Zusammenfassung
Vitamine sind eine Gruppe unterschiedlicher organischer Verbindungen, die für den Stoffwechsel benötigt werden. Sie gehören zu den Mikronährstoffen, die keine Energie liefern (wie Makronährstoffe), sondern spezifische biochemische Funktionen erfüllen: Sie können Coenzyme in verschiedenen Reaktionen (B-Vitamine, Vitamine A und K) und/oder Antioxidanzien sein, die die Zelle und ihre Membran vor freien Radikalen schützen (Vitamine C und E). Sie sind auch an der zellulären Signaltransduktion (Vitamin A) und der Gentranskription (Vitamine A und E) beteiligt oder können als Hormone wirken (z.B. Vitamin D).
Von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Vitamin D) kann der menschliche Körper Vitamine nicht selbst in ausreichender Menge synthetisieren und muss daher eine ständige Versorgung über die Nahrung sicherstellen. Unterschieden werden fettlösliche Vitamine, die der Körper speichern kann, und wasserlösliche Vitamine, die der Körper nicht über längere Zeiträume speichern kann – mit Ausnahme von Vitamin B9 (Folsäure) und B12 (Cobalamin). Eine ausgewogene Ernährung deckt den Bedarf an den einzelnen Vitaminen, Mangelerscheinungen treten i.d.R. aufgrund von Fehlernährung, Malabsorptionsstörungen oder speziellen Ernährungsformen auf (z.B. Vitamin-B12-Mangel bei veganer Ernährung).
- Für Vorklinik-Studierende siehe: Vitamine (Vorklinik)
- Für Grundlagen und Empfehlungen zur Ernährung siehe: Planetary Health in der klinischen Praxis: Ernährung
Definition
- Vitamine: Organische Moleküle, die für viele metabolische Funktionen des Körpers essenziell sind und nicht vom Körper allein synthetisiert werden können
- Quellen: Nahrung , körpereigene Produktion, Darmflora
- Bedarf : Individuell, abhängig u.a. von Geschlecht, körperlicher Belastung, Wachstumsphase, Schwangerschaft/Stillzeit
- Einteilung: Nach ihrer Löslichkeit in fettlösliche Vitamine und wasserlösliche Vitamine
- Vitaminklasse: Jedes Vitamin umfasst i.d.R. mehrere chemische Verbindungen (Vitamere), die zu einer Vitaminklasse zusammengefasst werden
- Vitaminmangelerkrankung (Hypovitaminose): Symptome und Erkrankungen, die durch die Unterversorgung des Organismus mit Vitaminen entstehen
- Avitaminose: Erkrankung durch vollständiges Fehlen eines Vitamins
- Vitamintoxizität (Hypervitaminose): Symptome und Erkrankungen, die durch Überversorgung des Organismus mit Vitaminen entstehen
Vitamine sind größtenteils weder strukturell noch funktionell miteinander verwandt. Ihnen gemeinsam ist lediglich ihre essenzielle Funktion für den Körper!
Vitamine sind an zentralen Stoffwechselwegen beteiligt – die Symptomatik bei Mangel ist daher unspezifisch und betrifft Gewebe mit hoher Zellteilungsrate bzw. Stoffwechselaktivität! [2]
Übersicht
Einteilung nach Löslichkeit | ||
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Fettlösliche Vitamine | Wasserlösliche Vitamine | |
Vitamine | ||
Quellen |
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Absorption | ||
Speicherung |
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Funktionen |
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Vitaminmangelerkrankung (Hypovitaminose) |
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Vitamintoxizität (Hypervitaminose) |
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Akkumulation und Toxizität treten fast ausschließlich bei fettlöslichen Vitaminen auf!
Fettlösliche Vitamine
- Fettlösliche Vitamine
- Resorption und Transport: I.d.R. gemeinsam mit den Nahrungslipiden
- Speicherung: An unterschiedlichen Stellen, insb. im Fettgewebe und in der Leber
Fettlösliche Vitamine: EDeKA
Im Gegensatz zu wasserlöslichen Vitaminen werden fettlösliche Vitamine im Körper gespeichert und führen eher zu Hypervitaminosen!
Vitamin A (Retinol)
Grundlagen [2][4]
- Chemische Grundlagen
- Substanzklasse: Retinoide
- Inaktive Vorstufen (Provitamine): Carotinoide (z.B. Betacarotin)
- Aktive Formen: Retinal und Retinsäure
- Physiologische Grundlagen
- Resorption: Im Dünndarm
- Transport: Als Retinol über das retinolbindende Protein (RBP) im Serum
- Speicherung: Als Retinylester in den Ito-Zellen der Leber
- Ausscheidung: Über Galle und Urin
- Funktionen [2][3]
- Sehvorgang: Bestandteil von Rhodopsin
- Differenzierung und Integrität von Epithelien → Wundheilung
- Immunmodulation
- Reproduktion und Embryonalentwicklung
- Regulierung von Genen für Zellwachstum, Zelldifferenzierung, Apoptose
- Antioxidans
Quellen und Zufuhr
- Vitamin-A-Quellen [3][5]
- Pflanzlich
- Gelb-orangenes Gemüse und Obst (z.B. Karotten, Kürbis, Paprika, Aprikosen)
- Dunkelgrünes Blattgemüse (z.B. Spinat, Grünkohl)
- Tierisch : Innereien (insb. Leber), Fisch, Eier, Milchprodukte
- Häufig zugesetzt: In Müsli, Margarine, Milch
- Pflanzlich
- Empfohlene tägliche Zufuhr: In Retinolaktivitätsäquivalenten (RAE) [6][7]
Schwangere haben einen erhöhten Bedarf an Vitamin A – allerdings ist Vitamin A in höherer Dosierung insb. im 1. Trimenon teratogen! [4]
Vitamin A in pflanzlichen Quellen sollte zusammen mit einer kleinen Menge Fett verzehrt werden (z.B. 1 TL Öl), um die Aufnahme zu verbessern! [4]
Vitamin-A-Mangel [3][8]
- Epidemiologie
- Sehr hohe Prävalenz in Ländern des Globalen Südens unter Kindern und Schwangeren [9][10]
- Ursachen
- Primärer Vitamin-A-Mangel: Unter-/Mangelernährung (häufigste Ursache in Ländern des Globalen Südens)
- Sekundärer Vitamin-A-Mangel
- Malabsorption: Insb. gestörte Fettverdauung und -aufnahme
- Erhöhter Bedarf: Bspw. Entzündungen, Traumen , Alkoholabusus, chronische Nierenkrankheiten [4]
- Klinisches Bild
- Okuläre Manifestationen
- Nachtblindheit : Frühsymptom
- Bitot-Flecken: Charakteristisches Zeichen eines Vitamin-A-Mangels [11]
- Graue, dreieckige, mattweiße Flecken auf den temporalen Konjunktiven
- Xerophtalmie [12]
- Keratomalazie
- Erblindung
- Weitere Symptome
- Wachstumsverzögerungen
- Infektanfälligkeit
- Xerosis cutis
- Anämie
- Perlenartige Plaques bei Zystoskopie [13]
- Okuläre Manifestationen
Ein Vitamin-A-Mangel ist in Ländern des Globalen Südens sehr häufig und der häufigste Erblindungsgrund!
Vitamin-A-Toxizität [3]
- Epidemiologie: Selten
- Ursachen: Erhöhte (akzidentelle) Zufuhr über Vitamin-A-Präparate oder Nahrungsergänzungsmittel [3]
- Akute Toxizität
- Haarverlust
- Verschwommenes Sehen
- Kopfschmerzen
- Bewusstseinsstörungen
- Schwindel
- Übelkeit, Erbrechen
- Chronische Toxizität
- Arthralgien
- Alopezie
- Trockene Haut, Schuppung
- Hepatosplenomegalie, Hepatotoxizität
- Idiopathische intrakranielle Hypertension
- Teratogene Wirkungen, insb. im 1. Trimenon
- Gesichtsanomalien: Mikrozephalie, Mikrophthalmie und Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
- Thymusaplasie
- Kardiovaskuläre Anomalien
- Neurologische Entwicklungsstörungen
- Intrauteriner Fruchttod
Therapeutische Anwendungen
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch erwünscht, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
- Hautkrankheiten, bspw.
- Acne vulgaris
- Psoriasis
- Ichthyosis
- Chronisches Handekzem
- Kutanes Kaposi-Sarkom
- Hämatologische Erkrankungen: Bspw. akute Promyelozytenleukämie, Mycosis fungoides
- Masern: Substitution bei gleichzeitigem Vitamin-A-Mangel empfohlen [3]
- Ausführliche Auflistung siehe: Übersicht therapeutischer Retinoide
Bei Personen mit Masern und Vitamin-A-Mangel ist eine Substitution empfohlen, um die Sterblichkeit zu reduzieren!
Isotretinoin ist stark teratogen – ein negativer Schwangerschaftstest und zwei Formen der Empfängnisverhütung sind erforderlich, bevor Isotretinoin verschrieben wird!
Vitamin D (Calciferol)
Grundlagen
- Chemische Grundlagen
- Substanzklasse: Steroidhormone, Calciferole
- Inaktive Vorstufen (Provitamine)
- Vitamine
- Aktive Formen
- Physiologische Grundlagen
- Vitamin-D-Synthese
- In der Leber: Cholesterol → Provitamin D3
- In der Haut: Speicherung, dann Spaltung von Provitamin D3 durch UV-Strahlung → Vitamin D3
- In der Leber : Hydroxylierung von Vitamin D3 → 25-Hydroxycholecalciferol (Calcidiol)
- In den Nieren: Hydroxylierung von 25-Hydroxycholecalciferol → Aktiviertes Vitamin D3, sog. Calcitriol (1,25-Hydroxycholecalciferol)
- Transport zu den Zielzellen: Vitamin-D-bindendes Protein (DBP)
- Speicherung: Als Calcidiol, insb. im Fettgewebe
- Ausscheidung: Über die Galle
- Vitamin-D-Synthese
- Funktionen
- Regulation des Calcium- und Phosphatstoffwechsels
- Förderung von Knochenmineralisierung und -umbau
- Modulation des Immunsystems
- Regulation von Genen für Zellwachstum, -differenzierung und Apoptose
Das über die Nahrung aufgenommene und endogen synthetisierte Vitamin D muss zur Aktivierung zweimal hydroxyliert werden (einmal in der Leber, dann in den Nieren)!
Quellen und Zufuhr
- Vitamin-D-Quellen [15]
- Vitamin D2: Pilze, Hefe, angereicherte Lebensmittel (z.B. Milch und Milchalternativen, Säfte)
- Vitamin D3
- Entsteht in der Haut durch UV-Strahlung
- Tierisch: Fettiger Fisch , Lebertran, Eigelb, Käse
- Künstlich angereicherte Lebensmittel: Bspw. Milch und Milchalternativen, Säfte, Margarine
- Vitamin-D-Bedarf: 20 μg/d (= 800 IE) [15][17]
Dauer der empfohlenen Sonnenlichtbestrahlung zur Vitamin-D-Bildung [17] | ||
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Jahreszeit | Hauttyp I/II | Hauttyp III |
März bis Mai | 10–20 min* | 15–25 min* |
Juni bis August | 5–10 min* | 10–15 min* |
September bis Oktober** | 10–20 min* | 15–25 min* |
* Von 10.00–12.00 Uhr und von 15–18 Uhr kann die Zeit verdoppelt werden. ** In den Wintermonaten (Oktober bis März) ist die Sonnenstrahlung nicht stark genug, um eine ausreichende Synthese zu gewährleisten. Jedoch können dann die körpereigenen Speicher genutzt werden. |
Insgesamt sind nur wenige Nahrungsmittel Vitamin-D-reich – fettiger Fisch und Lebertran (Fischleberöle) sind die besten Quellen!
In Deutschland reicht es aus, ¼ der Körperoberfläche 5–25 min/d der Mittagssonne auszusetzen! [17]
Solarien mit Verwendung von UVB-Strahlen können zwar zur Vitamin-D-Produktion beitragen, werden aber aufgrund des erhöhten Hautkrebsrisikos nicht empfohlen! [15][17]
Vitamin-D-Mangel [15]
- Definition: Calcidiol (25-Hydroxycholecalciferol) im Serum <30 nmol/L (<12 ng/mL) [15][18]
- Ursachen: I.d.R. mangelnde Sonnenexposition , außerdem
- Leber- oder Nierenfunktionsstörung
- Mangelernährung
- Resorptionsstörungen
- Klinisches Bild
- Osteomalazie, Rachitis
- Symptome der Hypokalzämie
- Erhöhtes Frakturrisiko
Vitamin-D-Toxizität
- Epidemiologie: Selten
- Toxizität: Calcidiol (25-Hydroxycholecalciferol) im Serum >125 nmol/L (>50 ng/mL) [15]
- Ursachen
- Übersupplementierung >1000 μg (4.000 IE) pro Tag
- Granulomatöse Erkrankungen (z.B. Sarkoidose)
- Klinisches Bild
- Hyperkalzämie (siehe: Symptome der Hyperkalzämie)
- Hyperkalziurie bis hin zur akuten Nierenschädigung
Hochdosiertes Vitamin D kann schwere Komplikationen verursachen! [18]
Therapeutische Anwendungen und Supplementierung
- Keine Empfehlung zur allgemeinen Vitamin-D-Supplementierung [18]
- Falls doch erwünscht: Unbedenkliche Dosierung von 20 μg Vitamin D (800 IE) pro Tag
- Für besondere Personengruppen siehe:
- Hochdosierte Vitamin-D-Präparate: Nur auf ärztliche Anweisung [18]
- Erkrankungen mit Indikation zur Gabe von Vitamin D, bspw.
Eine prophylaktische Vitamin-D-Supplementierung ist nicht generell empfohlen! [18]
Vitamin E (Tocopherol)
Grundlagen [2][19]
- Chemische Grundlagen
- Formen: Tocopherole, Tocotrienole
- Inaktive Vorstufen (Provitamine): Keine
- Physiologische Grundlagen
- Resorption: Im Dünndarm
- Transport: Gebunden an VLDL über das Lymphsystem zur Leber
- Speicherung: Fettgewebe, Leber, Nebenniere
- Ausscheidung: Über die Galle
- Funktionen
- Lipophiles Antioxidans: Schützt insb. mehrfach ungesättigte Fettsäuren
- Weitere Funktionen: Insb. Hemmung von
- Thrombozytenaggregation, Monozytenadhäsion und Zellproliferation
- Enzymen
- Genexpression
Quellen und Zufuhr
- Vitamin-E-Quellen
- Insb. pflanzlich: Samen (z.B. Sonnenblumenkerne), Pflanzenöle (Insb. Weizenkeimöl und Rapsöl), Nüsse (z.B. Mandeln), grünes Gemüse (z.B. Spinat, Brokkoli), Hülsenfrüchte (z.B. Sojabohnen und Kichererbsen), Getreide (z.B. Mais)
- Tierisch: Kaum relevant, am ehesten fettreicher Seefisch wie Aal und Lachs [6]
- Empfohlene tägliche Zufuhr: In RRR-α-Tocopherol-Äquivalent [6][19]
- ♂: 12–15 mg
- ♀: 11–12 mg
- Schwangere: 13 mg
- Stillende: 17 mg
- Erhöhter Bedarf bei gesteigerter Zufuhr mehrfach ungesättigter Fettsäuren [20]
Vitamin-E-Mangel [2][19][21]
- Definition: α-Tocopherol-Serumspiegel <5 μg/mL (<11,6 μmol/L) [21]
- Epidemiologie: Selten, insb. nicht ernährungsbedingt
- Ursachen
- Fettmalabsorptionsstörungen
- Transportstörungen: Gendefekte des α-TTP
- Klinisches Bild [22]
- Neuromuskuläre Störungen
- Ataxie , siehe auch: Ataxie mit Vitamin-E-Defizit
- Periphere Neuropathie
- Schwierigkeiten beim Aufwärtsblick
- Muskelschwäche
- Sehstörungen
- Hämolytische Anämie
- Akanthozytose
- Herzrhythmusstörungen
- Neuromuskuläre Störungen
Vitamin-E-Toxizität
- Definition: Kein allgemeiner Grenzwert für den α-Tocopherol-Spiegel im Serum [23]
- Tolerierbare obere Zufuhrgrenze : 300 mg/d [20][24]
- Epidemiologie: Selten
- Ursachen: Übersupplementierung [20]
- Klinisches Bild und gesundheitliche Auswirkungen
- Bei Säuglingen: Erhöhtes Risiko einer nekrotisierenden Enterokolitis [25]
- Erhöhtes Blutungsrisiko
- Fraglich: Erhöhtes Risiko für Prostatakarzinome [19][20]
- Fraglich: Erhöhte Gesamtmortalität [19]
Therapeutische Anwendungen
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch erwünscht, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
- Ggf. Supplementierung bei nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung (NASH) [26]
- Keine eindeutige Evidenz für kardioprotektive und antikarzinogene Effekte einer Vitamin-E-Supplementierung [19]
Vitamin K (Phyllochinon)
Grundlagen
- Chemische Grundlagen
- Formen
- Vitamin K1 (Phytomenadion, Phyllochinon)
- Vitamin K2 (Menachinon)
- Inaktive Vorstufen (Provitamine): Keine
- Aktive Form: Vitamin-K-Hydrochinon
- Formen
- Physiologische Grundlagen
- Resorption: Im Dünndarm
- Transport: Über Lipoproteine, kein spezifisches Protein
- Speicherung: In der Leber
- Ausscheidung: Über Galle und Urin
- Funktionen: Cofaktor für Proteinmodifikation , z.B.
- Knochenmatrix: Bspw. Osteocalcin
- Gerinnungssystem: Faktor II (Prothrombin), Faktor VII, IX und X, Protein C, Protein S
- Für weitere klinische Informationen zur Auswirkung auf das Gerinnungssystem siehe: Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen
Gerinnungsfaktoren, deren Synthese auf Vitamin K angewiesen ist: 1972 (Neun-Zehn-Sieben-Zwei) – das Jahr der Olympischen Spiele in München!
Quellen und Zufuhr
- Vitamin-K-Quellen
- Pflanzlich : Grünes Blattgemüse, z.B. Spinat und einige Salat- und Kohlsorten
- Tierisch : Eier, Milchprodukte und Fleisch
- Synthese in geringen Mengen durch Darmbakterien und Enterozyten
- Empfohlene tägliche Zufuhr [6]
Vitamin-K-Mangel
- Ursachen
- Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Phenprocoumon)
- Lebersynthesestörung
- Fettmalabsorptionsstörung
- Länger andauernde Breitspektrum-Antibiotikatherapie
- Neonataler Mangel
- Zu den ausführlichen Ursachen, Komplikationen und der Therapie siehe: Vitamin-K-Prophylaxe des Neugeborenen
- Klinisches Bild
- Blutungen (z.B. Petechien, Ekchymosen)
- Für genaue Auswirkungen siehe: Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen
- Osteoporose [2][27]
- Morbus haemorrhagicus neonatorum (Vitamin-K-Mangelblutung bei Neugeborenen)
- Indikatoren: PT↑ und aPTT↑, Blutungszeit normal
- Therapie siehe: Vitamin-K-Prophylaxe des Neugeborenen
- Blutungen (z.B. Petechien, Ekchymosen)
Vitamin-K-Toxizität
- Epidemiologie: Sehr selten
- Ursache: Übersupplementierung
- Keine tolerierbare obere Aufnahmemenge für Vitamin K definiert [20]
- Symptome
- Hämolytische Anämie
- Hyperbilirubinämie
- Ikterus
- Neugeborenenikterus
Bei Einnahme von Vitamin-K-Antagonisten sollte die Vitamin-K-Zufuhr über die Nahrung möglichst konstant sein! Nahrungsergänzungsmittel sollten zudem nicht ohne ärztliche Absprache zugeführt werden! [20]
Therapeutische Anwendungen
- Zur Blutungsprophylaxe bei Überdosierung von Vitamin-K-Antagonisten (insb. Konakion®)
- Postnatale Vitamin-K-Gabe (siehe: Vitamin-K-Prophylaxe des Neugeborenen)
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch Wunsch besteht, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
Wasserlösliche Vitamine
- Wasserlösliche Vitamine: Vitamin C (Ascorbinsäure) und die B-Vitamine
- Resorption: Aufnahme im Darm
- Transport im Blut: Über verschiedene Transportproteine
Wasserlösliche Vitamine werden i.d.R. nicht im Körper gespeichert (Ausnahme: Vitamin B12) und bei Überangebot renal ausgeschieden!
Hypervitaminosen sind nur für Vitamin B3 und Vitamin C beschrieben!
Vitamin B1 (Thiamin)
Grundlagen [28]
- Aktive Form: Thiaminpyrophosphat (TPP)
- Physiologische Grundlagen
- Funktion: Cofaktor für Enzyme des Aminosäure-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels
Quellen und Zufuhr
- Thiaminquellen
- Tierisch: Schweinefleisch, Fisch , Milchprodukte
- Pflanzlich: Vollkornprodukte , Samen , Hefe, Hülsenfrüchte
- Empfohlene tägliche Zufuhr [6]
Die tägliche Thiaminzufuhr eines Erwachsenen kann bspw. durch 6 Esslöffel Haferflocken, 2 Scheiben Weizenvollkornbrot, 25 g Erdnüsse, 150 g rohe Zucchini oder 30 g Kasseler gedeckt werden!
Thiamin ist hitzeempfindlich und löst sich in Wasser. Eine schonende Zubereitung ist daher wichtig!
Thiaminmangel
- Ursachen siehe: Risikofaktoren für einen Thiaminmangel
- Pathophysiologie
- Thiaminmangel → Störung des Kohlenhydrat- und Aminosäurestoffwechsels → ATP-Synthese↓ → Lactatazidose, oxidativer Stress, Zelltod (v.a. Gehirn, Herz, Muskeln, Nerven)
- Hochdosierte Glucoseinfusionen → ATP-Verbrauch↑ → Thiaminmangel → Wernicke-Enzephalopathie, siehe: Wernicke-Enzephalopathie: Pathophysiologie
- Erkrankungen durch Thiaminmangel [30]
- Unspezifische Frühsymptome [28][30]
- Gewichtsverlust
- Periphere Neuropathien
- Verwirrung, Reizbarkeit, Gedächtnisstörungen
- Muskelschwäche
- Wernicke-Enzephalopathie siehe: Wernicke-Enzephalopathie - Symptome/Klinik
- Beriberi
- Trockene Beriberi (peripher-neuropathische Symptomatik)
- Symmetrische periphere Neuropathie (sensorisch und motorisch)
- Fortschreitender Muskelschwund
- Lähmungen
- Verwirrung
- Feuchte Beriberi (akut-kardiologische Symptomatik)
- Infantile Beriberi
- Unspezifische Frühsymptome: Reizbarkeit, Tachykardie, Tachypnoe, Erbrechen, schrilles Schreien
- Im Verlauf: Kardiomegalie, Zeichen einer dekompensierten Herzinsuffizienz
- Bei älteren Säuglingen und Kindern: Pseudomeningitische Form (Appetitverlust, Nystagmus, Ophthalmoplegie, vorgewölbte Fontanelle, Bewusstseinsverlust, epileptische Anfälle)
- Trockene Beriberi (peripher-neuropathische Symptomatik)
- Leigh-Syndrom [31]
- Unspezifische Frühsymptome [28][30]
- Diagnostik: Thiamin↓ im EDTA-Blut
- Therapie siehe: Thiaminsubstitution
Vitamin-B1-Mangel verursacht Ber1,Ber1.
Thiamintoxizität
- Nicht bekannt [28][29]
Therapeutische Anwendungen
- Thiaminsubstitution
- Bei Wernicke-Enzephalopathie siehe: Therapie der Wernicke-Enzephalopathie (unklare Evidenz und uneinheitliche Empfehlungen)
- Bei weiteren Thiaminmangelerkrankungen [28]
- Geringer Mangel
- Schwerer Mangel
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
Vitamin B2 (Riboflavin)
Grundlagen
- Aktive Formen
- Physiologische Grundlagen
- Resorption: Im oberen Dünndarm
- Transport: Gebunden an Albumin und Immunglobuline
- Funktionen: Cofaktor für Redoxreaktionen, z.B. beteiligt an Energie-, Protein-, Fett- und anderen Vitaminstoffwechseln [32][33]
Quellen und Zufuhr
- Riboflavinquellen [32][33]
- Tierisch
- Eier, Milch und Milcherzeugnisse
- Innereien
- Fisch/Meeresfrüchte
- Pflanzlich: Getreideprodukte und Gemüse
- Tierisch
- Empfohlene tägliche Zufuhr [6]
- ♂: 1,3–1,4 mg
- ♀: 1,0–1,1 mg
- Schwangere und Stillende: 1,3–1,4 mg
- Für weitere Informationen siehe: Referenzwerte und FAQs zu Riboflavin der DGE unter Tipps & Links
Riboflavin ist sehr lichtempfindlich und löst sich in Wasser, sodass das Kochwasser mitverwendet werden sollte! [33]
Riboflavinmangel [32][33]
- Ursachen
- Unter-/Mangelernährung
- Bestimmte Ernährungsformen (z.B. vegan, laktosefrei)
- Erhöhter Bedarf bei gleichzeitig vegetarischer Ernährung, insb. bei Schwangeren, Stillenden, Sportler:innen
- Riboflavin-Transporter-Mangel
- Klinisches Bild
- Mundwinkelrhagaden, Cheilitis, Glossitis, Pharyngitis
- Seborrhoische Dermatitis
- Neovaskularisation der Cornea
- Bei länger anhaltendem, schwerem Mangel
- Normozytäre, normochrome Anämie
- Katarakt
- Störung des Pyridoxin- und Niacinstoffwechsels (Vitamin B3 und B6)
- Diagnostik: Keine klinische Routinediagnostik [32]
- Bestimmung des Erythrozyten-Glutathion-Reduktase-Aktivitätskoeffizienten
Ein Riboflavinmangel geht meist mit anderen Nährstoffdefiziten einher! [33]
Riboflavintoxizität
- Nicht bekannt [32]
Therapeutische Anwendungen
- Ggf. Einsatz zur Migräneprophylaxe bei unklarer Evidenz [34]
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
Vitamin B3 (Niacin)
Grundlagen
- Chemische Grundlagen
- Wichtige Formen (chemische Leitstruktur: Pyridin) [2]
- Aktive Formen: Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD+/NADH), Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid-Phosphat (NADP+/NADPH)
- Physiologische Grundlagen
- Synthese: In der Leber, aus Tryptophan unter Verbrauch von Riboflavin und Pyridoxin (Vitamin B2 und B6)
- Resorption: Aktive Resorption im Dünndarm
- Transport im Blut: Als Nicotinsäure
- Funktionen: Cofaktor für zahlreiche Redoxreaktionen
Quellen und Zufuhr
- Niacinquellen [35][36]
- Tierisch: Fisch (z.B. Sardellen, Thunfisch, Lachs, Makrele), Fleisch (mageres Rind-, Kalb- und Schweinefleisch, Geflügel), Innereien
- Pflanzlich: Getreide, Samen, Nüsse, Hülsenfrüchte (z.B. Mungobohnen, Erdnüsse), Pilze
- Empfohlene tägliche Zufuhr: In Niacinäquivalenten [6]
Niacinmangel
- Epidemiologie: Selten in Ländern des Globalen Nordens
- Ursachen
- Unter-/Mangelernährung: Insb. einseitige, maisreiche Ernährung (häufigste Ursache in Ländern des Globalen Südens)
- Starker Alkoholkonsum
- Kachexie
- Chronische Diarrhö
- Leberzirrhose
- Mit Tryptophanmangel assoziierte Erkrankungen: Hartnup-Syndrom , Karzinoid-Syndrom [36]
- Mangel an Eisen, Riboflavin und/oder Pyridoxin [36]
- Behandlung mit Isoniazid
- Klinisches Bild: Pellagra
- Glossitis
- Charakteristische Dermatitis
- Betont an Extremitäten und am Hals (sog. Casal-Kette)
- Hyperpigmentierte Hautläsionen an sonnenexponierten Stellen
- Diarrhö und Erbrechen, Appetitverlust
- Neurologische Symptome
- Unbehandelt tödlicher Verlauf [36]
Drei typische Merkmale eines schweren Vitamin-B3-Mangels sind Dermatitis, Diarrhö und Demenz!
Niacintoxizität
- Ursachen: Überdosierung bei Supplementierung oder therapeutischer Anwendung [36]
- Tolerierbare Gesamtzufuhrgrenze [20][35]
- Nicotinsäure: 10 mg/d
- Nicotinamid: 900 mg/d
- Tolerierbare Gesamtzufuhrgrenze [20][35]
- Klinisches Bild [36]
- Bei niedrigeren Dosen : Flush mit Hautrötung von Gesicht, Armen und Brust [37]
- Ggf. begleitend: Brennendes Gefühl der Haut, Hitzegefühl, Pruritus, Kopfschmerzen, Schwindel, Blutdruckabfälle
- Prävention: Verabreichung von Aspirin oder Einnahme mit Mahlzeiten [36][38]
- Bei höheren Dosen [36][39]
- Gastrointestinal: Übelkeit, Reflux, Bauchschmerzen, Hepatotoxizität
- Hypotension
- Fatigue
- Verschwommensehen
- Hyperurikämie, Gichtanfälle [39]
- In Kombination mit Statinen: Erhöhtes Risiko für Myopathie und Rhabdomyolyse [39]
- Bei niedrigeren Dosen : Flush mit Hautrötung von Gesicht, Armen und Brust [37]
Therapeutische Anwendung
- Anwendung bei Dyslipidämie (keine aktuelle Empfehlung) [40]
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
Vitamin B5 (Pantothensäure)
Grundlagen
- Aktive Formen
- Physiologische Grundlagen
- Funktionen: Beteiligung an Energie-, Kohlenhydrat-, Aminosäure- und Fettstoffwechsel, u.a.
- β-Oxidation von Fettsäuren, Phospholipidsynthese
- Biosynthese von Häm, Acetylcholin und Steroiden
Quellen und Zufuhr
- Pantothensäurequellen: Viele tierische und pflanzliche Lebensmittel enthalten viel Pantothensäure [41][43]
- Empfohlene tägliche Zufuhr [6]
- ♂, ♀ und Schwangere: 5 mg
- Stillende: 7 mg
- Für Referenzwerte und FAQs zu Pantothensäure der DGE siehe: Tipps & Links
Pantothensäure kommt ubiquitär in vielen Nahrungsmitteln vor – i.d.R. tritt kein Mangel auf!
Pantothensäuremangel [43]
- Epidemiologie: Sehr selten, bei Verzehr normaler Mischkost bislang nicht beobachtet
- Ursachen
- Schwere Mangelernährung
- Pantothenatkinase-assoziierte Neurodegeneration: Mutation des Pantothenat-Kinase-2-Gens (PANK2) [41]
- Symptome: Treten i.d.R. auch bei Mangel nicht auf, dann unspezifisch [41][42]
Auch bei Ernährung mit nur wenig Pantothensäure treten i.d.R. keine Symptome auf! [6]
Pantothensäuretoxizität [6]
- Keine Relevanz
- Nach sehr hohen Gaben von Nahrungsergänzungsmitteln von ca. 10 g/d: Ggf. milde gastrointestinale Symptome
Therapeutische Anwendungen
- Hautcremes mit Dexpanthenol (Vorstufe von Pantothensäure): Verbesserte Barrierefunktion, Hydratation, Wundheilung und Regeneration der Haut [42][43]
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch erwünscht, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Grundlagen
- Chemische Grundlagen
- Synonyme: Pyridoxal und Pyridoxamin [44]
- Aktive Form: Pyridoxalphosphat (PALP), Pyridoxaminphosphat
- Physiologische Grundlagen
- Funktionen: Cofaktor zahlreicher Enzyme
- Im Aminosäurestoffwechsel
- Im Kohlenhydratstoffwechsel
- Bei der Synthese von u.a. Häm, Histamin, Niacin, Neurotransmittern
PALP ist der wichtigste Cofaktor vieler Enzyme im Aminosäurestoffwechsel!
Quellen und Zufuhr
- Vitamin-B6-Quellen [44][45]
- Tierisch: Fleisch , Innereien , Fisch
- Pflanzlich: Nüsse , Hülsenfrüchte , Vollkorngetreide, Gemüse , Kartoffeln, Hefe
- Empfohlene tägliche Zufuhr [6]
- ♂: 1,6 mg
- ♀: 1,4 mg
- Schwangere: Im 1. Trimester 1,5 mg, im 2. Trimester 1,8 mg
- Stillende: 1,6 mg
- Für Referenzwerte und FAQs zu Vitamin B6 der DGE siehe: Tipps & Links
Vitamin B6 ist hitze- und lichtempfindlich! Es löst sich in Wasser, sodass es mit Kochwasser verloren gehen kann!
Vitamin-B6-Mangel [44]
- Epidemiologie: Tritt selten allein auf, häufig mit Vitamin-B12- und Folsäuremangel assoziiert
- Ursachen
- Unter-/Mangelernährung
- Malabsorptionsstörung
- Starker Alkoholkonsum
- Chronische Nieren-/Lebererkrankung
- Homocystinurie
- Durch Wechselwirkungen mit Medikamenten, bspw.
- Klinisches Bild: Bei geringem Mangel zunächst über viele Monate und Jahre keine bis kaum Symptome
- Glossitis, Stomatitis, Cheilitis
- Sideroblastische Anämie
- Reizbarkeit
- Periphere Neuropathie
- Seborrhoische Dermatitis
- Bei Säuglingen: Reizbarkeit, epileptische Anfälle
Vitamin-B6-Toxizität [44][45]
- Ätiologie: Keine Toxizität bei natürlich vorkommendem Vitamin B6 beschrieben
- Ursachen: Überdosierung bei Supplementierung oder therapeutischer Anwendung
- Erwachsene, Schwangere, Stillende: ≥12 mg/d [44]
- Klinisches Bild
- Schwindel, Übelkeit
- Muskelschmerzen
- Dermatitis
- Photosensitivität
- Periphere sensorische Neuropathie
Ein Vitamin-B6-Überschuss ist zwar selten, kann aber zu einer irreversiblen sensorischen Neuropathie führen!
Therapeutische Anwendungen
- Tuberkulosetherapie: Prophylaxe einer Isoniazid-induzierten peripheren Neuropathie
- Hyperemesis gravidarum: Antiemetikum der 1. Wahl (siehe: Therapie bei Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft)
- Ggf. probatorisch als Anfallssuppressivum bei Neugeborenenanfällen
- Behandlungsoption bei tardiven Dyskinesien
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch erwünscht, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
Vitamin B7 (Biotin)
Grundlagen
- Aktive Form: Biotin
- Physiologische Grundlagen
- Funktionen [46][47]
- Coenzym zentraler Stoffwechselenzyme
- DNA-Reparatur und -Stabilität, Genregulation
- Signaltransduktion, Zellproliferation
Quellen und Zufuhr
- Biotinquellen [46][47]
- Empfohlene tägliche Zufuhr [6]
Die Einnahme hochdosierter Biotinsupplemente kann die Ergebnisse von Labortests (z.B. Hormonassays) verfälschen! [46]
Biotinmangel [46][48]
- Epidemiologie: Selten
- Ursachen
- Mangelernährung
- Hoher Alkoholkonsum
- Biotinidasemangel (Teil des Neugeborenenscreenings)
- Medikamenteninteraktion
- Längere Antibiotikaeinnahme
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Schwangerschaft, Stillen
- Übermäßiger Verzehr rohen Eiweißes
- Klinisches Bild
- Dermatologisch
- Dermatitis
- Konjunktivitis
- Alopezie
- Brüchige Nägel
- Neurologisch, z.B. Lethargie, Depression, Bewusstseinsstörungen, Halluzinationen, Parästhesien
- Myalgie
- Dermatologisch
Ein schwerer Biotinmangel ist bei gesunden Personen mit Mischkosternährung nicht beschrieben! [46]
Biotinsupplemente werden häufig für Haar-, Haut- und Nagelgesundheit beworben – dies wird jedoch nur von einigen kleinen Studien und Fallberichten unterstützt! [46]
Biotintoxizität [47]
- Nicht bekannt
Therapeutische Anwendungen
- Biotinsubstitution bei Biotinidasemangel
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen; falls doch erwünscht, siehe: Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
Vitamin B9 (Folsäure)
Grundlagen
- Aktive Form: Tetrahydrofolsäure (THF)
- Physiologische Grundlagen
- Funktion: Insb. beteiligt an Zellteilung und Wachstumsprozesse [49][50]
- DNA- und RNA-Synthese
- Aminosäurestoffwechsel
- Hämatopoese
Folat ist die natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommende Form. Folsäure ist die synthetisch hergestellte Form, die in Nahrungsergänzungsmitteln und zur Anreicherung von Lebensmitteln verwendet wird!
Von einem Folsäuremangel sind insb. Gewebe mit hoher Zellteilungsrate betroffen, bspw. die blutbildenden Zellen des Knochenmarks!
Quellen und Zufuhr
- Folsäurequellen [49][50]
- Pflanzlich: Insb. grünes Gemüse (z.B. Blattgemüse wie Spinat und Salate), Tomaten, Orangen, Hülsenfrüchte, Nüsse, Obst, Sprossen, Vollkornprodukte, Kartoffeln
- Tierisch: Innereien (v.a. Leber), Fisch und Meerestiere
- Geringe Mengen werden vom Darmmikrobiom synthetisiert
- Empfohlene tägliche Zufuhr: In Folatäquivalenten [6]
Für eine optimale Folsäureaufnahme sollte das Gemüse nur kurz sowie unzerkleinert gewaschen und besser gedünstet statt gekocht werden!
Folsäuremangel
- Für Ursachen, Diagnostik und Therapie siehe: Folsäuremangel
Folsäuretoxizität [49][50]
- Epidemiologie: Sehr selten
- Ursachen
- Durch (zu) hohe Zufuhr in Lebensmitteln: Nicht bekannt
- Durch zu hohe Zufuhr in angereicherten Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln
- Tolerierbare Gesamtzufuhrmenge für Erwachsene: >1.000 μg/d
- Auswirkungen: Risiko der Maskierung eines Vitamin-B12-Mangels
Therapeutische Anwendungen
- Folsäuresubstitution bei megaloblastärer Anämie [51]
- Pränatale Nahrungsergänzung zur Reduktion von Neuralrohrdefekten, siehe: Ernährung in der Schwangerschaft
- Rescue-Therapie bei Einnahme von Methotrexat (Folsäureantagonist)
- Nahrungsergänzungsmittel: Nicht generell empfohlen, falls doch erwünscht siehe die Liste zugelassener Substanzen unter Tipps & Links [14]
Vitamin B12 (Cobalamin)
Grundlagen
- Chemische Grundlagen
- Inaktive Vorstufen: Cyanocobalamin und Hydroxocobalamin
- Aktive Formen: Methylcobalamin und Adenosylcobalamin
- Physiologische Grundlagen
- Synthese: Durch Prokaryoten
- Resorption
- Im Magen: Herauslösen des Cobalamins aus Proteinbindung → Bindung an Haptocorrin zum Schutz vor saurem Magen-pH
- Im Duodenum: Lösung des Cobalamins von Haptocorrin durch Pankreasenzyme → Bindung an den Intrinsic-Faktor
- Im terminalen Ileum: Aufnahme des Intrinsic-Faktor-Cobalamin-Komplexes → Abbau des Intrinsic-Faktors, Freisetzung von Cobalamin
- Transport im Blut: Gebunden an Transcobalamin (Holotranscobalamin)
- Aktivierung: In der Leber
- Speicherung
- Leber (ca. 60%, reicht für ca. 3–4 Jahre)
- Muskelgewebe (ca. 30%)
- Funktion [52]
- Im Stoffwechsel von Aminosäuren und kurzkettigen Fettsäuren
- Konversion von Homocystein
- Konversion von Methylmalonyl-CoA
- In der DNA-Synthese
- In der Entwicklung des ZNS, Synthese von Myelinscheiden und Neurotransmittern
- Im Stoffwechsel von Aminosäuren und kurzkettigen Fettsäuren
Methylmalonsäure (MMA) und Homocystein sind diagnostische Marker für einen Vitamin-B12-Mangel. Da am Homocysteinstoffwechsel auch Folsäure beteiligt ist, fällt ein Mangel beider Vitamine durch erhöhte Homocysteinspiegel auf!
Vitamin B12 ist das einzige wasserlösliche Vitamin, das zu einem großen Teil im Körper gespeichert wird!
Quellen und Zufuhr
- Vitamin-B12-Quellen: Fast ausschließlich proteingebunden in tierischen Nahrungsmitteln [52][53]
- Insb. in Innereien (v.a. Leber), Eiern, Fleisch, Milchprodukten, Fisch und Meeresfrüchten [54]
- Einige pflanzliche Lebensmittel : Bspw. Nori (Meeresalgen), Sauerkraut, Shiitake-Pilze [54]
- CAVE: Teils enorm variabler, insg. geringer Vitamin-B12-Gehalt [53]
- Empfohlene tägliche Vitamin-B12-Zufuhr [6]
- Jugendliche und Erwachsene: 4 μg/d
- Schwangere: 4,5 μg/d
- Stillende: 5,5 μg/d
- Für Referenzwerte und FAQs zu Vitamin B12 der DGE siehe: Tipps & Links
Der Vitamin-B12-Bedarf kann mit pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Algen nicht abgedeckt werden. Bei veganer Ernährung muss Vitamin B12 supplementiert werden! [55]
Vitamin-B12-Mangel
- Zur Diagnostik und zur klinischen Symptomatik siehe: Vitamin-B12-Mangel
Vitamin-B12-Toxizität [52]
- Nicht bekannt
Therapeutische Anwendungen
- Zur Substitution bei Mangel siehe: Vitamin-B12-Substitution
- Prophylaktische Vitamin-B12-Supplementierung bei Risikogruppen für einen Vitamin-B12-Mangel
- Siehe auch: Ernährung in der Schwangerschaft
- Siehe auch: Vegetarische und vegane Ernährung in der Stillzeit
- Siehe auch: Vegetarische Kinderernährung und vegane Kinderernährung
- Nahrungsergänzungsmittel siehe die Liste zugelassener Substanzen unter: Tipps & Links [14]
Vitamin C (Ascorbinsäure)
Grundlagen [56][57]
- Aktive Form: Ascorbat
- Physiologische Grundlagen
- Funktionen [57]
- Antioxidans
- Schützt als Radikalfänger empfindliche Substanzen (z.B. Lipide im Blutplasma) vor Oxidation
- Regeneriert andere Antioxidanzien (z.B. Vitamin E)
- Kann zu falsch-negativen Ergebnissen beim Guajak-Test (fäkaler okkulter Bluttest) führen, der eine farbgebende Oxidationsreaktion ist
- Begünstigt die intestinale Aufnahme von nicht-hämgebundenem Eisen
- Coenzym bei der Synthese von bspw. Kollagen und Peptidhormonen
- Immunfunktion
- Antioxidans
Vitamin C kann zu falsch-negativen Ergebnissen des guajakbasierten fäkalen okkulten Bluttests (z.B. Haemoccult-Test®) führen, da der Farbumschlag auf einer Oxidationsreaktion beruht!
Quellen und Zufuhr
- Vitamin-C-Quellen: Obst und Gemüse [56][57]
- Insb. Sanddorn, Paprika, Schwarze Johannisbeeren, Petersilie, Brokkoli, Zitrusfrüchte
- Infolge der hohen verzehrten Menge auch bspw. Kartoffeln, Kohl, Spinat und Tomaten
- Empfohlene tägliche Zufuhr [6]
155 mg Vitamin C stecken bspw. in einem Apfel bzw. einer Orange, einer halben roten Paprika, einem halben Kölschglas Orangensaft, 200 g Salzkartoffeln oder 150 g gedünstetem Spinat! [56]
Raucher:innen wird eine höhere Vitamin-C-Zufuhr empfohlen! [56][57]
Vitamin C ist empfindlich gegenüber Licht, Sauerstoff und Temperatur – eine schonende Zubereitung ist daher wichtig!
Vitamin-C-Mangel [56][57][58]
- Epidemiologie: Äußerst selten in Ländern des Globalen Nordens
- Ursachen: Schwere Unter- und Fehlernährung [57]
- Risikogruppen
- Raucher:innen
- Säuglinge, die mit Kuhmilch ernährt werden
- Personen mit eingeschränkter Nahrungsvielfalt
- Personen mit Malabsorptionsstörungen und einigen chronischen Erkrankungen
- Risikogruppen
- Klinisches Bild: Skorbut (bei schwerem Mangel)
- Abgeschlagenheit, Fatigue
- Infektanfälligkeit
- Zahnfleischschwellungen-/blutungen
- Anämie [59]
- Gestörte Wundheilung
- Arthralgie
- Blutungen
- Korkenzieherhaare
- Möller-Barlow-Krankheit: Vitamin-C-Mangelkrankheit bei Kleinkindern und Säuglingen [56]
- Diagnostik: Spiegelmessung in Serum
Vitamin-C-Toxizität [57][58]
- Ursachen: Übersupplementierung [56]
- Klinisches Bild
- Insb. gastrointestinale Beschwerden
- Übelkeit, Erbrechen
- Diarrhö, Blähungen
- Bauchschmerzen
- Ggf. erhöhtes Risiko für
- Nierensteine
- Eisentoxizität nach Transfusionen oder bei hereditärer Hämochromatose
- DNA-Schäden
- Insb. gastrointestinale Beschwerden
Die Toxizität von Vitamin C ist gering – die Einnahme von bis zu 1 g/d hat vermutlich keine schwerwiegenden Nebenwirkungen!
Therapeutische Anwendung
- Keine Empfehlung zur Supplementierung
- Falls doch erwünscht: Zufuhrgrenze für Nahrungsergänzungsmittel bei 250 mg/d [14][20]
- Prävention von Erkältungskrankheiten: Fragliche Evidenz
- Intoxikation mit Methämoglobinbildnern
- Diagnostik der Sialolithiasis: Anregung des Speichelflusses mit Vitamin C
- Therapie bei Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft
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