kindern und Jugendlichen
- Keine (versehentliche) LABA-Monotherapie möglich
- Nachteil: Keine flexible Dosierung der einzelnen Wirkstoffe möglich
Schriftlicher Therapieplan
- Bei jeder Neueinstellung/Umstellung: Angaben zu Medikament, Dosierung und Einnahmezeitpunkt
- Therapieintensivierung: Vorgehen bei Verschlechterung der Asthma-Kontrolle
- Notfallplan: Vorgehen bei Exazerbation/Asthmaanfall
Applikationsformen und -techniken der inhalativen Therapie
Anwendung eines Dosieraerosols ohne Inhalierhilfe
- Indikationen
- Akuttherapie mit kurzwirksamen β2-Sympathomimetika (gleichwertig zur Inhalation mit Feuchtvernebler)
- Langzeittherapie des Asthma bronchiale (ICS, ICS+LABA)
- Vorteile: Kein Mindest-Inspirationsfluss notwendig – Inhalation immer möglich!
- Kontraindikation oder Nachteile: Keine
- Durchführung
- Abnehmen des Deckels und Schütteln des Dosieraerosols
- Halten des Behälters mit Daumen und Mundstück unten
- Tiefes Ausatmen
- Festes Umschließen des Mundstücks mit den Lippen (nicht auf das Mundstück beißen)
- Langsames, festes und tiefes Einatmen durch den Mund bei gleichzeitigem Auslösen des Sprühstoßes
- Nach vollständiger Einatmung: Anhalten des Atems, Absetzen des Dosieraerosols und zügiges Schließen des Mundes
- Anhalten des Atmens für 5–10 s (Kindern sagt man: „Zähle an deinen Fingern bis 10“)
- Langsames Ausatmen durch die Nase
- Nach frühestens 1 min ggf. Wiederholen des Vorgangs für einen zweiten Sprühstoß
Anwendung eines Dosieraerosols mit Inhalierhilfe
Die klinische Erfahrung hat gezeigt, dass (nicht nur bei Kindern) die Inhalation eines Dosieraerosols am besten über eine Inhalierhilfe (sog. Spacer) erfolgt.
- Indikationen für eine Inhalierhilfe
- Bei Kindern <5 Jahren: Immer!
- Bei Kindern ≥5 Jahren und Erwachsenen: Zur Verbesserung der Inhalationstechnik
- Bei ineffektiver Inhalation mit Dosieraerosol, bspw. durch Koordinationsschwierigkeiten
- Bei Nebenwirkungen des inhalativen Glucocorticoids, insb. Heiserkeit und Mundsoor
- Vorteile
- Einfache Inhalation in jedem Alter
- Erleichterte Koordination zwischen Einatmung und Sprühen
- Reduzierte Wirkstoffmenge an Gaumen und Rachenhinterwand (anstelle der Bronchien)
- Geringerer Reiz im Rachenraum
- Verbesserung der pulmonalen Wirkstoff-Deposition
- Bei cortisonhaltigen Aerosolen zusätzlich: Geringere lokale Nebenwirkungen wie Mundsoor oder Heiserkeit
- Nachteil: Evtl. Kosten
- Durchführung
- Abnehmen des Deckels und Schütteln des Dosieraerosols
- Einstecken des Mundstücks des Dosieraerosols in die Inhalierhilfe
- Entfernen der Schutzkappe vom Mundstück der Inhalierhilfe
- Tiefe Ausatmung
- Festes Umschließen des Mundstücks der Inhalierhilfe mit den Lippen
- Auslösen des Sprühstoßes durch Herunterdrücken des Behälters
- Langsames, tiefes Einatmen des Aerosols aus der Inhalierhilfe (durch den Mund)
- Kinder >5 Jahre: Nach vollständiger Einatmung, Anhalten des Atems, Absetzen des Dosieraerosols und zügiges Schließen des Mundes
- Kinder <5 Jahre: 5–10-maliges normales Ein- und Ausatmen aus der bzw. in die Inhalierhilfe mit dem Aerosol
- Anhalten des Atmens für 5–10 s (Kindern sagt man: „Zähle an deinen Fingern bis 10“)
- Langsames Ausatmen durch die Nase
- Nach frühestens 1 min ggf. Wiederholen des Vorgangs für einen zweiten Sprühstoß
Pulverinhalator
- Methode
- Kappe abnehmen/Gerät aufklappen, ggf. Dosierfenster laden
- Tiefe Ausatmung
- Mundstück des Gerätes mit den Lippen umschließen
- Schnelle tiefe Einatmung des Wirkstoffs
- Atempause (ca. 10 s)
- Indikation: Langzeittherapie mit antiinflammatorischen Medikamenten (ICS, ICS+LABA) bei Patienten mit ausreichendem Inspirationsfluss
- Kontraindikationen
- Akuttherapie
- Unzureichender Inspirationsfluss
- Vorteile: Automatisches Auslösen der Inhalation
- Nachteile
- Schwer auslösbar, insb. bei schwerer Erkrankung
- Häufig verbleibt das Medikament im Mundraum
Inhalationslösung über Feuchtvernebler
- Methode
- Inhalationslösung vorbereiten und in das Gerät einfüllen, Gerät einschalten
- Mundstück des Gerätes mit den Lippen umschließen bzw. Maske fest auf das Gesicht aufsetzen
- Wiederholte gleichmäßige, langsame tiefe Einatmung des Wirkstoffs
- Indikation: Akuttherapie mit kurzwirksamen β2-Sympathomimetika (Gleichwertigkeit zum Dosieraerosol mit Spacer)
- Kontraindikation: Langzeittherapie mit antiinflammatorischen Medikamenten
- Vorteile: Gleichzeitige Befeuchtung der Atemwege und ggf. schleimlösende Wirkung im Infekt
- Nachteile
- Dauer der Anwendung (ca. 10 min), daher schlechtere Integration in den Alltag
- Kosten (ca. 200 €)
Keine Pulverinhalation beim Asthmaanfall! Vielmehr sind Dosieraerosole über Spacer indiziert!
Bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD soll eine Therapie mit Inhalatoren nicht begonnen oder geändert werden, ohne dass der Patient im Gebrauch des Inhalationssystems geschult ist und die korrekte Anwendung der Inhalatoren überprüft wurde. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Anwendungsvideos zu den verschiedenen Inhalationsmethoden finden sich unter Tipps & Links!
Dosierung der Medikamente
Akutmedikamente bei Asthma bronchiale (sog. „Reliever“)
Kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
- Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
- Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt nach 20–30 s, Wirkungsdauer 3–6 h
- Indikation: In allen Stufen zur kurzwirksamen Bedarfstherapie
- Applikation: Inhalativ
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Salbutamol z.B. Sultanol® (zugelassen ab dem Säuglingsalter)
- Standarddosierung (jedes Alter)
- Fenoterol z.B. Berotec® (zugelassen ab 6 Jahren)
- Standarddosierung (jedes Alter)
- Für weitere Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe auch: Kurzwirksame β2-Sympathomimetika und Anticholinergika im Kindes- und Jugendalter
- Salbutamol z.B. Sultanol® (zugelassen ab dem Säuglingsalter)
- Systemische kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
- Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt innerhalb von Minuten, Wirkungsdauer 2–6 h
- Indikationen
- Akuter Asthmaanfall
- Bei Exazerbationen, wenn Inhalation nicht möglich
- Applikation: p.o., i.v. oder s.c.
- Wirkstoffe oral
- Bambuterol p.o. – zugelassen ab 2 Jahren
- Dosierung ab 2 Jahren
- Salbutamol p.o. – zugelassen ab 2 Monaten
- Dosierung ab 13 Jahren
- Bambuterol p.o. – zugelassen ab 2 Jahren
- Wirkstoff intravenös
- Reproterol i.v. – zugelassen ab 2 Monaten
- Bolusinjektion: Dosierung ab 18 Jahren
- Dauerinfusion: Dosierung ab 18 Jahren
- Reproterol i.v. – zugelassen ab 2 Monaten
- Wirkstoff subkutan
- Terbutalin s.c. – zugelassen ab 12 Jahren
- Dosierung ab 12 Jahren
- Terbutalin s.c. – zugelassen ab 12 Jahren
Kombinationspräparate (SABA + SAMA)
- Zulassung: Ab 6 Jahren
- Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt nach 20–30 s, Wirkungsdauer 2–6 h
- Indikation: Als Alternative in allen Stufen zur kurzwirksamen Bedarfstherapie
- Applikation: Inhalativ
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Fenoterol + Ipratropiumbromid z.B. Berodual®: Standarddosierung (jedes Alter)
- Für weitere Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe auch: Kurzwirksame β2-Sympathomimetika und Anticholinergika im Kindes- und Jugendalter
Kurzwirksame Anticholinergika (SAMA)
- Zulassung: Ab 6 Jahren
- Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt nach 20–30 s, Wirkungsdauer 2–6 h
- Indikation: In Stufe 1 als zusätzliches/alternatives Bedarfsmedikament (nur in Ausnahmefällen)
- Applikation: Inhalativ
- Wirkstoff und Dosierung
- Ipratropiumbromid z.B. Atrovent®: Standarddosierung (jedes Alter)
- Für weitere Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe auch: Kurzwirksame β2-Sympathomimetika und Anticholinergika im Kindes- und Jugendalter
Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale (akut)
- Zulassung: Ab Geburt
- Wirkweise: Reduktion von Entzündung und Exazerbation, Abschwellen der Schleimhäute, Wirkungseintritt innerhalb 1 h
- Indikationen
- Akuter Asthmaanfall
- Bei Exazerbation, wenn inhalative Therapie nicht ausreicht
- Applikation: p.o. oder i.v.
- Wirkstoff und Dosierung
- Prednisolon (äquivalent), z.B. Decortin® H (Dosierungen ab 18 Jahren)
- Für Dosierung zur Langzeittherapie siehe: Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale (langfristig)
Langzeitmedikamente bei Asthma bronchiale (sog. „Controller“)
Inhalative Glucocorticoide (ICS)
- Wirkweise: Reduktion der Entzündung und von Exazerbationen, Prävention bronchialer Hyperreaktivität, Wirkungseintritt nach Wochen regelmäßiger Anwendung
- Indikation: Ab Stufe 2 zur Dauertherapie (1. Wahl), ggf. schon ab Stufe 1
- Applikation: Inhalativ
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Budesonid inhalativ (1. Wahl)
- Budesonid als Dosieraerosol (z.B. Budiair® Druckgasinhalation) – zugelassen ab 6 Jahren, Off-Label Use auch bei Kleinkindern möglich
- Erhältliche Dosierungen: 200 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
- Budesonid als Pulverinhalator (z.B. Novopulmon® Novolizer) – zugelassen ab 6 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 200 und 400 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
- Budesonid als Dosieraerosol (z.B. Budiair® Druckgasinhalation) – zugelassen ab 6 Jahren, Off-Label Use auch bei Kleinkindern möglich
- Fluticason inhalativ
- Fluticason als Dosieraerosol (z.B. Flutide® Dosieraerosol) – zugelassen ab 2 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 50, 125 und 250 μg/Hub
- Dosierung ab 16 Jahren
- Fluticason als Pulverinhalator (z.B. Flutide® Diskus®) – zugelassen ab 4 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 50, 100, 250 und 500 μg/Hub
- Dosierung ab 16 Jahren
- Fluticason als Dosieraerosol (z.B. Flutide® Dosieraerosol) – zugelassen ab 2 Jahren
- Beclometason inhalativ
- Beclometason als Dosieraerosol (z.B. Junik®) – zugelassen ab 5 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 100 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
- Beclometason als Dosieraerosol (z.B. Junik®) – zugelassen ab 5 Jahren
- Ciclesonid inhalativ
-
Ciclesonid als Dosieraerosol (z.B. Alvesco®) – zugelassen ab 12 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 80 und 160 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
-
Ciclesonid als Dosieraerosol (z.B. Alvesco®) – zugelassen ab 12 Jahren
- Mometason inhalativ
-
Mometason als Pulverinhalator (z.B. Asmanex®) – zugelassen ab 12 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 200 und 400 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
-
Mometason als Pulverinhalator (z.B. Asmanex®) – zugelassen ab 12 Jahren
- Budesonid inhalativ (1. Wahl)
- Zu beachten
- Das Medikament muss regelmäßig angewendet werden, um seine Wirkung zu entfalten
- Nach der Anwendung immer essen, trinken, Zähne putzen, da dies Pilzinfektionen (Soor) der Mundschleimhaut sowie Zahnschmelzschäden vorbeugt
- Keine relevanten systemischen Effekte oder Nebenwirkungen
- Ist eine stabile Situation erreicht, kann die Dosis schrittweise reduziert werden
- Kann die bronchiale Situation trotz regelmäßiger Anwendung in adäquater Dosis nicht stabilisiert werden, ist eine Kombinationstherapie mit einem langwirksamen β2-Sympathomimetikum (LABA) indiziert.
- Hochdosis-ICS-Therapie: Neue Leitlinien orientieren sich an den Grenzwerten, die vom ERS/ATS-Konsensus vorgeschlagenen wurden
Inhalative Glucocorticosteroide bei Erwachsenen: Tagesdosen in μg [8] | ||||
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Niedrige Dosis | Mittlere Dosis | Hohe Dosis | Höchstdosis | |
Budesonid | 200–400 | >400–800 | >800 | ≥1.600 |
Fluticasonpropionat | 100–250 | >250–500 | >500 | ≥1.000 |
Beclometason (extrafeine Partikel) | 100–200 | >200–400 | >400 | ≥1.000 |
Ciclesonid | 80 | 160–320 | ≥320 | ≥320 |
Mometasonfuroat | 200 | 400 | >400 | ≥800 |
Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale (langfristig)
- Zulassung: Ab Geburt
- Wirkweise: Reduktion von Entzündung und Exazerbation, Abschwellen der Schleimhäute, Wirkungseintritt innerhalb 1 h
- Indikationen: Additiv in Stufe 5
- Applikation: p.o.
- Wirkstoff und Dosierung
- Prednisolon (äquivalent): Dosierung zur Langzeittherapie
- Für Dosierung zur Akuttherapie siehe: Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale (akut)
- Anwendung
- Einnahme morgens
- Immer in der niedrigsten effektiven Dosis
- Patientenaufklärung über typische, möglicherweise schwere Nebenwirkungen
- Osteoporose-Prophylaxe mit Calcium und Vitamin D
- Bei schwer kontrollierbaren nächtlichen Symptomen: Tagesdosis ⅔ morgens, ⅓ abends
- Kinder und Jugendliche: Ultima ratio; i.d.R. nach frustranem Therapieversuch mit Omalizumab
Beim Absetzen einer Therapie mit oralen Glucocorticoiden (bzw. Wechsel auf ICS): Engmaschige Überwachung, es besteht das Risiko einer Nebenniereninsuffizienz!
Langwirksame β2-Sympathomimetika (LABA)
- Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt variabel, Wirkungsdauer 6–12 h
- Indikationen
- Bei Asthma bronchiale nur noch in Fixkombination mit ICS empfohlen (siehe auch: ICS + LABA)
- Applikation: Inhalativ
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Formoterol: Rascher Wirkungseintritt (wie SABA), Wirkungsdauer 6–12 h
- Formoterol als Dosieraerosol (z.B. Forair® Dosieraerosol) – zugelassen ab 12 Jahren
- Erhältliche Dosierung: 6 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
- Formoterol als Pulverinhalator (z.B. Formatris® Novolizer) – zugelassen ab 6 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 6 und 12 μg/Hub
- Dosierung ab 6 Jahren
- Formoterol als Dosieraerosol (z.B. Forair® Dosieraerosol) – zugelassen ab 12 Jahren
- Salmeterol: Verzögerter Wirkungseintritt nach 10–20 min, Wirkungsdauer 6–12 h
- Salmeterol als Dosieraerosol (z.B. Serevent® Dosieraerosol) – zugelassen ab 4 Jahren
- Erhältliche Dosierung: 25 μg/Hub
- Dosierung ab 4 Jahren
- Salmeterol als Pulverinhalator (z.B. Serevent® Diskus) – zugelassen ab 4 Jahren
- Erhältliche Dosierung: 50 μg/Hub
- Dosierung ab 4 Jahren
- Salmeterol als Dosieraerosol (z.B. Serevent® Dosieraerosol) – zugelassen ab 4 Jahren
- Formoterol: Rascher Wirkungseintritt (wie SABA), Wirkungsdauer 6–12 h
- Besonderheit: Keine Anwendung als Monotherapeutikum, stets in Kombination mit ICS!
Als Monotherapeutikum haben LABA eine erhöhte Sterblichkeit gezeigt! Eine fixe ICS+LABA-Kombination verbessert die Anwendersicherheit!
Salmeterol ist aufgrund des langsamen Wirkungseintritts nicht als Bedarfstherapeutikum geeignet!
Kombinationspräparate (ICS + LABA)
- Wirkweise: Bronchodilatation und Entzündungshemmung
- Applikation: Inhalativ
- Indikationen
- Als Bedarfsmedikation (nur ICS+Formoterol)
- In Stufe 1 und 2 sofern keine antiasthmatische Dauermedikation vorliegt
- Ab Stufe 3 sofern ICS+Formoterol als Fixkombination auch als Dauermedikation verwendet wird
- Als Dauermedikation: Ab Stufe 3 als Fixkombination
- Als Bedarfsmedikation (nur ICS+Formoterol)
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Budesonid + Formoterol als Pulverinhalator (z.B. Symbicort® Turbohaler®) – zugelassen ab 6 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 80/4,5, 160/4,5 und 320/9 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
- Beclometason + Formoterol als Dosieraerosol (z.B. Foster® Dosieraerosol) – zugelassen ab 18 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 100/6 und 200/6 μg/Hub
- Dosierung ab 18 Jahren
- Fluticason + Formoterol als Dosieraerosol (z.B. Flutiform® Dosieraerosol) – zugelassen ab 12 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 50/5, 125/5 und 250/10 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
- Fluticason + Salmeterol inhalativ (z.B. Viani®, Atmadisc®) – zugelassen ab 4 Jahren
- Fluticason + Salmeterol als Dosieraerosol (z.B. Viani® Dosieraerosol, Atmadisc® Dosieraerosol)
- Erhältliche Dosierungen: 50/25, 125/25 und 250/25 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
- Fluticason + Salmeterol als Pulverinhalator (z.B. Viani® Diskus, Atmadisc® Diskus)
- Erhältliche Dosierungen: 100/50, 250/50 und 500/50 μg/Hub
- Dosierung ab 12 Jahren
- Fluticason + Salmeterol als Dosieraerosol (z.B. Viani® Dosieraerosol, Atmadisc® Dosieraerosol)
- Fluticason + Vilanterol als Pulverinhalator (z.B. Relvar® Ellipta® 92/22)
- Budesonid + Formoterol als Pulverinhalator (z.B. Symbicort® Turbohaler®) – zugelassen ab 6 Jahren
- Besonderheit: SMART-Konzept (Single Maintenance And Reliever Therapy)
- Verschiedene Applikationssysteme (z.B. Pulver-Inhalator, Dosieraerosol)
- Vereinfachung der Compliance: Mit einer Inhalation werden beide Wirkstoffe aufgenommen
- Erhöhte Anwendersicherheit (versehentliche LABA-Monotherapie nicht möglich)
- Zu beachten
- Mit Vorsicht anzuwenden bei schweren kardiovaskulären Erkrankungen, HRST, Diabetes mellitus, Thyreotoxikose, Hypokaliämie
- Nach dem Inhalieren von Steroiden: Möglichst essen, trinken und Zähne putzen, um die Steroide abzuspülen und damit Mundsoor und Zahnschmelzschäden zu vermeiden!
- Nebenwirkungen und Hinweise bzgl. systemischer Glucocorticoide gelten auch hier, wenn die Dosierungsangaben überschritten werden!
- Inhalative Glucocorticoide als Dosieraerosol oder Inhalationspulver müssen regelmäßig verwendet werden, um einen Effekt zu erzielen Die Dosis wird niedrig gewählt, um mögliche systemische Nebenwirkungen weitestgehend zu vermeiden.
- Entsprechend wird der volle Behandlungseffekt erst nach 2–4 Wochen regelmäßiger Anwendung erreicht
- Ziel ist es, eine möglichst stabile bronchiale Situation zu schaffen Im Idealfall bleiben Exazerbationen komplett aus. Wenn es doch zu Exazerbationen kommt, sind diese i.d.R. leichterer Ausprägung.
- Ist eine stabile Situation erreicht, kann die Dosis schrittweise reduziert werden Verschlechtert sich der Zustand, sollte die Dosis wieder erhöht werden. Die Therapie wird dann auf einer stabilen Dosis fortgesetzt.
Kombinationen aus ICS + LABA mit ICS+Salmeterol (z.B. Viani®) dürfen aufgrund des langsamen Wirkungseintritts von Salmeterol nicht als Bedarfstherapeutikum eingesetzt werden!
Langwirksame Anticholinergika (Long Acting Muscarinic Antagonist, LAMA)
- Zulassung: Ab 6 Jahren
- Wirkweise: Bronchodilatation (Blockade von m-Cholinozeptoren)
- Applikation: Inhalativ
- Indikation: Additiv in Stufe 4 und 5
- Wirkstoff und Dosierung: Tiotropiumbromid
Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten
- Zulassung: Ab 6 Monaten, siehe auch: Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten im Kindes- und Jugendalter
- Wirkweise: Binden an Leukotrienrezeptoren des Bronchialsystems → Kompetitive Bindungshemmung von Leukotrienen → Hemmung der bronchialen Entzündungsreaktion
- Indikation: Additiv in Stufe 3 und 4 (2. Wahl)
- Off-label Use: LTRA-Monotherapie sinnvoll bei
- Unerwünschter oder unmöglicher ICS-Therapie
- Patienten mit zusätzlicher allergischer Rhinokonjunktivitis
- Applikation: p.o.
- Wirkstoff und Dosierung: Montelukast
- Für Angaben zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe: Montelukast (pädiatrisch)
- Besonderheiten
- Tritt innerhalb von 2–4 Wochen keine Besserung ein, soll die Therapie beendet werden
- FDA-Warnung 2020 zu Montelukast („Boxed Warning“) [12]
- Auftreten psychischer Nebenwirkungen, inkl. suizidaler Gedanken oder Handlungen möglich!
- Insb. bei milden Formen sollten zunächst andere Therapieoptionen versucht werden.
Der Einsatz von Montelukast sollte bei Asthma und allergischer Rhinitis nur unter strikter Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen!
Biologicals bei Asthma bronchiale
- Indikation: Keine ausreichende Asthmakontrolle trotz 3-monatiger Therapie mit ICS in Höchstdosis plus LABA und LAMA
Anti-IgE-Antikörper
- Zulassung: Ab 6 Jahren
- Wirkweise: Binden zirkulierendes freies IgE und senken die IgE-Rezeptor-Expression auf Effektorzellen → Selektive Hemmung IgE-vermittelter Reaktionen → Rückgang von Symptomen, Exazerbationen und Medikamentenverbrauch sowie Lebensqualitätssteigerung
- Indikation
- Additiv in Stufe 5 bei schwerem allergischem Asthma
- Kriterien
- Schweres IgE-vermitteltes allergisches Asthma plus
- Allergie gegen perenniale Aeroallergene und Eliminierung vermeidbarer Allergenexposition plus
- IgE-Serumkonzentration im therapierbaren Bereich
- Applikation: s.c.
- Wirkstoff und Dosierung: Omalizumab
- Besonderheiten
- Nicht alle Patienten sprechen auf die Therapie an, daher Erfolgskontrolle über mind. 4 Monate, danach jährlich
- Wirksamkeit auch bei Patienten ohne Allergienachweis möglich, aber nicht zugelassen
- In begründeten Einzelfällen bei fehlenden Therapie-Alternativen: Therapieversuch off-label in speziellen Zentren möglich
Anti-IL5-Antikörper
- Zulassung: Mepolizumab ab 6 Jahren; Reslizumab ab 18 Jahren
- Wirkweise: Binden zirkulierendes freies Interleukin-5 → Hemmung von Reifung und Aktivierung eosinophiler Granulozyten → Reduktion der Eosinophilenzahl in peripherem Blut und der Lunge → Rückgang von Symptomen, Exazerbationen und Medikamentenverbrauch sowie Verbesserung von Lungenfunktion und Lebensqualität
- Indikation
- Additiv in Stufe 5 und schwerem eosinophilem Asthma
- Kriterien
- Schweres eosinophiles Asthma plus
- Zweimaliger Nachweis einer Konzentration von >300 Eosinophilen pro μl Blut außerhalb von Exazerbationen in den vergangenen zwei Jahren
- Applikation: s.c. oder i.v.
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Mepolizumab
- Reslizumab
- Besonderheiten
- Indikationsstellung durch erfahrene Ärzte
- Nicht alle Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma profitieren
- Evaluation der Wirksamkeit nach 4 und 12 Monaten, danach jährlich
- Reduktion der bisherigen Asthmatherapie frühestens 4 Wochen nach Therapiebeginn!
Sollten während der Indikationsstellung ICS verabreicht worden sein, ist die Eosinophilenzahl im Blut reduziert!
Anti-IL5R-Antikörper
- Zulassung: Ab 18 Jahren
- Indikation
- Additiv in Stufe 5 und schwerem eosinophilem Asthma
- Kriterien
- Schweres eosinophiles Asthma plus
- Zweimaliger Nachweis einer Konzentration von >300 Eosinophilen pro μL Blut außerhalb von Exazerbationen in den vergangenen zwei Jahren
- Kriterien
- Additiv in Stufe 5 und schwerem eosinophilem Asthma
- Applikation: s.c.
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Benralizumab
- Besonderheiten
- Indikationsstellung durch erfahrene Ärzte
- Nicht alle Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma profitieren
- Evaluation der Wirksamkeit nach 4 und 12 Monaten, danach jährlich
- Reduktion der bisherigen Asthmatherapie frühestens 4 Wochen nach Therapiebeginn!
Sollten während der Indikationsstellung ICS verabreicht worden sein, ist die Eosinophilenzahl im Blut reduziert!
Anti-IL4R-Antikörper
- Zulassung: Ab 12 Jahren
- Indikation
- Additiv in Stufe 5 und schwerem eosinophilem Asthma
- Kriterien
- Schweres eosinophiles Asthma plus
- Zweimaliger Nachweis einer Konzentration von >300 Eosinophilen pro μL Blut außerhalb von Exazerbationen in den vergangenen zwei Jahren
- Kriterien
- Additiv in Stufe 5 und schwerem eosinophilem Asthma
- Applikation: s.c.
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Dupilumab
- Besonderheiten
- Indikationsstellung durch erfahrene Ärzte
- Nicht alle Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma profitieren
- Evaluation der Wirksamkeit nach 4 und 12 Monaten, danach jährlich
- Reduktion der bisherigen Asthmatherapie frühestens 4 Wochen nach Therapiebeginn!
Sollten während der Indikationsstellung ICS verabreicht worden sein, ist die Eosinophilenzahl im Blut reduziert!
Retardiertes Theophyllin
- Wirkweise: Bronchospasmolyse
- Indikation: Nicht mehr empfohlen
- Applikation: p.o.
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Retardiertes Theophyllin (z.B. Euphylong® retard) – zugelassen ab 6 Jahren
- Erhältliche Dosierungen: 125, 200, 250, 300 und 375 mg
- Dosierung ab 16 Jahren
- Zielkonzentration im Serum 5–20 μg/L (zur Langzeitbehandlung mit retardiertem Theophyllin-Präparat)
- Retardiertes Theophyllin (z.B. Euphylong® retard) – zugelassen ab 6 Jahren
Bei den hier genannten Indikationen handelt es sich jeweils nur um Indikationen im Rahmen des Asthma bronchiale. Viele Medikamente werden auch bei der Therapie anderer Krankheitsbilder eingesetzt.
Akuttherapie bei Exazerbation und Asthmaanfall
Akuttherapie bei Exazerbation und Asthmaanfall | |||
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Ablauf | Schwere der Exazerbation | ||
Leichte bis mittelschwere Exazerbation | Schwere Exazerbation | Lebensbedrohlicher Asthmaanfall | |
Klinische Zeichen und diagnostische Parameter |
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Initialtherapie |
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Zusätzliche Maßnahmen |
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Versorgung |
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Bei einem akuten Asthmaanfall stehen inhalative β2-Sympathomimetika im Vordergrund! Da Glucocorticoide bei inhalativer(!) Applikation einen verzögerten Wirkungseintritt aufweisen, sollten diese immer oral oder i.v. gegeben werden!
Bei jedweder Form eines Asthmaanfalls dürfen keine Betablocker gegeben werden!
Jeder Patient mit einem schweren bis lebensbedrohlichen Asthmaanfall sollte unter Notarztbegleitung ins Krankenhaus gebracht werden!
Besonderheiten und Dosierungen bei Kindern und Jugendlichen
- Bei schweren Asthmaanfällen: Kontinuierliche Inhalation von Salbutamol
- Bei Kleinkindern mit fehlendem Ansprechen auf Salbutamol: Adrenalin inhalativ
- Parenterales Betamimetikum: Reproterol i.v.
- Magnesium
- Theophyllin
Nicht empfohlene Maßnahmen im akuten Asthmaanfall
- Sedative/Anxiolytika → Atemdepression und Verminderung des Dyspnoe-Empfindens; Anwendung höchstens unter Intubationsbereitschaft!
- Mukolytika → Übermäßige Schleimlösung/Verlegung der Atemwege
- Verabreichung großer Flüssigkeitsmengen → Zusätzliche kardiale Belastung
- Antibiotika: Nur bei begründetem Verdacht auf eine bakterielle Infektion
DMP Asthma bronchiale
Für allgemeine Informationen zu DMP siehe auch: Disease-Management-Programme
Aktuelle Anamnese und Diagnostik
- Dokumentation
- 1. Indikationsübergreifender Teil (inkl. Körpergewicht, Blutdruckmessung)
- 2. Indikationsspezifischer Teil
-
Aktuelle Anamnese mit Fokus auf
- Grad der Asthmakontrolle
- Ungeplante ärztliche Konsultationen
-
Aktuelle Anamnese mit Fokus auf
- Vorgesehene Untersuchungen (siehe auch: Asthma bronchiale - Diagnostik)
- Körperliche Untersuchung (Auskultation)
- Lungenfunktionstest mit FEV1-Wert (Kinder ab 5 Jahren): Mind. alle 12 Monate
- Überprüfung der Inhalationstechnik: Mind. 1× pro Dokumentationszeitraum
Behandlungsplanung
- Prozedere
- Therapieplanung
- Überprüfung
- Ggf. Anpassung
- Individuelle Therapieziele definieren anhand
- Individueller Risikoabschätzung
- Grad der Asthmakontrolle
- Aktueller Lungenfunktionstest
- Anzahl der Exazerbationen innerhalb der letzten 12 Monate
- Vorliegen einer Mischform mit COPD (Asthma-COPD-Overlap-Syndrome)
- Individueller Risikoabschätzung
- Therapeutische Maßnahmen bei Asthma bronchiale (siehe: Therapie des Asthma bronchiale, Therapie des Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter)
- Allgemeine Maßnahmen
- Medikamentöse Therapie , inkl. Prüfung
- Von Medikation, Medikamenten- und Notfallplan
- Insb. der Therapieanpassung inhalativer Glucocorticoide
- Allergenkarenz, spezifische Immuntherapie
- Diagnostik und Therapie bei Komorbidität
- Impfungen (ggf. Influenza, Pneumokokken)
- Schulung
- Überweisung/Einweisung, ggf. Einleitung einer Reha-Maßnahme
- Erhöhung der Adhärenz durch Information über Verlauf, Einbeziehung in Behandlungsplanung
Kinder und Schwangere
- Kinder (1–5 Jahre)
- Aufklärung über mögliche spontane Ausheilung
- DMP-Fortsetzung entsprechend prüfen (mind. 1×/Jahr)
- Siehe: Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter
- Schwangere: I.d.R. Fortführung der Bedarfs- und Dauertherapie [13]
Asthma bronchiale - Dokumentation | ||
---|---|---|
Laufende Nummer | Parameter | Ausprägung |
Anamnese- und Befunddaten | ||
1 | In den letzten 4 Wochen: Häufigkeit von Asthma-Symptomen tagsüber | Häufiger als 2×/Woche / 2×/Woche / 1×/Woche / <1×/Woche / Keine |
1a | In den letzten 4 Wochen: Häufigkeit des Einsatzes der Bedarfsmedikation | Häufiger als 2×/Woche / 2×/Woche / 1×/Woche / <1×/Woche / Keine |
2a | In den letzten 4 Wochen: Einschränkung von Aktivitäten im Alltag wegen Asthma bronchiale | Ja / Nein |
2b | In den letzten 4 Wochen: Asthmabedingte Störung des Nachtschlafes | Ja / Nein |
2c | Aktueller FEV1-Wert (mind. alle 12 Monate) | x Prozent des Soll-Wertes / Nicht durchgeführt |
Relevante Ereignisse | ||
3 | Ungeplante, auch notfallmäßige (ambulant und stationär) ärztliche Behandlung wegen Asthma bronchiale seit der letzten Dokumentation | Anzahl |
Medikamente | ||
4 | Inhalative Glucocorticoide | Bei Bedarf / Dauermedikation / Keine / Kontraindikation |
5 | Inhalative lang wirksame β2-Sympathomimetika | Bei Bedarf / Dauermedikation / Keine / Kontraindikation |
6 | Inhalative kurz wirksame β2-Sympathomimetika | Bei Bedarf / Dauermedikation / Keine / Kontraindikation |
6a | Systemische Glucocorticoide | Bei Bedarf / Dauermedikation / Keine / Kontraindikation |
7 | Sonstige asthmaspezifische Medikation | Nein / Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten / Andere |
8 | Inhalationstechnik überprüft | Ja / Nein |
Schulung | ||
9 | Asthma-Schulung empfohlen (bei aktueller Dokumentation) | Ja / Nein |
9a | Asthma-Schulung schon vor Einschreibung in DMP wahrgenommen | Ja / Nein |
10 | Empfohlene Asthma-Schulung wahrgenommen | Ja / Nein / War aktuell nicht möglich / Bei letzter Dokumentation keine Schulung empfohlen |
Behandlungsplanung | ||
11 | Schriftlicher Selbstmanagement-Plan | Ja / Nein |
11a | Therapieanpassung | Keine / Steigerung der Medikation / Verbesserung der Anwendung der Medikation / Reduktion der Medikation |
AMBOSS-Pflegewissen: Asthma bronchiale
Pflegerische Schwerpunkte sind das Einleiten von Erstmaßnahmen bei einem akuten Asthmaanfall sowie im weiteren Verlauf die Anleitung zur Beobachtung der Atemsituation und die Beratung zum Umgang mit der Akut- und Dauermedikation.
Akutsituation
Die Pflegekraft schätzt den Asthmaanfall zunächst insb. bzgl. seines Schweregrades ein und leitet Erstmaßnahmen ein. Darüber hinaus führt sie die Therapie nach ärztlicher Anordnung durch und unterstützt im Umgang mit der Medikation (bspw. Dosieraerosolen).
Erstmaßnahmen
Prüfen der Schwere und Ausprägung eines Anfalls
- Atmung, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Überwachen der Atmung
- spO2↓
- Atemfrequenz↑: Ggf. hechelnde Atmung
- Atemgeräusche: Giemen, Brummen und Pfeifen bei insg. deutlich erschwerter Ausatmung
- Dyspnoezeichen: Bis hin zur Sprechdyspnoe
- Atemhilfsmuskulatur: Meist verstärkter Einsatz bei aufgestützten Armen und nach vorn gebeugtem Rumpf
- Peak-Flow-Messung: Sinnvoll, wenn Werte aus einem anfallsfreien Intervall zum Vergleich vorliegen
- Vitalzeichen
- Herzfrequenz: Tachykard
- Blutdruck: Hyperton oder hypoton
- Körpertemperatur: Bei begleitender/auslösender Infektion ggf. erhöht
- Bewusstsein
- Psychische Begleiterscheinungen: Unruhe, Angst, Panik
- Bewusstseinsstörungen: Müdigkeit, Verwirrtheit und Koma
- Haut
- Zyanosezeichen: Bei Sauerstoffmangel
- Schwitzige Haut: Aufgrund der Anstrengung oder bei Kreislaufversagen
- Ekzem: Bei allergischer Reaktion
- Einschätzen des Schweregrades der Exazerbation, siehe: Akuttherapie bei Asthmaanfall bzw. Exazerbation
- Mögliche Auslöser des Anfalls erfragen, siehe: Auslöser eines akuten Asthmaanfalls
Erstmaßnahmen
- Ruhe ausstrahlen: Dyspnoe ist ein beängstigender Zustand, der Todesangst auslösen kann
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Dyspnoe
- Notfallmedikation
- Patient:innen mit bekanntem Asthma bronchiale sollten ein Notfallspray besitzen
- Prüfen, ob ein Notfallspray im Zimmer vorhanden ist
- Patient:innen fragen, ob ein vorhandenes Spray bereits angewendet wurde, ggf. Patient:innen Spray anwenden lassen
- Prüfen, ob bereits (weitere) Bedarfsmedikamente angeordnet sind, ggf. applizieren
- Weitere Medikation nach ärztlicher Anordnung.
- Siehe auch: Asthma-Medikamente mit Dosierung
- Hilfe holen / Ärztliches Personal informieren bei
- Fehlen einer Notfallmedikation bzw. deren Anordnung
- Nicht-Ansprechen auf die applizierte Notfallmedikation
- Schwerem Anfall
Bei ausgeprägter Dyspnoe und/oder Unruhe der Patient:innen sollte früh eine zweite Pflegekraft zur Unterstützung herbeigerufen werden, um die Situation besser kontrollieren zu können!
- Atemerleichternde Manöver: Bspw. Lippenbremse
- Körperposition: Sitzende Position mit aufgestützten Armen erleichtert den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
- Sauerstoffgabe: Nach ärztlicher Anordnung
- i.v. Zugang: Prüfen, ob ein i.v. Zugang vorhanden ist, ggf. legen (lassen)
- Bettruhe: Während eines akuten Asthmaanfalls jede weitere körperliche Anstrengung vermeiden
- Intubationsbereitschaft: Bei schwerem Anfall Intubationsbereitschaft sicherstellen
Ziel der Erstmaßnahmen ist die Normalisierung der Atem- und Herzfrequenz sowie das Erreichen von Peak-Flow-Werten >70%!
Bei jedem Asthmaanfall handelt es sich um eine potenziell lebensbedrohliche Situation!
Allgemeine Aspekte
Beobachten/Überwachen
- Atmung und spO2: Im anfallsfreien Intervall sollten Atmung und Sauerstoffsättigung im physiologischen Bereich sein
- Husten: Hustenanfälle können erste Anzeichen eines Asthmaanfalls sein
- Herzfrequenz: Ggf. dauerhaft leicht erhöht
Medikamentöse Therapie
Bei der medikamentösen Therapie des Asthma bronchiale wird zwischen Akut- („Reliever“) und Langzeitmedikation („Controller“) unterschieden. Die richtige Applikation ist in jedem Fall unerlässlich , siehe auch:
- Anwendung eines Dosieraerosols ohne Inhalierhilfe
- Anwendung eines Dosieraerosols mit Inhalierhilfe
- Pulverinhalator
- Feuchtvernebler
Akutmedikamente („Reliever“)
- Kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
- Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
- Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt nach 20–30 s, Wirkungsdauer 3–6 h
- Indikation: In allen Stufen zur kurzwirksamen Bedarfstherapie bei akuter Dyspnoe
- Applikation: Inhalativ
- Wirkstoffe: Salbutamol, Fenoterol
- Systemische kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
- Wirkweise: Bronchodilatation, Wirkungseintritt innerhalb von Minuten, Wirkungsdauer 2–6 h
- Indikationen: Akuter Asthmaanfall, bei Exazerbationen, wenn Inhalation nicht möglich
- Wirkstoffe oral: Bambuterol, Salbutamol
- Wirkstoff intravenös: Reproterol
- Wirkstoff subkutan: Terbutalin
- Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika (SABA)
- Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale (akut)
- Wirkweise: Reduktion von Entzündungen und Exazerbationen, Abschwellen der Schleimhäute, Wirkungseintritt innerhalb 1 h
- Indikationen: Akuter Asthmaanfall, bei Exazerbation, wenn inhalative Therapie nicht ausreicht
- Applikation: p.o. oder i.v.
- Wirkstoff: Prednisolon (äquivalent)
Langzeitmedikamente bei Asthma bronchiale („Controller“)
Ziel der Langzeitmedikation ist es, eine möglichst stabile bronchiale Situation zu schaffen. Im Idealfall bleiben Exazerbationen komplett aus. Wenn es doch zu Exazerbationen kommt, sind diese i.d.R. leichterer Ausprägung.
- Inhalative Glucocorticoide (ICS)
- Wirkweise: Reduktion von Entzündungen und Exazerbationen, Prävention bronchialer Hyperreaktivität, Wirkungseintritt nach Wochen regelmäßiger Anwendung
- Indikation: Zur Dauertherapie
- Applikation: Inhalativ
- Wirkstoffe: Budesonid (1. Wahl), Beclometason, Ciclesonid, Mometason
- Zu beachten
- Volle Wirkung nur bei regelmäßiger Anwendung
- Nach der Anwendung immer essen, trinken oder Zähneputzen, um Pilzinfektionen (Soor) der Mundschleimhaut sowie Zahnschmelzschäden vorzubeugen
- Keine relevanten systemischen Effekte oder Nebenwirkungen bei Einhaltung der Dosierungsangaben
- Bei stabiler Situation schrittweise Dosisreduktion
- Bei instabiler bronchialer Situation trotz korrekter Anwendung Indikation zur Kombinationstherapie mit langwirksamem β2-Sympathomimetikum (LABA)
- Kombinationspräparate (ICS + LABA)
- Wirkweise: Bronchodilatation und Entzündungshemmung
- Applikation: Inhalativ
- Indikationen: Als Bedarfsmedikation oder Dauermedikation, abhängig vom Schweregrad der Erkrankung
- Systemische Glucocorticoide bei Asthma bronchiale (langfristig)
- Wirkweise: Reduktion von Entzündungen und Exazerbationen, Abschwellen der Schleimhäute, Wirkungseintritt innerhalb 1 h
- Indikationen: Zusätzlich, wenn trotz Anwendung anderer Therapieoptionen weiterhin ein schwer kontrollierbares Asthma besteht
- Applikation: p.o.
- Wirkstoff: Prednisolon (äquivalent)
- Anwendung
- Einnahme morgens
- Immer in der niedrigsten effektiven Dosis
- Patientenaufklärung über typische, möglicherweise schwere Nebenwirkungen
- Osteoporoseprophylaxe mit Calcium und Vitamin D
- Bei schwer kontrollierbaren nächtlichen Symptomen: Tagesdosis ⅔ morgens, ⅓ abends
Wird eine Therapie mit oralen Glucocorticoiden beendet (bzw. bei einem Wechsel auf ICS), sollte auf ein ausschleichendes Absetzen unter engmaschiger Überwachung geachtet werden, da das Risiko einer Nebennierenrindeninsuffizienz besteht!
- Für weiterführende Informationen zu Medikamenten und Dosierungen siehe auch: Asthma-Medikamente mit Dosierung
Hygiene
- Bei zusätzlichen ansteckenden Atemwegsinfektionen ggf. Isolation
Mobilisation/Bewegung
- Körperliche Schonung: Bei drohendem Anfall sowie während und nach einem Anfall
- Im anfallsfreien Intervall: Keine körperliche Schonung nötig
- Gezieltes Training: Der Atemmuskulatur nach Anleitung durch die Physiotherapeut:innen
Prophylaxen und Körperpflege
- Pneumonieprophylaxe
- Ggf. bedarfsgerechte Unterstützung bei der Körperpflege (bspw. nach einem Anfall)
Ernährung
- Bei allergischem Asthma auf Allergene in der Nahrung achten!
Spezielle Kommunikation
- Beratung: Die Beratung betroffener Patient:innen umfasst folgende Punkte
- Körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf den Krankheitsverlauf aus, zu beachten ist jedoch
- Idealerweise kontinuierliche Belastung
- Spitzenbelastungen möglichst vermeiden
- Aktivitäten an die aktuelle Lungenfunktion anpassen, ggf. Kontrolle mit Peak-Flow-Meter
- Aktivität bei jedem Anzeichen für einen Anfall abbrechen
- Schadstoffbelastete Luft meiden
- Kalte und sehr trockene Luft meiden
- Tabakkarenz und Vermeidung von Passivrauchen
- Anleitung zur Selbstbeobachtung der Atmung
- Angehörige über Verhalten in Notfallsituationen aufklären
- Information über Disease-Management-Programm
- Körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf den Krankheitsverlauf aus, zu beachten ist jedoch
Prävention
Prognose
- Transiente Verlaufsform möglich: Häufig Verschwinden der Asthma-Symptomatik nach Pubertät (insb. beim extrinsischen Asthma); Wiederauftreten im Erwachsenenalter möglich
- Bei persistierendem Verlauf
- Bei adäquater Therapie: Normale Lebenserwartung
- Bei insuffizienter Therapie: Zunehmende irreversible bronchiale Obstruktion und Abfall der Lungenfunktion mit dauerhaften Asthma-Symptomen und verminderter Lebenserwartung
- Mortalitätsrate: Tendenziell sinkend (1500 Tote durch Asthma in 2008 in Deutschland)
Prävention
Primärprävention
Tertiärprävention
- Siehe auch: Tertiärprävention von Allergien und Allergen-Immuntherapie
Insb. bei der Pollenallergie ist eine Allergen-Immuntherapie essenziell, da eine Karenz nicht möglich ist!
Pneumologische Rehabilitationsmaßnahmen bei Asthma bronchiale
Indikation
- Bei nur teilweise kontrolliertem oder unkontrolliertem Asthma bronchiale
- Bei Ausschöpfung der regulären Therapieoptionen
Ziele
- Normale soziale Teilhabe
- Erhaltung/Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
Inhalte
- Asthmadiagnostik inkl. Allergietestung
- Therapieoptimierung
- Multimodales Therapiekonzept
- Patientenschulung und sozialmedizinische bzw. psychotherapeutische Beratung
- Eliminierung von Triggerfaktoren, bspw. Raucherentwöhnung, Ernährungsberatung
- Körperliche Aktivität, Atemphysiotherapie, Ergotherapie
- Klimatische Besonderheiten (wie bspw. das Hochseereizklima) können vorteilhaft sein, sind aber nicht zwingend erforderlich
Eine Rehabilitationsmaßnahme ist keine Kur! Medizinische und/oder therapeutische Inhalte zur Erhaltung/Wiederherstellung der normalen sozialen Teilhabe sind das Ziel!
Kostenübernahme
- Gesetzliche Rentenversicherung (GRV), bspw. Deutsche Rentenversicherung (DRV)
- Zum Abwenden der Erwerbsunfähigkeit oder deren Verschlechterung
- Zur Besserung/Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
- Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), bspw. Ersatzkassen
- Zum Abwenden einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit oder deren Verschlechterung
- Zur Besserung bzw. Beseitigung von Behinderung oder Pflegebedürftigkeit
- Gesetzliche Unfallversicherung (GUV), bspw. Berufsgenossenschaften
- Nur bei Arbeitsunfall oder Berufskrankheit
- Zur Besserung bzw. Beseitigung des Gesundheitsschadens
- Zum Abwenden einer Verschlechterung
Besonderheiten bei pneumologischen Rehamaßnahmen im Kindes- und Jugendalter
Eine Kinderrehabilitation ist nicht zu verwechseln mit einer Eltern-Kind-Kur!
- Ziele
- Normale soziale Teilhabe
- Erhaltung/Wiederherstellung der Schul- und Ausbildungsfähigkeit (zusätzlich zur späteren Erwerbsfähigkeit)
- Kostenübernahme: Gleichrangige Zuständigkeit GKV und Deutsche Rentenversicherung (DRV)
- Stärkung der Rehabilitation im Kindes- und Jugendalter durch Flexirentengesetz (seit Ende 2016)
- Pflichtleistung bei der DRV, inkl. Nachsorge
- Durchführung ambulant oder stationär möglich
- Altersunabhängig Genehmigung einer Begleitperson
- Keine Ausgabenbegrenzung
- Keine Indikationsbeschränkung
- Keine Vierjahresfrist
Besondere Patientengruppen
Asthma bronchiale bei Schwangeren
Während der Schwangerschaft zeigt sich bei ⅓ der Fälle eine Verbesserung, bei ⅓ eine Verschlechterung und bei ⅓ bleibt die Symptomatik unverändert.
- Engmaschige Kontrollen: Zu Beginn und während der Schwangerschaft
- Dauertherapie: Gleiche Stufentherapie wie für alle Patienten
- Keine Änderung der bisherigen Basistherapie
- Möglichst kein Beginn einer Montelukast-Therapie
- Keine Empfehlung zur Anwendung monoklonaler Antikörper (aufgrund fehlender Daten)
- Allergen-Immuntherapie bei Asthma bronchiale
- Beginn einer AIT in der Schwangerschaft kontraindiziert
- Fortführen einer bereits begonnenen AIT bei guter Verträglichkeit möglich
- Bei Asthmaanfall: Immer notfallmäßige stationäre Aufnahme mit obligater Sauerstoffgabe und fetalem Monitoring!
- Frühzeitiger Einsatz von SABA und systemischen Glucocorticoiden
- Bei schwerem Verlauf: Inhalation mit Ipratropiumbromid und systemischem Reproterol
- Bei pulmonalen Infekten: Meist viral, Antibiotikatherapie nur nach strenger Indikationsstellung mit Penicillinen oder Cephalosporinen
- Während der Geburt
- Bei präpartaler Medikation
- Bei ≥7,5 mg Prednisolon pro Tag präpartal über mind. 2 Wochen: Peripartal alle 6–8 h 100 mg Hydrocortison i.v.
- Bei hochdosierter SABA-Gabe ≤48 h präpartal: Risiko für neonatale Hypoglykämie
- Zur Geburtseinleitung: Bei Verwendung von Prostaglandinen ggf. bronchokonstriktive Wirkung
- Bei postpartaler Uterusatonie: Oxytocin (1. Wahl)
- Zur Wehenhemmung
- Intrapartal: β2-Sympathomimetika
- Vorzeitige Wehen: Atosiban (Oxytocinantagonist)
- Bei Narkosenotwendigkeit: Wenn möglich Regionalanästhesie statt Vollnarkose
- Bei präpartaler Medikation
Eine gute Asthma-Kontrolle in der Schwangerschaft beugt Exazerbationen und Komplikationen vor! Eine notwendige Therapie sollte immer fortgeführt werden und ist nicht schädlich für das Ungeborene!
Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter
Siehe: Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter
Bei Kindern tritt eine bronchiale Obstruktion insb. im Rahmen von Infekten auf, sodass hier mit den Eltern der frühzeitige Einsatz von SABA zu besprechen ist!
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 136-2020-1/3: In thunder, lighting, or in rain – Unwetter und Vorstellungen in der Rettungsstelle
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 99-2024-1/3: Specialized care of newly diagnosed asthma and COPD leads to better outcomes
- One-Minute Telegram 49-2022-1/3: Improving asthma care in Black and Latinx patients
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- J45.-: Asthma bronchiale
- Exklusive: Akutes schweres Asthma bronchiale (J46), Chronische asthmatische (obstruktive) Bronchitis (J44.‑), Chronisches obstruktives Asthma bronchiale (J44.‑), Eosinophiles Lungeninfiltrat mit Asthma bronchiale, (J82) Lungenkrankheiten durch exogene Substanzen (J60-J70), Status asthmaticus (J46)
- J45.0: Vorwiegend allergisches Asthma bronchiale
- Allergische:
- Bronchitis o.n.A.
- Rhinopathie mit Asthma bronchiale
- Atopisches Asthma
- Exogenes allergisches Asthma bronchiale [Extrinsisches Asthma]
- Heuschnupfen mit Asthma bronchiale
- Allergische:
- J45.1: Nichtallergisches Asthma bronchiale
- Endogenes nichtallergisches Asthma bronchiale [Intrinsisches Asthma]
- Medikamentös ausgelöstes nichtallergisches Asthma bronchiale [Analgetika-Asthma]
- J45.8: Mischformen des Asthma bronchiale
- J45.9: Asthma bronchiale, nicht näher bezeichnet
- Asthmatische Bronchitis o.n.A.
- Late-Onset-Asthma
- J46: Status asthmaticus
- Inklusive: Akutes schweres Asthma bronchiale
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Asthma bronchiale
Asthma bronchiale – Teil 1: Erkrankung
Asthma bronchiale – Teil 2: Therapie
Asthma bronchiale – Teil 3: Exazerbation (Asthmaanfall)
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).